Immobilien
15. Januar 2014

Appetit auf Risiko

Immobilieninvestoren werden 2014 eine höhere Risikobereitschaft an den Tag legen, wie das neue Trendbarometer von EY zeigt. Im Wohnsegment ist dies bereits angekommen, wird aber auch auf den Bürosektor übergehen. Selbst der totgeglaubte Verbriefungsmarkt hat sich wiederbelebt.

Deutschland als Standort für Immobilieninvestments hat nichts an Attraktivität eingebüßt. Wie das aktuelle Trendbarometer „Immobilien-Investmentmarkt 2014“ von EY Real Estate (ehemals Ernst & Young Real Estate) zeigt, halten 99 Prozent der rund 100 befragten deutschen Investoren, darunter institutionelle Investoren, Banken und Kapitalanlagegesellschaften, den deutschen Markt nach wie vor für attraktiv. Doch das Bauchgrummeln scheint inzwischen zumindest leicht zugenommen zu haben, wie ein Vergleich mit der Vorgängerstudie von 2013 deutlich macht. So ist der Anteil der Befragten, die den Standort Deutschland als sehr attraktiv einschätzen, von 41 auf 32 Prozent zurückgegangen. Ein institutioneller Investor sagte in der Umfrage: „Die aktuelle Niedrigzinsphase führt zu deutlich erhöhten Immobilienpreisen in Deutschland und erhöht das Wiederverkaufsrisiko.“
Trotz solcher Bedenken zeigen sich die Umfrageteilnehmern für dieses Jahr optimistisch. Drei Viertel rechnen damit, dass noch mehr Geld in deutsche fließen wird. Für das laufende Jahr erwartet EY ein Transaktionsvolumen bis zu 47 Milliarden Euro. Im vergangenen Jahr wechselten Immobilien im Wert von 44,2 Milliarden Euro den Besitzer – rund 23 Prozent mehr als 2012.
Im Blickpunkt stehen wieder stärker Büroimmobilien. Diese erfahren im Vergleich zum Vorjahr deutlich mehr Aufmerksamkeit. Immerhin 42 Prozent der Befragten geben an, einen starken Fokus auf den Bürosektor zu legen, nachdem dies im Vorjahr nur 22 Prozent sagten. Standortfavoriten sind München, Hamburg und Frankfurt. Auch Wohnimmobilien sind weiterhin gefragt. Insbesondere Berlin hat es den Investoren angetan.  
Als Folge der anhaltend hohen Nachfrage am deutschen Immobilienmarkt dürften die Preise in vielen Segmenten steigen. Mit sinkenden Preisen rechnet fast keiner der Befragten. Dafür geht die Hälfte der Befragten beispielsweise davon aus, dass die Preise für Büroimmobilien in 1a-Lagen anziehen. Im Vorjahr glaubten dies nur 35 Prozent. Für Sekundärlagen werden indes stabile bis steigende Preise erwartet. Bei Wohnimmobilien reichen die Wachstumserwartungen der Investoren längst nicht mehr in den Himmer. Zwar ist noch immer mehr als die Hälfte überzeugt, dass die Preise von Top-Wohnimmobilien steigen. Im Vorjahr gaben dies aber noch 75 Prozent an. Dies ist womöglich ein erstes Zeichen dafür, dass sich das Wachstum abschwächt.  
Mehr Risikofreude
Wie aus dem Trendbarometer weiter hervorgeht, sind die Investoren inzwischen bereit, mehr Risiko einzugehen. 81 Prozent gehen davon aus, dass der Anteil an risikoreicheren Immobilieninvestments steigen wird. Zum Vergleich: 2013 sagten dies nur 54 Prozent. „Anders als in der Vergangenheit werden risikoreichere Investitionen nicht mehr pauschal als negativ angesehen. Im Wohnimmobilienbereich scheint die Risikobereitschaft besonders ausgeprägt“, erläutert Hartmut Fründ, Managing Partner bei EY Real Estate. Im vergangenen Jahr fanden bereits erste Transaktionen auch in B- und C-Lagen statt. Laut Fründ gingen zum Beispiel auch Plattenbauten in Ostdeutschland über den Tisch. Dieser Trend dürfte sich nach Ansicht von EY fortsetzen und auch auf den Gewerbebereich übergehen.
Warum es bisher nur wenige größere Transaktionen außerhalb des Core-Gewerbesegmentes gegeben hat, weiß Christian Schulz-Wulkow, Partner bei EY Real Estate: „Die Aufräumarbeiten im Gewerbebereich, der unter der Finanzkrise stärker gelitten hat als der Wohnimmobilienbereich, sind noch nicht gänzlich abgeschlossen.“ Ein Hindernis seien zudem die unterschiedlichen Preisvorstellungen von Käufern und Verkäufern. Neun von zehn Befragten bestätigen dies als generelle Hürde für mehr Transaktionen. Hinzu komme eine noch nicht gänzlich entspannte Finanzierungsseite. „Bei Non-Core-Gewerbeimmobilien hält sich die Finanzierungsbereitschaft oftmals eher in Grenzen“, so Schulz-Wolkow. Insgesamt sei die Lage jedoch entspannter als in der jüngeren Vergangenheit.
Laut dem Trendbarometer mehren sich allerdings die Anzeichen, dass auch bei Gewerbeimmobilien die Risikobereitschaft wächst. So erwartet die Mehrzahl der Befragten (58 Prozent), dass spekulative gewerbliche Projektentwicklungen wieder eine größere Rolle spielen werden. Zudem werde das Jahr 2014 wieder mehr Portfoliodeals im Gewerbebereich sehen. 71 Prozent der Befragten bestätigen dies. Selbst der CMBS-Markt könnte weiter anziehen. Damit rechnen immerhin 65 Prozent. „Vor zwei Jahren hätte man noch gesagt, dieser Markt ist tot. Inzwischen hat er sich wiederbelebt, wenngleich nicht auf das Niveau wie zu Boomzeiten“, so Fründ. Der Managing Director weist daraufhin, dass verbreifte Immobilienkredite im vergangenen Jahr bereits aktiv gehandelt und neu aufgelegt wurden: „Daher ist ein weiter steigendes CMBS-Volumen durchaus realistisch.“
Seit vielen Jahren verfolgt die Gothaer risikoreichere Strategien in ihrem Immobilienportfolio. Die in Köln ansässige Versicherung, deren Immobilienquote bei im Vergleich mit den Wettbewerbern ansehnlichen acht bis zehn Prozent liegt, setzt bereits auf Value-Add-Strategien. „Pro Jahr haben wir einen Anlage­bedarf zwischen 150 und 200 Millionen Euro. Wir sind also immer auf der Suche nach attraktiven Investments“, erklärt Ingo Bofinger, Abteilungsleiter Real Estate bei der Gothaer Asset Manage­ment. Die Strategie, die er im Immobilienportfolio verfolgt, ist zwei­geteilt. „In reifen Märkten, wie Europa, wo die Wachstumsaussichten gering sind, wollen wir laufende Erträge. In Asien, einem Markt mit guten Wachstumsaussichten, wollen wir hingegen den Wertzuwachs mitnehmen und setzen auf Value-Add-Strategien. Hier suchen wir die Möglichkeit, Immobilien, die nicht gut gemanagt sind, zu Core zu machen“, erläutert er. (Lesen Sie mehr dazuhier.)
portfolio institutionell newsflash 15.01.2014/ Kerstin Bendix

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