Schwarzer Schwan
14. März 2014

Alpha ist ein scheues Tierchen

In der Finanzbranche geistert das Gerücht umher, wonach es tatsächlich Manager geben soll, die regelmäßig „Alpha“ generieren und nicht Uli heißen. Wirklich stabile Überrenditen werden unter dem Deckmantel staatlicher Behörden erzielt.

Sie sind unscheinbar, selten in der Öffentlichkeit und garantiert keine Stars, die in Hochglanzmagazinen auf der Titelseite prangen. Die Herrschaften der US-Börsenaufsicht SEC fungieren eher im Hintergrund und sind nach landläufiger Meinung mit der Strafverfolgung illegalen Insiderhandels an der Wall Street beschäftigt. Gleichwohl sind die Staatsbediensteten nicht zu unterschätzen. Eine wissenschaftliche Untersuchung suggeriert nämlich, dass Mitarbeiter der Behörde unter anderem ihr Wissen um bevorstehende Strafen gegen börsennotierte Unternehmen ausgenutzt haben, um mit Aktiengeschäften davon zu profitieren.
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung zitierte die Studienautoren jüngst mit den Worten: „Angestellte der SEC haben Informationsvorteile gegenüber anderen Marktteilnehmern, und sie scheinen die Vorteile auszunutzen.“ Ein zentrales Ergebnis der Untersuchung des SEC-Trading-Desks mit dem skurrilen Titel „Stock Picking Skills of SEC Employees“ besagt, dass die Behördenmitarbeiter bei Geschäften mit amerikanischen Aktien eine um 8,5 Prozentpunkte überdurchschnittliche Rendite erzielten. Damit schaffen die Angehörigen der SEC, was hochbezahlten Finanzakrobaten regelmäßig schwer fällt: Den eigenen Vergleichsmaßstab zu übertrumpfen und das scheue Tierchen „Alpha“ einzufangen. 
Auch in einer anderen US-Behörde versucht man mit allen Mitteln, geldwerte Informationsvorsprünge zu erzielen: Der US-Datengeheimdienst National Security Agency (NSA) soll laut dem Whistleblower Edward Snowden Wirtschafts- und Finanzinformationen systematisch abgreifen, bevor sie an die Öffentlichkeit gelangen. Offenbar haben die Abhörexperten auch die Datenautobahn Swift angezapft, an die mehr als 10.000 Banken angeschlossen sind. Ihre Datensammelwut begründen die Geheimdienstler übrigens damit, Probleme vorherzusagen, die zur nächsten Finanzkrise führen können. Wer’s glaubt.
Der Betreiber der Frankfurter Wertpapierbörse, die Deutsche Börse AG, jedenfalls will sich mit dem Vorwand nicht zufrieden geben. Vielmehr investieren die Hessen viel Geld in ihre IT-Sicherheit, um möglichen Angreifern immer einen Schritt voraus zu sein – insbesondere im Hinblick auf Spionageversuche der NSA. Konkrete Angriffe habe man aber noch nicht festgestellt, heißt es von Seiten des Börsenbetreibers. 
Wo wir schon von Behördenmitarbeitern sprechen, die sich am Kapitalmarkt tummeln, darf auch die Europäische Zentralbank nicht fehlen. Nur, dass der Fall hier etwas anders liegt. Während die SEC-Mitarbeiter offenbar versuchen, ihre Rentenpolster auf eigene Faust aufzustocken, pochten ausgerechnet die Angestellten der EZB, und damit des obersten Inflationsschützers, auf einen besseren Inflationsschutz ihrer Pensionen. Offenbar haben auch Zentralbanker einen Informationsvorsprung. Wie jetzt bekannt wurde, hat der Europäische Gerichtshof in Luxemburg eine entsprechende Klage aber abgewiesen. Ein expliziter Inflationsschutz für pensionierte Zentralbanker wäre der Öffentlichkeit nur schwer zu vermitteln gewesen. Interessanter, weil prinzipiell lukrativer, ist für die Öffentlichkeit aber sowieso der SEC-Ansatz und die Frage nach der Möglichkeit von Co-Investments. 
In diesem Sinne wünscht Ihnen die Redaktion von portfolio ein schönes Wochenende. 
Autoren:

In Verbindung stehende Artikel:

Schreiben Sie einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert