Statement
21. Mai 2018

Chinesische Anleihen werden in globale Indizes aufgenommen

Jean-Charles Sambor spricht im Interview mit portfolio institutionell Statement über den rasanten Wandel der Schwellenländer. Dabei thematisiert Sambor neue Emittenten aus den Frontier Markets und geht auf Chancen ein, die sich aus der Öffnung des chinesischen Rentenmarktes ergeben.

Jean-Charles Sambor ist stellvertretender Leiter Emerging Markets Fixed Income, BNP Paribas Asset Management. 
BNP Paribas managt Vermögenswerte mit Conviction und investiert unvoreingenommen. Was heißt das unter praktischen Gesichtspunkten im Bereich Emerging Markets Debt? 
Wir sind ein sehr aktiver Asset Manager mit High-Conviction-Produkten im Investment-Universum Emerging Markets Debt. Das bedeutet, wir gehen sehr konzentrierte Risiken in unseren Portfolien ein. In diesem Zusammenhang ist es aus Investorensicht sehr wichtig, unvoreingenommen zu sein. Emerging Markets Debt ist eine Anlageklasse, die sich rasant verändert, und die eine Reihe von Sub-Anlageklassen umfasst. Mit unserem Ansatz wollen wir sicherstellen, dass wir die künftige Entwicklung aus Sicht unserer Kunden bestmöglich nachvollziehen. Das setzt Unvoreingenommenheit voraus. Außerdem ist es unerlässlich, das Anlageuniversums nicht nur nach Hartwährungs- und Lokalwährungsanleihen zu unterscheiden, sondern auch lokale Besonderheiten zu berücksichtigen.
Welche Aspekte spielen bei Ihrer Arbeit die entscheidende Rolle? 
Um diese Frage zu beantworten, muss ich ein wenig ausholen und auf die Sub-Anlageklassen eingehen. In einem ersten Schritt betrachten wir Wechselkurse und Zinsen. Darüber hinaus differenzieren wir zwischen Hart- und Lokalwährungsanleihen. Es gibt eine Vielzahl weiterer vielversprechender Aspekte, ich denke dabei zum Beispiel an Total-Return-Strategien. Darüber hinaus verzeichnen wir wachsendes Interesse der Anleger an den sogenannten Frontier Markets. Als Asset Manager mit High-Conviction-Ansatz sind wir nicht nur äußerst aktiv, was unseren Investment-Style betrifft, sondern wir sind auch überaus innovativ, wenn es darum geht, für unsere Kunden Produkte zu entwickeln, mit denen sie an der Entwicklung im Bereich Emerging Markets Debt partizipieren können.
Vor gut 15 Jahren war das Rentenangebot im Bereich der Schwellenländer von US-Dollar denominierten Hartwährungsanleihen geprägt. Und heute? 
Es gibt heute ein enorm umfangreiches Universum. Das ist auch der Grund, weshalb BNP Paribas Asset Management dazu übergegangen ist, sich auf die einzelnen Sub-Anlageklassen zu konzentrieren, statt die Regionen hervorzuheben. Lassen Sie mich das näher erläutern. Während die erste Generation von Emerging Markets Debt noch auf Regionen wie Asien oder Südamerika ausgerichtet war, sind wir heute der Meinung, dass man die Schwellenländer technischer betrachten sollte. Aus unserer Sicht ist es für uns Portfoliomanager zielführender, bei der Titelselektion auf die Sub-Anlageklassen zu fokussieren.
Im vergangenen Jahr bezifferte BNP Paribas Asset Management seine Assets und Management und Advisory mit rund 569 Milliarden Euro. Wie groß ist der gegenwärtige Anteil Ihrer Emerging-Markets-Aktivitäten? 
Circa vier Milliarden Euro entfallen auf Emerging Markets Fixed Income.
Vor vier Jahren veröffentlichte Moody’s einen Bericht in dem es hieß, der Anteil der Schwellenländeranleihen in Lokalwährungen sei zwischen dem Jahr 2000 und 2014 von knapp 50 Prozent auf fast 75 Prozent angestiegen. Im Zuge dieser Entwicklung haben laut Moody‘s Emittenten ihre Abhängigkeit von ausländischen Investoren reduziert. Hat sich diese positive Entwicklung fortgesetzt? 
Wir verzeichnen einen schnell wachsenden Markt für Lokalwährungsanleihen – vor allem im Bereich der Staatsanleihen und in einem gewissen Ausmaß auch bei den Unternehmensanleihen. Wir gehen davon aus, dass der Markt für Lokalwährungsanleihen sein rasantes Wachstum fortsetzen wird. Für Investoren ist das eine sehr gute Entwicklung. Denn sie impliziert eine rückläufige Diskrepanz bei den Wechselkursen auf Länderebene. Hinzu kommt, dass Lokalwährungsanleihen wahrscheinlich sehr gut performen werden.
Woran machen Sie diese Erwartung fest? 
Die Performance von Lokalwährungsanleihen wird vor allem von der Aufwertung der Schwellenländerwährungen getrieben. Wir sind insgesamt betrachtet überaus zuversichtlich, was die Währungen der Schwellenländer angeht.
Was ist so interessant an den bereits angeschnittenen Total-Return-Strategien? 
