3. Dezember 2015

Allokationen, Assets, Anleger: Rückblick portfolio masters 2015

Das Risikobudget ist ein knappes­ Gut, und im Niedrigzinsumfeld umso mehr. Je enger­ das Risikobudget, desto mehr zählt jeder Basispunkt Rendite. Dass für den effektiven­ Einsatz des Risikobudgets verschiedene Strategien infrage kommen, zeigte sich im Verlauf der portfolio institutionell masters.

Mit Verlusten ist das so eine Sache. Bei einem Verlust von 50 ­Prozent braucht es zur Wertaufholung einen Verdoppler. „Das ist ­eingängig, führt man sich im Tagesgeschäft jedoch nicht immer vor Augen“, erklärte Thomas Bossert von Union Investment Institutional auf der diesjährigen masters-Konferenz. Hält man sich einigermaßen an der Kapitalschwelle, ist das seiner Ansicht nach eine vernünftige Art, um Rendite zu erzielen: „Man muss auf eine höher erhaltene ­Kapitalbasis keine exorbitanten Renditen erwirtschaften.“ Dieser Sicht dürften institutionelle Anleger zustimmen. Denn die Aversion gegen Verluste ist ausgeprägt, wie Bossert beobachtet hat.
Laut dem Psychologen und Wirtschaftsnobelpreisträger Daniel Kahneman leidet ein durchschnittlicher Anleger­ etwa doppelt so sehr unter Verlusten, wie er sich über einen Gewinn in gleicher Höhe freut. Dennoch: Wer mehr als den risikolosen Zins erzielen will, muss Risiken eingehen. Diese Notwendigkeit ist wegen der Nullverzinsung im risikolosen Asset­ zuletzt noch größer geworden. Das Problem vieler institutioneller­ Investoren ist laut Bossert allerdings, dass 90 Prozent von ihnen de facto­ einen Anlagehorizont vom 1. Januar bis 31. Dezember haben: „Dann wird es schwierig, langfristige Risikoprämien einzufahren.“

Volatilität unterschätzt Liquiditätsrisiko
Für den Spagat zwischen Verlustbegrenzung und Vereinnahmung langfristiger Risikoprämien hat Union Investment vor 20 Jahren eine asymmetrische Strategie entwickelt. „Bei einer solchen Strategie zielt man darauf ab, in wacklig werdenden Märkten das Risiko zu reduzieren. Wenn man einen Lauf hat und das Risikobudget ansteigt, kann man sich mehr Risiko­ leisten und entsprechend investieren“, so ­Bossert. Das klingt gut, birgt in der Praxis aber Liquiditäts­- und ­Modellrisiken. Kommt es zu Kurssprüngen, die eine rechtzeitige­ Portfolioadjustierung erfordern, muss man die entsprechenden ­Positionen verkaufen können. „Die Volatilität in den gängigen Rentenmärkten bildet das Liquiditätsrisiko nicht adäquat ab“, monierte Bossert. Auch das Modellrisiko ist nicht zu unterschätzen: „Modelle können die ­Realität der Finanzmärkte nicht tatsächlich abbilden, diese ist zu komplex.“ Die Union begegnet diesem­ Thema mit Redundanz: „Wir geben unseren Portfoliomanagern einen breiten Strauß an Risikokennzahlen­ an die Hand. Die Aufforderung an den Portfoliomanager ist, sich mit den Zahlen auseinanderzusetzen.“ Zusätzlich können die Risikokennzahlen durch Tiefenbohrungen, sprich: Stresstests, belastet ­werden. „Es ist die Verbindung zwischen Mensch und Maschine – in der Hoffnung, dass sich beide gegenseitig aufschlauen“, so Bossert.

Anders als beim Absicherungsklassiker CPPI orientieren sich die Wertsicherungskonzepte von Union Investment zwar an bestimmten Wertuntergrenzen, arbeiten dabei allerdings mit aktiven Elementen. „Immuno hat eine Hardcore-Wertsicherung, die auch dann halten soll, wenn es Katzen hagelt“, erläuterte Bossert. Im ­Niedrigzinsumfeld stieß das Konzept aber an ein Problem: Risikobudgets sind begrenzt. Als Reaktion hat Union Investment sein Wertsicherungskonzept ­weiterentwickelt. Das Ergebnis: Konvexo. Die Maschine ist dieselbe wie bei Immuno, erlaubt aber einen sportlicheren Fahrstil. Bossert veranschaulichte dies an einem Beispiel: „Wenn man das Konfidenzniveau von 99,995 auf 99,9 Prozent senkt, was von den meisten ­immer noch als sehr hohes Sicherungsniveau empfunden wird, ­könnte man die Wertuntergrenze von 95 auf 96,1 Prozent erhöhen. Ich bräuchte somit für dieselbe Portfoliostruktur entweder weniger Risikobudget oder kann, wenn ich es umdrehe und bei fünf Prozent Risikobudget bleibe, eine offensivere Portfoliostruktur darstellen, was mittelfristig mit höheren Risikoprämie entlohnt werden sollte.“(portfolio masters 2015: Hier gelangen Sie zur Bildergalerie dieser Veranstaltung.) 

