Andere
23. Mai 2016

Krankenkassen: die neuen Aktieninvestoren

Mehr Anlagefreiheit für gesetzliche Krankenkassen lautet der Plan der Bundesregierung. Das klingt für die Betroffenen auf den ersten Blick positiv. Es gibt jedoch eine Menge Einschränkungen.

Gesetzliche Krankenkassen (GKK) sollen künftig einen Teil ihrer Finanzrücklagen in Aktien investieren dürfen, um für langfristige Anlagen eine bessere Verzinsung zu erzielen. Das berichtete die Frankfurter Allgemeine Zeitung unter Berufung auf einen Gesetzentwurf der Bundesregierung, der sich vor allem mit dem Beitragseinzug der Sozialversicherung befasst. Darin begründet sie die Ausweitung der Anlageoptionen mit den Folgen des Niedrigzinsumfeldes.
Bereits vor gut einem Jahr thematisierte portfolio institutionell in dem Artikel „Gefangene der Märkte“ das enge Anlagekorsett, das gesetzlichen Krankenkassen im Niedrigzinsumfeld den Atem abschnürt. Dieses enge Anlageuniversum macht es ihnen ziemlich schwer, die drei wesentlichen Grundsätze, die ihnen das Sozialgesetzbuch in Bezug auf ihre Geldanlagen vorschreibt, im derzeitigen Kapitalmarktumfeld einzuhalten. Laut den Paragrafen 80 bis 83 SGB IV müssen die Mittel so angelegt werden, dass ein Verlust ausgeschlossen erscheint, ein angemessener Ertrag erzielt wird und eine ausreichende Liquidität gewährleistet ist. Was genau ein angemessener Ertrag ist, darüber lässt sich trefflich streiten. Vorrang hat ohnehin der Grundsatz der Anlagensicherheit. Doch genau hier steckt die Krux. „Die gesetzlichen Krankenkassen stecken in einem Anlagedilemma. Direktanlagen als Tagesgeld bei Banken sind nicht nur eine Nullrunde, sondern eine Minusrunde. Und auch bei Staatsanleihen sieht es kaum besser aus“, bemerkte bereits damals Dr. Max Schott, Geschäftsführer bei der Vermögensverwaltung Sand und Schott, die auch GKKs zu ihren Kunden zählt. Dass dieses Thema äußerst virulent ist, merkt auch die FAZ in ihrem Artikel vom Freitag an und verweist auf den Gesundheitsfonds. Dieser musste voriges Jahr 1,8 Millionen Euro Strafzinsen an Banken zahlen, weil er zu viel Geld auf seinen Konten hatte.
Die Barmer als eine der großen GKK in Deutschland sah schon vor einem Jahr Handlungsbedarf seitens des Gesetzgebers. Sie fordert auch eine Änderung der restriktiven Anlagerichtlinien: „Der Spielraum der Geldanlage muss sich ändern, damit auch in Zeiten negativer Zinsen das ‚Kapital‘ der Krankenkassen, also die Mitgliederbeiträge, geschützt werden kann.“ Es sei nicht nachvollziehbar, dass zwar griechische Staatsanleihen gekauft werden dürfen, nicht aber japanische oder US-amerikanische. „Genauso kann man sich fragen, warum nicht zumindest als sicher geltende Aktien für die Anlage der langfristig verfügbaren Kassenrücklagen genutzt werden können“, so die Barmer. Natürlich nur unter klar definierten Vorsichtsmaßregeln, um Verluste auszuschließen.
Damit scheint man nun Gehör zu finden – jedoch mit Wertmutstropfen. Aktienengagements sollen nun möglich sein, allerdings begrenzt auf die Reserven, die die Kassen für die betriebliche Altersvorsorge ihrer Angestellten bilden, wie die FAZ berichtet. Zudem soll die Höhe auf zehn Prozent des Anlagebetrages begrenzt werden. Die Zehnprozent-Grenze entspricht der des Bundes für Rückstellungen für Beamtenpensionen. Auch wäre die Anlage nur auf in Euro ausgegebene Aktien zulässig, das Management muss „passiv und indexorientiert“ ausgerichtet sein.
Die Kassen loben laut FAZ einhellig den Regierungskurs. Zufrieden seien sie dennoch nicht. Die Begrenzung auf zehn Prozent ist ihnen viel zu strikt. Die Zeitung zitiert Jürgen Hohnl, Geschäftsführer des Vereins der Innungskrankenkassen (IKK): „Mit der zaghaften Öffnung von Anlageoptionen für Altersrückstellungen im Aktienbereich geht der Gesetzgeber einen richtigen Weg. Angesichts der derzeitigen negativen Zinsvorgaben der Europäischen Zentralbank führt eine zehnprozentige Aktienquote jedoch nicht zu einer Entspannung.“ Der Spitzenverband der Kassen plädiert laut FAZ für eine Aktienquote von 20 Prozent. Schließlich habe der Gesetzgeber die Grenze auch für Aktienengagements zur Absicherung der Wertguthaben von Langzeitarbeitskonten genommen. Die AOK sollen sich sogar für 30 Prozent aussprechen.
portfolio institutionell newsflash 23.05.2016/Kerstin Bendix

Autoren:

In Verbindung stehende Artikel:

Schreiben Sie einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert