Stiftungen
6. April 2015

Das Stiftungs-Trilemma: Gebote, Pflichten und Losgrößenprobleme

Stiftungsgründungen boomen – in allerdings schwierigen Kapital­anlagezeiten. Mangels Größe bekommen Stiftungen meist nur Standardlösungen offeriert, ohne dass auf die Spezifika dieser Anlegergruppe oder einer individuellen Stiftung näher eingegangen wird. Stiftungen sind somit gefordert, ihre eigenen Wege zu finden.

In der Geschichte des Stiftungswesens sind die Jahre 1914 bis 1923 als besonders schwierige Zeiten in die Annalen eingegangen. ­Damals ruinierten Kriegsanleihen, Gebietsverluste und die Inflation das ­deutsche Stiftungswesen. 100 Jahre später stellt die ­Zinssituation die Stiftungen wieder vor erhebliche Probleme. „Stiftungen haben mit ­ihrer einseitigen Ausrichtung auf Geldwerte, beispielsweise festverzinsliche Wertpapiere und Festgeld, auch heute eine gefährlich ­offene Flanke“, erklärt Dr. Stefan Fritz, der das Stiftungsmanagement der Hypovereinsbank/Unicredit Bank in München leitet, als Referent auf einem Stiftungsseminar der Gesellschaft für das Stiftungswesen. Doch allein mit dem naheliegenden Anlagetipp, einfach stärker in Substanzwerte zu investieren, die für den realen Vermögenserhalt und laufende Ausschüttungen sorgen sollen, ist Stiftungen nicht ­geholfen. Stiftungen mögen in ihren Vorgaben für die Kapitalanlagen weniger komplex als Versicherungen sein. Trotzdem sind passgenaue Lösungen gefordert, die stiftungsspezifischen und regulatorischen Bedingungen gerecht werden müssen. Diese sind auf der ­Anbieterseite jedoch oft unbekannt.

Aber auch individuelle Anforderungen von Stiftungen werden nicht 100-prozentig – sicher auch mangels Größe – von den ­Anbietern berücksichtigt. Bezüglich stiftungsspezifischer Individualisierungen schätzt Jörg Seifart, Gründer und Geschäftsführer der ­Gesellschaft für das Stiftungswesen, dass beispielsweise „neun von zehn Asset Managern nicht nachfragen, welches spezielle Cashflow-Bedürfnis eine Stiftung hat.“ Seifart kritisiert zudem die ­Präsentationen der Asset Manager, die für die Mehrheit der Stiftungsgremien zu viel Fachchinesisch enthalten und die Entscheidungsträger überfordern. Dafür ist nach Ansicht von Seifart die Anbieterseite oft bezüglich des für Stiftungen geltenden regulatorischen Rahmens überfragt.
Die für die rechtsfähigen Stiftungen des bürgerlichen Rechts relevanten Rechtsgrundlagen sind im Bundesrecht in den Paragrafen 80 ff. des BGB geregelt. Hinzu kommen die Vorschriften der jeweiligen 16 ­Landesstiftungsgesetze. Die einzelnen Landesstiftungsgesetze dürfen dem Bundesrecht nicht widersprechen und nur die Regelungen treffen, die das Bundesrecht ergänzen oder nicht geregelte Bereiche klären. Landesrechtlich werden die Zuständigkeiten in Bezug auf die Anerkennung der Stiftung und die Stiftungsaufsicht normiert. Dabei vollziehen die einzelnen Landesstiftungsgesetze die Aufsichtsbefugnisse laut dem Bundesverband Deutscher Stiftungen höchst ­unterschiedlich. „Am Ende ist der jeweilige Sachbearbeiter ausschlaggebend“, schildert Stefan Fritz seine Erfahrungen. Dem BGB und den Landesstiftungsgesetzen untergeordnet sind die jeweiligen Stiftungssatzungen beziehungsweise die optionalen Anlagerichtlinien. Hier finden sich klassischerweise Quotenvorgaben und Ausschlüsse für bestimmte Märkte oder Anlageinstrumente. Darüber hinaus ist für die Kapitalanlage zu beachten, dass in der Stiftungsszene bislang nicht abschließend diskutiert wurde, ob die Assets im Widerspruch zum Stiftungszweck stehen dürfen. Zu denken ist beispielsweise an Alkohol- und Tabakwerte in der Kapitalanlage einer Jugendstiftung. Grundsätzlich dürften die Vertriebschancen mit einem Fonds, der diese Branchen nicht ausschließt, in diesem Fall gering sein.
  
Vermögenserhaltungsgebot und Mittelverwendungspflicht

Rechtlich macht der Stiftungsmanager einen Spagat zwischen Stiftungsrecht und Gemeinnützigkeitsrecht. Das Stiftungsrecht wird durch die Stiftungsaufsicht, das Gemeinnützigkeitsrecht durch das Finanzamt überwacht. Ersteres Recht verfolgt den Vermögenserhalt, der primär durch Wertsteigerungen sichergestellt werden soll. Das ­Finanzamt achtet auf die mit einem Steuerprivileg verbundene ­Gemeinnützigkeit, also die Verwirklichung des Stiftungszwecks. ­Diesem dienen die ordentlichen Erträge und Spendeneinnahmen. Für die Kapitalanlage gilt also, dass das deutsche Rechtssystem den derzeit laut dem Bundesverband 20.784 Stiftungen (Stand: 31.12.2014) den Erhalt ihres geschätzten Gesamtvermögens von 70 Milliarden ­Euro und eine zeitnahe Mittelverwendung gebietet. In Richtung ­Asset-Klassen gedacht wird bei diesen Anforderungen schnell klar, wie schwierig derzeit Investments in Anleihen sind: Auf dem Primärmarkt sind typischerweise nur noch Minikupons zu erhalten. Auf dem Sekundärmarkt sind praktisch nur noch Anleihen deutlich über dem Nennwert erwerbbar. Somit wird der ordentliche Ertrag mit ­einem Substanzverlust teuer erkauft.

Ausschüttungsfähig sind nur ordentliche Erträge, also Zinsen, ­Dividenden und Mieten sowie Fondsausschüttungen, sofern sich der Fonds nicht in Abwicklung befindet. Thesaurierende Fonds sind für eine Stiftung, solange sie kein akutes Substanzproblem hat, ­relativ uninteressant und vertragen sich schlecht mit dem Gemeinnützigkeitserfordernis, ordentliche Erträge zu erzielen. Ordentliche Erträge sind aber nicht komplett auskehrungspflichtig. Laut Paragraf 62 der Abgabenordnung kann eine Stiftung nämlich bis zu einem Drittel ­ihrer ordentlichen Nettoerträge dem Stiftungskapital zur ­realen ­Werterhaltung zuführen. Wenn jedoch fast die Hälfte der Stiftungs-Assets in Festgeld zu derzeitigen Konditionen angelegt ist, ist leicht auszurechnen, dass man von den für den Stiftungszweck ­vorgesehenen mageren ordentlichen Erträgen nicht auch noch etwas für die reale Werterhaltung abknapsen möchte – insbesondere bei den derzeit niedrigen Inflationsraten. Realisierte Kursgewinne, im Stiftungssprech „außerordentliche Erträge“, dienen primär dem Erhalt des Stiftungskapitals. Eine andere Möglichkeit, Stiftungsvermögen zu ­erhalten beziehungsweise aufzustocken, besteht darin, Geldgeber für Zustiftungen zu gewinnen. Anders als Spenden kommen diese Schenkungen der Bestandserhaltung beziehungsweise dem Stiftungskapital zugute.

