Immobilien
8. Juli 2016

Barrierefrei investieren

Der Deutsche Stiftungstag in Leipzig bot den Rahmen für eine Diskussionsrunde zum Thema Immobilien-Investments. Knappheitsfaktoren und Mietpreisentwicklungen als Aufhänger.

„Wohnen wird für Studenten immer teurer. Vor allem in den großen Städten steigen die Mietpreise für Single-Appartements und Studentenwohnungen deutlich stärker als im gesamten Wohnungsmarkt“, so der „Studienfonds“-Anbieter Deutsche Bildung, der anlässlich der Begebung einer Anleihe ein Gutachten des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zitierte. Das IW erwartet auch für altersgerechtes Wohnen eine starke Nachfrage. Andere Standpunkte zum Thema Wohnen vertritt Dr. Margot Käßmann: „Wohnen kann Gemeinschaft stiften und Solidarität in der Egomanie einer Ich-Gesellschaft ermöglichen. Lasst das Wort Christi reichlich unter euch wohnen“, so die ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, die für ein Grußwort die Bibel zitierte. Wo sonst als auf dem Deutschen Stiftungstag in Leipzig hätte man wohnwirtschaftliche IW-Gutachten zu Knappheitsfaktoren und Mietpreisentwicklungen sowie die Positionen der Heiligen Schrift zu Gastfreundschaft und Gemeinschaft zusammenbringen und diskutieren können? Der Diskussion stellten sich Vertreter der Evangelischen Bank, der Pensionskasse Verka, des IW und der Fondsanbieter Catella Real Estate sowie die Aachener Grundvermögen Kapitalverwaltungsgesellschaft.

Während mit altersgerechtem Wohnen gemeinhin Themen, wie Barrierefreiheit, Erreichbarkeit von sozialen Einrichtungen und ­technologische Hilfen, verbunden werden, steht bei studentischem Wohnen der Knappheitsfaktor im Vordergrund. „Der Druck auf dem Markt für Studentenwohnungen ist besonders groß. Studenten konkurrieren mehr und mehr mit anderen Gruppen“, konstatierte Professor Dr. Michael Voigtländer. Der Leiter des Kompetenzfelds Finanz- und Immobilienmärkte des IW berichtete auf der von der Evangelischen Bank organisierten Podiumsdiskussion, dass die Durchschnittsmieten für studentisches Wohnen von 2010 bis 2015 beispielsweise in Berlin am stärksten stiegen, nämlich um 30 Prozent auf 386 Euro, oder der Höchstwert in München liegt, wo für studentisches Wohnen nun 14,88 Euro pro Quadratmeter aufgerufen werden. Städte wie Bonn, Bremen, Frankfurt (Main), Hamburg, Kiel, Köln und Stuttgart weisen Mietpreisanstiege von elf bis 18 Prozent auf – und damit meist mehr als der Gesamtmarkt. Dies verwundert wenig angesichts der Tatsache, dass die Zahl der Studenten deutlich zulegt, die Bautätigkeit dagegen kaum. Verschärfend kommt für die Studenten jedoch hinzu, dass die Wohnungskonkurrenz durch Erwerbstätige, Senioren und Pendler, die ebenfalls in die Metropolen drängen, ­gewachsen ist. Diese ­Gruppen sind zudem zahlungskräftiger, ­während Studenten noch den Nachteil haben, dass die Langlebigkeit Erbschaften verzögert. Der Bedarf an Studentenwohnungen ist somit hoch. ­Eine Investment­opportunität hat neben dem Deutsche-Bildung-Studien­fonds zum Beispiel auch der weltgrößte Asset Manager, Blackrock, erkannt, der in Leeds und Sheffield im Rahmen seiner Value-add-Immobilien­strategie Studentenwohnheime entwickelt.

Auch für das Thema altersgerechtes Wohnen wartet das IW mit hohen Wachstumszahlen auf. Wie ein Gutachten für den Wohnungsmarkt 2030 ergab, bedingt die Demografie eine wachsende ­Nachfrage nach altersgerechten Wohnformen. „Die Gruppe der über 65-Jährigen erhält eine enorme Marktbedeutung. Bis zum Jahr 2050 steigt der ­Anteil dieser Gruppe in Deutschland von 25 auf 40 Prozent“, erklärte Voigtländer. Im Jahr 2030 werden rund drei Millionen mehr ­Wohnungen und Häuser von der Bevölkerung der Generation 65+ ­bewohnt werden, als dies 2015 der Fall ist. Aber bereits heute ­besteht laut dem Gutachten ein Investitionsbedarf von 39 Milliarden Euro, um nur den heutigen Bedarf von 2,5 Millionen zusätzlichen ­barrierearmen Wohnungen zu decken. Voigtländer: „Hier steuert der Wohnungs­bestand auf ein Problem zu.“ Wie die Untersuchung weiter zeigt, ­entfällt auf die Generation der 65-Jährigen in vielen Land­kreisen ein Drittel der gesamten Wohnungsnachfrage, teilweise sogar noch mehr. Abhängig von den gesetzlichen Rahmenbedingungen, wie vor allem der gesetzlichen Pflegeversicherung – Achtung Staats­risiko! –, wird ein kleinerer oder größerer Teil dieser Generation aber auch in Pflegeeinrichtungen wohnen.

Lage, Lage, Lage und …

Die Nachfrage nach diesem Wohnsegment ist durchaus mit der nach Studentenwohnungen vergleichbar. Beide unterstützen wegen der Erreichbarkeit von sozialen Einrichtungen und den Universitätsstandorten den allgemein bestehenden Urbanisierungstrend. Gleich ist den beiden Immobiliensubsegmenten auch der Infrastruktur-Touch. Diese beiden Segmente müssen sich die jeweiligen ­Zielgruppen aber auch leisten können. Die Durchschnittsmiete von hochwertigen Mikroappartments liegt oft deutlich über dem Marktmietpreis und ­Altersarmut dürfte sich häufig gerade dort realisieren, wo die Altersgruppe 65+ einen hohen Anteil an der Gesamtbevölkerung ausmacht. „Das allgemeine Rentenniveau sinkt. Somit werden wir uns im ­Segment altersgerechtes Wohnen zunehmend mit der Bezahlbarkeit beschäftigen müssen“, prophezeite Voigtländer. Xavier Jongen von Catella betont neben der Bezahlbarkeit die Urbanisierung: ­„Studenten, aber auch junge Leute allgemein wollen wie die ältere Generation, die ein leicht erreichbares Dienstleistungsangebot sucht, gerne in guten Stadtzentren leben.“ Zur sektoralen Diversifizierung der Fonds investiert Catella auch in Nischenmärkte wie altersgerechte Wohnungen oder Micro-Wohnen. Zwischen „Alten“ und „Jungen“ besteht somit aus Jongens Sicht ein Wettbewerb, der aber auch die Frage der Bezahlbarkeit impliziert. Hier sieht der Spezialist für Wohnungsinvestments die ältere Generation im Vorteil, da das Kapital wegen der Langlebigkeit länger bei den Älteren verbleibt.

Allerdings darf auch ein großer Unterschied zwischen diesen ­beiden Wohnsegmenten nicht übersehen werden: In vielen Städten dürfte die Zahl der wohnungssuchenden Studenten in etwa zehn ­Jahren ihren Höhepunkt erreicht haben. Attraktive Ausnahmen ­dürften Universitätsstädte sein, die auch sich auf der Suche nach ­Auslandserfahrung befindliche Studenten mit internationalen ­Abschlüssen locken. Diese Studenten verfügen zudem gemeinhin über geordnete finanzielle Verhältnisse. Nicht zuletzt ist studentisches Wohnen damit eine Standortfrage. Bezüglich altersgerechtem Wohnen dürfte die Nachfrage dagegen noch Jahrzehnte anhalten.

Apropos Urbanisierung: Hierzu machte Michael Voigtländer auf eine wichtige Entwicklung aufmerksam. „Deutsche Großstädte ­weisen mittlerweile bezogen auf die deutsche Bevölkerung teilweise einen negativen Wanderungssaldo auf. Ich erwarte, dass es in den nächsten Jahren eine Bewegung von den Zentren ins Umland geben muss.“ Profitieren werde von dieser Entwicklung nicht die Provinz, sondern Standorte mit Einkaufsmöglichkeiten und einer guten Verkehrs­anbindung in die Zentren. Das Entstehen von Ausweichquartieren mag die Umsetzung von Investments zwar erleichtern, es dürfte aber auch das ­Risiko ­erhöhen.

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