Alternative Anlagen
3. Februar 2016

Alternative für Alternatives

Herr im eigenen Haus: Diesen Wunsch verwirklichen sich immer mehr Investoren mit einem Eigenbau in Luxemburg. Im Nachbarland fühlen sich nicht nur die alternativen Anlagen wohl, sondern auch der Investor. Schließlich kann er dort seine für traditionelle Anlagen bewährte Hausordnung auch für alternative Manager und Assets durchsetzen.

Deutschland ist das Land der Dichter und Denker – und der Spezial­fonds. Wie der Berater Kommalpha in seiner neuesten Spezial­fondsstudie zusammenzählte, kommt der deutsche Spezialfonds auf ein Volumen von 1,3 Billionen Euro und Mittelzuflüsse von jährlich über zehn Prozent dieses Marktvolumens. Kleiner Wermutstropfen: Der Mittelzuwachs entfiel 2015 fast ausschließlich auf gemischte Wertpapier-Spezialfonds. Das Fondsvermögen in dieser Kategorie macht mit 713,648 Milliarden Euro etwa die Hälfte des gesamten Spezial­fondsmarkts aus. Am anderen Ende der Statistik finden sich die alternativen Fonds. 60 Milliarden Euro entfallen auf Immobilienfonds und ein „unbedeutendes“ Volumen, so die Studienmacher, auf Hedgefonds.

Spiegelt diese Statistik den überall in der Praxis spürbaren Trend zu Alternatives wider? Mit Blick auf diese Statistik: nein; mit Blick auf die diese Studie begleitenden Interviews: ja. Die Interviewpartner gaben nämlich zu Protokoll, dass die Neigung zur Auflage neuer Spezial­fonds 2016 deutlich abnimmt. Die Interviewten erläuterten Komm­alpha diese Zurückhaltung mit der Unsicherheit über die geeigneten Vehikel im Bereich Real Assets. Alternatives stehen also auf der Kaufliste, deren Abarbeitung fällt jedoch schwer.

Auch um diese Unsicherheiten zu reduzieren, haben sich viele Investoren­ für eine Administration ihrer Real Assets (Equity und Debt) beziehungsweise ihrer alternativen Anlagen in Luxemburg entschieden. „Man kann die richtige Strategie haben, dann bei der Umsetzung­ aber leider sehr viel verlieren. Der richtige Durchführungsweg ist entscheidend“, so Bernhard Goliasch, Bereichsleiter Vermögens­verwaltung, -planung, -controlling bei der Signal-Iduna-Gruppe. Die Ver­sicherung hat sich darum, wie mittlerweile viele andere­ Anleger auch, für eine Verwaltung von alternativen Assets in Luxemburg­ entschieden. Denn für Alternatives gilt, dass viele Wege in das benachbarte Großherzogtum führen, und speziell für die Signal­ Iduna, dass viele Überlegungen für den Gang nach Luxemburg sprechen.­

Als Stichwörter für die Ausgangsüberlegungen der Signal Iduna listet Goliasch den Bedarf an einer einheitlichen Administration, an einem einheitlichen Reporting und einem einheitlichen Risiko­management auf. Ansonsten hätte man mit einer wachsenden Zahl an Beteiligungen im Infrastrukturbereich schnell auch eine Vielzahl an Administratoren, was die operativen Kosten zu stark erhöhen würde. Blaupause für die Einheitlichkeit in der Umsetzung von Infrastrukturinvestments waren die Private-Equity-Assets. Weiteres Motiv der Versicherung war der Wunsch nach Transparenz und kompletter Kontrolle­ der Assets. Dieser Wunsch wurde vor allem in der Finanzkrise genährt, als Hedgefonds ihre Fungibilitätsversprechen nicht mehr einhielten und Anteile nicht mehr zurückgaben. „Wichtig ist eine­ möglichst hohe Partizipation an der Wertschöpfungskette“, merkt Goliasch an. 