Ein-Drittel-Regel und Umschichtungsrücklage
Neben der erwähnten Ein-Drittel-Regel eröffnet die Bilanzierung mit der sogenannten Umschichtungsrücklage noch eine weitere Ausnahmeregelung bei der Zuordnung zu ordentlichen und außerordentlichen Erträgen. Wird beim Verkauf eines Wertpapiers ein Kurs­gewinn realisiert, fließt dieser in diese Rücklage. Falls die Satzung dies zulässt, kann die Umschichtungsrücklage per Beschlussfassung aufgelöst werden, womit dann außerordentliche Erträge für den Stiftungszweck zur Verfügung stehen.

Werden nun in der Direktanlage Kurswertzuwächse realisiert, kommen diese dem Stiftungszweck zunächst nicht unmittelbar zugute. In der Stiftungswelt sind dies Substanzgewinne. Um diese ausschütten zu können, muss die Stiftungssatzung eine entsprechende Regelung enthalten. Anderenfalls würde die Stiftung verbotenerweise ihr Vermögen für den Zweck verwenden. Wäre der Direktbestand ­jedoch in einem Spezialfonds verpackt, könnte die Stiftung Kurs­gewinne als ordentlichen Ertrag ausschütten. Bei Erträgen innerhalb eines Fondsmantels ist die Ertragsart unerheblich. „Sie unterliegen grundsätzlich nicht der Mittelverwendungspflicht, sondern nur die Ausschüttungen des Fonds an die Stiftung“, so Seifart, der damit ­indirekt auch die Vorteile eines Spezialfonds anspricht. Denn bei ­diesem Vehikel kann der Investor die Ausschüttungen steuern. „Der Spezialfonds hat für uns großen Charme“, erklärt Jens Güldner vom Evangelischen Johannesstift. „Er bietet uns eine einheitliche Lösung für das Risikomanagement, unsere Nachhaltigkeitsstrategie und für unsere Ausschüttungspolitik. Zudem bestehen ­Bilanzierungsvorteile.“ Unter Kosten-Nutzen-Aspekten hält Güldner Spezialfonds bei ­einem Anlagevolumen von unter 25 Millionen allerdings für ­wenig sinnvoll. Da das Vehikel „Spezialfonds“ damit nur für ein bis zwei Prozent der Stiftungen eine Möglichkeit bietet, plädiert Jens Güldner für Pooling-Lösungen.

Aus Kostengründen hat aber auch die Direktanlage abseits von Fonds und damit von Management Fees für Stiftungen eine relativ wichtige Bedeutung. Gerade große Stiftungen wie zum Beispiel die Deutsche Bundesstiftung Umwelt investieren gerne ­direkt in Aktien. Beispielsweise gebietet das Stiftungsgesetz für Baden-Württemberg, dass die Stiftung nach den Gesetzen, dem Stiftungsgeschäft und der Stiftungssatzung „sparsam und wirtschaftlich“ zu verwalten ist. Das bayerische Pendant fordert, dass das Stiftungsvermögen „sicher und wirtschaftlich“ anzulegen ist.

Offene Fragen bei offenen Immobilienfonds
Trotz dieser Ausnahmen von der Regel bleibt eine saubere Zuordnung der Ertragsarten für Stiftungen eine wichtige Aufgabe. Diese Feinheiten, ob es sich nun um einen Kursgewinn oder einen ordent­lichen Ertrag handelt, sind beispielsweise bei Optionsprämien und bei sich in Abwicklung befindlichen offenen Immobilienfonds ­strittig. Insbesondere im letzteren Fall hat sich in der Praxis die Unterscheidung der Ertragsarten als knifflig erwiesen: „Es ist strittig, inwieweit es sich bei der Rückführung aus offenen Immobilienfonds um einen ordentlichen oder außerordentlichen Ertrag handelt“, erklärt Jörg Seifart, der entsprechende Erfahrungen mit dem P2 Value von ­Morgan Stanley machen musste.

