Alternative Anlagen
21. November 2018

Italienische KMU sicherer als Deutsche

Euler Hermes: Direct Lending boomt. KMU mit deutlich höherem Kreditrisiko als Large Caps.

Eine aktuelle Studie von Euler Hermes Rating bescheinigt kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) und Mid-Caps in Italien mit 2,05 Prozent eine durchschnittlich geringere 2-jährige Ausfallrate als ihren deutschen (2,59 Prozent), französischen (3,05 Prozent) oder gar spanischen (3,67 Prozent) Pendants. Allerdings haben deutsche Mittelständler (KMU und Mid-Caps) bei den Finanzprofilen die Nase vorn: Die Deutschen weisen mit 32,4 Prozent den höchsten Anteil an „Investmentgrade-Finanzprofilen“ (von BBB bis AA und höher) in den vier betrachteten Ländern auf.

„Im Niedrigzinsumfeld wächst das Interesse von institutionellen Investoren an alternativen Investmentfonds rasant. Im Zuge dessen boomt die direkte Kreditvergabe privater Investoren in Europa“, sagt Kai Gerdes, Direktor Kreditrisiko bei TRIB Rating, dem Rating-Service von Euler Hermes Rating in Zusammenarbeit mit Moody’s für europaweit einheitliche Ratings für mittelständische Unternehmen. „Gerade kleine und mittelständische Unternehmen oder Mid Caps sind für Investoren sehr attraktiv – sie bergen jedoch wesentlich höhere und komplexere Kreditrisiken als multinationale Unternehmen. Genau hinschauen lohne sich: Dass italienische Mittelständler zum Beispiel durchschnittlich weniger riskant sind als ihre deutschen Pendants, die den Ruf haben, besonders solide zu sein, mag für den einen oder anderen eine kleine Überraschung sein.“

Eine mögliche Erklärung für die geringeren Ausfallraten sieht die Studie in der Tatsache, dass die Sektoren Herstellung von Rohstoffen und Groß- und Einzelhandel in Italien relativ geringe Ausfallraten aufweisen und diese einen vergleichsweise hohen Anteil der betrachteten Unternehmen ausmachen. Die Ursachen für die vergleichsweise hohen Ausfallraten in Spanien liegen in der Folge der internationalen Finanzkrise, durch die zahlreiche Unternehmen ins Straucheln gerieten. Insolvenzen stiegen landesweit an. Besonders hart traf es die dortige Immobilien- und Baubranche. Nach einem jahrelangen Bauboom platzte 2008 im Zuge der globalen Finanzkrise die Immobilienblase in Spanien und ließ Ausfallraten in diesen Branchen besonders stark in die Höhe schnellen.

„Sehr unterschiedliche Ausfallrisiken“
„Selbst gut diversifizierte Kreditfonds sind bei ihren Forderungen in einzelnen Ländern und Branchen sehr unterschiedlichen Ausfallrisiken ausgesetzt“, sagt Gerdes. „Die adäquate Analyse und Risikobewertung europäischer Kreditrisiken erfordert demnach die Berücksichtigung vielschichtiger und komplexer Aspekte: Die landesweite, sektorübergreifende Auswertung ist das eine – die branchen- und unternehmensspezifische Analyse das andere. Pauschal über den Daumen peilen funktioniert dabei nicht beziehungsweise würde schnell nach hinten losgehen.“

Es gibt zwar in einzelnen europäischen Ländern einige Parallelen, aber auch gravierende Unterschiede. In Deutschland weisen – ähnlich wie in Frankreich – das Baugewerbe, die verarbeitende Industrie und der Maschinen- und Anlagenbau überdurchschnittliche Ausfallraten auf. In Italien hingegen ist Landwirtschaft und Bergbau besonders riskant und in Spanien wackeln Mittelständler in den Sektoren Immobilien und Vermietung sowie im Baugewerbe besonders häufig. Betrachtet man den Groß- und Einzelhandel ist die Ausfallrate in den vier Ländern im Vergleich zu anderen Sektoren zwar leicht unterdurchschnittlich. Allerdings ist sie in Spanien mit 2,82 Prozent mehr als doppelt so hoch als in Italien (1,38 Prozent) – wobei das Risiko in dieser Branche auch stark von den gehandelten Produkten abhängt.

Sektorvolatilität und -ausblick  beeinflussen Ausfallraten direkt
„Sektorvolatilität, -ausblick und Marktstruktur haben einen großen Einfluss auf das jeweilige Branchenrisiko – und in der Folge auf die Ausfallraten“, sagt Gerdes. „In üblicherweise stabilen Sektoren wie Versorgungsunternehmen oder öffentliche und kommunale Dienste sind fast überall vergleichsweise geringe Ausfallraten. Sie profitieren auch von einer relativ geringen Wettbewerbsintensität und hohen Markteintrittsbarrieren. In volatileren und teilweise stark fragmentierten Sektoren wie der Baubranche, der sonstigen verarbeitenden Industrie und dem Maschinen- und Anlagenbau verhält es sich genau umgekehrt. Letztlich ist es aber auch entscheidend, wie gut ein Unternehmen auf zyklische Konjunktur-, Markt- oder Innovationszyklen reagieren und die eigene Wettbewerbsposition nutzen kann.“

Die Berücksichtigung dieser Unterschiede in den Risikoprofilen sind im dynamisch wachsenden Direct Lending Segment also der Schlüssel zum Erfolg. Das gilt insbesondere für die Festlegung der Investitionskriterien, die Selektion der einzelnen Unternehmen und die gesamte Risikosteuerung der Investitionen. „Viele Risiken lassen sich durch eine detaillierte Analyse beherrschen“, sagt Gerdes. „Aber trotzdem bleiben bei alternativen Investitionen Gefahren – eine Glaskugel hat keiner. Sämtliche Märkte unterliegen einem permanenten Wandel, den man für die zukünftige Betrachtung im Auge behalten muss. Allerdings lassen sich insbesondere Entwicklungen, die auf eine Kumulation verschiedener Risiken zurückzuführen sind, nur schwer in die Zukunft übertragen.“

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