Luxemburg: aufsichtsrechtlich flexibel und steuerlich stabil
In Deutschland fällt die Umsetzung dieser Anforderungen jedoch schwer. Ein Schlüsselerlebnis war für Goliasch und seine Mitstreiter der Kraftakt, von einem französischen Haus gemanagte Infrastruktur-Loans in einen deutschen Wertpapier-Spezialfonds zu integrieren. „Dabei sind wir an unsere Grenzen gestoßen“, erinnert sich Bernhard Goliasch­ mit Blick auf die gesetzlichen Limitierungen des deutschen Wertpapier-Spezialfonds. Die Erkenntnis wuchs, dass die liquide Plattform eines deutschen Wertpapier-Spezialfonds und auch die Ucits-Rahmenbedingungen nicht für illiquide Assets gemacht sind. Die gesuchte und nötige aufsichtsrechtliche Flexibilität fand man dann in Luxemburg.­ Für Luxemburg sprach zudem noch ein für die Bundesrepublik wenig schmeichelhafter Punkt: der Mangel an Rechts­sicherheit in der deutschen Steuergesetzgebung. Dass beispielsweise das Kapital­anlagegesetzbuch zunächst ohne das von den Anlegern benötigte Steueranpassungsgesetz in Kraft trat, erzeugte in der Branche nachhaltige Irritationen.

In der Endausbaustufe wird die Signal Iduna in Luxemburg für die Verwaltung von Alternatives über eine stabile, skalierbare Plattform namens SILUX (Signal Iduna Luxemburg) verfügen, die die Konzentration auf das Portfoliomanagement erlaubt. SILUX steht auf drei Säulen: SICE (Signal Iduna Clean Energy) für Erneuerbare Energien, SILC (Signal Iduna Loan Compartment) für Loans und einer dritten Säule für alle sonstigen Investments. „Diese Plattform sollte normalerweise für alle alternativen Investments ausreichen“, so Goliasch.­ Projekt­finanzierungen kämen beispielsweise zu SILC. Nicht nach Luxemburg zieht die Signal Iduna jedoch mit Private Equity, Real­ Estate (Equity) und Hypotheken. Für die Administration dieser Asset-Klassen hat man in Dortmund und Hamburg, den Sitzen der Versicherungsgruppe, in den vergangenen Jahren bereits passende Strukturen aufgebaut. Nachdem das Damoklesschwert „Schachtel­privileg-Änderung“ wieder abgehängt wurde, soll es bis auf Weiteres bei der deutschen GmbH-Hülle für Private Equity bleiben. Immobilien­ werden zum Großteil über Spezialfonds gemanagt, die von der hauseigenen Kapitalverwaltungsgesellschaft Hansainvest administriert werden. Hypotheken werden von der hauseigenen Signal-Iduna-­Bausparkasse administriert und direkt auf die Bilanz der Versicherung genommen.   