Das Problem ist, dass die Abwicklung der ­offenen Immobilienfonds regelmäßig nicht über die Rücknahme der Anteilsscheine, ­sondern über Ausschüttungen erfolgt. Der Stiftung stellt sich dabei die Frage, wie diese Auszahlungen in der Rechnungslegung abzubilden sind. „Erklärtermaßen stellen sie zum Teil ja auch Kapitalrückzahlungen dar. Ausgangspunkt ist die Frage, wie in Befolgung der ­Regelungen des Stiftungszivil- und Gemeinnützigkeitsrechts eine Aufteilung in zeitnah zu verwendende Mittel, ­Umschichtungsgewinne und Substanzrückzahlungen vorzunehmen ist“, schreiben im Jahr 2012 Felix Wallenhorst und Dr. Jasper von Hoerner von der Kanzlei Peters Schönberger & Partner, PSP. Entscheidend für die Folgebewertung der Fondsanteile sei die Zuordnung zu Umlauf- oder Anlagevermögen und damit die Frage der „Dauerhaftigkeit“. Obwohl Stiftungen in der Praxis ihre Wertpapiere im Einklang mit einer Anlagepolitik der ruhigen Hand grundsätzlich als Anlagevermögen einordnen, ist wegen der Abwicklung des Fonds auch ohne konkrete Veräußerungsabsicht eine Bilanzierung als Umlaufvermögen vorzunehmen, schlussfolgert die Kanzlei. Bezüglich der bilanziellen Behandlung der Ausschüttungen ist die Aufteilung des Zahlungszuflusses in Erträge einerseits und Substanzrückzahlung andererseits offen. „Weder die gesetzlichen Vorschriften noch der Anwendungserlass zur Abgabenordnung geben jedoch eine Hilfestellung, wie die Abgrenzung im Einzelfall vorzunehmen ist.“

Die Experten von PSP empfehlen darum, sich am Börsenpreis des Fondsanteils zu orientieren. Aus der Differenz zwischen der Summe der Ausschüttungen und der Kursentwicklung zwischen den Stich­tagen ergebe sich dann der in der Ausschüttung enthaltene ordent­liche Ertrag. Falls sich jedoch keine Kurse ermitteln lassen, bleiben noch die Bescheinigungen zu den Besteuerungsgrundlagen des ­jeweiligen Fonds gemäß Paragraf 5 Absatz 1 Nummer 1 und 2 des ­Investmentsteuergesetzes. Dies klingt komplex und stellt sich auch als komplex heraus – auch für Experten. „Kurios wird es, wenn Sie ­eine zweite­ Meinung erfragen wollen. Hier sagte mir der ­Steuerberater, dass er kein Vermögensverwalter ist, und der Vermögensverwalter, dass er kein Steuerberater ist“, so Seifart.

Zu Immobilien erwähnt Seifart zudem den Praxisfall, dass der Wertverlust einer Immobilie irrtümlich durch die Mieterträge ­kompensiert werden sollte. Während für andere Anlegergruppen ­hieraus steuerliche Fragen entstehen, ist für die Anlegergruppe „Stiftungen“ relevant, dass Kurs- und Wertverluste nicht durch ordentliche Erträge ausgeglichen werden dürfen. Die Analogie zu Aktien wäre, wenn Anteilsscheine am Tag der Gewinnausschüttung mit dem Dividendenabschlag verkauft werden. Auch dieser Wertverlust darf nicht mit dem Dividendenertrag verrechnet werden. Seifart verweist hierzu auf das sogenannte Admassierungsverbot. Laut diesem ist eine ­Aufstockung des Stiftungskapitals  durch die Erträge des Stiftungsvermögens grundsätzlich unzulässig. Damit soll die Erfüllung der vom Stifter vorgegebenen Zwecke sichergestellt und ein Anhäufen wirtschaftlicher Werte unter Missachtung des Stifterwillens vermieden werden, teilt die Deutsche Verwaltungstreuhand für Stiftungen mit. Ausnahmen sind nur zulässig, wenn sie in der Satzung vorgesehen oder zum Ausgleich von Vermögensverlusten notwendig sind. Das Admassierungsverbot wird allerdings durch die Möglichkeit, Rück­lagen zu bilden, durchbrochen, da sonst das Stiftungsvermögen inflationsbedingt aufgezehrt werden würde. 


