Corporates
22. März 2017

Dax-Konzerne stocken ihre Pensionsvermögen kräftig auf

Mehr als zehn Milliarden Euro haben Deutschlands Großkonzerne 2016 in ihre Pensionspläne gesteckt. Das – und eine sehr gute Rendite – ließ das Dax-Pensionsvermögen auf ein Rekordhoch anwachsen.

Die größten deutschen börsennotierten Unternehmen haben ihren spezifischen Pensionsvermögen 2016 noch einmal rund 0,5 Milliarden Euro mehr zugeführt als im Vorjahr. Insgesamt erfolgten Dotierungen in Höhe von 10,5 Milliarden Euro. 2015 hatten die Dax-Konzerne bereits zehn Milliarden Euro zusätzlich an spezifischem Pensionsvermögen dotiert. Dies geht aus einer neuen Analyse des Beratungshauses Willis Towers Watson (WTW) hervor, in der die Geschäftsberichte von 25 Dax-Konzernen ausgewertet wurden. Für die noch nicht veröffentlichten Zahlenwerte hat die Beratungsgesellschaft eigenen Angaben zufolge die Vorjahreswerte anhand der zum Auswertungsstand erreichten Entwicklungen hochgerechnet. 
Mit 6,2 Milliarden Euro entfielen fast 60 Prozent der Dotierungen im vergangenen Jahr auf fünf Unternehmen. Mit 2,4 Milliarden Euro hat Daimler mit Abstand die höchste Dotierung vorgenommen. Es folgen die Deutsche Post (1,2 Milliarden Euro), Bayer (1,0 Milliarden), E.on (0,9 Milliarden) und Volkswagen (0,7 Milliarden). „Es sind unterschiedliche Gründe, wieso Unternehmen Dotierungen für ihr Pensionsvermögen vornehmen“, erklärte Heinke Conrads, Leiterin des Bereichs Actuarial Consulting bei Willis Towers Watson. Eine Triebfeder könne sein, dass die Struktur der Pensionsverpflichtungen und des Vermögens angeglichen oder der Ausfinanzierungsgrad stabil gehalten beziehungsweise ausgebaut werden soll. Auch steuerliche Aspekte können eine Rolle spielen, wenngleich Dotierung ins Pensionsvermögen kein Steuersparmodell sei. 
Daimler sticht nicht zum ersten Mal mit hohen Dotierungen aus dem Dax heraus. Bereits in den beiden Vorjahren war der Automobilkonzern an der Spitze dieses Rankings, und zwar mit 3,1 beziehungsweise 1,9 Milliarden Euro. Insgesamt beläuft sich das Planvermögen inzwischen auf 23,4 Milliarden Euro. Damit verfügt der Autokonzern aus Stuttgart hinter Siemens (28,8 Milliarden Euro) über das zweithöchste Planvermögen im gesamten Dax. Dem standen  Ende 2016 Verpflichtungen in Höhe von 32,4 Milliarden Euro gegenüber. Durch seine kontinuierlichen Dotierungen für das Pensionsvermögen schaffte es Daimler, den Deckungsgrad über die Jahre sukzessive zu erhöhen. Inzwischen liegt dieser mit 72 Prozent über dem Dax-Durchschnitt von 63 Prozent. Zum Vergleich: Ende 2014 stand Daimler bei einem Ausfinanzierungsgrad von 59 Prozent. 
Neben Siemens und Daimler finden sich unter den Top fünf Unternehmen in puncto Pensionsvermögen: RWE (19,6 Milliarden Euro), BASF (19,5 Milliarden Euro) und die Deutsche Bank.(18,5 Milliarden Euro). Der Ausfinanzierungsgrad divergiert jedoch immens. Während die Deutsche Bank mit 97 Prozent ihre Pensionsverpflichtungen fast vollständig ausfinanziert hat, finden sich RWE und BASF mit 74 beziehungsweise 70 Prozent in etwa auf dem Niveau von Daimler. Sie stehen allesamt über dem Dax-Durchschnitt, der sich 2016 gegenüber dem Vorjahr leicht um zwei Prozentpunkte verringerte. Dieser Rückgang des Ausfinanzierungsgrades erklärt sich in erster Linie durch den zinsbedingten deutlichen Anstieg der Pensionsverpflichtungen, der durch die zusätzlichen Dotierungen im Planvermögen und eine sehr gute Performance der Pensionspläne nicht komplett aufgefangen werden konnte. Im Jahresverlauf sank der Rechnungszins, der für die Bewertungen der Pensionsverpflichtungen im Dax zugrundegelegt wird, um 70 Basispunkte auf 1,8 Prozent. In der Folge stiegen die Pensionsverpflichtungen um 9,2 Prozent auf 396 Milliarden Euro. 
Zur Freude der Dax-Konzerne: Erwartung und Realität klaffen auseinander