Die Skalierbarkeit ist ein aus kostentechnischen Gründen nicht zu unterschätzender Aspekt, der die Aufnahme von ähnlichen weiteren Assets auf der gleichen Plattform zu attraktiven Grenzkosten erlaubt – vergleichbar quasi mit der Wertpapierwelt, in der ein neuer Asset Manager für zum Beispiel US-High-Yields ohne größeren Zusatzaufwand als Subfonds an eine Master-KVG angedockt wird. Fraglich nur, ob insbesondere die guten alternativen Asset Manager akzeptieren, dass ihnen die Rahmenbedingungen von SILUX oder anderen kunden­eigenen Plattformen vorgegeben werden. „Früher waren 20 Prozent der Manager bereit, die Administrationsplattformen ihrer Kunden zu akzeptieren. Heute sind es 80 Prozent bei steigender Tendenz. Zudem sind auch immer mehr Banken dazu bereit, als Sourcer für Private-­Debt-Anlagen auf die Plattform zu gehen“, erklärt Wolfgang Stolz, CEO und Mitgründer des Alternative-Spezialisten Prime Capital­ und neben dem zur Signal-Iduna-Versicherungsgruppe gehörenden Administrator Hansainvest externer Berater der Signal Iduna in diesem Projekt. Prime Capital hat in den vergangenen Jahren bereits für drei weitere institutionelle Anleger eine Verwaltungsstruktur in Luxemburg aufgebaut. „Wir haben auf die Plattform der Signal Iduna­ alternative Investments aufgesetzt. Dadurch können Illiquiditätsprämien und Komplexitätsprämien vereinnahmt werden“, erklärt Stolz. Die Liquidität dieser Investments entspricht der der zugrundeliegenden Assets. Damit ist man nicht mehr auf Fondsinvestments angewiesen, deren tatsächliche Liquidität nicht zuletzt davon abhängt, wie viele Mitinvestoren gerade aussteigen wollen. „Auf der Plattform können wir selbst über unser Investment bestimmen. Das ist ein großer­ Vorteil“, merkt Bernhard Goliasch an.

Allgemein sind die Manager von alternativen Anlagen auch gut beraten, nicht zu stark auf eigene Strukturen und künstlerische Freiheiten zu pochen. Ihrer Sonderstellung beraubt wurden die Alter­native-Spezialisten in der Vergangenheit durch die Finanzkrise und in der Gegenwart durch den Trend, dass Investoren bei Renewables oder manchen Private-Debt-Spielarten mit Blick auf die mäßigen Verdienstmöglichkeiten bevorzugt direkt investieren, um Kosten zu sparen. Co-Investments sind ebenfalls ein Kind der Zeit, in der die Zeichen­ auf Emanzipation vom Asset Manager stehen. Gerade für Dachfonds dürfte es umso schwerer werden, je mehr sich Investoren dem Aufbau eigener Administrationsplattformen für alternative An­lagen widmen.


Langwierige Vorarbeiten

Andererseits ist für Investoren natürlich auch der Aufwand für den Aufbau einer solchen ganzheitlichen Plattform für sämtliche alter­native Spielarten nicht zu unterschätzen. Bernhard Goliasch schob das Projekt schon vor zwei Jahren an. Aber gut Ding will bekanntlich Weile haben und die Signal Iduna zudem eine individuelle Lösung. Des Weiteren wurden in der Zwischenzeit noch interessante Opportunitäten erworben. Und natürlich handelt es sich auch um ein komplexes Projekt, bei dem man bis zur Genehmigung der Luxemburger Aufsicht CSSF aufpassen musste, nicht im „Bermuda-­Dreieck“ der teils konkurrierenden Anforderungen von Regulierung, Steuer und Bilanzierung unterzugehen.

Hinzugekommen sein dürfte auch ein gewisser Aufwand für die Koordination aller Beteiligten. Aus dem Versicherungsverbund ist die Hansainvest für die Administration und das Management der Erneuer­baren Energien mit von der Partie. Externe sind Prime Capital für Risiko­management, Bewertung und Strukturierung des Plattform­vehikels sowie die Koordination des fortlaufenden Betriebs; Hans Stamm, Partner bei der Kanzlei Dechert, und BNP Paribas Securities­ Services als Verwahrstelle. Dieser Aufwand sollte sich künftig – Stichwort „Effizienz“ – als Zeitvorteil bezahlt machen. Wenn eine Opportunität auf der Lichtung steht, kann die Signal Iduna die Flinte nun deutlich schneller abdrücken. Zudem – Stichwort „Kontrolle“ – traut man es sich zu, auch relativ große Assets zu erbeuten. „Wir haben für je circa 200 Millionen Euro in deutsche Windparks und Großhypotheken investiert. Solche Beträge für einzelne Investments dieser Art hätte ich mir früher nicht vorstellen können“, so Goliasch. Mittlerweile nennt die Signal­ Iduna 38 Windräder in acht Windparks ihr Eigen.  