Geschlossene Beteiligung keine geschlossene Veranstaltung

Ebenfalls eine Besonderheit stellen für Stiftungen geschlossene Beteiligungen dar. Gerade bei den Infrastrukturfonds ergibt sich die oben geschilderte Problematik, dass Intransparenz darüber bestehen kann, ob die Ausschüttungen aus den Erträgen oder aus der Substanz stammen, es sich also um ordentliche oder außerordentliche Erträge handelt. Abhilfe schafft ein Blick in die Steuerbilanz. „In der Steuer­bilanz des Fonds wird für die Stiftung der steuerpflichtige Ertrags­anteil transparent“, erklärt Ottmar Heinen vom Windenergiespezialisten Lacuna. Aus diesem Ertragsanteil lässt sich dann der erzielte ­ordentliche Ertrag ableiten. Zudem besteht bei geschlossenen Fonds die Gefahr einer steuerlichen Infizierung. Wird die Stiftung als ­Mitunternehmer eines gewerblichen Fonds klassifiziert, was bei ­geschlossenen Fonds in der Regel der Fall ist, muss auch eine gemeinnützige Stiftung diesen Teil ihrer Einkünfte der Körperschaft- und ­Gewerbesteuer unterwerfen. „Andere Einkünfte bleiben weiter steuer­frei. Es droht keine gewerbliche Infektion der gesamten Stiftung“, ­betont Jörg Seifart. Große Stiftungen schützen sich mit Puffergesellschaften vor einer steuerlichen Infizierung.

Abseits regulatorischer Vorgaben ist bezüglich geschlossener ­Beteiligungen kritisch, dass diese relativ hohe Fixkosten aufweisen. Knapp drei Viertel der Stiftungen bringen aber nicht mehr als ein ­Investmentvolumen von einer Million Euro auf die Waage und sind wie oben beschrieben zudem angehalten, ihre Anlagen wirtschaftlich zu verwalten. Bei diesen Investmentvolumina werden von geschlossenen Fonds in der Regel Agios von fünf Prozent und Management Fees von ein bis zwei Prozent aufgerufen. Trotzdem kann eine ­geschlossene Beteiligung auch für kleinere Stiftungen wegen der Zinssituation, des Real-Asset-Charakters, Diversifikationsüberlegungen und mög­licher Überrenditen interessant sein. Ein weiteres, fiskalisches Argument: Selbst bei einer hohen Anlagequote von zehn Prozent für ­geschlossene Fonds wird eine kleine Stiftung auch in einem Best-Case-Szenario mit diesem Asset nicht mehr als 35.000 Euro per ­annum verdienen. Bei dieser Summe handelt es sich um eine Art „Freibetrag“, auf den sowohl Prof. Dr. Gregor Dorfleitner von der Universität Regensburg als auch Ottmar Heinen aufmerksam macht. Zwar stellt für eine Stiftung die Beteiligung an einer gewerblich tätigen Kommanditgesellschaft ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb dar. Liegen die Einnahmen aus dieser Beteiligung im Jahr inklusive der Umsatzsteuer aber unter ­diesen 35.000 Euro, besteht weiterhin Steuerfreiheit (Paragraf 64, ­Absatz 3, Abgabenordnung). An Windparkinvestments über einen ­geschlossenen Fonds sind für Stiftungen die regelmäßigen Ausschüttungen interessant. Diese sind allerdings vor dem De-Leveraging ­jahrelang nicht besonders hoch. Uneingeschränkt attraktiv ist der Nachhaltigkeitscharakter, den Erneuerbare Energien bieten.

