Traditionelle Anlagen
5. Februar 2014

Ausfälle bei Mittelstandsanleihen – Institutionelle machen Druck

Die Liste kleinerer Unternehmen am Rentenmarkt wird länger, der Ruf der Mittelstandsanleihen dadurch aber nicht zwangsläufig besser, wie der jüngste Fall des Stadtdekanats München zeigt. Scope wirft nun ein Schlaglicht auf die Emissionsbanken.

In den vergangenen Jahren haben mehrere Dutzend deutsche Mittelständler die Gelegenheit genutzt, sich über die Emission von Anleihen am Kapitalmarkt zu refinanzieren. Allerdings haftet dem Segment der Mittelstandsanleihen nach einer Reihe von Zahlungsausfällen ein fader Beigeschmack an. Im vergangenen Jahr stellte beispielsweise die HKW Personalkonzepte Antrag auf Insolvenz. Zuvor war der Kurs der 2011 emittierten Anleihe (Emissionsvolumen zehn Millionen Euro) binnen weniger Wochen von knapp 100 auf unter zehn Prozent gefallen. Ähnliche Verluste mussten Anleiheinvestoren auch beim Onlinehandelshaus getgoods hinnehmen; hier lag das Emissionsvolumen bei 60 Millionen Euro. Der aktuelle Kurs der Anleihe liegt kaum über vier Prozent des Nennwerts. 
Zu den Opfern notleidender Mittelstandsanleihen gehört unter anderem das Stadtdekanat München. Gemäß dem Auftrag zur Bewahrung der Schöpfung habe das Kirchengemeindeamt München, das treuhänderisch 32 Millionen Euro Rücklagen von Dekanat und Kirchengemeinden verwaltet,  „verschiedene mittelständische Unternehmen aus ökologisch nachhaltigen Branchen ausgewählt“, so die Stadtdekanin Barbara Kittelberger.
Die Dekanatsgremien hätten dem Kirchengemeindeamt aufgetragen, „grundsätzlich eine konservativ-nachhaltige Geldanlage mit zeitnaher Liquidität und mit höchstmöglicher Sicherheit“ zu verfolgen und „keinesfalls spekulativ“ zu investieren, so Kittelberger. Der Finanzausschuss des Dekanats habe zudem vorgegeben, dass höchstens 28 bis 30 Prozent des Geldes im Öko-Sektor – Solar, Wind, Wasser, Müllrecycling – angelegt werden sollten. Laut der Frankfurter Allgemeinen Zeitung sollen 15 Millionen Euro in Mittelstandsanleihen geflossen sein. 5,5 Millionen Euro wurden in Bonds von Getgoods, des Abfallverwerters FFK sowie der Solarunternahmen SAG Solarstrom und Solon gesteckt. 2013 gingen alle vier Unternehmen in Konkurs. 
Dass die Ausfälle mittelständischer Emittenten ungewöhnlich hoch sind, zeigte die Rating-Agentur Scope Ende November vergangenen Jahres. Seinerzeit hatte Scope ermittelt, dass es seit 2010 Zahlungsausfälle von 14 mittelständischen Emittenten gab. Zusammen haben sie 16 Anleihen über 650 Millionen Euro platziert. Bei einem Platzierungsvolumen aller 145 gelisteten Mittelstandsanleihen von 5,6 Milliarden Euro entspricht dies einer Ausfallquote von elf Prozent.
Scope hat sich nun einmal mehr mit dem Segment befasst und ist dieses Mal der Frage nachgegangen, welche Emissionsbanken für Mittelstandsanleihen den Markt dominieren. Nach Angaben der in Berlin residierenden Rating-Agentur waren im Zeitraum von 2010 bis 2013 insgesamt 37 Emissionsbanken für Mittelstandsanleihen aktiv. Fast 40 Prozent der Emissionen und des platzierten Volumens (inklusive Aufstockungen) entfallen dabei auf Close Brothers Seydler, Equinet und Quirin. Die drei Emissionshäuser haben zusammen 63 Anleiheemissionen mit einem platzierten Volumen von fast drei Milliarden Euro als Lead- oder Joint-Lead-Transaktionsbank begleitet. Nach Berechnungen von Scope konnten die drei emissionsstärksten Häuser durchschnittlich rund 92 Prozent des ursprünglichen Emissionsvolumens am Markt platzieren. Zum Vergleich: Die durchschnittliche Platzierungsquote im Mittelstandsanleihenmarkt liegt bei etwa 80 Prozent. 
Ausfallraten unterdurchschnittlich
