Administration
6. Oktober 2014

Der Markt ist groß genug

Die große Konsolidierungswelle im deutschen Verwahrstellenmarkt ist ausgeblieben. Kleine und mittlere Häuser behaupten sich im Markt. portfolio institutionell sprach mit Anja Schlick, Leiterin Business Development, bei Hauck & Aufhäuser Asset Servicing.

Seit Jahren ist von einer großen Konsolidierungswelle die Rede. Bisher hat sich aber nichts getan: Warum blieb die große Konsolidierungswelle aus?
Zunächst haben einige Anbieter von Verwahrstellen ihren Vertrieb verstärkt, was entsprechend dazu geführt hat, dass Assets gewonnen werden konnten – und das ganz unabhängig von der Unternehmensgröße. Dadurch konnten sich gerade auch kleinere und mittlere Verwahrstellenanbieter am Markt behaupten. Zwar haben auch gleichzeitig ein paar namhafte Banken (*) wie Sal. Oppenheim, Commerzbank und auch die SEB für das Wertpapiergeschäft aus strategischen Überlegungen den Markt verlassen, aber die Neuerungen im Kapitalanlagegesetzbuch – KAGB – werden zumindest kurzfristig sogar für eine steigende Anzahl an Verwahrstellen sorgen. Anbieter von geschlossenen Immobilienfonds und alternativen Investments brauchen nun ab einer bestimmten Größenordnung eine externe Verwahrstelle. Und gleichzeitig können nun auch Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Steuerberater als Verwahrstelle agieren. Dies wird von der offiziellen Statistik noch nicht erfasst. 
Wie verteilen sich die Anbieter von Verwahrstellen heute? 
Rund 25 Prozent der Verwahrstellen sind Global Custodians und ausländische Institute, die circa 71 Prozent Marktanteil nach Volumen haben. Den Rest teilen sich die genossenschaftlichen Institute, Sparkassen und Landesbanken, sowie Deutsche Privatbanken. 
Die zehn größten Verwahrstellen teilen sich laut der aktuellen Verwahrstellenstatistik des BVI über 80 Prozent des deutschen Fondsvermögens: Wo finden die kleineren Häuser hier ihren Platz?
Der Markt ist mit einem Volumen von 1.365 Milliarden Euro sehr groß. Selbst wenn sich davon 80 Prozent auf die ersten zehn Finanzinstitute verteilt, bleibt immer noch ein Volumen von rund 270 Milliarden Euro an zu verwahrenden Assets für die restlichen Anbieter. Die Privatbanken beispielsweise konnten in den letzten zwei Jahren einen Zuwachs von knapp 17 Prozent verzeichnen, etwas mehr als der Landesbanksektor.
Außerdem unterscheiden sich die Zielkunden doch recht deutlich. Für einen Global Custodian sind Verwahrgeschäfte erst ab einer bestimmten Größe wirtschaftlich, dies wiederum eröffnet den Markt auch für die Privatbanken, die gerade bei mittelgroßen Mandaten einen sehr individuellen Verwahrstellen-Service zu wirtschaftlichen Konditionen anbieten können. Es ist gut, dass der Markt nicht so homogen ist, denn auf diese Weise erhält jeder Marktteilnehmer die Verwahrstelle, die zu ihm passt.
Worauf haben sich kleinere und mittlere Verwahrstellen konzentriert beziehungsweise worauf werden sie sich konzentrieren?
Die kleinsten Verwahrstellen sind oftmals ausschließlich dafür da, konzerneigene Fonds zu verwahren. Solange sie die regulatorischen Anforderungen erfüllen können und sie deutlich kostengünstiger sind, als eine externe Lösung, wird sich an dieser Struktur wohl kaum etwas ändern. Wenn sich im Konzern auch eine Kapitalverwaltungsgesellschaft befindet, dann wird sich die Verwahrstelle vermehrt der kompletten Abdeckung der Wertschöpfungskette im Fondsgeschäft widmen. 
