Recht, Steuer & IT
7. Mai 2019

Hufeld: Rückfall in das regulatorische Laissez-Faire der Vorkrisenzeit wäre fatal

Nachbesserungspotenzial bei Solvency II hinsichtlich Standardformel, Lebensversicherungen, Berichtspflichten und Proportionalitätsprinzip. Erosion der Kreditvergabestandards von Banken befürchtet.

Bafin-Präsident Felix Hufeld hat bei der Jahrespressekonferenz der Bafin in Frankfurt Forderungen der Versicherungswirtschaft nach umfassenden Reformen im Rahmen des Solvency-II-Reviews eine Absage erteilt. Ein Rückfall in das regulatorische Laissez-Faire der Vorkrisenzeit wäre fatal. Allerdings signalisierte er Gesprächsbedarf bezüglich einzelner Änderungen, auch er sehe Vereinfachungspotenzial in einigen Bereichen.

Wie Dr. Frank Grund, Exekutivdirektor Versicherungs-und Pensionsfondsaufsicht, ausführte, sieht die Bafin in vier Bereichen Nachbesserungspotenzial. Erstens sieht Grund es an der Zeit, dass die Standardformel bei der Berechnung der Solvabilitätskapitalanforderung SCR auch negative Zinsen berücksichtigt werden können. Diese Möglichkeit ist bislang nur internen Berechnungsmodellen gegeben. Zweitens sprach er sich bezüglich Lebensversicherungen für eine sachgerechte Kapitalanforderung aus, da Lebensversicherer aufgrund ihrer illiquiden Verpflichtungen Schwankungen in der Kapitalanlage aussitzen könnten. Es bedürfe zudem eines Krisentools zur vorübergehenden Abfederung der Folgen einer Wirtschaftskrise. Bezüglich der vierteljährlichen Berichtspflichten sieht er drittens Redundanzen, die eingespart werden könnten. Schließlich solle auch das Proportionalitätsprinzip bessere Anwendung finden. Ob dies zu neuen Schwellenwerten führe, konnte er nicht sagen.

Kein Trend zu mehr Run-Offs

Auf die Übernahme der Bestände Generali Leben durch Viridium angesprochen, sieht Grund keinen nachhaltigen Trend zu mehr Run-Offs. Zwar schließe er nicht die eine oder andere Transaktion aus, eine weitergehende Entwicklung kann er jedoch derzeit nicht beobachten. Bezüglich der angeschlagenen Pensionskassen sieht er eine gute Entwicklung. Deutlich mehr Arbeitgeber hätten sich bereit erklären, nachzuschießen oder entsprechende Verpflichtungen zu verstärken. Die Anzahl der Pensionskassen unter intensivierter Aufsicht habe sich im vergangenen Jahr von 45 auf 31 reduziert. Allerdings gab er auf Nachfrage an, dass einige Arbeitgeber wohl nicht mehr wie eigentlich vorgesehen Verpflichtungen im Zweifelsfall übernehmen können. Über die Anzahl konnte er keine Angaben machen. Zum Fall der ehemaligen FDP-Bundestagsfraktion im Zusammenhang mit der Rheinischen Zusatzversorgungskasse (RZVK) nahm er keine Stellung. Nach deren Ausscheiden aus dem Bundestag und der anschließenden Liquidation im Jahre 2013 hat die FDP eigentlich fällige Ausgleichszahlungen für Pensionsrückstellungen ihrer Mitarbeiter in Höhe von sechs Millionen Euro bis heute nicht beglichen.

Erosion der Kreditvergabestandards

Mit Bezug auf die Finanzmarktstabilität zog Hufeld ein positives Fazit der regulatorischen Bemühungen seit der Finanzkrise. Hufeld warnte jedoch auch: „Regulatorischer Erfolg ist flüchtig.“ Ständige Wachsamkeit sei das höchste Gebot. Als neuralgische Punkte nannte er die Belastung von Versicherungen und Banken durch die Niedrigzinsphase, die globalen Verschuldungsraten in Rekordhöhe, notleidende Kredite in den Bankbilanzen, abflauende Konjunktur und eine hohe Vernetzung der Finanzmarktakteure. Speziell im Auge hat die Bafin die Kreditvergabe von Banken gefasst. Hier sieht die Bafin Anzeichen für eine Erosion der Kreditvergabestandards. Außerdem habe sich die neu gebildete Risikovorsorge der Banken nahezu halbiert. Dies könne eine Gefahr für die Finanzmarktstabilität darstellen, so Raimund Röseler, Exekutivdirektor Bankenaufsicht.

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