Anspruchsvoll: Private Equity und Volatilitätsrisikoprämien
Wenig geeignete Asset-Klassen für Stiftungen sind in der Regel Private Equity und Zerobonds. Bei Private Equity ist zu beachten, dass die meisten Stiftungen für diese Asset-Klasse zu klein sind und in den Anfangsjahren in der Regel keine Ausschüttungen stattfinden. Somit kann die Stiftung auch nicht dem Stiftungszweck nachkommen – wenn diese Talsohle nicht durch noch vorhandene Zinsträger mit ­hohen Kupons kompensiert werden kann. Das gleiche gilt für Zerobonds, allerdings für deren komplette Laufzeit. Nullkuponanleihen haben keinen Kupon, dafür weist deren Ausgabekurs ein Disagio auf. „Zerobonds eignen sich allenfalls in kleinen Portionen, um das Grundstockvermögen zu stärken“, so Seifart. Weder dem Stiftungszweck noch dem Grundstockvermögen kommen dagegen Bundesanleihen zugute, die mit einem Kupon von null Prozent emittiert werden.

Schlussendlich liegt die Initiative, aus dem Niedrigzinsumfeld auszubrechen, bei den Stiftungen und deren Bereitschaft, sich auch mit neuen Asset-Klassen auseinanderzusetzen. „Eine große deutsche Stiftung ist bei uns mit 40 Millionen Euro investiert“, erklärt zum Beispiel Matthias P. van Randenborgh, Gründer, CEO und CIO des Asset Managers RP Crest, der sich der Asset-Klasse ­„Volatilitätsrisikoprämien“ verschrieben hat. „Je professioneller eine Stiftung gemanagt ist, desto eher kommt unser Fonds für eine Stiftung in Betracht“, so van Randenborgh. RP Crest bietet seinen Anlegern einen ausschüttenden Fonds an.

Prinzipiell muss seitens der Stiftung gerade bei komplexeren ­Anlageklassen immer sorgfältig geprüft werden, wie diese Wege aus dem Zinstal auch aufsichtsrechtlich geebnet werden können. Jörg Seifart: „Wenn die Sell Side, ´das können Sie auf jeden Fall` sagt, ist Vorsicht geboten.“ Da sich jedoch die meist konservative Anlage­strategie der Stiftungen in der Finanzkrise bewährt hat, sehen die ­Stiftungen sich in ihrer Asset-Allokation eher bestätigt. „Mittel- und langfristig betrachtet wird aus dieser Stärke aber eine ­Schwäche“, so Dr. Fritz. Oft stammen die Standardvorgaben für Stiftungssatzungen, die sich nachträglich kaum ändern lassen, noch aus der alten Zinswelt, in der Negativverzinsungen noch unbekannt ­waren. „Dies ­erschwert Investments in reale Assets deutlich“, sagt Fritz und warnt davor, es sich bei der Stiftungsgründung mit der ­Formulierung der Stiftungssatzung zu einfach zu machen. Diese sollte das aktuelle ­Finanzmarktumfeld berücksichtigen anstatt sich nur auf veraltete Muster zu stützen. Teilweise erschweren die Satzungen Umschichtungen im Grundstockvermögen und damit auch den ­bilanziellen ­Aktivtausch von Anleihen in Aktien.

Von einem guten „Satzungsmanagement“ profitiert aus heutiger Sicht die 2003 errichtete Share Value Stiftung mit Sitz in Erfurt. ­Deren Stiftungsvermögen von heute über etwa 28 Millionen Euro wird gemäß dem Willen ihres Stifters, dem als Finanzanalyst mit ­Aktien zu Wohlstand gekommenen und 2011 verstorbenen Günter Weispfenning, ausschließlich in Aktien angelegt. Für eine solche ­Allokation gab es damals zwar in Hessen keine Genehmigung, eine Erlaubnis konnte jedoch mit den Aufsichtsbehörden in Thüringen ausgehandelt werden. Beraten wird die Stiftung, die ihr Fördervolumen vor allem wegen der Aktien-Performance kontinuierlich steigern konnte, von der Shareholder Value Management AG, die unter ­anderem Initiator und Advisor des Frankfurter Aktienfonds für Stiftungen ist. Die Aktienquote dieses Fonds, der im Sinne von Stiftungen einen Value-Ansatz verfolgt, Wert auf steigende Dividenden und Nachhaltigkeit legt, kann bis zu 100 Prozent betragen. CIO ist Frank Fischer, dessen eigene, 2011 ­gegründete Stiftung „Starke Lunge“ komplett in dem Fonds allokiert ist. Heute ­erlaubt Hessen eine Stiftungssatzung, die eine Aktienquote von bis zu 100 Prozent ermöglicht.
 
