Alternative Anlagen
23. August 2019

Infrastrukturwandel

Infrastruktur hat bereits einen langen Weg hinter sich gebracht – und noch einen langen Weg vor sich. Die Pionierphase darf endgültig als überwunden angesehen werden. Wegbegleiter ist für Investoren ein stetiger Wandel. Erkennbar ist ein Trend hin zu neuen Segmenten, größeren Volumina und zu mehr Value-add-Strategien.

Rückenwind für Emerging Markets

Den Fokus auf Fremdkapital legt auch die Lebensversicherung der R+V, die ebenfalls zu den Branchengrößen zählt. Finanziert werden Flugzeuge, Infrastruktur und Unternehmen, wie Stefan Schütte auf der BAIC mitteilte. Schütte erwähnte auf der Konferenz zudem noch eine geographische Stoßrichtung, die womöglich auch bald bei anderen Investoren Schule machen könnte: Emerging Markets wie Chile, Peru, Philippinen sowie Indonesien bezeichnete der Alternative-Debt-Spezialist als attraktiv. Westeuropa biete dagegen nur vermeintlich niedrigere Risiken, welche aber auf jeden Fall auch niedriger bezahlt werden. Ebenfalls die ersten Schritte nach Asien hat zum Beispiel auch bereits die Sparkassenversicherung unternommen. Mit dem zunehmenden Wettbewerb in den entwickelten Ländern werden sich laut Preqin-Umfragen mehr Anleger in Richtung
Emerging Markets, insbesondere Asien, orientieren. Advace, ein internationaler Renewables-Manager für Europa und Asien, sieht aktuell in Südostasien ein „Window of Opportunity“. Managing Partner Giselher Kühne begründet dies damit, dass die dortigen Regionen von der europäischen Lernkurve bezüglich Technologiereife, Regulierung oder sinnhaften Vergütungsstrukturen profitieren und somit weniger Lehrgeld bezahlen. Die beiden Kernrisiken sind vor allem das Länder- und das Gesamt-Infrastrukturrisiko. Werden diese sorgfältig berücksichtigt, seien risikoadjustiert hohe Renditen möglich. Attraktiv dürfte für Finanzinvestoren sein, dass der Verband Südostasiatischer Nationen, Asean, 23 Prozent seines Energiebedarfs mit Renewables bis 2025 abdecken will. Dies erfordert nämlich jährliche Investitionen von etwa 27 Milliarden Dollar, welche nur mit Hilfe privaten Kapitals auch aus Europa zu bewältigen sind.

Weniger häufig als Verkehrs- und Energieinfrastruktur ist in den Versicherungsportfolios soziale Infrastruktur vertreten. Eine Ausnahme von der Regel ist die Finanzierung von Neubau, Renovierung und Betrieb von sieben Gerichtsgebäuden in Irland seitens der Talanx. Die Meag ist in den Niederlanden im Rahmen von Private-Public-Partnership-Projekten an der Finanzierung des Baus und des langfristigen Betriebs von Gerichtsgebäuden engagiert. Dedizierte Social-Infrastructure-Angebote sind noch rar. Mit einem entsprechenden Fonds im Markt ist Franklin Templeton. Seit der Auflegung vor einem Jahr wurden insgesamt neun Gebäude im Gesamtwert von über 200 Millionen Euro erworben. Zu den neuen Anlagen gehören ein Universitätskomplex in Aachen, eine Schule in Stockholm, ein Krankenhaus in Venedig, ein Gesundheitszentrum in Brighton, ein Portfolio von zwei Pflegeheimen in London und ein Krankenhaus in Kopenhagen. Im Anlegerkreis sind derzeit zwölf europäische und
kanadische institutionelle Investoren.

PPA statt EEG sowie mehr Multi-Asset und Evergreens

Nicht erfüllen dürfte sich die Erwartung, dass innerhalb der Infrastrukturportfolios ohne die liebgewordenen Einspeisevergütungen des EEG die Renewables-Quoten sinken. Preqin-Daten ist nämlich eine zunehmende, auch politisch bedingte, Dominanz an Renewables- Transaktionen zu entnehmen. Gleich 68 Prozent aller Deals entfielen in Europa im Jahr 2018 auf Erneuerbare Energien. Im vergangenen Jahr kam es auch zum bislang größten Greenfield-Renewable- Energieprojekt: Global Infrastructure Partners ließ sich 50 Prozent des 1,2-Gigawatt-Offshore-Windpark Hornsea One fünf Milliarden Euro kosten. Komplett fertiggestellt soll der 120 Kilometer von der britischen Küste entfernte Windpark Anfang 2020 sein. Hornsea Two und Hornsea Three sollen übrigens noch größer werden.

Nach Beobachtung von Richard Zellmann endete der Investitions- Stopp bei Erneuerbaren Energien im vergangenen Jahr mit der zunehmenden Akzeptanz von Power-Purchase-Agreements, PPAs. „Die Bereitschaft der Investoren hat zugenommen, auch ohne staatliche Einspeisevergütung zu investieren“, so der Geschäftsführer und Partner von First Private. Der Asset Manager bietet über die Beteiligung Recap auch Erneuerbare Energien-Fonds an. Derzeit im Vertrieb ist ein „Multi-Asset“-Fonds, der Investments mit Schwerpunkt Photovoltaik, aber auch Wind und Hydropower vorsieht. Als Beimischungen sind Energiespeicher und Energieeffizienz nicht ausgeschlossen. Ein vergleichbares Angebot offeriert derzeit Susi Partners. Diesen Mix begründet der Schweizer Fondsmanager auch damit, dass es immer mehr kombinierte Projekte gibt, die zum
Beispiel Solarmodule mit Speicher verbinden. Recap stellt Investoren eine IRR von rund sechs Prozent in Aussicht. Aus Sicht von Zellmann müssen die Renditeziele auf Projektebene nun grundsätzlich ambitionierter als zu Feed-in-Tarif-Zeiten sein. Ein Risiko-Aspekt ist zum Beispiel, dass die Laufzeiten der Energieparks bis zu dreimal länger als ein PPA sein können. Würde der Strompreis während der Fondslaufzeit steigen, würde aus dem Risiko allerdings eine Chance.

Dem gestiegenen Risiko will Recap aber auch durch die Diversifikation innerhalb des Fonds entsprechen. Zudem soll, um die Volatilität zu begrenzen, die Windpark-Quote maximal 30 Prozent betragen. Die größere Flexibilität ist ein weiteres Argument für einen Renewables- Mix. Zellmann nennt noch ein weiteres Argument: „Viele Investoren beginnen jetzt mit der Allokation in Erneuerbare Energien. Diese Anleger bevorzugen ein diversifiziertes Produkt.“ Engpass Netzinfrastruktur PPAs, voluminösere und diversifizierte Angebote können Investoren aber auch zum Nachteil gereichen. Was für EK-Geber gegen die Stromabnahme zum Fixpreis durch einen Vertragspartner spricht: Sicherheit kostet. „Mit dem Abschluss langfristiger Power Purchase Agreements gibt man zum Teil erhebliches Renditepotenzial auf. Durch die Unsicherheit bei der künftigen Marktpreisentwicklung setzen Offtaker bei langen PPA-Laufzeiten im Moment noch recht hohe Risikoprämien an. Dies gilt vor allem für den deutschen Markt, auf dem sich PPAs für Renewables-Projekte noch in der Einführungsphase befinden“, erklärt Giselher Kühne von der Advace Group.

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