 
Auf der Suche nach Alpha
Ein ebenso interessantes wie intellektuell anspruchsvolles Anlagekonzept mit Schwerpunkt Volatilität präsentierte David Schofield von Intech, einem der drei Vermögensverwalter der Janus Capital Group. Schwerpunkt ­seiner Präsentation zu „Smart Volatility Management“ sind Aktien­strategien mit einem im Voraus definierten Tracking Error.­ Der ­Tracking Error der vor knapp fünf Jahren aufgelegten European-­Large-Core-Strategie beispielsweise liegt vordefiniert zwischen drei bis vier Prozent. Damit sind dem Fondsmanagement bei Abweichungen vom Vergleichsmaßstab Grenzen gesetzt. Die Zielrendite bezifferte Schofield auf 300 bis 350 Basispunkte­ über der Benchmark. Für den Leiter der globalen Intech-Aktivitäten besteht hier ein konsistenter Prozess zur Alpha-Generierung. In der Vergangenheit entwickelten die hauseigenen Researcher ­dafür Modelle zur Analyse von Korrelationen und Volatilitäten globaler ­Aktien. Seither haben sie Portfolios entwickelt, die die ­angestrebte Rendite bei niedrigstem Risiko erreichen.
Intech ist ausschließlich „long only“ in Aktien investiert. Damit der ­Ansatz funktioniert, muss es Titel geben, die sich hinsichtlich ihrer Korrelationen unterscheiden. Und: Die Börsenkurse müssen volatil sein, sonst ist das Konzept machtlos. Schofield: „Ein Low-Volatility-Portfolio wie dieses ist nicht dasselbe wie ein Portfolio, das aus wenig volatilen ­Aktien besteht. Die von uns selektierten Aktien sind nicht zwingend Aktien mit niedriger Volatilität. Vielmehr spielen die Korrelationen der Titel untereinander eine Schlüsselrolle. Die Hinzunahme volatilerer, unkorrelierter Aktien­ kann einen Beitrag leisten, um das Risiko auf Portfolioebene zu reduzieren.“ Im Tagesgeschäft setze der in ­Florida beheimatete Asset Manager auf die Rebalancierung der Wertpapiere im Portfolio als Ertragsquelle. Damit zielt man auf die 1982 von Intech-Gründer Dr. Robert Fernholz identifizierte „Rebalancing-Prämie“ ab; dem Investor winkt demnach eine Prämie, wenn das Portfolio nach einem gewissen Konzept immer wieder rebalanciert wird. Und genau darum geht es. Seit Mitte der 1980er Jahre wurde die Ausnutzung dieser Prämie als Strategie für globale, regionale und auch spezielle Themen umgesetzt. „Seit dem Start haben wir über alle Strategien hinweg in einem rollierenden Dreijahres-Zeitraum in 81 Prozent aller Fälle den Vergleichsindex geschlagen.“ Ansonsten lag Intech nur marginal unter der Benchmark. Wenn aber die Aktien auf breiter Front einbrechen, verhagelt es auch Intech die Rendite. Letztlich peilt das US-Haus eine­ Information Ratio von circa 0,7 an.

In den vergangenen Jahren waren Investoren an der sogenannten Low-Volatility-Anomalie interessiert, auf die zahlreiche Asset Manager heute mit Produkten abzielen. Dagegen will Intech nicht ­etwaige Marktineffizienzen, sondern die natürliche Volatilität nutzen: „Bei der Wertentwicklung eines Low-Volatility-Portfolios braucht man sich nicht auf die Low-Volatility-­Anomalie zu verlassen.“ Hintergrund ist der Gedanke, dass die Volatilität und damit die Schwankungsbreite von Aktien stabiler ist als die Performance selbst.(portfolio masters 2015: Hier gelangen Sie zur Bildergalerie dieser Veranstaltung.) 

Weil sich Korrelationen und Volatilitäten von Aktien mit jeder Kursveränderung laufend ändern, wird das mit viel Rechenleistung konzipierte Portfolio immer wieder neu ausbalanciert; dabei werden die Gewichte der Einzeltitel im Portfolio immer wieder zurückgesetzt. Wertpapiere mit Kursgewinnen werden anteilig verkauft und vice ­versa. Der Ansatz hat also einen „kaufe günstig verkaufe teuer“-Charakter. Es geht letztlich um das Managen von Volatilität, wobei ein klassischer kapitalgewichteter Index durch den Einsatz von „Manager Skill“, hier in Form eines mathematisch basierten Ansatzes, näher an die Effizienzlinie herangeführt werden soll. Kritiker monieren, dass ein fortlaufendes Rebalancing mit hohen Transaktionskosten einhergeht. Intech passt die Gewichtung der Portfoliomitglieder alle sechs Tage neu an die Berechnungen des zugrundeliegenden Algorithmus an. Dieser Zeitraum sei vertretbar mit Blick auf den Zielkonflikt ­zwischen der Beibehaltung der Anlagestrategie und vertretbaren ­Handelskosten, so Schofield. Mit dem Sechstage-Rhythmus versucht der Asset Manager, unerwünschte Handelsaspekte, etwa durch Kalendereffekte, zu vermeiden.

Vom Buy-and-Hold zum Buy-and-Maintain
Ein Umdenken in puncto Risikobereitschaft hat die Deutsche Apotheker- und Ärztebank bei ihren institutionellen Kunden beobachtet. „Wir verwalten für Anleger seit 15 Jahren auch Rentendirektbestände.­ Der Anspruch an diese Buy-and-Hold-Komponente hat sich deutlich verändert. Es geht immer mehr weg vom reinen Lieferanten regel­mäßiger Cashflows hin zu qualitativem Management – Stichwort ‚Buy and Maintain‘“, erklärte Mirko Engels, Leiter Kundenbetreuung institutionelle Anleger bei der Apo-Bank, in seinem Workshop. Darüber hinaus habe sich in den vergangenen fünf Jahren der „Anlagekuchen“ deutlich verschoben. Der fixe und kalkulierbare Ertragsblock, der vor allem aus besagtem Rentendirektbestand besteht, sei zugunsten variabler und steuerungsbedürftiger Assets abgeschmolzen. „Dieses ­Umwidmen sehen wir auch weiterhin“, so Engels. Auf der „anderen“ Seite­ habe unterdessen oft noch kein Umdenken stattgefunden. „Die Passivseite hat sich an die neue Welt und das, was der Markt hergibt, noch nicht nennenswert eingestellt“, erklärte der Apo-Bank-Mann.

Auf die neue Welt bereits eingestellt, hat sich Ewald Stephan, Vorstand bei der Verka. Der Rechnungszins, der im Schnitt bei 3,3 Prozent lag, wurde gesenkt, und zwar für Anwärter auf 0,5 Prozent und Rentner auf 1,25 Prozent. Das verschafft ihm Luft auf der Aktivseite. Opportunistisches und kurzfristiges Ertragsdenken ist ihm fremd, auch wenn er die ein oder andere Opportunität eingeht. Er fährt einen ALM-Ansatz plus Risikobudget, und das konsequent. Auch für Dr. Anton Buchhart, Hauptabteilungsleiter Kapitalanlage bei der Barmenia, ist die strategische Asset Allocation das A und O. ­Beratungsbedarf zu Asset-Liability-Modellen seitens externer Manager hat er nicht. Diese Kompetenz sieht er intern am besten aufgehoben. Dass die ALM-Kompetenz beim ­Investor liegen sollte, darin pflichtete ihm Mirko­ Engels von der Apo-Bank grundsätzlich bei. Institutionellen Anlegern, die aber wegen ihrer Größe und Personalausstattung nicht in der Lage sind, die strategische Asset Allocation selbst aufzustellen, bietet­ die Apo-Bank ihre Unterstützung an – von der ALM-Studie bis zum Risiko-Reporting.
Engels empfiehlt, ALM-Studien nicht nur alle zwei oder drei Jahre durchzuführen, sondern jährlich. „Die strategische Asset Allocation bezieht sich auf die lange Liability-Seite und hat einen­ langen Horizont. So weit vorauszuschauen, ist ein ehrenwerter Ansatz. Wir sehen aber auch, dass sich die Märkte schnell ändern“, begründete er diesen Rat. Hinsichtlich der Prüfung der Risikobudget­auslastung sprach er sich für noch kürzere Zeitabstände aus: „Dies sollte monatlich erfolgen, um ein Gefühl und Bewusstsein zu bekommen, ob es mit den Risikobudgets funktioniert, die ich gebe, und ob ich genug Luft zum Atmen habe.“(portfolio masters 2015: Hier gelangen Sie zur Bildergalerie dieser Veranstaltung.) 


