Immobilien
2. März 2016

Allzeit-Rendite-Hoch im deutschen Immobilienmarkt

Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Sonderauswertung für die Deutsche Bundesbank. 2016 ist mit weiter steigenden Preisen zu rechnen. Investoren fürchten, ihre selbstgesteckten Renditeziele mittelfristig nicht zu erreichen.

Der aktuelle Marktzyklus nähert sich dem Gipfel. Zu dieser Einschätzung kommt Martin Steininger, Chefökonom bei Bulwiengesa, mit Blick auf die neuen Daten des German Property Index. Der Immobilien-Performance-Index, in dem das Immobilienberatungsunternehmen auf Basis von Marktdaten für die Bundesbank die durchschnittlichen Gesamtrenditen für deutsche Immobilienanlagen berechnet, steht auf einem Allzeithoch. Mit 13,3 Prozent war der Total Return 2015 so hoch wie seit der deutschen Wiedervereinigung nicht mehr. Zu dem Spitzenwert trugen insbesondere zwei Segmente bei: Logistik mit 12,9 Prozent und Büro mit 15,5 Prozent. 
Treiber hinter dieser Entwicklung ist nach Einschätzung von Bulwiengesa der fortgesetzte Nachfrageüberhang am Investmentmarkt. In der Folge stieg das gewerbliche Transaktionsvolumen 2015 zum sechsten Mal in Folge auf 55,8 Milliarden Euro. Fast 47 Prozent entfielen hierbei auf Büroimmobilien, was ein Anstieg um 51 Prozent gegenüber 2014 bedeutet. „Sowohl die Finanzmärkte als auch die Realwirtschaft senden aus Sicht der Immobilienbranche positive Signale. Dies schlägt sich in dem deutlich gestiegenen Transaktionsvolumen im hiesigen Markt nieder“, so Steininger. „Gerade die Märkte für Gewerbeimmobilien an den sieben Top-Standorten in Deutschland erfreuen sich seit mehreren Jahren großer Beliebtheit“, fügte er hinzu. Folglich entfielen 2015 mehr als die Hälfte (56 Prozent) aller getätigten Investments auf Immobilienanlagen in den A-Städten. Für 2016 geht Steininger weiterhin von einer großen Nachfrage nach erstklassigen Büro- und Logistikflächen aus. Dem stehe jedoch ein mangelndes Angebot gegenüber. Zwar legen die Projektentwicklungen fast überall zu, dennoch klassifiziert er das bestehende Angebot als nicht ausreichend. 
Das hohe Kaufinteresse seitens in- und ausländischer Investoren hat nach Einschätzung von Bulwiengesa insbesondere bei Logistik- und Büroimmobilien 2015 zu stärkeren Renditekompressionen geführt. Dies spiegelt sich in den höheren Capital-Growth-Werten wider, die ausschlaggebend für die stärkere Entwicklung der Total Returns innerhalb der Segmente waren. So habe sich beispielsweise bei Büroimmobilien der Capital-Growth-Wert deutlich von 5,5 Prozent (2014) auf 9,7 Prozent (2015) erhöht. Erstmals seit 2007 tragen zudem die Cashflow-Werte mit durchschnittlich sechs Prozent nun weniger zum Total Return bei als die Capital-Growth-Komponente. Diese Entwicklung wird sich 2016 fortsetzen: „Aufgrund des zu erwartenden Wachstums der Mietpreise als auch ein weiteres, allerdings kommodes Absinken der Anfangsrenditen durch den Nachfrageüberhang werden die Immobilienpreise in nahezu allen gewerblichen Immobilienklassen 2016 weiter ansteigen“, ist sich Steininger sicher.
Europas Immobilieninvestoren bleiben bullish
Dass sich Immobilieninvestoren in Deutschland, Frankreich und auch Großbritannien keine gesteigerte Zurückhaltung in diesem fortgeschrittenen Immobilienmarktzyklus auferlegen, stellt auch Union Investment Real Estate in ihrer neuen Studie fest, für die 171 professionelle Immobilienanleger befragt wurden. Rendite sei im Vergleich zum Vorjahr für noch mehr Investoren zum zentralen Anlagemotiv geworden. Treiber dieser weiter gestiegenen Risikobereitschaft sei der anhaltende Renditedruck und ein Marktumfeld, in dem sich „Klopfgeräusche einer Trendumkehr“ erst sehr verhalten vernehmen ließen. Und noch ist davon in keinem der drei europäischen Immobilienmärkte etwas zu hören. So sind 86 Prozent der befragten Anleger überzeugt, dass sich in den nächsten zwölf Monaten die generelle Investitionsbereitschaft auf den gewerblichen Immobilienmärkten in ihrem jeweiligen Land noch weiter verbessern oder zumindest nicht abschwächen wird. 
