Pensionsfonds
7. April 2014

Anhaltende Herausforderungen für bAV-Einrichtungen

In einer Analyse wirft DB Research ein Schlaglicht auf den Zustand der Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung in Europa. Neben der finanziellen Lage wird auch die Revision der EU-Pensionsfondsrichtlinie thematisiert.

In Kontinentaleuropa hat sich die finanzielle Lage vieler Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung (EbAV), die leistungsbezogene Rentenpläne (Defined Benefit) anbieten, in den vergangenen Jahren wieder verbessert. So liegt etwa der durchschnittliche Deckungsgrad der Pensionsfonds in den Niederlanden und der privaten Pensionskassen in der Schweiz wieder über 100 Prozent. Dies reflektiert nach Ansicht von DB-Research-Experte und Autor Dieter Bräuninger die Erholung an den Aktienmärkten und die Stabilisierung an den Anleihemärkten. So habe sich der für viele Einrichtungen und Sponsoren problematische rechnungstechnische Anstieg der Verbindlichkeiten merklich abgeflacht. Die für die Diskontierung der Zahlungsverpflichtungen relevanten Zinsen hochwertiger Anleihen in den Kernländern des Eurogebietes sowie in der Schweiz sind relativ konstant geblieben. Gleichwohl bleiben die Rahmenbedingungen schwierig, wie die Forschungsabteilung der Deutschen Bank, DB Research, in einer umfangreichen Analyse im Rahmen des „EU-Monitor“ schreibt. 
Als eine wesentliche Belastung gelten die anhaltend niedrigen Renditen für hochwertige Anleihen. Plakativ formuliert, geht es für viele EbAV darum, ungeachtet negativer Realzinsen attraktive, positive reale Renditen zu erwirtschaften. Problematisch: Viele Defined-Benefit-Pläne sehen Anpassungen der Leistungen im Alter an Lohn- oder Konsumenten-Preisindizes und damit reale (jährliche) Rentensteigerungen vor. Zwar sorgen die anhaltend niedrigen Inflationsraten in der Gegenwart für eine Entlastung der Pensionspläne, deren Leistungen an Verbraucherpreisindizes gekoppelt sind. Dessen ungeachtet erfordert das Preisänderungsrisiko aus Sicht der Deutschen Bank entsprechende Beachtung. Dies gelte umso mehr, als selbst geringere Trendänderungen bei der Inflation bei Rentenplänen mit indexierten Leistungen zu einem erheblichen Anstieg der zu erwartenden Auszahlungen führen können. 
Vom Charme niedriger Zinsen 
Gleichwohl bieten sich nach Einschätzung der Deutsche-Bank-Forscher um Dieter Bräuninger derzeit für gut geratete Sponsorunternehmen mit nicht ausfinanzierten Rentenplänen auch Chancen. Für diese Unternehmen könne es attraktiv sein, Anleihen zu emittieren und die dadurch erlangten liquiden Mittel zur Ausfinanzierung ihrer Pensionsverpflichtungen zu nutzen. Wie so etwas funktioniert, hat die Deutsche Post im Dezember 2012 gezeigt. Seinerzeit nutzte der Logistiker die attraktiven Konditionen am Kapitalmarkt und sammelte über eine Wandelanleihe und zwei Bonds insgesamt zwei Milliarden Euro zur Ausfinanzierung eines Teils seiner Pensionsverpflichtungen ein. Aus dem Mittelzufluss konnte das für die Altersbezüge der deutschen Beschäftigten zur Verfügung stehende Vermögen auf über vier Milliarden Euro nahezu verdoppelt werden. 
Zurück zur DB-Research-Analyse. Darin heißt es, die niedrigen Anleiherenditen sind zu einer bekannten Herausforderung für die Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung hinzugetreten: die steigende Lebenserwartung. In der EU nimmt die Lebenserwartung derzeit jährlich um rund zweieinhalb Monate zu. Experten gehen aber davon aus, dass die Menschen künftig noch älter werden als bislang erwartet. Vor diesem Hintergrund warnt die Forschungseinrichtung: Der Anstieg der Lebenserwartung um ein Jahr kann den Barwert der Zahlungsverpflichtungen eines typischen Pensionsplans um drei bis fünf Prozent erhöhen. Allein auf die Pläne der Dax-30-Unternehmen bezogen bedeutet das einen Anstieg der Verbindlichkeiten um rund 15 Milliarden Euro. 