Lösungswege, die aus dem Zinstal herausführen, sind zum ­Beispiel mit Aktien, Immobilien, Infrastruktur und Optionen also durchaus vorhanden. Die Volkswagen-Stiftung teilt beispielsweise mit, dass man die Anlagestrategie seit längerem der Niedrigzinsgegebenheit „angepasst und den Anteil von Sachwerten, zu denen ­etwa Immobilien oder Aktien gehören, kontinuierlich erhöht“ habe. ­Insbesondere für kleinere Stiftungen sind produktseitig Multi-Asset-Lösungen interessant. Gerade die Anleihen- und Income-Varianten von Multi-Asset-Angeboten dürften künftig eine größere Rolle spielen. Zu beachten ist, ob die jeweiligen Multi-Asset-Varianten auch zu der einzelnen Stiftung passen. „Die Anlagestrategien, die wir unseren Stiftungskunden empfehlen, hängen auch maßgeblich von der jeweiligen Stiftungssatzung ab. Manche Stiftungen haben sich verpflichtet, nicht in Aktien zu investieren“, erklärt Dr. Hans-Jörg Frantzmann, Leiter Institutional Asset Management bei Fidelity, der diesen Anlegern Fonds empfiehlt, die ein breit diversifiziertes Rentenportfolio oder Immobilien abbilden. Gefragt sind derzeit vor allem Income-Multi-Asset-Strategien. „Was wir bei unseren Stiftungskunden – wie bei den meisten institutionellen Kunden auch – beobachten, ist die verstärkte Nachfrage nach ertragsorientierten Investments, da zur ­Erfüllung der Stiftungsziele regelmäßige ordentliche Erträge benötigt werden“, so Frantzmann. Jede Stiftung hat jedoch ihre individuellen Anforderungen.

Spezialfonds, Publikumsfonds oder Vermögensverwaltung
Wer von starren Produktlösungen nicht überzeugt ist, sollte sich mit Vermögensverwaltungsmandaten beschäftigen. „Bei Publikumsfonds besteht die Gefahr, dass die Interessen der Stiftung nicht mit der Anlagestrategie und den Interessen der anderen Investoren übereinstimmen“, so Gerhard Rosenbauer, Geschäftsführer bei Inprimo Invest. „Ab einem Anlagevolumen von 100.000 Euro bieten wir eine Direktanlagelösung für eine Total Expense Ratio von etwa 60 bis 70 Basispunkten an. Davon machen aktuell acht Stiftungen Gebrauch.“ Ohne einen Fondsmantel sind Gewinne aber nicht thesaurierbar. Für eine Spezialfondslösung sind diese Stiftungen jedoch zu klein.   

Die meisten Lösungen beinhalten auf die ein oder andere Art ­Dividendenpapiere. Wegen des langen Anlagehorizonts sind Aktien für Stiftungen naheliegend und regulatorisch auch eindeutig ­zuzuordnen. Diese Asset-Klasse bietet derzeit auch die attraktivsten ordentlichen Erträge. Je nach Anlagestrategie eignen sich Aktien aber auch zur Substanzstärkung, zum Beispiel wenn der Fondsmanager statt auf Dividenden auf Aktienrückkäufe setzt.

Von Patrick Eisele

portfolio institutionell, Ausgabe 3/2015

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