Traditionelle Anlagen
28. November 2011

Implosion des Asset-Klassen-Universums

Die Einteilung der Bondwelt in Sovereigns und Emerging Market Debt muss überdacht werden. Asset Manager ziehen­ die Schlussfolgerung, verstärkt „Fixed-Income-Mischfonds“ anzubieten. Die Vorteile liegen auf der Hand, institutionelle­ Anleger sehen jedoch einige Haken.

Globalisierung gilt als Megatrend, der jedoch für den Einzelnen eher abstrakt erscheint. Sehr realistisch werden die verdichteten ­globalen Beziehungen für Anleiheinvestoren. Schwellenländer gelten als bessere Bonitäten als mancher europäische Staat, Corporates wird eine bessere Bonität bescheinigt als deren Herkunftsländern, Staatsanleihen haben ein Kreditrisiko, und der risikolose Zins ist Vergangenheit. Darum sehen einige Fondsmanager mit den regionalen Grenzen nun auch die Grenzen von Anlageklassen fallen.

Für Andrew Balls von Pimco ist eine wichtige Lektion von 2010, dass Zins- und Kreditrisiken nicht mehr getrennt voneinander ­betrachtet werden sollten: „Die Welt teilt sich nicht mehr in ­entwickelte Länder und in Schwellenländer. Wir sind gut beraten, wenn wir uns an einen neuen Zyklus bei Sovereign Risk anpassen.“ Jim Cielinski von Threadneedle hat eine ähnliche Sicht. „Viele Anleger würden ­besser damit fahren, ihre herkömmliche Asset-Allokation zu ersetzen oder zumindest zu erweitern und sie an die neuen Gegebenheiten anzupassen“, schreibt Cielinski in einem Beitrag für den Bundesverband Alternative Investments. Der Leiter Fixed Income fügt hinzu, dass die eigenen Research-Ergebnisse darauf hindeuten, dass die ­Definition der Anlageklassen in den vergangenen Jahren nur wenig mit der Wertentwicklung zu tun hatte. „Der ausschlaggebende Faktor war meistens das Risiko.“ Typische Beispiele für diese Sichtweise sind auch die auf dem portfolio Masters vertretenen Manager Bluebay, ACM Bernstein und Rothschild. Bluebay bestückt zum Beispiel ein Investment-Grade-Produkt mit Govys, Corporates und Covered Bonds, einen Diversified Credit Fund mit Corporates, High Yields, Wandel­anleihen und Emerging Market Debt. Rothschild offeriert einen Fonds, der mit der Auswahl von Sektoren, Einzeltiteln, Durationen und Zinskurvenpositionierungen diverse Alphaquellen anzapfen will.
Eine breite Diversifikation ist gerade in einem Niedrigzinsumfeld sinnvoll und der Wunsch der Asset Manager nach mehr Bewegungsfreiheit und damit Verantwortung löblich. Auch Zielvorgaben ­hinsichtlich Volatilität und Renditen dürften für die Manager ein­facher umzusetzen sein. Klar ist aber auch, dass mit solchen Produkten die Verantwortung für strategische und taktische Allokationen von der Investorenebene auf die Managerebene wandert. Nicht jeder Investor wird dazu bereit sein. Die Bayerische Versorgungskammer hat sich zwar laut Dr. Constantin Echter, der bei der BVK das Ressort „Strukturierte Zinsprodukte und Spread-Investments“ leitet, in jüngerer Zeit öfter die Frage gestellt, ob sie Entscheidungen über Allokations­quoten von High Yields, Leveraged Loans oder Emerging Market Debt Asset ­Managern überlassen. Die Antwort fiel jedoch gegen eine Delegation dieser Allokationsentscheidungen aus. „Wir wollen uns über diese Anlageklassen selbst eine dezidierte Meinung bilden und dann selbst entscheiden, wo wir Über- oder Untergewichtungen eingehen ­wollen.“ Höher gewichten wird die BVK künftig High Yields und Emerging Markets in Lokalwährung.