Fonds- und VAG-Risikomanagement
Risikomanagement läuft im Fall von SILUX auf zwei Ebenen ab: Fondsstrukturen fallen in den Aufgabenbereich der Hansainvest, wobei Prime Capital eine beratende Funktion zukommt. Anforderungen entstehen hier aus der AIFM-Direktive und betreffen Standards wie Liquiditätsrisiken, Leverage, Konzentrations- oder Zinsrisiken. Bezüglich­ des den Anforderungen der Versicherungsaufsicht nachkommenden Risikomanagements zeichnet Prime Capital als verlängerte Risikomanagement-Werkbank der Signal Iduna verantwortlich. Auf die Werkbank kommen dabei die Themen Risikoidentifikation und Risikobewertung. Auch für die Fonds agiert Prime Capital als ausge­lagerter externer Bewerter, wofür sie ein ISAE 3402-Testat hat. Als Beispiele für diese Aufgaben nennt Dr. Thomas Keller, Prime-Capital­Finanzvorstand, Orsa (Own Risk and Solvency Assessment)-­Analysen des künftigen Marktwerts eines Assets, zum Beispiel eines Flugzeugs bei Veräußerung, Ausfallrisiken insbesondere bei nicht-­gerateten Titeln­ oder Preisrisiken bei Sicherheiten.

Das Spezielle an der Aufgabe für Prime Capital liegt in der Besonderheit von Level-III-Assets, also Werten wie Flugzeugkrediten, Renewables, Private Equity oder Real Estate, für die keine anerkannten Bewertungs­modelle, wie Black Scholes oder Börsenkurse, bestehen. „Wir müssen die Preisrisiken verstehen und individuelle Risikomodelle mit entsprechenden Parametern füttern, mit denen Regulierer und Wirtschaftsprüfer einverstanden sind“, erläutert Keller. Für beispielsweise Debt-Instrumente stützt sich Prime Capital auf Discounted-­Cashflow-Modelle in Kombination mit Asset-Swaps-Technologie. Dass Prime Capital die Freiheiten hat, je nach bilanziellen Erfordernissen ein Asset hoch- oder runterzubewerten, verneint Keller mit dem Hinweis, dass die Methode „appropiate“ sein muss. Außerdem liegt es in der Natur von illiquiden Assets – und nicht am Wunsch des Investors –, dass deren Wert relativ stabil ist, zumindest solange fundamental keine Probleme auftreten. Die Illiquidität macht zudem eine­ tägliche Neubewertung unsinnig. Auch wenn bei einem Windpark der Wind täglich anders bläst, ändern sich die Bewertungsparameter des Parks nicht kurzfristig. Die Frequenz der Bewertung ist grundsätzlich flexibel, muss aber plötzliche Änderungen in den Fundamentaldaten berücksichtigen. In der Praxis kann diese davon abhängen, wie oft der Verantwortliche an seinen CFO berichtet.

Für die Feinheiten des Risikomanagements bei Level-III-Assets ist ein Windpark trotzdem ein gutes Beispiel. Wenn beim Roulette zehnmal hintereinander eine rote Zahl kam, steigt bei manchem Spieler der Erwartungswert auf eine schwarze Zahl – so wie mancher Windparkinvestor bei einer Windflaute davon ausgeht, dass wegen des Erwartungswerts künftig der Wind stärker bläst. Während der Spieler definitiv eine falsche Annahme macht, ist beim Investor eine falsche Annahme zumindest möglich. „Möglicherweise war das Gutachten, in dem der Erwartungswert ermittelt wurde, falsch. Dann empfehlen wir ein neues Gutachten“, erläutert Keller. Er räumt auch mit der Mär auf, dass Risikomanagement bei illiquiden Assets nur vor dem Investment zum Tragen kommt, man nach dem Committment aber kaum noch Spielräume hat: „Bei investierten Real Assets, egal ob Equity oder Debt, ist Risikomonitoring sehr wichtig.“ Keller nennt als Beispiele, dass bei einem Windpark die Flügel nicht richtig eingestellt sind oder dass bei einer in finanzielle Schieflage geratenen Fluggesellschaft die Gefahr deutlich ansteigt, dass sich wegen des Verkaufsdrucks kein adäquater Preis für das Asset durchsetzen lässt.   