Ein Multi-Manager für Aktien

Die Steuerung des Risikobudgets hat bei dem österreichischen Großanleger Fibeg, der rund 2,5 Milliarden Euro für das Land Niederösterreich verwaltet, ­besonderen Stellenwert. Die strategische Asset Allocation wird regelmäßig – zuletzt im Oktober dieses Jahres – geprüft und ein bestimmtes Risikobudget freigegeben. Wie Fibeg-­Geschäftsführer Robert Piller in einem Workshop auf den masters­ erläuterte, wird das Risikobudget von derzeit 6,5 Prozent nochmals unterteilt. Rund 40 Prozent kann taktisch verwendet werden. „Solange freies­ ­Risikobudget zur Verfügung steht, können wir uns innerhalb der ­taktischen Bandbreiten der SAA bewegen. Außerhalb des freien Risiko­budgets erfolgt eine automatische Steuerung.“
Im vergangenen Geschäftsjahr, das vom 1. Oktober 2014 bis 30. September 2015 reicht, stand bis April freies Risikobudget zur Verfügung. „Im August war das freie Risikobudget ­verbraucht, so dass der automatische Prozess in Gang kam, in den wir von der Anlageausschussseite nicht eingreifen. Der Risiko-Overlay­-Manager übernahm die Steuerung“, erklärte Piller. Am 1. ­November wurde neues Risikobudget für taktische Maßnahmen frei, so dass nun wieder taktisch agiert werden kann. Einzeltitelentscheidungen trifft Piller allerdings nicht. Die Aktienquote, die  derzeit rund zehn Prozent beträgt und durch die Anlagerichtlinien auf 40 Prozent begrenzt ist, wird seit 1,5 Jahren über eine Multi-­Manager-Lösung­ umgesetzt. Vor der Einführung dieser Lösung hatte die Fibeg­ einen Spezialfonds, in dem drei Aktienmanager mit SRI-Ansatz gegeneinander ­angetreten sind. Mit der Performance der drei Mandate war man aber nicht zufrieden, so dass eine neue Lösung gesucht­ wurde.

Gemeinsam mit Russell Investments, dem strategischen Berater von Fibeg, entstand die Idee zur Multi-Manager-Lösung. „Wir wollten einen ­aktiven Manager, der in den Kosten kompetitiv ist, Nachhaltigkeits­kriterien berücksichtigt und breit diversifiziert ist“, erklärte Piller. ­Zudem sollte es nur ein Vehikel geben. „Die Aufgabenstellung war ­umfangreich“, bemerkte Andreas Mittler, der als Director­ bei Russell Investments die Fibeg betreut. Ausgangspunkt seiner Überlegung: „Wie würde Russell Investments auf einem weißen Blatt Papier ein globales Aktienmandat strukturieren?“
Die Antwort: Aus einem Universum von rund 4.000 Managern, die sich im Research befinden, wurde in einem qualitativen Check eine Shortlist erstellt und daraus elf Manager mit verschiedenen Stilen gewählt. Neben­ globalen Aktien­managern, die typischerweise im Large-Cap-Segment unterwegs sind, finden sich auch regionale Spezialisten, die eher Werte aus dem Mid-Cap-Bereich selektieren, beispielsweise Lazard­ für Japan und JO ­Hambro für Großbritannien. Die Gewichtung der Manager im ­Gesamtportfolio wird durch den MSCI World vorgegeben. Im Schnitt hat jeder Manager einen Tracking Error von vier, das Gesamtportfolio liegt bei 1,2. „Das Gesamtportfolio sollte nicht zu weit weg von der Benchmark sein, damit wir sozusagen auf Dachfonds­ebene Sicherungsmaßnahmen ergreifen können“, erläuterte Piller.

