Schwarzer Schwan
25. April 2014

Das Ende des Maschmeyer-Effekts

Auf „seriös“ zu machen ist gar nicht so einfach. Die Wandlung vom Strukki zum anerkannten Geschäftsmann birgt Rückschläge.

Carsten Maschmeyer ist ein Mann mit vielen Talenten. Er hat nicht nur Geld und kann mit hübschen Frauen umgehen, sondern kann auch in Poesie, wie er erst kürzlich bei einem Vortrag vor Jungunternehmern unter Beweis stellte: „Sie werden nicht reich im Leben, wenn sie arm an Träumen sind.“ Der aus einfachen Verhältnissen stammende Selfmademan hat es vom goldkettchentragenden Finanzberater zum Krawatte-tragenden, milliardenschweren Unternehmer geschafft, der sich gekonnt über die roten Teppiche der Republik und in der Hannoveraner High-Society bewegt. 
Der perfekt getimte Verkauf seines „unabhängigen Finanzoptimierers“ AWD an Swiss Life brachte „Maschi“ unmittelbar vor Ausbruch der jüngsten Finanzkrise schlappe 600 Millionen Euro ein; mit diesem Verkauf der „Strukkibude“ konnte er auch die missliebigen Verbraucherschützer abschütteln, die ihn in seiner Zeit beim Allgemeinen Wirtschaftsdienst (AWD) verfolgten. Heute wird Maschmeyers Gesamtvermögen auf etwa eine Milliarde Euro geschätzt, das er neuerdings verstärkt in Unternehmensbeteiligungen investiert. Begründung: „Nur wo sich Umsatz und Gewinn steigern lassen, lässt sich auch Vermögen mehren.“ Auf die Frage, was ihn antreibt, den Strukturvertrieb hinter sich zu lassen und stattdessen in Start-ups zu investieren, antwortete er bildreich: „Statt einen großen Flugzeugträger zu lenken, fahre ich jetzt auf vielen kleinen Schnellbooten mit und helfe den Skippern, die richtige Strategie und die richtigen Mitarbeiter zu finden und die Firma zum Erfolg zu führen.“ Und: „Meine Erfahrung bei den tollen jungen Leuten einzubringen macht mir große Freude“, so der Unternehmer, der auf seiner Homepage auch „Tipps für sichere Anlagemöglichkeiten“ und noch viel mehr Wissenswertes preisgibt. 
Von Schnellbooten und Anlagetipps
Doch ohne seine Drückerkolonnen klappt es vielleicht noch mit der Poesie – nicht aber unbedingt mit dem Geschäftserfolg. So hat sich eines der Schnellboote als etwas ramponiertes mitteldeutsches Fahrrad entpuppt. Zwar konnte der laut Stern „Champion der Klinkenputzer“ bei seinem Einstieg in die Mitteldeutschen Fahrradwerke (Mifa) davon profitieren, dass sich andere Anleger ebenfalls zu einem Engagement animieren ließen, wodurch der Aktienkurs entsprechend in die Höhe getrieben wurde. Nachdem der Milliardär mit seiner Familie bei Mifa im Oktober 2011 als Großaktionär eingestiegen ist, legte das Papier zunächst eine glänzende Hausse aufs Parkett, in deren Verlauf sich der Börsenwert auf knapp 90 Millionen Euro zeitweise verdoppelte. Inzwischen ist vom sogenannten Maschmeyer-Effekt aber nichts mehr übrig: Nach einem überraschenden Verlust von voraussichtlich 15 Millionen Euro im vergangenen Geschäftsjahr hat die Aktie des nach Volumen größten deutschen Fahrradherstellers, der in den ersten neun Monaten 2013 knapp 98 Millionen Euro umgesetzt hat, ebenso drastisch an Wert verloren wie die erst im August begebene 25 Millionen Euro schwere Schuldverschreibung. Am Vertrauen in Maschis Trüffelschwein-Fähigkeiten zehrt auch ein wenig, dass als Gründe für das Desaster unter anderem Fehler in der Buchhaltung genannt werden.
Auch einer der jüngsten „Tipps für sichere Anlagemöglichkeiten“ ging bei einem von Sarasin vertriebenen Investmentfonds nicht ganz auf. Wie in alten Zeiten konnte Maschi zwar anderen Anlegern dieses Finanzprodukt andrehen. So konnte er seine Freundin Veronica Ferres und den Fußballtrainer Mirko Slomka von einem Engagement überzeugen. Beide vertrauten Maschmeyers Expertise und legten je 500.000 Euro an. Slomka dürfte damals die Beratungsgespräche wohl als besonders nützlich empfunden haben, weil er laut Stern gerade von Schalke 04 entlassen und vor allem abgefunden wurde. Weniger erfolgreich als der Vertrieb war aber – mal wieder – die Performance. Und an dieser war Maschmeyer im Unterschied zu früher selbst beteiligt – und setzte 40 Millionen Euro in den Sand. Der Fonds verfolgte eine Cum-Ex-Anlagestrategie, zielte also auf gesetzliche Lücken im Zusammenhang mit der Besteuerung von Dividenden ab. Ein Schelm, der Böses dabei denkt. Schließlich hat sich „Finanzberater“ Maschmeyer schon in seiner früheren Karriere immer wieder mit Gesetzesfragen auseinandersetzen müssen. Ironie der Geschichte ist nun, dass Maschmeyer Sarasin mit rechtlichen Schritten droht, wenn er sein Geld nicht zurück bekomme. Geplant sind Anzeigen wegen Betrugs sowie Schadensersatzklagen. Ausgerechnet Carsten Maschmeyer!
In diesem Sinne sendet Ihnen die Redaktion von portfolio aus Hannover schöne Grüße. Der Schwarze Schwan gönnt sich feiertagsbedingt eine Pause, ist aber in 14 Tagen wieder für Sie da.
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