In der kurzen Historie des Risikomanagements für Alternatives machten sich vor ein paar Jahren die Private-Equity-Manager CAM (heute DB Private Equity) und Partners Group um die Berechnung eines­ Value at Risks (VaR) für Private Equity verdient. Die dahinter­stehende Idee war, mit dem Private-Equity-VaR einen Value at Risk für das Gesamtportfolio ausrechnen zu können. Diese oder andere Kennzahlen pauschal für alle Asset-Klassen anzuwenden, sieht Bernhard Goliasch jedoch eher kritisch. Bei Erneuerbaren Energien mag ein Value­ at Risk zur Abbildung von Windstärken und Sonneneinstrahlungen noch sinnvoll sein, zur Abbildung von politischen Risiken ist die Kennzahl jedoch denkbar ungeeignet. „Man muss sich eben immer überlegen, welche Kennzahl ein Problem am besten abbildet“, erklärt Goliasch.

Nein zu Steueroptimierungen und Regulierungsarbitrage
Dass es beim Transfer der alternativen Anlagen von Deutschland nach Luxemburg um Steueroptimierungen oder Regulierungs­arbitrage mit Blick auf Solvency II ging, wird deutlich verneint. Der Signal Iduna ging es mit der Luxemburger Konstruktion nicht um Steuerreduzierungen, sondern allenfalls um die erwähnte Steuer­sicherheit. Solvency-II-Optimierungen waren ebenfalls kein primärer Treiber, sondern allenfalls ein Beifang. „Dieses ganze Projekt macht auch ohne mögliche Solvency-II-Vorteile sehr viel Sinn. Im Vordergrund standen immer Administrationsvorteile bezüglich Transparenz, Kontrolle und Effizienz. Also wollen wir alles vermeiden, was eine­ zusätzliche Komplexität reinbringt. Wir verschleiern nichts, sondern­ schaffen im Gegenteil Transparenz“, betont Goliasch. An dieser Stelle verweist der Investor auch auf den großen Vorteil der Konzernstruktur der Signal Iduna, die anfallenden Solvency-II-Belastungen adäquat über die Konzerngesellschaften verteilen zu können. „Unsere große Krankenversicherung weist eine sehr hohe Solvenz auf und kann dadurch Assets nehmen, die Eigenkapital benötigen. Ein gerateter­ Schuldschein eignet sich dagegen typischerweise eher für die Lebensversicherung.“ Wolfgang Stolz betont ebenfalls: „Es bringt nichts, die regulatorischen Eigen­kapitalunterlegungen auf einen Wert abzusenken, der dem wirtschaftlichen Risiko nicht entspricht.“

Über beispielsweise eine Verbriefungsplattform Infrastruktur­beteiligungsrisiken in Mieterträge zu verwandeln – pardon, als Immobilie zu strukturieren – und so die Eigenkapitalanforderung zu reduzieren, ist also nicht Sinn der Veranstaltung. Sinn der Veranstaltung, so Goliasch, ist aber auch nicht, Solvency II als Risikomanagement-Pflichtveranstaltung abzuhaken: „Unser Anspruch ist deutlich höher als nur die Pflicht abzuliefern.“