Nachdem der Inhalt klar war, bestand noch ein praktisches ­Problem: Wie lässt sich der Multi-Manager-Ansatz in einem Spezialfonds umsetzen? Die Kapitalverwaltungsgesellschaft hätte eigentlich mit jedem Manager einen Outsourcing-Vertrag abschließen müssen, was jedoch äußerst komplex gewesen wäre. Die Lösung dieses ­Problems mutet einfach an. „Russell ist der einzige Outsourcing-­Partner der KVG. Wir binden dann die Manager über Advice-Verträge an“, so Mittler. Die Manager schicken ihre Trades an Russell, der ­diese als zentralisierter Manager aggregiert und handelt. Aus Effizienzgründen finden Trades nur alle zehn Tage statt. Zu kleine Trades werden abgeschnitten, um die Transaktionskosten zu senken. „Wir ­haben einen­ Tracking Error von 30 bis 40 Basispunkten zu den Originalportfolios, zugleich aber auch Einsparungen bei den Trading-Kosten“, so Mittler.
Um auch den geforderten Nachhaltigkeitsaspekt einzubinden, wird am Ende ein ESG-Filter über das Gesamtportfolio gelegt. Die zehn schlechtesten Prozent des Universums nach ESG-Kriterien, die ein externer Provider zuliefert, werden ausgeschlossen. Insgesamt zahlt Fibeg weniger als 60 Basispunkte für die Multi-Manager-­Lösung.  Piller ist „sehr zufrieden“ mit der Lösung: „Die Outperformance gegenüber der Benchmark über ein Jahr betrachtet ist bei 1,15 Prozent.“ Das jährliche Ertragsziel der Fibeg ist auf die Fünfjahres-Swaprate­ plus 1,5 bis 2,5 Prozent angesetzt. Um dies zu erreichen, muss Piller in der Kapitalanlage auf Hedgefonds, Rohstoffe und exotische ­Derivate verzichten. Neben Aktien,­ Renten und Immobilien darf er bis zu 20 Prozent in High Yields und Wertpapiere ohne Rating stecken.

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Die wichtigste Ertragsquelle von High-Yield-Bonds sind die ­Kuponzahlungen. Kapitalgewinne liefern hingegen nur einen relativ kleinen Beitrag zum Gesamtertrag. Darauf wies Stefan Chappot, ­Senior-Portfoliomanager bei Vontobel, in seinem Workshop hin. Über den Zeitraum von 2000 bis 2014 haben im globalen High-Yield-Markt Kupons 8,6 Prozent und Kapitalgewinne 3,4 Prozent zum ­Gesamtertrag beigesteuert. Der Verlust durch Ausfälle als dritte ­Komponente des Gesamtertrags schmälerte diesen um 3,8 Prozent. Aber nicht nur mit Blick auf die Höhe sind Kupons die wichtigste ­Ertragskomponente, sondern auch hinsichtlich Stabilität und Prognostizierbarkeit. „Kuponerträge sind stabil und bewegen sich kaum von einem Jahr auf das nächste“, so Chappot. Darüber hinaus ließen sie sich komplett kontrollieren. „Kapitalgewinne sind am schwierigsten zu prognostizieren und bewegen sich außerhalb meiner ­Kontrolle“, fügte Chappot hinzu.
Seines Erachtens ist es deshalb sinnvoll, bei der Verwaltung von High-Yield-Mandaten nicht auf die Erzielung eines Kapitalgewinns abzuzielen, sondern einen Ansatz zu wählen, der die Einkommensrendite von Kupons maximiert und gleichzeitig ­Verluste durch Ausfälle reduziert. Ausfälle seien zwar nicht direkt unter seiner Kontrolle, aber einiger­maßen gut prognostizierbar. „Mit einer guten und sorgfältigen Kreditanalyse können wir Unternehmen identifizieren, die ein erhöhtes Ausfallrisiko haben, und diese im Portfolio dann meiden“, merkte der Vontobel-Portfoliomanager an. Seiner Erfahrung nach lassen sich die Gründe für einen Ausfall in fünf Kategorien zusammenfassen: Probleme im Sektor, ein ­schlechtes Geschäftsmodell, ungenügende Cashflows, nicht ausreichende Liquidität und eine nicht nachhaltige Finanzierungsstruktur.