_Höhere Anforderungen für Investoren …

Anleger mit einem kleineren Anlagevolumen und Ressourcen dürften der Idee, Allokationsquoten zumindest in Bandbreiten zu ­delegieren, tendenziell etwas aufgeschlossener gegenüberstehen. Aber auch für diese Investorengruppe hat der Bewegungsdrang der Investoren ein paar Haken. Einmal können Anleger höchstens in der Spezialfondsvariante davon ausgehen, dass der Asset Manager seinen Freiheitsdrang im Hinblick auf das Asset-Liability-Management des Investors bei der Duration zügelt und dessen Laufzeiten auf der ­Verbindlichkeitenseite nicht aus dem Blick verliert. Durations-Gaps werden auch von Solvency II bestraft. „Bei jeder Institution fällt die optimale Duration individuell aus“, räumte Raphael Robelin von Bluebay Asset Management auf der Podiumsdiskussion des portfolio Masters ein. „Wir gehen aber davon aus, dass wir die Duration managen können und der Investor über Durations-Overlays die für ihn passenden Laufzeiten einnimmt.“ Ein Mehr an Arbeit wartet auf die Investoren auch bei der anspruchsvoller werdenden Performance-Attribution. Threadneedle gibt an, dass über einen vollen Investmentzyklus ­hinweg die Einzeltitelselektion zu einem Drittel des Gesamtrisikos beiträgt, die Asset-Allokation und Währungswetten zu jeweils 13 Prozent und Zinsentwicklungen zu 20 Prozent. Unterjährig dürften die Risiken ­jedoch stark schwanken. Ebenfalls stärker beim Monitoring gefordert sind die Investoren bezüglich der Einhaltung der Mischungsquoten der Anlageverordnung. Ansonsten droht, dass die aufsichtsrechtliche Obergrenze von fünf Prozent für High Yields oder von 7,5 Prozent für Asset Backed Securities (ABS) oder Credit Linked Notes überschritten wird. Mit der Vorgabe von Bandbreiten seitens der Investoren lässt sich ­jedoch der Ernstfall vermeiden.

_ … und für Asset Manager

Während bei diesen Aspekten die Investoren stark gefordert sind, ist es bei einem anderen Aspekt der Manager: Kann dieser überhaupt Top-down-Entscheidungen fällen? Erschwerend kommt hinzu, dass die Asset-Klassen- und Länderentscheidungen in besonders volatilen Zeiten besonders wichtig sind, aber auch besonders schwerfallen. Raphael­ Robelin von Bluebay Asset Management sieht derzeit Makrofaktoren dominieren, Top-down-Entscheidungen aber gleichwohl sehr herausfordernd: „In panischen Märkten leiden viele Asset-Klassen. Nun ­beginnt sich aber der Staub zu legen, und wir haben wieder mehr ­Diversifikationsmöglichkeiten.“ Auch Douglas J. Peebles von ACM Bernstein und weiterer Teilnehmer der Podiumsdiskussion bleibt ­optimistisch: „Derzeit dominiert die Top-down-Perspektive, und wir haben bewiesen, dass wir über rollierende Drei-Jahres-Zeiträume hier für die Kunden Mehrwert schaffen konnten. Diese Phase wird aber nicht ewig anhalten.“ ACM Bernstein arbeitet wie Bluebay sowohl top-down als auch bottom-up.

Eine noch schwierigere Aufgabe für den Asset Manager ist, dass dessen spezialisierte Investmentteams sehr eng zusammenarbeiten und Risiken vergleichbar machen ­müssen. Welches Risiko ist relativ betrachtet wie bepreist? Macht der Hugo-Chavez-Spread eine venezolanische Staatsanleihe attraktiver als eine irische Hypothek? Ist ein Nachrangtitel einer systemrelevanten Bank ausfallsicherer als eine russische Staatsanleihe? „Ein szenariobasierter Analyseprozess ist ­eine der wenigen Methoden, um den Wildwuchs von Anlagewerten und Renditeprofilen in den Griff zu ­bekommen“, so Jim Cielinski von Threadneedle. Es bleibt zu hoffen, dass die Szenarien auch Liquiditätsrisiken berücksichtigen. Wie weiland bei Geldmarktfonds neigt der ein oder andere Asset Manager auch dazu, ABS als Renditepepp beizumischen. Grundsätzlich ist die Liquidität bei bonitäts­starken Staatsanleihen am ­höchsten.        

Ein größerer Instrumentenkasten erleichtert Asset Managern ­neben der Suche nach Alphas und der Erwirtschaftung von absoluten Renditen auch die Rechtfertigung gegenüber passiven Benchmarks. Der Investor muss dazu bereit sein, Vertrauen in die Skills von ­Managern zu setzen und Hoheitsrechte bei Allokationsfragen abzu­geben. Er ist aber auch gefordert, unter „Risikomanagement“ mehr als den Tracking Error gegenüber einer Benchmark zu verstehen.

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