Die Kür ist vielmehr, das Own Risk and Solvency Assessment, bei dem der Versicherer eigene Modelle­ für eigene Risikoüberlegungen anwendet,­ voranzubringen. Dr. Thomas Keller betont, dass zu den Themen „Effizienz“ und „Own Risk Assessment“ eben auch gehört, dass das ökonomische Risiko eines­ Assets mit den unter Säule I des Aufsichtsregimes zu findenden Eigenkapitalvorschriften abgeglichen wird. Damit rückt die Funktionsweise der Plattform auch etwas in die Nähe eines internen Solvency-­II-Modells, wenn die qualitative Risikobetrachtung der Säule­ II des Aufsichtsregimes mit der quantitativen Säule I aufgewogen beziehungsweise eigene (qualitative) Über­legungen zu den Risiko­parametern eines Assets mit den Unter­legungsquoten des Standardmodells in Einklang gebracht werden. Rein regulatorisch betrachtet handelt es sich keineswegs um ein internes Modell.

Vorsichtige Naturen mögen sich bei einer ins Ausland ausgelagerten Administration sorgen, eines Tages die Missbilligung des deutschen Gesetzgebers zu verspüren. Wolfgang Stolz verweist an dieser Stelle darauf, dass dieser strategische Plattformansatz für alternative Anlagen der Bafin, der Bundesbank und dem Bundesfinanz­ministerium vorgestellt wurde. „Das Bundesfinanzministerium ist zum Beispiel daran interessiert, Infrastrukturinvestments zu fördern“, nennt Stolz zur Begründung. Auch werde man ermutigt, die entsprechenden Strukturen für kleinere VAG-Anleger herunterzu­brechen, in dem beispielsweise Möglichkeiten für Club Deals entstehen. „Der Aufsicht ist auch bewusst, dass Anlagealternativen in diesem Zinsumfeld benötigt werden“, führt Stolz aus. „Und dafür ist der Aufsicht ein regulierter europäischer Rechtsrahmen lieber als irgendwelche Offshore-Vehikel.“

Vorsichtige Naturen mögen sich auch sorgen, ob sich der Aufwand für eine solche Plattform oder auch für die Asset-Klasse „Infrastruktur“ noch lohnt, wenn eines Tages die Zinsen wieder steigen sollten. Mit Blick auf die in der Regel variabel verzinsten Finanzierungen lässt sich dies bejahen. In vielen Fällen dürften sich eines Tages bei den alternativen Anlagen auch viele Rückstellungen auflösen lassen, die dann wieder höherverzinslich angelegt werden können. Wolfgang Stolz geht wegen Basel III sogar davon aus, dass sich das Volumen von alternativen Anlagen gerade auf der Fremdkapitalseite eher verdoppeln oder sogar verdreifachen wird. Und auch hier dürfte es der Aufsicht lieber sein, wenn die Assets von Banken zu Versicherungen gehen als hin zu Offshore-Vehikeln.

Als Versicherungskonzern, der auch mit Bankangeboten aufwartet, fühlt sich die Signal Iduna für diese Entwicklung gut aufgestellt. Kleine Ironie der Geschichte: Die zum Finanzverbund zählende Hansa­invest war einst ein Vorreiter für nach dem deutschen Investmentgesetz regulierte Hedgefonds. Damals war die Zeit für ein solches Angebot noch nicht reif beziehungsweise die Zinsen noch nicht niedrig genug. Während der damalige Hedgefonds-Euphemismus „Sonstige Sondervermögen“ noch nicht zog, finden in Ucits-Fonds verpackte Absolute-Return-Strategien im Zuge der Zins-Zeitenwende und diverser Skandale und Unregelmäßigkeiten heute Anklang. Institutionelle Anleger haben die bereits auch von Versorgungswerken genutzte Möglichkeit, sich individuell passende Investmentstrukturen in Luxemburg aufzubauen, mit denen sie nach den gleichen Spiel­regeln wie bei den traditionellen Asset-Klassen spielen können.

Von Patrick Eisele

portfolio institutionell, Ausgabe 1/2016

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