„Gleichzeitig zwingt die sinkende Verfügbarkeit und das Preisniveau von Prime Assets den Immobilieninvestoren jedoch eine wachsende Risikoorientierung auf“, erklärt Olaf Janßen, Leiter Immobilienresearch bei der Union Investment Real Estate. Seine These wird von den Studienteilnehmern bestätigt. So glauben 51 Prozent, dass sie in den kommenden drei Jahren ihre selbstgesteckten Renditeziele nicht erreichen werden – sie also mit anhaltend hohen Preisen und entsprechend niedrigen Renditen zu rechnen haben. Und selbst auf Fünfjahressicht fürchtet jeder zweite Befragte, die erhoffte Verzinsung seiner Investments zu verfehlen. 
Mehr Risiken eingehen, ist folglich für viele Immobilieninvestoren die Devise, um den drohenden weiteren Fall der Renditen abzufedern. 81 Prozent der britischen Investoren geben in der Umfrage an, Immobilieninvestments hauptsächlich nach Renditegesichtspunkten zu beurteilen. Dies bedeutet eine nochmalige Steigerung im Vergleich zur vorherigen Befragung im Mai 2015. Damals war noch für 76 Prozent der traditionell risikoaffineren britischen Investoren „Rendite“ das zentrale Anlagemotiv. Demgegenüber sank die Quote der auf „Sicherheit“ fokussierten Anleger in Großbritannien um fünf weitere Punkte auf aktuell 13 Prozent. In Deutschland und Frankreich halten sich Rendite- und Sicherheitsorientierung derzeit die Waage – aber auch hier mit einer klaren Tendenz Richtung „Rendite“. Demgegenüber spielt Liquidität in den Anlageentscheidungen bei allen Befragtengruppen eine untergeordnete Rolle.
Paketkäufe: Hier scheiden sich die Geister
Auf der Suche nach renditestarken Investments werden auch Immobilienportfolios immer interessanter. Dies beobachtet Union Investment insbesondere bei Anlegern aus Frankreich und Großbritannien, wo ein solches Interesse 74 beziehungsweise 67 Prozent bekunden. Die deutschen Anleger fallen hier aus dem Rahmen. Lediglich 24 Prozent beschäftigen sich mit möglichen Paketkäufen. Die große Mehrheit gibt an, sich in keiner Weise mit Portfoliodeals – weder im An- noch im Verkauf – zu befassen. Einen entsprechenden Portfoliodeal gab es dennoch gerade zu verzeichnen. Für einen ihrer Spezialfonds hat Beos das Solid-Portfolio von Valad Europe gekauft. Die sieben Immobilien umfassen fast 50.000 Quadratmeter Büro- und Gewerbeflächen in Düsseldorf, Nürnberg und Puchheim bei München.  
Besonders aufschlussreich ist dabei für Union Investment, dass 80 Prozent der Befragten erwarten, dass 2016 vor allem risikobehaftetere Portfolios verstärkt gehandelt werden dürften. Das sei eine Bestätigung der zunehmenden Renditeorientierung britischer, französischer, aber auch internationaler Anleger. Denn 74 Prozent der befragten Immobilienprofis sind überzeugt, dass Investoren aus Asien und Nordamerika verstärkt in Europa auftreten werden. Internationale Investoren könnten Paketdeals als Möglichkeit zum raschen Einstieg in den gesamteuropäischen Markt nutzen. Mit 70 Prozent erwartet die große Mehrheit der befragten Marktteilnehmer, dass mehr und mehr paneuropäische Portfolios auf den Markt kommen werden. Und immerhin 58 Prozent glauben, dass dabei Pakete mit Immobilien unterschiedlicher Nutzungsarten stärker gehandelt werden. 
Ein neues Phänomen wären solche Portfoliodeals nicht. Union Investment verweist auf 2015, ein Spitzenjahr für großvolumige Pakettransaktionen in Europa. Nachdem im vergangenen Jahr jedoch Portfolios mit einem klaren Nutzungsfokus, nämlich Büro oder Retail, dominierten, lasse sich seit dem vierten Quartal 2015 ein verstärkter Trend zu gemischtgenutzten Portfolios feststellen. „Unter dem Einfluss der derzeit niedrigen Finanzierungskosten und der ausgeprägten Fähigkeit, große Kapitalmengen für eine einzige Transaktion bereitzustellen, wird das Interesse an paneuropäischen Portfolio stark befeuert“, sagt Olaf Janßen. Hinzu komme, dass Investoren aus Übersee ihre Allokation in Europa erhöhen und das Zinsfenster sowie den schwachen Euro nutzen wollen, um große Deals in diesem Jahr über die Ziellinie zu bringen.
Die europäischen Immobilieninvestoren sehen hierin eine Chance, um ihre Portfolien zu bereinigen und Verkaufsgewinne mitzunehmen. Sowohl 70 Prozent der deutschen als auch britischen Investoren kündigten an, in den nächsten zwölf Monaten verstärkt als Verkäufer von Gebäuden in Erscheinung zu treten. In Frankreich will jeder zweite Investor das sich nach und nach schließende Zeitfenster für Objektverkäufe im großen Stil nutzen. 

portfolio institutionell newsflash 02.03.2016/Kerstin Bendix

  

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