Zur Veranschaulichung, inwieweit Innovationen einen Sektor zu einem signifikanten Risiko machen können, führte Chappot als Beispiel den Übergang von der traditionellen zur digitalen Fotografie an: „Kamerahersteller haben überlebt, weil sie ihre Produkte der neuen Technologie anpassen konnten. Die Hersteller von Fotofilmen gerieten hingegen in große Probleme.“ Die Erkenntnisse der Sektoranalyse seien auch bei der Beurteilung von Geschäftsmodellen wichtig. „Fragen Sie sich, ob das Unternehmen einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil hat“, so Chappot.
Als Beispiel verwies er auf Blackberry, das vor zehn Jahren ein sehr erfolgreiches Geschäftsmodell zu haben schien. Man war Marktführer in mobiler Kommunikation für Unternehmen – basierend auf hervorragender Sicherheitstechnologie. Nach Umsatzanstiegen auf über 20 Milliarden US-Dollar kam jedoch der Kollaps. ­„Blackberrys Management war dermaßen auf den Geschäftskundenmarkt ­fokussiert, dass es nicht auf Apple achtete“, erklärte der Vontobel-Portfoliomanager. Das Ende vom Lied: Unter Geschäfts­leuten sind heute I-Phones am weitesten verbreitet. Neben einer sorgfältigen Kreditanalyse riet Chappot zu einem ­globalen Ansatz. Zwischen dem europäischen und US-amerikanischen High-Yield-Markt seien innerhalb eines Jahres oftmals große Ertragsunterschiede zu beobachten. In den Jahren 2009 und 2012 lag die Ertragsdifferenz von euro­päischen High Yields zu US High Yields absolut gesehen bei 23 beziehungsweise 13 Prozent, 2011 lagen die USA mit sieben Prozent vorn. „Flexibel und global agierende Investoren können sich dies zunutze machen, die attraktivsten Segmente identifizieren und gezielt nach guten Unternehmen suchen – unabhängig von gängigen Benchmarks“, erklärte der Vontobel-Mann.
Für ein globales Vorgehen sprach sich auch Javier Peres Dias, ­Leiter des Global-Loans-Teams bei BNP Investment Partners, in ­seinem Impulsvortrag zu Senior Secured Loans aus: „Der Kapitalmarkt tendiert dazu, auf einer abgeschirmten Basis zu arbeiten. Wenn man die Flexibilität hat, global in ausgewählte Assets zu investieren, ist das definitiv ein Vorteil.“ In seiner globalen Strategie versucht er einerseits, von der Größe und Tiefe des US-Loans-Markt (1,8 Billionen US-Dollar) zu profitieren, und geht andererseits in Europa – dem mit rund 423 Milliarden Euro deutlich kleineren Loans-Markt – sehr ­selektiv bei der Kreditauslese vor. Allerdings ist hier zu bedenken: Der Loans-Markt ist eine breite Asset-Klasse, die zum Großteil noch ­immer in der Hand von Banken ist. Institutionellen Investoren ist nicht der komplette Markt zugänglich. „Im syndizierten Loans-Markt sind institutionelle Investoren äußerst präsent. Dieser Markt ist groß und richtet sich an große Unternehmen“, ist ­Peres Dias überzeugt. Bekannte Namen, die derzeit als Emittenten aktiv sind, sind beispielsweise Dell, Ziggo, Burger King, Iglo oder Kabel Deutschland.

Reines Kreditrisiko
Den großen Charme von Senior Secured Loans sieht der BNP-Experte­ in den als Underlying fixierten Assets und im Senior-Status: „Sie sind Aktien und Bonds übergeordnet.“ Deshalb sind für ihn ­Senior Secured Loans auch kein Ersatz für High Yields, sondern vielmehr eine komplementäre Asset-Klasse. Einen wichtigen Unterschied zwischen beiden Anlagenklassen sieht er aber nicht nur in Bezug auf die Position in der Kapitalstruktur, sondern auch im Recovery-Profil. Bei Corporate Loans liegt dieses in den USA seit 1995 im Schnitt bei 66 Prozent und in Europa seit 2003 bei durchschnittlich 60 Prozent. Bei High Yields sind es 45 beziehungsweise 38 Prozent. Auch in puncto­ Ausfallraten stehen die Corporate Loans besser da. In Europa betrug die Ausfallrate im Schnitt 6,6 Prozent, in den USA 2,8 ­Prozent. Dagegen kommen High Yields auf eine Quote von 5,6 beziehungsweise 3,6 Prozent.
Gemeinsam ist beiden Asset-Klassen wiederum, dass der Kupon die wichtigste Komponente des Gesamtertrags ist. Bei Senior Secured Loans spaltet sich diese in zwei Teile: die Basisrate – Euribor beziehungsweise Libor – und die Floating-Rate. „Wenn man über Senior Secured Loans spricht, spricht man über reines Kredit­risiko. Sie kaufen sich kein Durationsrisiko ein“, erklärte Peres Dias­. Im Moment seien Corporate Loans aus Europa jedoch keine echten Floater. „Der Euribor ist negativ, so dass wir einen Zero-Floor haben. Man bekommt also derzeit nur den Spread von 4,5 bis fünf Prozent. In dem Moment, in dem die Rate über 75 oder 100 Basispunkte geht, werden die Senior Secured Loans wieder zu echten Floatern. Bis ­dahin ist es jedoch ein fixes Instrument“, führte der BNP-Mann aus. In den USA sieht das anders aus: „Hier haben wir normalerweise einen Floor von 75 bis 100 Basispunkten plus den Spread.“ 

