Pensionskassen
9. Mai 2017

Balanceakt zwischen Nachhaltigkeit und Risiko-Rendite-Profil

Die Nest Sammelstiftung ist die erste ökologisch-ethische Pensionskasse der Schweiz. Große Herausforderungen liegen für sie darin, Nachhaltigkeit mit dem Risiko-Rendite-Profil der Kapitalanlage in Balance zu halten. Diese Anlagephilosophie wird Peter Signer auch auf der Uhlenbruch-Tagung erläutern.

Herr Signer, deutsche Anleger suchen dringend Zinsen. Dabei ist in der Schweiz der Leidensdruck noch größer. Welche Maßnahmen hat die Nest Sammelstiftung getroffen?
In der Schweiz sind zwischenzeitlich sogar 30-jährige Eidgenossen unter null gefallen. Um Zinsänderungsrisiken zu reduzieren, haben wir – im Nachhinein betrachtet etwas früh – die Duration verkürzt.
Ein weiterer Schritt war, Satelliten wie Emerging-Market-Debt und High Yields aufzubauen. Aufgrund unserer Risikotragfähigkeit können wir über diese Anlageklassen mehr Risiko nehmen. Außerdem haben wir unsere gesamte Bond-Quote strategisch um drei Prozentpunkte zugunsten von Bond-ähnlichen alternativen Assets wie Infrastruktur, Private Debt, Loans oder Insurance Linked Securities abgebaut. Bezüglich der Verbindlichkeiten haben wir beschlossen, den Umwandlungssatz von heute 6,5 Prozent bis 2020 jährlich um zehn Basispunkte bis auf 6,2 Prozent zu kürzen.
Fiel es schwer, diese Kürzung durchzusetzen?
Nein. Auf der Delegiertenversammlung war die Absenkung kein großes Thema. Denn im Vergleich zu anderen Pensionskassen hat Nest immer noch hohe Umwandlungssätze. Zudem fällt unsere Senkung relativ moderat aus, wir machen keine Schocktherapie. Unser Vorteil ist, dass wir vergleichsweise wenige Rentner haben. Auf etwa 23.000 „Aktive“ kommen etwa 1.550 „Rentenbeziehende“.
Wie lief das Geschäftsjahr 2016?
Die Rendite für das vergangene Geschäftsjahr beträgt 3,8 Prozent. Das ist mehr, als wir Anfang 2016 erwartet hätten, aber im Marktvergleich ein moderates Ergebnis. Das Potenzial konnte nicht vollumfänglich ausgeschöpft werden.
Ein Grund ist, dass wir Fremdwährungen nur zu etwa 14 Prozent offen lassen, das heißt, wir mussten aufgrund unseres Risikoprofils Fremdwährungen gegen Schweizer Franken absichern. Da vor allem der Dollar 2016 sehr stark war, kostete uns der Währungshedge 0,5 Prozent an Rendite. Zweiter Punkt ist, dass ein größeres Aktienmandat unter unseren Erwartungen blieb. Drittens haben wir in unserem Immobiliendirektbestand im Vergleich zu -anderen Mitbewerbern nur sehr moderat Aufwertungen vorgenommen. 
Ich hätte als weiteren Grund vermutet, dass die Value-Rallye der Banken, Versorger und Ölwerte in Q4 an der ersten ökologisch-ethischen Pensionskasse der Schweiz vorbeiging.
Richtig. In unserem Universum, welches  die Nachhaltigkeits-Rating-Agentur Inrate erstellt und aus dem die Asset Manager dann das Portfolio zusammenstellen, sind keine „Fossilien“ und kaum Großbanken vorhanden. Das hat sich negativ ausgewirkt – im Jahr 2016. 2014 und 2015 war es aber vorteilhaft, diese Segmente nicht zu allokieren. 
Ist der Asset Manager denn jetzt muffelig, weil ihm ohne Ölwerte seine Performance Fee durch die Lappen ging?
Um den Asset Manager fair beurteilen zu können, vergleichen wir seine Leistungen auch zu unserem eingeschränkten (Nest-) Universum. Nach außen vergleichen wir uns aber mit konventionellen Benchmarks. Die von uns beauftragten Asset Manager haben mit unserem Anlageuniversum viel Erfahrung. Sie stellen sich auf die Gegebenheiten ein und es gelingt ihnen, mit ihrem aktiven Ansatz Opportunitäten zu nutzen. 
Was bringt Nachhaltigkeit in der Zukunft? Bereits vor fünf Jahren sagten Sie, dass Ihr Vorsprung vor dem Mainstream immer kürzer wird. Die Nest habe im Sinne von Pionierarbeit gewisse Markt- und Thementrends sehr früh erkannt, heute reagieren die Investitionsströme aber schneller.
In der Schweiz hat sich einiges getan. Die Finanzindustrie sieht im Thema Nachhaltigkeit aber auch ein Geschäftspotenzial. Beispiel: CO₂ und der Klimawandel. Die Klimakonferenz in Paris war in der Schweiz nochmal ein Anstoß, sich aus Sicht eines Anlegers mit der Frage zu beschäftigen, welche finanziellen Auswirkungen eine Besteuerung oder Bestrafung des CO₂-Ausstoßes beziehungsweise Abschreibungen auf „stranded Assets“ auf Unternehmenswerte bedeuten würden, einmal abgesehen von den Reputationsrisiken. Mit Swiss Sustainable Finance wurde 2014 auch eine Plattform für den Austausch von Asset Ownern und Asset-Anbietern gegründet mit dem Ziel, institutionellen Investoren den Einstieg ins Thema zu erleichtern und zu begleiten. Die Pensionskassen werden durch Gesellschaft und Politik sensibilisiert. Gewisse Ansätze in der Umsetzung sind erkennbar, wie zum Beispiel Low-Carbon-Portfolios.
Das Interview mit Peter Signer, Leiter Anlagen Nest Sammelstiftung, führte Patrick Eisele. 
Was hinter dem Best-in-Service-Ansatz steckt und wie Nest mit Investments in Emerging Markets, Private Debt und Private Equity umgeht, können sie in der nächsten Ausgabe von portfolio institutionell lesen. 
portfolio institutionell newsflash 09.05.2017/Patrick Eisele
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