Traditionelle Anlagen
24. Juni 2013

ATP droht, Bundesanleihen zu entsagen

Dänemarks größte Pensionseinrichtung wettert gegen die Einführung der vielkritisierten Finanztransaktionssteuer in Deutschland. Der seit April 2013 amtierende CEO droht mit dem Ausverkauf der von ATP gehaltenen Bundesanleihen.

Die Diskussion um die geplante Finanztransaktionssteuer (FTS) hat in jüngster Zeit hohe Wellen geschlagen. Kritiker, wie der Bundesverband Investment Asset Management (BVI) in Frankfurt am Main, weisen darauf hin, dass die Einführung der FTS insbesondere für die Altersvorsorge „fatal“ wäre. Denn bereits die täglichen Zu- und Abflüsse bei Investmentfonds würden eine Besteuerung per FTS auslösen, erläutert der deutsche Fondsverband. Der Grund: Das zu- und abfließende Vermögen müsse von den Fondsmanagern investiert beziehungsweise die erworbenen Vermögensgegenstände wieder verkauft werden. Jede einzelne Transaktion löst demnach eine renditeschmälernde Steuerzahlung aus.
Laut BVI seien sowohl aktiv als auch passiv gemanagte Fonds von dieser Problematik betroffen. Bei den aktiv gemanagten Fonds lösten zusätzlich die Anlageentscheidungen des Portfoliomanagements eine Steuerzahlung aus, wie der Verband hervorhebt. Bei passiven Fonds, die bestimmte Benchmarks nachbilden, entstünde indessen bei Indexveränderungen eine zusätzliche Belastung. Alle Kosten von Wertpapiertransaktionen der Fonds würden direkt aus dem Vermögen der Anleger entrichtet. Die Steuer treffe damit sowohl die Fonds als auch die Fondsanleger. Für den Hauptgeschäftsführer beim BVI, Thomas Richter, steht fest: „Es ist paradox, die Altersvorsorge einerseits staatlich zu fördern und andererseits mit der Finanztransaktionssteuer zusätzlich zu belasten“.
Unter den institutionellen Investoren schlägt nun vor allem die größte dänische Pensionseinrichtung ATP Alarm und verweist auf finanzielle Einschnitte bei den Erträgen der Pensionäre. Presseberichten zufolge droht die mit Kapitalanlagen von rund 600 Milliarden dänischen Kronen, rund 80 Milliarden Euro, zu den größeren Pensionseinrichtungen in Europa zählende ATP mit dem Verkauf ihrer Bundesanleihen, sollte Bundeskanzlerin Angela Merkel sich nicht dafür einsetzen, die Steuer zu blockieren.
Der seit wenigen Monaten amtierende ATP-Chef Carsten Stendevad begründet die drastische Warnung damit, dass eine solche Abgabe „unser Geschäftsmodell sofort zerstören würde“. Die Pensionseinrichtung schätzt die Kosten der Abgabe für sich selbst auf mehrere hundert Millionen Dollar. ATP hält langlaufende Bundesanleihen im Volumen von rund 27 Milliarden Euro und erläutert stellvertretend für viele Kapitalsammelstellen die Problematik der FTS: In dem Moment, in dem eine solche Steuer eingeführt werde, würden viele Investoren anfangen, sich nach anderen sicheren Häfen umzusehen, wie Stendevad in einem Interview mit Bloomberg News sagte.
Sollte die Steuer wie geplant eingeführt werden, bestünde die Herausforderung für ATP darin, eine passende Alternative für deutsche Bundesanleihen zu finden. Angesichts der für ATP notwendigen Liquidität hat die Pensionseinrichtung in der Vergangenheit bevorzugt in Bundesanleihen investiert, anstatt in andere AAA-Staatspapiere. Sollte ATP seine Bundeswertpapiere tatsächlich verkaufen, könnte das Signalwirkung für andere Investoren haben, die sich ebenfalls von Ihren Titeln trennen könnten.
Wie die Zeitung „Die Welt“ berichtet, hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel in einem Interview mit Bloomberg News kürzlich signalisiert, dass die Bundesregierung die Einwände der Investoren bedenken werde; die Beratungen seien noch nicht abgeschlossen. Ein Steuermodell weiter voranzutreiben, dass letzten Endes den Pensionssparern schade, wäre ganz schlecht, sagte Merkel. Sie habe die Haltung ihrer Regierung bekräftigt, in irgendeiner Form Transaktionen an den Finanzmärkten zu besteuern. 
portfolio institutionell newsflash 24.06.2013/tbü/gor
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