Emerging Markets in der Krise
Kaum ein Anlagethema geht mit Blick auf die Zukunft mit so viel Ungewissheit einher wie die Entwicklung der Emerging Markets. Die Nachrichten, die in den vergangenen Monaten aus den ­global anzutreffenden Schwellenländern herüberkamen, sind bis­weilen sehr negativ.­ Einige erleben durchwachsene Zeiten. Ihr Wirtschaftswachstum verlangsamt sich; Brasilien und Russland stecken gar in der Rezession. Die im Juli vom Internationalen Währungsfonds (IWF) veröffentlichten Daten sprechen eine deutliche Sprache: Der IWF erwartet für das laufende Jahr eine Abschwächung des Wachstums aller Schwellenländer auf im Schnitt 4,2 Prozent. Zum Vergleich: 2014 wuchsen die aufstrebenden Volkswirtschaften mit 4,6 Prozent, zwischen 2000 und 2012 waren es 6,1 Prozent. Und sollte sich das Wirtschaftswachstum Chinas weiter abschwächen, könnten selbst die jüngsten Prognosen nur Makulatur sein.

Die Schwellenländer, ihr aktueller Zustand und die weiteren Aussichten standen bei den diesjährigen masters von portfolio institutionell im Mittelpunkt zweier Vorträge. Einerseits widmete sich Dr. William Ledward, Senior Vice President bei Franklin Templeton ­Investments, dem Schwerpunkt „Emerging Markets Debt in a Rising Interest Rate Environment“. Die Aktienseite wiederum analysierte Gary Greenberg, Hermes Investment Management, in seinem Workshop: „Schwellenmärkte: Starke Aktien trotzen Makrogegenwind“. Greenberg leitet das Emerging-Markets-Team bei Hermes. Ledward betreut seit mehr als 18 Jahren von London aus die institutionelle Franklin-Templeton-Emerging-Market-Debt-Opportunities-Strategie. Und „Gelegenheiten“ gibt es heute mehr als genug. ­Ledward warnte, dass man die Emerging Markets eben nicht als homogene Gruppe von Ländern betrachten dürfe. Investoren würden heute bei Lokalwährungen erhebliche Renditen in Aussicht gestellt. Gleichwohl sei hier die Volatilität sehr hoch, wie die jüngere Vergangenheit zum Leidwesen vieler Anleger gezeigt hat. Hartwährungsanleihen, ­also in der Regel in US-Dollar denominierte Wertpapiere, böten indessen ­wieder ein attraktives Risiko-Rendite-Profil. Das führt zu Ledwards Fazit: Die Bewertungen im Bereich Emerging-Market-Debt sind ­wieder attraktiv. Investoren müssten aber selektiv vorgehen.

Franklin Templeton peilt bei seiner „Opportunities-Strategie“ im Fondsformat eine jährliche Zielrendite zwischen acht und zehn ­Prozent an, wohlgemerkt über einen Marktzyklus mit seinen Hochs und Tiefs hinweg. Dabei investiert der Asset Manager anhand eines fundamentalen Ansatzes und ohne einer Benchmark zu folgen. Denn Emerging-Market-Debt-Benchmarks zeigen nach Angaben Ledwards eine hohe Konzentration. Deshalb sei ein uneingeschränkter („unconstrained“) und flexibler Investmentansatz angebracht, mit dem sich eine höhere Diversifikation und ein besseres Risiko-Rendite-Profil erzielen­ lasse. Der Ansatz basiert auf umfangreichem Research, das aus mehr als 90 Ländern die attraktivsten Nationen und Währungen auswählt. Investiert wird vor allem in Staats- und Unternehmens­anleihen.

