Strategien
31. Januar 2018

Der Weg zu Investments in Offshore-Windenergieprojekte

Mehr und mehr sprechen Kostendegressionen für Offshore-Windenergie. Trotz verschiedener Investmentmöglichkeiten bleibt der Zugang aber schwierig, wie Dr. Gerhard Schwartz, Director Risk, Legal & Compliance bei wpd invest in seinem Gastbeitrag zeigt.

Offshore-Windenergie ist in aller Munde – die technische Entwicklung hat in den vergangenen fünf Jahren rasant an Fahrt aufgenommen, die Kostendegression scheint – betrachtet man die aktuellen Ausschreibungsergebnisse für Offshore-Windprojekte in Deutschland, Niederlande und Dänemark – schon in wenigen Jahren Projekte ohne staatliche Förderung wirtschaftlich umsetzbar zu machen. Sollte es tatsächlich so kommen, wäre dies ein großer Erfolg für die Energiewende und die Politik hätte allen Grund, zufrieden zu sein. Die Asset-Klasse hat aber schon heute – wo Projekte noch eine staatlich gewährte Preissicherheit für den produzierten Strom benötigen – Eigenschaften, die Offshore-Wind zu einer attraktiven Investition für professionelle Investoren machen.
Insbesondere der langfristig gut prognostizierbare Cashflow durch Strompreiszusagen mit Laufzeiten zwischen acht und 20 Jahren, je nach Land und Projektspezifika, macht Offshore-Wind gegenüber anderen Infrastrukturinvestitionen sehr attraktiv. Anders als etwa Mautstraßen, deren Ertragsmöglichkeiten durch geändertes Verhalten ihrer Nutzer stark schwanken können, liegen bei Windenergieprojekten sehr gute historische Winddaten vor, die für die Prognose der Zukunft bei entsprechender Vorsicht hervorragend herangezogen werden können. Auf See gelingt dies besser als an Land, da zum einen der Wind deutlich stetiger weht, zum anderen die Geländetopographie durch das flache Meer deutlich einfacher ist und nicht etwa die Komplexität und damit Fehleranfälligkeit der Bewertung eines Standortes in deutschen Mittelgebirgen aufweist. Durch die Stetigkeit des Windes erreichen Offshore-Windparks nahezu Grundlastfähigkeit, was sie als Stromlieferant für Energieversorger wertvoll im Kraftwerkemix macht.
Enormer Kapitalbedarf und starke politische Unterstützung 
Investoren, die sich heute bereits mit Offshore-Wind beschäftigen, sind meist solche, die sich schon seit längerem mit Infrastrukturinvestments, meist auch mit Investments in erneuerbare Energien, auskennen. Offshore-Wind ergänzt bei diesen das Portfolio sinnvoll. Dies ist zum einen der deutlich attraktiveren Risikobewertung zu verdanken, nachdem die überschaubare Anzahl an Marktakteuren mittlerweile einen großen Erfahrungsschatz mit der Entwicklung, dem Bau und Betrieb von Offshore-Windparks hat und äußerst professionell organisiert ist.
Als zweites wesentliches Argument kommt hinzu, dass es aktuell in Europa keine zweite Asset-Klasse gibt, in der der notwendige Kapitalbedarf größer und planbarer ist – bis 2020 sollen aus den heute circa zwölf Gigawatt (GW) errichteten Offshore-Windparks europaweit circa 25 GW werden (hiervon sind 24,2 GW bereits genehmigt und teilweise im Bau) und bis 2030 über 60 GW. Die politische Unterstützung ist stark, nachdem sowohl Skaleneffekte als auch technische Entwicklungen und damit einhergehende Kostendegressionen Offshore-Wind zu heute schon attraktiven Konditionen umsetzbar gemacht haben. Außerdem lassen sich auf dem Festland die dringend benötigten Ausbaukapazitäten für Ökostrom immer schwerer umsetzen, weil immer weniger Flächen ohne entsprechende Gegenwehr von Anwohnern zeitnah bebaut werden können. Offshore sind die Projekte deutlich größer und müssen mit weniger Widerständen kämpfen. Aber wie kann man als institutioneller Investor diese Beteiligungsmöglichkeiten nutzen?
Zunächst stellt sich eine Vorfrage, die ganz entscheidend für die richtige Strategie ist: Wie hoch soll die Allokation in Offshore-Wind ausfallen? Nur wenige Investoren werden Interesse haben, komplette Projekte zu erwerben. Schließlich bewegen sich typische Projektgrößen zwischen 200 und 600 Megawatt (MW), Tendenz steigend, und damit rund dem Zehnfachen von großen Onshore-Windparks bei deutlich höheren Kosten und Erträgen. Um ein ganzes Projekt zu stemmen, sind oft Investitionsmittel zwischen ein bis drei Milliarden Euro notwendig. Möchte man dann noch die notwendige Diversifikation erreichen, scheidet selbst für die größten deutschen Investoren ein Vollerwerb aus.
Begibt man sich auf die Fremdkapitalseite – mit deutlich geringeren Erwartungen an die zu erzielende Rendite, kann hingegen die Beteiligung an Offshore-Wind-Projektfinanzierungen sinnvoll sein. Hier kommen vereinzelt von institutionellen Investoren begebene Projektfinanzierungen zum Einsatz. Dabei handelt es sich um standardisierte non-recourse-Finanzierungen, deren Underlying Offshore-Windparks sind. Solche Finanzierungen müssen sich heute im harten Wettbewerb mit Förder- und Geschäftsbanken um das Kreditvolumen behaupten.
Der Business Case ist zwar sicher, da auf einem konservativen Produktionsniveau (P90) basierend und mit kürzerer Laufzeit als der Förderzeitraum des jeweiligen Projektes versehen. Die Margen sind aber auch in diesem Bereich mittlerweile sehr stark unter Druck, die Renditen sind unter drei Prozent gefallen. Nur durch ihre Duration erfolgt durch solche Finanzierungen ein positiver Diversifikationseffekt auf die Bilanz des Investors, hingegen nicht durch den Return. Das früher attraktive Umfeld, Mezzanine-Finanzierungen für Offshore-Projekte zu vergeben, wird in Zukunft immer mehr austrocknen, da Geschäftsbanken heute bereit sind, auch diese Phase mit attraktiven Commercial Loans zu finanzieren. 
Single Fund, Managed Account oder Club Deal 
Betrachtet man die sowohl durch ihren Return als auch durch ihre Duration deutlich attraktiveren Equity-Beteiligungen, fällt der Blick auf andere Zugangswege: Single Fund, Managed Account oder Club Deal? Mit dieser Frage geht die nächste Entscheidung einher: „Make or Buy“? Bei Onshore-Wind und Photovoltaik haben sich einige Investoren – nach ersten Erfahrungen durch eingekaufte Fondsprodukte – entschieden, durch eigene Teams in erneuerbare Energien zu investieren. Offshore ist eine ähnliche Entwicklung allerdings nur eingeschränkt zu erwarten. Gegen das „Make“ sprechen zwei entscheidende Gründe: Zum einen ist durch die wesentlich höhere Komplexität ein deutlich erweitertes Know-how erforderlich. Offshore-Wind ist nicht einfach Onshore-Wind, nur im Wasser.
Die von Onshore-Wind bekannten Themen wie Ertragsbewertung und Auswahl der richtigen Turbine sind zwar für Offshore-Windparks ebenfalls wichtig. Hinzu kommt eine Vielzahl von Themen rund um die maritime Umgebung des Windparks. Wetter-, Wellen- und Strömungsverhältnisse spielen eine gewichtige Rolle beim technischen Design, der Errichtungsplanung, sowie den Servicekonzepten. Darüber hinaus sind sowohl Errichtungs- als auch Servicekonzepte auf Grund der Vielzahl eingebundener Parteien deutlich komplexer. Der aus Onshore-Projekten bekannte Generalunternehmer als Bürge für eine kosten- und zeitmäßig planmäßige Errichtung ist Offshore nicht anzutreffen. Es gilt vielmehr eine Vielzahl von Verträgen bereits in der Errichtungsphase zu koordinieren. Dieses Know-how intern aufzubauen dürfte nur für die wenigsten Investoren Sinn machen. Die Vorgehensweise scheitert außerdem meist an der notwendigen Diversifikation, selbst wenn per Club-Deal-Strategie vorgegangen wird. Kleinere Beteiligungen von unter 100 Millionen Euro dürften kaum erwerbbar sein.
Um eine Diversifikation über verschiedene Tarifregime, Laufzeiten, technische Komponenten etc. zu erreichen, wären mindestens 500 bis 600 Millionen Euro Kapitalallokation notwendig. Sollte die vorgesehene Allokation dieses Zielvolumen erreichen, macht es Sinn, über den Mischweg zwischen „Make or Buy“ nachzudenken – einen Spezialanbieter mit einem dezidierten Mandat im Rahmen eines „Managed Account“ auszustatten. Man kauft sich die Spezialexpertise am Markt themenbezogen ein, ohne dauerhaft Personal aufzubauen. Darüber hinaus vermeidet man bei geschickter Verhandlung Opportunitätskosten – Teamaufbau und Sourcing geeigneter Projekte sollte zu Lasten des Anbieters gehen. Kosten fallen nur transaktionsbezogen an.
Für die Mehrzahl der Investoren bietet sich eine Fondslösung an. Schon mit kleineren Kapitalallokationen lässt sich so die Beteiligung an einem diversifizierten Offshore-Portfolio aufbauen. Allein das Angebot ist aktuell noch überschaubar. Einige breit diversifizierte Infrastrukturfonds suchen Offshore-Wind als Beimischung im Portfolio – eine klare Allokation in Offshore-Wind ist damit nicht möglich, der stabile Cashflow aus Windstrom wird durch andere Risikoquellen verwässert und verliert unter Umständen seine ESG-Tauglichkeit. Dennoch kann man davon ausgehen, dass mit dem zunehmenden Kapitalbedarf von Offshore-Wind auch immer mehr Vehikel speziell auf diese Finanzierungsaufgabe zugeschnitten sein werden. Vorsicht ist allerdings geboten bei der Auswahl des richtigen Managers. Nur wenige können Erfahrung mit dem Bau und Betrieb von Offshore-Windparks vorweisen.
Dabei ist für diese komplexe Asset-Klasse ein Team, welches angewandtes Wissen und einen Erfahrungsschatz aus der Entwicklung und dem Bau von Offshore-Windenergie hat, von äußerst großer Relevanz – schließlich gilt es nicht nur, im Sourcing als bekannter Marktplayer schnell Zugang zu den relevanten Parteien zu bekommen, sondern auch externe Berater zielgerichtet auf die wesentlichen Fragen zu steuern und mit eigenem Sachverstand Businessmodelle, Planungen, Bau- und Servicekonzepte zu durchleuchten. Darüber hinaus ist im Deal-Sourcing ein Verhandeln auf Augenhöhe unablässig, um am Ende keinen Überpreis zu zahlen. Dies können nur wenige leisten. Da bisher nur wenige diesen Track-Record haben, ist zu erwarten, dass das Angebot von Fonds, die in Offshore-Wind investieren, auch mittelfristig eher überschaubar bleiben wird. 
portfolio institutionell, Ausgabe 1/2018
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