Pensionskassen
22. Februar 2019

Mehr Renditechancen für Pensionskassen

Zu wenig Risiko in der Kapitalanlage bedeutet zu viel Risiko für Pensionskassen und Trägerunternehmen. Zur Erfüllung der Garantieziele braucht es die Zielrenditen von Aktien. Die dauerhafte Nachschussgefahr ist bei Staatsanleihen sogar höher.

Eine andere Ironie ist allerdings, dass Heinrich bereits vor drei Jahren die Probleme des garantieförmigen Durchführungsweg ­Pensionskasse offenbar sehr bewusst waren – die beiden Kassen mit Sitz in Köln trotzdem aber nun in solch großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten stecken. Die Solvenzkapitalanforderungen wurden gerissen, Eingriffe in den Past Service stehen bevor und die Bafin untersagte das Neugeschäft. Zu den schwierigen Rahmenbedingungen kamen offenbar handwerkliche Fehler hinzu. Für Heinrich kam Olaf Keese. Dies ändert aber nichts daran, dass Heinrich 2016 die Probleme von Pensionskassen zutreffend beschrieben hat. Insofern ist das Garantieverbot in der reinen Beitragszusage sehr zu begrüßen.

Dr. Friedemann Lucius von Heubeck will Versorgungsleistungen nach Art der Sozialpartnerrente im Rahmen bestehender Direktzusagen nutzen. (Bild: Heubeck)
Dr. Friedemann Lucius von Heubeck will Versorgungsleistungen nach Art der
Sozialpartnerrente
im Rahmen bestehender Direktzusagen nutzen. (Bild: Heubeck)

Das Gesetz sieht vor, dass die Verantwortung von den Arbeitgebern zu den Sozialpartnern wandert. Womöglich entpuppt es sich aber auch als Wunschdenken, die bAV im Mittelstand über ein Sozialpartnermodell zu fördern. Die ­Sozialpartner müssen die Verantwortung nämlich auch wollen. „Für die Gewerkschaften haben andere Themen wie Löhne und Arbeitszeiten derzeit Priorität – aber nicht die bAV“, hat Lucius beobachtet. Lucius vermutet ­zudem, dass die Gewerkschaften mit einem Engagement für eine ­Betriebsrente mit Garantieverbot ein Reputationsrisiko verbinden, wenn das in Aussicht gestellte Rentenniveau nicht erreicht wird.

Dahinter steckt wiederum ein Kommunikationsproblem. Friedemann Lucius: „Die Vermittlung, dass die potenzielle Rendite und damit die Rentenleistung umso höher ausfällt, je niedriger die Garantie angesetzt wird, ist schwierig. Simulationsrechnungen zeigen aber, dass sich bei einer gut strukturierten Kapitalanlage Kapitalmarktschwankungen im Zeitablauf mit hoher Sicherheit ausgleichen und im mehrjährigen Durchschnitt eine positive Rendite deutlich oberhalb der ­sicheren Verzinsung erzielt werden kann.“ Der Umstand der jeder­zeitigen Bedeckung, die Schwankungen nur bei entsprechender ­Kapitalausstattung zulasse, mache dagegen den versicherungs­förmigen bAV-Weg unnötig teuer.

Der VFPK macht als Knackpunkt aus, dass durch das Sozialpartnermodell die BRSG-Neuerungen an Tarifverträge gekoppelt sind und ­somit nur für tarifgebundene Unternehmen gelten. Es bleibe ­offen, wie nicht-tarifgebundenen Unternehmen einbezogen werden sollen und ob diese bereit sind, sich tarifvertraglichen Regelungen anzuschließen. Davon werde der Erfolg des BRSG abhängen, denn es sind gerade die kleinen und mittleren Unternehmen, die selten tariflich ­organisiert sind. Auf Seiten der Arbeitgeber darf bei manchem Mittelständler als Problem vermutet werden, dass Patriarchen mit Gewerkschafts-Phobie sich grundsätzlich nicht damit anfreunden können, sich tarifvertraglichen Regelungen auch nur anzuschließen. Zudem vermutet Lucius auf Arbeitgeberseite das Hemmnis, dass diese von den Arbeitnehmern regelmäßig eine Beitragsbeteiligung erwarten.

