Pensionsfonds
2. September 2019

Britische Unternehmen bauen Brexit- und Pensionsrisiken ab

Auch wenn die direkten Auswirkungen des Brexits auf britische EbAVs gering sind, sind die Konsequenzen schon allein aufgrund des schwächelnden Pfundes bereits spürbar. Gleichzeitig haben beitragsorientierte Pensionspläne leistungsorientierte Pensionspläne fast vollständig abgelöst. Der Buy-In- und Buy-Out-Markt boomt.

Wenn die Sorgen des Arbeitsalltags plagen und die täglich grüßende Niedrigzinsphase die Laune verdirbt, hilft manchmal ein Blick zu den Kollegen eines Nachbarlands, welche mit den gleichen Problemen zu kämpfen haben, zusätzlich jedoch Zeugen und mitunter Beteiligte eines
gewaltigen innenpolitischen Dramas sind: Großbritannien. Angesichts des ungewissen Ausgangs des Brexits lässt sich nur schwerlich eine Prognose treffen, aber im Falle eines harten Brexits dürften die Aussichten für 2020 nicht allzu rosig sein. So sieht es zumindest Seema Shah, Chef-Strategin bei Principal Global Investors (PGI), die für den immer wahrscheinlicher werdenden Fall eines harten Brexits erhebliche makroökonomische Auswirkungen befürchtet: „Im Falle eines ‚No-Deal‘ dürfte das Pfund Sterling im Vorfeld des 31. Oktober auf den Wert von 1,18 Dollar fallen und diese Schwelle unmittelbar danach fest überschreiten. Es wird erwartet, dass das britische BIP 2020 schrumpfen wird, was die britische Wirtschaft in eine Rezession stürzt.“ Noch vor dem Referendum lag das Pfund bei 1,50 Dollar und ist auf aktuell 1,21 Dollar (1,09 Euro) abgestürzt.

Britische Investoren, die angesichts dieser Aussichten in trübe Stimmung geraten sollten, können sich zumindest an erstaunlich positive Investmentreturns erinnern, welche zum Teil direkt auf den Brexit zurückzuführen sind. So lagen die durchschnittlichen Renditen von britischen Pensionsfonds laut der Plattform Moneyfacts.co.uk im Referendumsjahr 2016 bei 15,7 Prozent – dem besten Ergebnis seit 2009.

„2016 mag turbulent gewesen sein, aber es scheint, dass sich diese Turbulenzen für die Altersvorsorgesparer ausgezahlt haben“, schreibt das Datenportal. Grund ist, dass das günstige Pfund ausländische Investments beförderte, wovon insbesondere der britische Aktienmarkt profitieren konnte. Auch dürften die Fremdwährungsinvestments vom fallenden Pfund deutlich profitiert haben.

UK-Investoren folgen Asset Managern und gehen Offshore

Begeistert von der regulatorischen Unsicherheit zeigen sich britische Investoren dennoch nicht. In Vorbereitung eines Brexits verlagern britische Investoren ihre Investitionen zunehmend in ausländische Vehikel, wie Fund-Transaktionsspezialist Calastone im April 2019 berichtete. Große Gewinner sind demnach Irland und Luxemburg, die zwei beziehungsweise fast ein Drittel aller Outflows auf sich verbuchen und damit den Brexit-Kuchen quasi unter sich aufteilen. Besonders institutionelle Investoren und reiche Privatanleger verlagerten ihr Kapital in ausländische Fonds. Edward Glyn von Calastone beschreibt die Entwicklung wie folgt: „Vor dem Brexit-Referendum gab es relativ viel Handel mit Offshore-Fonds in beide Richtungen, aber der Nettobetrag, der ins Ausland floss, war extrem gering. Seit Juni 2016 hat sich das Bild völlig verändert, als eine große Menge britischer Investorengelder aus dem Vereinigten Königreich nach Dublin und Luxemburg geflohen ist, wo sie nach dem Ausscheiden des Vereinigten Königreichs aus der Union in der Zuständigkeit der EU verbleiben wird.“ Die Investoren folgen damit der britischen Asset- Management-Industrie, welche längst Vorbereitungen auch für einen harten Brexit getroffen hat. Laut KPMG sind die direkten Auswirkungen des Brexits auf Pensionsfonds begrenzt. Allerdings, so schreibt die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mit Blick auf die sponsorenden Firmen, könnte eine schwächere britische Wirtschaft zu Forderungen nach Erhöhung der Cash-Reserven seitens der Pensionsfonds führen. Aber auch das erwartbar turbulente Marktumfeld könne Pensionsfonds belasten.

Das Kapital, welches in UK verbleibt und dort auch investiert wird, könnte jedoch laut Shah von PGI im Falle eines harten Brexits sogar profitieren: „Eine schwache Währung und lockernde [Zins-]Politik wären ein Silberstreif am Horizont für britische Aktien, und die wachsende (und überzeugende) Ansicht ist, dass es nach dem Brexit an der Zeit ist, britische Vermögenswerte aufzustocken – aber Investoren müssten starke Nerven haben, um Vermögenswerte in der Folgezeit schwerer Turbulenzen und schwächerer Wirtschaftstätigkeiten zu halten.“ Die Zukunft der britischen Pensionsfonds ist also alles andere als ausgemacht. Es wird starke Nerven brauchen, um die kommenden Jahre zu überstehen. Nervenkapazitäten, welche die sponsorenden Unternehmen zunehmend weniger bereit sind, aufzubringen, und welche stattdessen von der Belegschaft gefordert wird. Denn bereits seit Jahren befindet sich das britische Pensionssystem in einem gewaltigen Umbruch, welcher durch den Brexit noch beschleunigt werden könnte. So hat sich der Schlagabtausch zwischen Defined Benefit (leistungsorientierten) und Defined Contribution (beitragsorientierten) Plänen in Großbritannien eindeutig geklärt: Laut dem Consultant LCP bieten mit Croda und Johnson Matthey nur noch zwei der 100 indizierten Unternehmen des FTSE 100 auch neuen britischen Mitarbeitern die Möglichkeit von Defined Benefit.

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