Die Finanzierungslage der betrieblichen Altersversorgung in den Dax-Unternehmen hat sich 2016 stabil entwickelt. Die Pensionsvermögen stiegen um rund 13 Milliarden auf nunmehr 249 Milliarden Euro, wie Willis Towers Watson weiter feststellt. Getrieben war diese Entwicklung zum einen durch die zusätzlichen Dotierungen, zum anderen aber auch durch eine sehr gute Rendite von 9,3 Prozent, die deutlich über der des Vorjahres lag. 2015 erzielten die Pensionsvermögen eine Rendite von lediglich 0,9 Prozent. Für die deutliche Steigerung der Rendite macht Dr. Thomas Jasper, Leiter der bAV-Beratung bei Willis Towers Watson, mehrere Gründe aus: „Erstens hat sich der Aktienmarkt toll entwickelt. Zweitens hat der Rückgang der Zinsen für einen Anstieg der Anleihekurse gesorgt. Und drittens haben alternative Anlagen einen erheblichen Beitrag zur Rendite geleistet.“ Wie ein Blick auf die Asset Allocation der Pensionsvermögen verrät, ist der Anteil der Alternatives, die unter „sonstiges“ erfasst sind, über die vergangenen Jahre deutlich gestiegen. Während dieser Posten 2009 lediglich neun Prozent umfasste, waren es 2016 bereits 23 Prozent. Gleichzeitig ist die Anleihequote deutlich gesunken, und zwar von 62 auf 51 Prozent. Die Aktienquote blieb im Verlauf der Jahre relativ konstant, sie schwankte zwischen 25 und 21 Prozent.   
Wie aus der Studie von Willis Towers Watson weiter hervorgeht, haben die Dax-Unternehmen 2016 ihre Ertragserwartungen deutlich übertroffen. Erwartet wurde – basierend auf dem Rechnungszins –ein Ertrag von 6,6 Milliarden Euro. Der tatsächliche Ertrag lag letztlich bei 22 Milliarden Euro. „Die guten Erträge auf die Pensionsvermögen zeigen, dass die Dax-Unternehmen im Anlage- und Risikomanagement gut aufgestellt sind. So ist es ihnen gelungen, ihre Pensionswerke solide durch ein herausforderndes wirtschaftliches Umfeld zu steuern“, resümierte Jasper. 
Beim Blick auf die Pensionswerke der größten Unternehmen in Deutschland sollte nach Ansicht von Jasper jedoch nicht aus den Augen verloren werden, dass die betriebliche Altersversorgung (bAV) auch im Mittelstand eine lange Tradition hat. Der Mittelstand in Deutschland sei bislang Pensionsverpflichtungen in Höhe von etwa 25 Milliarden Euro eingegangen, denen – im Vergleich zu Dax-Unternehmen – weniger spezifisch reserviertes Pensionsvermögen gegenüber steht. „Hier ist die unternehmensinterne Finanzierung deutlich stärker verbreitet“, so Jasper. Angesichts des Niedrigzinsumfelds erwägen allerdings mehr als drei Viertel der Unternehmen im Mittelstand eine Neuausrichtung ihres innenfinanzierten Versorgungswerks, wie die Mittelstandsstudie von Willis Towers Watson zeigt. „Hier sind für die kommenden Jahre also viele Veränderungen zu erwarten“, merkte Jasper an. Auf weitere Details verzichtete er in diesem Zusammenhang
Nach der Reform ist vor der Reform
Stattdessen warf der bAV-Experte von Willis Towers Watson einen Blick auf das geplante Betriebsrentenstärkungsgesetz. Seines Erachtens werde dieses einige positive Impulse bieten. Jasper, der sich selbst als Fan von Opting-out bezeichnet, begrüßte insbesondere die Möglichkeit von bAV-Modellen, in denen die Mitarbeiter automatisch für die Beteiligung am Pensionsplan angemeldet werden, jedoch austreten können, sofern sie dies wünschen. In Deutschland wurden derartige Modelle bislang selten in die Praxis umgesetzt. „Sie können jedoch wesentlich zu einer weiteren Verbreitung der bAV beitragen und treffen auch auf das Interesse der Mitarbeiter“, so Jasper. Auch die reine Beitragszusage ohne Garantien könne – gerade im Niedrigzinsumfeld – aus Unternehmenssicht eine zielführende Lösung sein. Sie steht aber weniger im Einklang mit den Interessen der Mitarbeiter, die Sicherheit und Garantien bevorzugen. 
Trotz der positiven Aspekte, die das Betriebsrentenstärkungsgesetz bietet, sieht der bAV-Experte verschiedene Wermutstropfen.  Viele bestehende bAV-Probleme würden durch die Reform allerdings nicht gelöst. Die Unternehmen, die bereits Pensionspläne anbieten, reagieren daher auch verhalten auf den Reformentwurf, wie Willis Towers Watson bei einer Befragung unter 107 Unternehmen im Februar dieses Jahres herausfand. Fast zwei Drittel sagen, dass die Reform die bAV wohl „weder stärken noch schwächen“ werden. „Die Empörung ist beschränkt, die Begeisterung aber auch“, so Jasper. Dringlichste Probleme seien nicht gelöst, wie etwa die Sozialversicherungsbeiträge auf Betriebsrentenauszahlungen oder der hohe steuerliche Rechnungszins von sechs Prozent. „Hier besteht weiterer Reformbedarf“, so Jasper.    
portfolio institutionell newsflash 22.03.2017/Kerstin Bendix
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