Gary Greenberg wiederum begann seinen Vortrag metaphorisch – mit einem „Wetterbericht“: Während über Brasilien im Hinblick auf den ökonomischen Zustand des Landes ein heftiges Gewitter hinwegziehe, sei in Russland und Südafrika mit Regen zu rechnen. Die ­Sonne wiederum scheine im Großraum Südostasien und auch in ­Mexiko. Ein Grund für die wechselhaften Aussichten: Das althergebrachte Wachstumsmodell der Schwellenländer mit schlecht ­bezahlten Arbeitskräften sei überholt. Hinzu kommt das gedämpfte Wachstum in den Industrienationen mit entsprechend gebremster Importnachfrage.
Und auch die US-Notenbank dürfe man nicht ausblenden. ­Früher oder später werde sie die Zinszügel wieder anziehen. Viele Schwellenländer reagieren auf diese problematische Gemengelage mit Veränderungen ihrer Wachstumsroute, so Greenberg. Wie auch sein Vorredner mahnte der Hermes-Anlagestratege die Investoren bei Investitionen sehr selektiv vorzugehen. Nationen wie China, Indien, Taiwan und Polen attestierte Greenberg eine gewisse Standfestigkeit, was er mit Blick auf das ausgeprägte verarbeitende Gewerbe begründete. Anders als die unter den fallenden Rohstoffpreisen leidenden Exportnationen seien sie robuster aufgestellt. Aber anders als sein Vorredner selektiert Greenberg keine Staats- oder Unternehmenanleihen, sondern Aktien. Seinen Angaben zufolge seien die Fundamentaldaten von „Allwetteraktien“ weiterhin intakt.

Im Tagesgeschäft greift der Hermes-Experte auf einen, wie er sagt, integrierten Investmentansatz zurück, der einen Top-Down- und ­einen Bottom-up-Ansatz kombiniert. Ganz konkret versucht er, die qualitativ besten Unternehmen in jenen Ländern mit den nachhaltigsten Wachstumsaussichten herauszufiltern. Eine große Rolle ­spielen hier Kennzahlen wie ein hoher Return on Equity und gesunde Bilanzen. Dass sich mit diesem Ansatz auch heute noch interessante Unternehmen finden lassen, belegte Greenberg anhand mehrerer Beispiele, darunter Firmen aus China und Mexiko. Sein Fazit: Ja, einige Schwellenländer erleben derzeit ein Unwetter. Aber die teils ­extrem negative Stimmung gehe mit attraktiven Kaufgelegenheiten einher.  

Zugang zu Infrastruktur-Debt
Kaufgelegenheiten, die ebenfalls regelmäßige Ausschüttungen bieten, sehen viele Anleger in Infrastruktur-Debt. Für diese Asset-Klasse sprechen im Vergleich zu anderem Fremdkapital Ausfallraten und Recovery Rates. Ein interessantes Angebot, insbesondere um das Dilemma mit dem Zugang zu lösen, offeriert UBS Asset Management mit einer 2013 lancierten Infrastructure-Debt-Plattform für direkte ­Investments. „Infrastruktur-Kreditfinanzierungen sind ein komplexer und nicht öffentlicher Prozess“, so Elisabeth Clark von UBS Asset Management.­ „Kreditnehmer und Sponsoren sind mit den Anforderungen institutioneller Kapitalgeber nicht vertraut. Zudem wird der Übergang vom Bankkredit zum institutionellen Fremdkapitalmarkt für Infrastrukturfinanzierungen noch einige Zeit in Anspruch ­nehmen.“
Für das Zielportfolio peilt UBS Papiere mit Investment Grade und einer Duration von sieben bis zehn Jahren aus Westeuropa ohne Entwicklungsrisiken an. Die Renditevorstellungen liegen bei 300 bis 400 Basispunkten über dem Referenzzinssatz. Nicht im ­Fokus liegen dagegen Schwerpunkte auf speziellen Segmenten, wie Renewables, und Investitionen in bisherige Kreditengagements der UBS. Ein Beispiel für ein bereits getätigtes Investment ist ein Kredit in Höhe von 49 Millionen Euro über sechs Jahre für eine Kurzfähre zwischen Dänemark und Schweden. Der durchschnittliche Rendite­aufschlag liegt bei 360 Basispunkten, das interne Kredit-Rating liegt mit Baa2 wie das externe Rating im Investment Grade. Eingekauft wurde diese Transaktion in einen geschlossenen Sicav Sif, dessen finales­ Closing März 2016 ansteht. Dieser Fonds ist gemäß VAG und Anlageverordnung investierbar, wie Clark auf Nachfrage von Paul Verhoeven­ von Towers Watson, der den Workshop begleitete, ­betonte. Zudem werde die Konstruktion mit der Durchschau auf Einzeltitel des Portfolios auch Solvency II gerecht. Die Gebühren für das Management­ liegen bei 60 Basispunkten auf das investierte Kapital, die Performance Fees oberhalb der Benchmark bei 15 Prozent.

Von Kerstin Bendix, Tobias Bürger und Patrick Eisele

portfolio institutionell, Ausgabe 11/2015

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