Schwarzer Schwan
7. März 2014

Das schafft nur der Papa

Ein Schwarzer Schwan symbolisiert unvorhergesehene Ereignisse, mit denen man aus der reinen Vergangenheitsbetrachtung nicht rechnen konnte. Jüngstes Beispiel ist das Projekt „Stromberg – Der Film“.

Christoph Maria Herbst, alias Bernd Stromberg, ist ein Ekel, das seine Mitarbeiter bei der Capitol-Versicherung nach Strich und Faden schikaniert. Mit Sprüchen wie „Ich bin ja quasi die perfekte Mischung aus jung, aber sehr erfahren. Gibt’s in der Form ja sonst nur auf dem Straßenstrich“, erobert der ebenso sexistische wie ignorante Horror-Chef („Der Papa“) nach fünf Staffeln im Fernsehen nun die Kinoleinwand. Die Story: Stromberg macht sich mit seinen Mitarbeitern aus der Abteilung Schadensregulierung auf den Weg in ein Landhotel, in das die Capitol die Belegschaft zur 50-Jahre-Jubiläumsfeier geladen hat. 
Finanziert wurde das Filmprojekt um den Büro-Tyrannen Stromberg zum Teil per Schwarmfinanzierung über das Internet. Der Produzent Brainpool TV wollte so eine Million Euro einsammeln. Für einen Film ist das wenig, für eine Crowd-Finanzierung sehr viel. Zur Überraschung aller Beteiligten war das Finanzierungsziel bereits nach nur einer Woche erreicht; intern war man davon ausgegangen, dass für die Finanzierung sechs Monate ins Land gehen. Damit ist „Stromberg – Der Film“ das erfolgreichste Beispiel, wie Projekte über das Internet finanziert werden können. Letztlich haben 3.300 Investoren mitgemacht, die im Schnitt rund 330 Euro beigesteuert haben. Ein Vorteil dieser Form der Filmfinanzierung: Die Investoren fiebern mit und sorgen dafür, dass auch andere ins Kino gehen. Dort hören sie dann Stromberg-Sprüche wie diesen: „Ich bin sicher für einige hier im Haus ein rotes Tuch. Aber die Stiere gehen im Stierkampf alle drauf. Das rote Tuch hält ewig.“ 
Das Finanzierungsmodell hinter dem Kinofilm ist so einfach wie genial: Für jede verkaufte Eintrittskarte erhält die Investorengemeinschaft einen Euro zurück. Die Break-Even-Schwelle von einer Million Tickets dürfte Stromberg jedenfalls in Windeseile erreichen; Ende Februar strömten innerhalb von vier Tagen fast eine Viertelmillion Zuschauer in die Kinos. Danach wird es spannend. Denn für jede weitere verkaufte Eintrittskarte fließen 50 Cent an die Geldgeber zurück. 
Auch wenn bislang niemand wagt, auch nur davon zu träumen – der deutsche Blockbuster „Der Schuh des Manitu“ lockte seinerzeit zwölf Millionen Zuschauer in die Kinos. Sollte Stromberg auch nur halb so erfolgreich sein, würde sich der Einsatz der Geldgeber mehr als verdoppeln. Und selbst wenn insgesamt „nur“ zwei Millionen Besucher den Film ansehen, hat sich das Investment mit einer Rendite von 50 Prozent mehr als ausbezahlt. Da lassen sich auch die Verwaltungsgebühren von 3,5 Prozent verschmerzen, die beim Kauf der Anteile angefallen sind. Wer diese Investment-Opportunität verpasst hat, kann vielleicht noch in eine Schwarmfinanzierung für Stromberg-Merchandising-Produkte investieren. Je erfolgreicher der Film, desto höher dürfte die Nachfrage nach Klobrillenbärten zum Ankleben oder anderen Stromberg-Utensilien sein. Ob aber aus Nachhaltigkeitsgesichtspunkten solche Investments ethisch vertretbar sind, muss jeder mit sich selbst ausmachen.
Sollte der Lehrfilm über Human Resources Management tatsächlich zum Megablockbuster avancieren, kann man es wieder mit Bernd Stromberg halten: „Ach Kinners, ich fühl mich wie Jesus am Ostersonntag! Den hatten ja auch schon alle abgeschrieben und dann nach drei Tagen: Comeback!“ Ein Unsympath und dann noch unsterblich? Damit dürfte sich Stromberg auch noch bei den Capitol-Kollegen aus der Abteilung Rentenversicherung unbeliebt machen. 
In diesem Sinne wünscht Ihnen die Redaktion von portfolio ein schönes Wochenende.
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