Reine Beitragszusage und Leistungszusage der Direktzusage

Möglicherweise bremsen auch nicht nur bereits bestehende bAV-­Einrichtungen wie die Metallrente oder der HVB-Pensionsfonds die Umsetzung des BRSG, sondern auch die Vorteile eines urdeutschen Durchführungswegs: nämlich der Direktzusage. Aus Arbeitgebersicht liegt der große Vorteil der Direktzusage in der Flexibilität, diese auch für die im Normalfall rentablere Innenfinanzierung nutzen zu können. Allerdings erteilt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer mit der Direktzusage auch eine Leistungszusage beziehungsweise quasi eine Mindestgarantieleistung. So verpflichtet sich der Arbeitgeber bei der beitragsorientierten Leistungszusage, bestimmte Beiträge in eine ­Anwartschaft umzuwandeln. Allerdings handelt es sich bei der Sozialpartnerrente lediglich um eine reine Beitragszusage. Interessant könnte es nun aus Sicht von Friedemann Lucius sein, Versorgungsleistungen nach Art der Sozialpartnerrente im Rahmen bestehender Direktzusagen zu nutzen. Damit beschäftige man sich laut Lucius auch bereits in der Praxis: „Es gibt Unternehmen, die sich damit auseinandersetzen, wie sich die Direktzusage so gestalten lässt, dass sie der reinen Beitragszusage sehr nahe kommt.“ Ein Knackpunkt ist aber, wie hoch die Mindestgarantieleistung bei der Direktzusage sein muss. Lucius: „Die Mindestgarantieleistung kann auch deutlich ­geringer als der reine Beitragserhalt sein. Fraglich ist, wie niedrig.“ Je niedriger, desto chancenreicher könnte angelegt werden, desto höher wären die Rendite- und damit Rentenerwartungen. „Bei einer Kollektivlösung würde eine Mindestgarantieleistung von 50 Prozent der eingezahlten Beiträge sicherlich ganz neue Möglichkeiten eröffnen, was das mit hinreichender Sicherheit erzielbare Rentenniveau angeht.“

Hindernisse für die BRSG-Nutzung mit Blick auf reine Beitragszusagen bei bestehenden Direktzusagen sind rechtlicher Natur. „Direktzusagen werden von der Bafin nicht beaufsichtigt. Der Gesetzgeber hat aber der reinen Beitragszusage und den darin auf die Sozialpartner und Arbeitnehmer verlagerten Verantwortlichkeiten nur unter der ­Voraussetzung zugestimmt, dass eine Aufsicht durch die Bafin ­erfolgt“, erläutert Dr. Michael Karst, der zudem betont, dass auch ­generell die Direktzusage im Rahmen des BRSG nicht berücksichtigt wurde. Die Risiken für den Arbeitgeber aus Direktzusagen könne man auch dort durch risikoaverse Gestaltungen stark reduzieren. Vor­aussetzung für eine Nutzung der Direktzusage als reine ­Beitragszusage ist auch eine separierte Vermögenshinterlegung. Im September 2017 ­ermittelte WTW aber in einer Umfrage unter 47 Mittelständlern, dass 55 Prozent der KMU auf unternehmensinterne Pensionsrückstell­ungen setzen, also darauf vertrauen, die Pensionszahlungen aus dem operativen Ergebnis leisten zu können. Damit bilden also nur 45 ­Prozent spezifisch reservierte Vermögenswerte. Jedoch planen gut die Hälfte (52 Prozent), ihre bAV in den kommenden Jahren anzupassen. Grund für diese Überlegungen sei vor allem die Niedrigzinsphase.

Chronologie des Siechtums

Dass die Niedrigzinsphase speziell Pensionskassen belastet, zeigte sich der breiteren Öffentlichkeit spätestens Mitte 2016, als sich mit dem BVV die größte Pensionskasse in Deutschland auf einer Mitgliederversammlung Kürzungen beim Future Service genehmigen ließ. Mitte 2016 gab auch die Pensionskasse Neue Leben bekannt, dass sie für die Beiträge eines Teilbestands ab 2017 nur noch eine ­verminderte Garantieverzinsung von 1,25 Prozent zusagen kann. Den betroffenen Teilbeständen garantierte die Pensionskasse bisher 3,25 beziehungsweise 2,75 Prozent auf die Sparbeiträge. Überraschen kann der Schritt nach einem Blick auf die Asset-Allokation kaum. Die Kapitalanlagen sind nämlich nahezu komplett festverzinslich investiert. Für das ­Geschäftsjahr 2017 teilte die Neue-Leben-PK mit, dass Investitionen vor allem in Inhaberschuldverschreibungen und Namensschuldverschreibungen guter Bonität erfolgten. Das durchschnittliche Rating der festverzinslichen Kapitalanlagen betrage AA-. Wie im Vorjahr sei die Gesellschaft keine Aktienengagements eingegangen.

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