Asset Manager
28. September 2011

Fundamentale Allokationsexperten wenig entscheidungsfreudig

Fundamentales Bild ist zweigeteilt. Trendfolger haben sich dagegen deutlich positioniert.

Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust,
Die eine will sich von der andern trennen;
Die eine hält, in derber Liebeslust,
Sich an die Welt mit klammernden Organen;
Die andre hebt gewaltsam sich vom Dust
Zu den Gefilden hoher Ahnen.
Der Zwiespalt, in dem sich Goethe´s Faust befindet, ist Aktienanlegern derzeit wohl vertraut. Auf der einen Seite signalisieren günstige Bewertungen, Unternehmensgewinne und Dividendenrenditen sowie viel Liquidität eine Jahrhundertchance. Andererseits führt die europäische Verschuldungskrise zu einer großen Verunsicherung, und die Konjunktur verliert an Dynamik. Wenig Orientierung geben auch Allokations-, Beta-Overlay- oder Multi-Asset-Experten – zumindest wenn es sich um fundamental ausgerichtete Häuser handelt. So sehen beispielsweise Vescor und die Aquila Group den Aktienmarkt neutral. „Sollte die Wirtschaft in eine Rezession abrutschen, sind die Aktienkurse noch zu hoch. Wenn nicht, sind die gegenwärtigen Niveaus attraktiv. Unsere Haltung gegenüber Aktien ist neutral“, schreibt Aquila in ihrem September-Monitor.
Dagegen hat die ebenfalls sehr fundamental argumentierende Skandia Investment Group (SIG), das Anlagemanagement der Old Mutual Vermögensverwaltung, nun Position bezogen. Das Engagement in Aktien wurde von „neutral" – die Position seit Juni – auf zumindest „übergewichten" heraufgestuft. Auch wenn die jüngsten Wirtschaftsdaten insgesamt schwach aussehen, so SIG, legen die Unternehmen doch weiterhin solide Gewinne vor. Empfohlen werden vor allem asiatische Schwellenländer.
Eine dezidiertere Meinung haben – zumindest nach dem Markteinbruch – dagegen die Trendfolger. Nachdem die Seitwärtsmärkte im ersten Halbjahr die Performance belasteten, ermöglicht der Markteinbruch im August nun ein klares Urteil. So ist Avana Invest in den Aktienstrategien über ETFs mittlerweile stark auf der Aktien-Short-Seite und zu einem kleineren Teil im Geldmarkt engagiert.
Wer derzeit richtig liegt, muss aber nicht unbedingt ein Trendfolger sein. Zwischen Trendfolge und fundamentaler Analyse steht der Allokationsberater Meyer & Cie. Joachim Meyer empfiehlt, Aktienrisiken stark unterzugewichten: „Auf Basis unserer Zyklusanalysen für Aktien-, Bond-, Rohstoff- und Währungsmärkte gehen wir von einem erneuten Start des „Risk-off“-Verhaltens der Marktteilnehmer aus, was in den nächsten Wochen nun unter anderem zu neuen Jahrestiefstständen an den Aktienmärkten führen sollte.“ Interessant ist nicht nur die klare Positionierung, sondern auch, dass der Berater schon seit dem 1. August eine starke Untergewichtung von Aktien empfiehlt. Das Urteil resultiert also nicht daraus, dass Trendfolge eben derzeit ein diffuses fundamentales Bild bei Meyer & Cie. überlagert.
Dass ein Blick durch die fundamentale Brille auch ohne meinungsstärkende Trends auskommen kann, bewies Meyer zudem im Februar dieses Jahres. Im dpn-Roundtable schloss er als einziger Experte Tiefststände bei Renditen von Bundesanleihen von unter 2,1 Prozent nicht aus.
portfolio institutionell newsflash 21.09.2011/pe

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