Schwarzer Schwan
7. November 2014

Auf dem Schleudersitz

Millionengehälter und trotzdem Altersarmut? Im Profifußball ist das grausame Realität.

Ein abgesichertes Leben im Alter verhindert nicht nur die persönliche ALM-Struktur von Profifußballern mit Spielerfrau, teurem Auto, Beratern und guten Freunden auf der Liability-Seite. Oftmals stehen auch persönliche Verfehlungen geordneten Finanzen im Wege. Das Paradebeispiel schlechthin ist George Best – eine Superstar der 60er Jahre. „Ich habe viel Geld für Alkohol, Frauen und schnelle Autos ausgegeben. Den Rest habe ich einfach verprasst“, brachte er seinen Umgang mit dem Thema Finanzen auf den Punkt. Vielleicht hätte er sich Rat beim heutigen HSV-Trainer Josef „Joe“ Zinnbauer suchen sollen. Dieser hat gezeigt, dass es auch anders geht.
Als Fußballer war Zinnbauer zwar weit weniger erfolgreich als Best, dafür aber abseits des Rasens umso erfolgreicher. Als Joe 1994 in die Bundesliga zum KSC wechselte – wo er allerdings keine Spielminute Einsatzzeit bekam –, war der damals 24-Jährige bereits Millionär, und sein Fuhrpark bestand aus einem Mercedes-Cabrio und einem Ferrari. Nicht der Fußball machte dies möglich, sondern sein Finanzberatungsunternehmen, das er mit 22 Jahren gegründet hatte. Die FAZ schrieb damals von einem jährlichen Verdienst von 70 Millionen Mark. Zinnbauer hatte also zwei Jobs. „Jeden anderen hätte eine der beiden Karrieren, Finanzberater oder Fußballprofi, völlig ausgefüllt. Joe Zinnbauer gelang es, beides unter einen Hut zu bekommen. Bald gründete er eigene Firmen und spielte sich nebenbei in die erste Bundesliga. Auf dem Rasen schoss er Tore, in der Kabine und nach dem Training machte er Geschäfte“, ist auf der Internetseite der Unternehmensgruppe Zinnbauer über seinen Gründer und Inhaber zu lesen. „Der hatte schon drei Handys, da habe ich noch nicht einmal eins besessen“, erinnerte sich sein damaliger Mitspieler Jürgen Klopp in der FAZ an gemeinsame Tage beim FSV Mainz 05.
Besser Versicherungsschein als Trainerschein
Als Joe 1998 wegen eines Knorpelschadens sein Profitrikot an den Nagel hängte, wurde er hauptberuflich Geschäftsmann. Doch ganz konnte er vom Fußball nicht lassen. Er sattelte auf Trainer um und konnte es sich dank seiner finanziellen Reserven leisten, erst einmal im Amateurlager die Sporen für die Bundesliga zu verdienen. Und nun ist er zurück in der ersten Bundesliga. Joe hat auf dem Schleudersitz des HSV-Trainerpostens Platz genommen. Von einem Abwurf ist er momentan weit entfernt, schließlich war er bislang recht erfolgreich. Zuletzt hat er gegen Bayer Leverkusen drei Punkte eingefahren. Die Spieler sind besonders von seinen Motivationsansprachen begeistert. Stürmer Lewis Holtby zur Bild-Zeitung: „Er hat uns super heißgemacht. Er hat uns beschworen, ein Team zu sein. Wir haben einen Kreis gebildet. Die Stimmung war einzigartig.“ Gelernt ist eben gelernt – schließlich war Zinnbauer ein erfolgreicher Versicherungsvertreter. Vielleicht ist ja der Verkauf von Versicherungsscheinen eine bessere berufliche Grundlage für den Trainerjob als der Erwerb eines Trainerscheins?
Sein Vorgänger im Amt des HSV-Trainers, Mirko Slomka, versprüht im Vergleich zu Zinnbauer viel weniger Energie. Er ist ja auch nicht nur kein gelernter Versicherungsvertreter, sondern sogar noch auf einen anderen Versicherungsvertreter reingefallen. Auf Zuraten von Carsten Maschmeyer investierte Slomka in die Cum-Ex-Geschäfte der Schweizer Privatbank Sarasin.
In diesem Sinne wünscht Ihnen die Redaktion von portfolio ein schönes Wochenende.

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