Grundsätzlich setzen wir Strategien ein, die auf einer speziell zugeschnittenen Benchmark basieren. In der Regel bezieht sich die eine Hälfte der Benchmark auf Emerging-Markets-Hartwährungsanleihen, während die andere Hälfte auf Lokalwährungsanleihen basiert. In diesem Zusammenhang verfolgen wir einen sehr aktiven Ansatz, was das Portfoliomanagement von Staats- und Unternehmensanleihen betrifft. Meiner Einschätzung nach sollten sich Total-Return-Strategien speziell in schwankungsreicheren Marktphasen gut entwickeln.
Bitte beschreiben Sie Mandate, die Sie von Kunden übernommen haben. Erwarten Ihre Kunden, dass Sie im Universum der Emerging-Markets-Anleihen uneingeschränkt anlegen, was die Benchmark generell betrifft? 
In der Regel haben wir eine Benchmark im Blick. Gleichwohl können wir bei unseren Total-Return-Strategien signifikant von der Zusammensetzung unserer Benchmark abweichen. Das heißt, auch wenn wir an einer Benchmark gemessen werden, können wir uneingeschränkt anlegen. Wir verfügen über enormen Freiraum und können wir überall im Universum der Schwellenmarktanleihen nach Opportunitäten suchen.
Wenn wir beispielsweise sehr zuversichtlich gestimmt sind, was die weitere Entwicklung von Lokalwährungsanleihen betrifft, können wir unsere Anlagequote auf bis zu 80 Prozent hochfahren. Das können wir im umgekehrten Fall ohne weiteres auch bei Hartwährungsanleihen.
Wie groß ist das Universum der investierbaren Assets im Bereich Emerging Markets Fixed Income? 
Wir sprechen von 15 bis 16 Billionen US-Dollar. Und das Universum dehnt sich rasant aus. Allerdings ist nicht alles, was in diesem Kontext vorhanden ist, investierbar. Das liegt an der Liquidität der Anleihen.
Was befeuert das Wachstum? 
Der Hauptgrund sind strukturelle Veränderungen des Marktes. Wenn wir erneut 15 Jahre in die Vergangenheit blicken, sehen wir, dass der Debt-Markt damals auf Darlehen basierte, statt auf Anleihen, wie das heute der Fall ist. Großbanken wie BNP Paribas, HSBC oder die Deutsche Bank waren damals sehr aktive Kreditgeber für Unternehmen und Staaten der Schwellenländer. Aufgrund regulatorischer Veränderungen sind die Banken in diesem Feld heute weniger aktiv. Ihr Rückzug hat Darlehensnehmer dazu veranlasst, andere Geldquellen zu erschließen. Das hat zu einem enormen Wachstum von Anleihen als Refinanzierungsquelle geführt.
Wie groß ist das Volumen liquider Lokalwährungsanleihen? 
Wenn man China und Indien außen vor lässt, kommen wir auf ein Volumen von rund zwei Billionen US-Dollar. Andernfalls läge die Summe noch deutlich darüber.
Beziffern Sie nun bitte auch das ausstehende Volumen aller Staats- und Unternehmensanleihen der Schwellenländer in Hartwährung. 
Wir sprechen hier von etwa 1,9 Billionen US-Dollar.
Gibt es neben dem Wachstum weitere Trends, die Sie für erwähnenswert halten? 
In der Vergangenheit haben wir immer wieder Phasen verzeichnet, in denen ausländische Investoren in Lokalwährungsanleihen investiert waren, während sie mit Hartwährungsanleihen besser gefahren wären. Den entgegengesetzten Fall gab es natürlich auch. Weil sich die Zeiten ändern, sollten sich auch die Allokationen der Anleger ändern. Institutionelle Investoren und auch Retail-Anleger kommen verstärkt zu der Einsicht, dass sie bei Schwellenländeranleihen besser fahren, wenn sie einem fokussierten Asset Manager die Asset-Allokation überlassen, statt diese Aufgabe selbst wahrzunehmen.
Das ist auch der entscheidende Grund, warum wir eine wachsende Nachfrage nach gemischten oder Total-Return-Strategien verzeichnen. Ich bin der Meinung, dass es sinnvoll ist, einem Portfoliomanager ein Investment-Mandat zu geben, der 100 Prozent seiner Zeit dieser Materie widmet. Um auf Ihre Fragen zurückzukommen. Wir verzeichnen ein wachsendes Anlegerinteresse an den Frontier-Märkten.
Wir sprechen hier von jenen Ländern, die auf dem Sprung sind, sich zu einem Schwellenland zu entwickeln. Wie grenzen Sie Ihr Universum im Hinblick auf Frontier-Märkte ab? 
Der afrikanische Kontinent ist Teil unserer Frontier-Markt-Landkarte. In Asien wiederum gibt es eine Reihe von Staaten, die wir als Frontier-Markt einstufen. Dazu zählen beispielsweise Vietnam und Sri Lanka. Die Klassifikation trifft auch für Länder Zentralamerikas zu.
Welche Rolle spielen diese aufstrebenden Länder als Emittenten von Anleihen? 
Sie werden zu Emittenten von Hartwährungsanleihen. Und das in erheblichem Umfang. Denn ein Großteil der Märkte für Lokalwährungsanleihen ist unterentwickelt. Das zieht Emittenten in den Bereich Hartwährungsanleihen.
Welche Rolle spielen die Frontier-Märkte in Ihrer Benchmark? 
Der Anteil der Frontier-Märkte in unserer Benchmark wächst sehr schnell. Zumal Hartwährungsanleihen heute nicht mehr vorrangig in den großen Schwellenländern begeben werden. Vielmehr treten neue Emittenten auf den Plan, zum Beispiel aus Zentral-Asien, Afrika und Zentralamerika.
portfolio institutionell Statement, Mai 2018
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