Statement
23. Mai 2019

Impact in der Praxis: soziale Infrastruktur

Impact-Investoren sind bestrebt, den gesellschaftlichen und ökologischen Nutzen ihrer Investments zu verstehen und zu verbessern. Doch wie kann man den Impact messen? Diese Frage beantwortet Stefan Bauer von Franklin Templeton.

„ESG-Daten öffnen neue Perspektiven“

Interview mit Stefan Bauer, Head of Institutional Sales, Franklin Templeton

Wie gewichten Sie bei ESG-Ansätzen das E, das S und das G? Welcher dieser Faktoren hilft besonders, Downsides zu meiden oder Upsides zu schaffen?
Die ESG-Faktoren sind am effektivsten, wenn sie vollständig in andere Research-Komponenten, einschließlich traditioneller Wirtschaftsanalyse und Besuchen vor Ort, integriert werden. Denn diese Faktoren ­tragen zu den zentralen makroökonomischen Einschätzungen eines Landes oder ­eines Unternehmens bei.
ESG-Daten können neue Perspektiven ­ermöglichen, die unter der Oberfläche von Bilanzen und Finanzkennzahlen verborgene Risiken zutage treten lassen. Dank der Analyse von ESG-Risikofaktoren wird ferner das Verständnis für die möglichen Abwärtsrisiken vertieft.
Das auf Anleihen spezialisierte Global ­Macro Team zum Beispiel hat ein firmen­eigenes ESG-Scoring-System entwickelt, um aktuelle und künftige ESG-Bedingungen in verschiedenen Ländern zu beurteilen und einen makroökonomischen Vergleich von Ländern weltweit zu unterstützen. In die ­Berechnung fließen Indizes von renommierten Quellen wie jene der Weltbank oder der Vereinten Nationen ein. Diese werden dann um die Einschätzungen unserer Analysten ­ergänzt. Dabei untersuchen unsere Analysten nicht nur den Status Quo. Mithilfe aller verfügbaren Daten und unseres Researchs vor Ort wollen wir Prognosen darüber ­erstellen, ob sich ein Land bei einzelnen ESG-Faktoren verbessert oder verschlechtert hat.

Wie werden einzelne Nachhaltigkeits­aspekte gewichtet?
Das Global Macro Team ermittelt für jedes Land mit einer Gewichtung von 40 Prozent für Governance, 40 Prozent für Soziales und 20 Prozent für Umwelt eine abschließende ESG-Gesamtnote. Umweltfaktoren haben eine niedrigere Gewichtung, da sie sich häufig über deutlich längere Zeiträume auf die Wirtschaft auswirken als die Faktoren Governance und Soziales.

Mit dem Pariser Klimaabkommen und dem Aktionsplan der Europäischen Kommission fokussiert sich Nachhaltigkeit verstärkt auf Ökologie und den Klimawandel. Ist das zu einseitig gedacht?
Nach der UN-Klimakonferenz im Jahr 2015 in Paris – auch als COP21 ­bezeichnet – ­dürfte das Interesse an Methoden zur Verringerung von Kohlendioxidemissionen zunehmen. Langfristig könnte dies Auswirkungen auf Unternehmen haben, die fossile Brennstoffe nutzen und produzieren und dadurch aufgrund neuer Regeln oder Ziele strukturelle Probleme bekommen könnten. Anleger, die in einer ESG-Betrachtung Kennzahlen wie die Kohlendioxidemissionen von Unternehmen oder Ländern, ihre Energieintensität, ihre Reserven oder ihren Energiemix untersuchen, sind möglicherweise besser in der Lage, diejenigen zu identifizieren, die flexibler und anpassungsfähiger sind.
ESG-Analysen dienen nicht nur dazu, ­Risiken zu identifizieren und zu messen. In unseren Augen können sie auch Anlagechancen ­erkennbar machen. In der ganzen Welt sind bedeutende demografische Entwicklungen wie zum Beispiel Bevölkerungswachstum zu beobachten, die eine Belastung für natürliche Ressourcen wie Wasser darstellen.
Unternehmen, die von der zunehmenden Nachfrage nach effizienten Wasserlösungen ­profitieren, sind tendenziell gut positioniert, sich an ­Veränderungen bei ESG-Themen anzupassen, die erhebliche Bedeutung für den langfristigen Erfolg haben können. Das Gleiche gilt für Unternehmen, die dauerhaft wachsen, aber gleichzeitig ihren Ressourcen­verbrauch verringern.

Fühlen Sie sich von den Unternehmen und Staaten, in die Sie investieren, bezüglich nachhaltigen Aspekten gut informiert?
Die Qualität und Verfügbarkeit von ESG-Daten und -Instrumenten nehmen immer mehr zu. Wir glauben, dass dies Vorteile für diejenigen Vermögensverwalter bringen kann, die sich die Zeit nehmen, zu verstehen, was diese Daten bedeuten und wie sie zur besseren Informationsgrundlage für ihre Anlagebewertungen werden können.

Was sind Ihre langfristigen Ziele für die Steigerung der ESG-Bemühungen?
Das ESG-Team ist bestrebt, die ­Erkenntnisse der Investmentteams zu verbessern und ­proprietäre Ratings und Produkte durch ­Investitionen in eine zentralisierte ESG-­Datenlösung zu unterstützen, deren Prototyp wir im vergangenen Jahr getestet haben.
Es konzentriert sich auch auf Themen des strategischen Engagements in allen Anlage­klassen und entwickelt Technologien zur Verbesserung des Prozesses, einschließlich einer besseren Verfolgung, Überwachung und Berichterstattung über die Ergebnisse des Engagements.
Ein Bereich von besonderem Interesse ist weiterhin die Ausweitung der ESG-Integration in nicht erforschte Anlageklassen über Fixed Income und Alternativen hinweg, in denen das ESG-Team auch Möglichkeiten sieht, die ESG-Produktpalette von Franklin Templeton unter Nutzung unserer Kernkompetenzen auszubauen.

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