Die Rating-Experten von Scope sind auch der Frage auf den Grund gegangen, wie die Anleihen der drei dominierenden Emissionsbanken aus Anlegersicht abgeschnitten haben. Um Performance-Unterschiede sichtbar zu machen, wurde folgendes Szenario unterstellt: Ein Anleger hat seit dem 1. Januar 2010 in jede Neuemission den gleichen Betrag investiert und an dem Papier festgehalten. Scope zufolge waren die Ausfallraten bei den drei Platzhirschen unterdurchschnittlich. Anleger, die in sämtliche Anleihen investiert hätten, die nicht von dem Dreigestirn begeben wurden, hätten demnach bis zum Anfang dieses Jahres einen Verlust von 15 Prozent erlitten, wobei Kuponzahlungen in dieser Rechnung außen vor bleiben. Hätte der Investor ausschließlich Anleihen gezeichnet, die von den drei besagten Emissionsbanken mit den größten Marktanteilen begleitet wurden, wäre er zwar besser gestellt. Aber mit einem Verlust von minus 5,8 Prozent wäre die absolute Performance dennoch negativ. 
Ein wesentlicher Grund für die Performance-Unterschiede zwischen den Top-Drei und den Anleihen der restlichen Emissionsbanken ist nach Ansicht von Scope auf die ungleiche Verteilung der Ausfälle zurückzuführen: Obwohl die drei Emissionsbanken für 40 Prozent des platzierten Volumens verantwortlich sind, entfällt auf sie nur etwa 17 Prozent des bisher ausgefallenen Anleihevolumens. 
In einem Zeitungsinterview betonte Karl Filbert, Executive Director und Head of Institutional Sales der Close Brothers Seydler Bank, dass sich der Einfluss institutioneller Investoren im Bereich der Mittelstandsanleihen stark ausweiten werde. Schon jetzt wachse er überproportional. Da Institutionelle sich viel detaillierter mit dem jeweiligen Bond, der für ein Investment infrage komme, beschäftigten als Vermögensverwalter oder gar Privatkunden, steige damit der Druck, die Qualität dieser Papiere zu erhöhen oder sie mit entsprechend höherem Kupon auszustatten. Zudem sehe man, so Filbert, dass die Rating-Agenturen gelernt hätten. Lange seien viele Emittenten beziehungsweise ihre Bonds viel zu oberflächlich und zu positiv bewertet worden. 
Mit der DZ Bank meldet sich nun erstmals auch eine große Bank in einer Studie zum Markt der Mittelstandsanleihen zu Wort. Oftmals seien diese spekulativer als ihr Namen suggeriert. Würde dieses Segment tatsächlich den deutschen Mittelstand präsentieren, müsste man sich Sorgen machen, schreibt DZ-Bank-Analyst und Studienautor Markus Rohleder. Immerhin sind in der jüngeren Geschichte dieses Marktsegmentes bereits 17 der 119 Mittelstandsanleihen notleidend geworden. Aber auch die Anleger, die bislang von Insolvenzen verschont geblieben sind, hatten nur wenig Grund zur Freude. Trotz deutlich höherer Kupons – im Durchschnitt lag der Kupon für 2013 begebene Anleihen bei 7,46 Prozent – schnitt das Marktsegment der Mittelstandsanleihen deutlich schlechter ab als die relevanten iBoxx-Indizes für Unternehmensanleihen – und das über mehr oder weniger jeden längeren Zeitraum.
Der Micro Bond Index (MiBox), der als Gradmesser für die tatsächliche Wertentwicklung der Mittelstandsanleihen gilt und gegenwärtig 93 Anliehen von 83 Unternehmen enthält, erzielte in den vergangenen drei Jahren eine Performance von minus 3,47 Prozent. Der iBoxx Euro Non Financials schaffte 19,31 Prozent, der iBoxx Euro High Yield Main Non-Financials cum Crossover 28,43 Prozent. Selbst über einen kürzeren Zeitraum von drei Monaten blieben die Mittelstandsanleihen hinter den entsprechenden iBoxx-Indizes zurück. Der MiBox kam auf minus 3,05 Prozent, die beiden anderen iBoxx-Indizes auf 1,30 beziehungsweise 0,69 Prozent.     
portfolio institutionell newsflash 05.02.2014/Tobias Bürger
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