In diesen Kontext passt eine aktuelle Untersuchung von Towers Watson. Nach Angaben des Beratungshauses hat sich die Finanzierungslage der betrieblichen Altersversorgung in den 30 Dax-Unternehmen im vergangenen Jahr positiv entwickelt,wie sie hier im Detail nachlesen können. Die Pensionsvermögen stiegen um sechs auf nunmehr 198 Milliarden Euro. Getrieben war diese Entwicklung zum einen durch eine günstige Entwicklung am Kapitalmarkt, die im Schnitt eine Rendite von 5,1 Prozent einbrachte. Insofern haben die Unternehmen von der eingangs erwähnten Börsenentwicklung ganz klar profitiert. Zum anderen waren aber auch Anstrengungen der Unternehmen selbst für den Anstieg des Pensionsvermögens verantwortlich. Insgesamt haben sie 8,5 Milliarden Euro zusätzlich an spezifischem Pensionsvermögen dotiert. Wenn man sich die Aussagen von DB Research allerdings vor Augen führt, dürfte sich mit der weiter steigenden Lebenserwartung zusätzlicher Finanzierungsdruck aufbauen. Bei der Deutschen Bank weist man darauf hin, dass EbAV das Langlebigkeitsrisiko aber durch die Übertragung an eine Versicherung/Rückversicherung oder mittels Transfer an den Kapitalmarkt (Swap-Lösung) absichern können. Die Deutsche Bank hat ihre Pensionsverpflichtungen im Übrigen nahe voll ausfinanziert. Das Funding Ratio beträgt 99 Prozent. 
EU-Pensionsfondsrichtlinie nimmt Gestalt an 
Darüber hinaus stellen nach Ansicht der Deutsche-Bank-Forscher auch neue aufsichtsrechtliche Vorgaben, wie sie der kürzlich veröffentlichte Vorschlag für eine Revision der EU-Pensionsfondsrichtlinie (IORP II) vorsieht, die Einrichtungen vor Herausforderungen: Zwar beinhaltet der jüngst  veröffentlichte Richtlinienvorschlag keine neuen quantitativen Vorgaben für eine risikobasierte Eigenkapitalausstattung der Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung. Jedoch sollten sich die EbAV vor allem auf erweiterte Anforderungen für das Risikomanagement und die Berichtspflichten einstellen, empfiehlt DB Research. Wie so etwas aussehen kann, erläutert Dr. Peter-Henrik Blum-Barth im Interview mit portfolio institutionell,das Sie hier nachlesen können. Zwar gilt die risikokapitalorientierte Welt unter Solvency II nicht für seine Arbeitgeber, die kirchlichen Versorgungskassen KZVK und VKPB, gleichwohl beschäftigt er sich intensiv mit der Materie. 
Abschließend wirft die von DB Research veröffentlichte Publikation ein Schlaglicht auf die politischen Umstände, mit denen die EbAV konfrontiert sind. Die Politik in Deutschland hat bislang kaum auf die jeweiligen Erfordernisse der Altersvorsorgeeinrichtungen reagiert. Damit unterscheidet sie sich von den Regierungen in den Niederlanden und der Schweiz. Dort zielen (anstehende) Gesetzgebungsverfahren darauf ab, die nachhaltige Finanzierbarkeit der (quasi-)obligatorischen Betriebsrenten unter anderem durch Leistungsanpassungen zu sichern. In Deutschland stehen hingegen bessere steuerliche Rahmenbedingungen auf der Wunschliste der EbAV weit oben, wie die Forscher herausstreichen. 
portfolio institutionell newsflash 07.04.2014/Tobias Bürger
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