Mittelgroße Verwahrstellen wie beispielsweise die von Hauck & Aufhäuser im Geschäftsfeld Asset Servicing, haben sich mit dem KAGB neu positioniert. Nun müssen auch alternative Anlageklassen, wie beispielsweise geschlossene Immobilienfonds oder Infrastrukturfonds, eine Verwahrstelle vorweisen, darauf haben sich einige Verwahrstellenanbieter eingestellt und ein neues Geschäftsfeld erschlossen. Grundsätzlich ist der Servicebedarf ein großes Thema. Beispielsweise laufen bei der Verwahrstelle viele Rechtsfragen auf, bei denen der Kunde Antworten erwartet, die nur ein entsprechendes Fachpersonal leisten kann. Ein weiteres Beispiel sind die hohen Ansprüche an ein umfassendes Reporting, speziell auch für alternative Anlageklassen, welches die Verwahrstelle leisten sollte.  
Das Verwahrstellengeschäft ist ein margenschwaches Geschäft. Ist das überhaupt noch attraktiv für kleine Verwahrstellen? Wie hart ist der Preiskampf?  
Der Preisdruck ist hoch, speziell im institutionellen Geschäft, bei welchem sich meist viele Verwahrstellen auf ein Mandat konzentrieren. Aber wir haben auch eine zunehmende Regulierung mit mehr und mehr Rechtsfragen im Bereich der Verwahrstellen. Gerade da kann es für kleinere bis mittelgroße Verwahrstellen interessant werden, denn sie zeichnen sich meist durch eine hohe Flexibilität und Individualität aus. Gut möglich, dass sie vereinzelt sogar Marktanteile gewinnen werden. 
Es ist ein wenig damit vergleichbar, ob ich ein Produkt im Großmarkt kaufe, etwas weniger bezahle und dafür keinerlei Service erhalte, wenn es zu Rückfragen oder Reklamationen kommt. Oder ob ich zum Fachhändler gehe, bei dem ich vielleicht etwas mehr zahle, aber dafür auch bessere Qualität mit hochwertiger Beratung erhalte. Aufgrund der zunehmenden regulatorischen Komplexität ist das Verwahrstellengeschäft beratungsintensiv und Mandanten mit hohen Ansprüchen wissen entsprechende Expertise bei ihrer Verwahrstelle zu schätzen. 
Ist womöglich eine Umkehrung der Preisspirale in Sicht, immerhin hat sich mit dem KAGB die Haftung für Verwahrstellen verschärft?
Ich würde nicht von einer Umkehrung sprechen, sondern eher von einer Preisuntergrenze, die nicht mehr unterschritten werden kann. Das KAGB ist ja, ganz im Sinne des Anlegers, ein höherer Schutz für Investoren und setzt in der Tat hohe Ansprüche auch an die Verwahrstelle inklusive der Haftungsübernahme. Das bedeutet aber auch, dass eine gute Verwahrstelle ein Qualitätsgarant ist – und der hat nun mal seinen Preis.
AIFMD sieht die volle Haftung der Verwahrstelle für die Assets vor: Inwiefern hat sich dadurch etwas für Sie verändert?
Das betrifft in erster Linie die Vorschriften zur Unterverwahrung und zur Haftung der Verwahrstelle. Während unter dem Investmentgesetz (InvG) die Verwahrstelle bei Unterverwahrung im Ausland nur für Fehler bei der Auswahl der unterverwahrenden Stelle gehaftet hat, haftet sie jetzt bei Insolvenz oder Verlust der Assets grundsätzlich voll. Zu Zeiten des InvG war ebenfalls größte Sorgfalt bei der Auswahl des Custodians oder auch Subcustodians geboten. Eine regelmäßige Überprüfung der Dienstleister und eine Bewertung haben also auch schon früher stattgefunden. Sicherlich wird aber bedingt durch das KAGB das Augenmerk darauf nochmal erheblich verschärft.
Seit Juli 2013 ist das KAGB in Kraft: Wie viel Arbeit war mit dem neuen Gesetz verbunden?
Die Umsetzung des KAGB hat erhebliche Ressourcen gebunden, zumal es ja beinahe alle Bereiche der Bank betrifft. Wir konnten die Neuregelung aber hervorragend umsetzen und uns zusätzlich zu unserem Angebot für Wertpapierfonds auch als Verwahrstellte für illiquide Assets sehr erfolgreich positionieren, was ohne das KAGB nicht möglich gewesen wäre. Insofern sehen wir die Einführung positiv.
Was waren und sind die größten Veränderungen? 
Innerbetrieblich bei Hauck & Aufhäuser hatte ich ja bereits auf die Ausweitung der Verwahrstellentätigkeit hingewiesen. Ansonsten wird das KAGB in den kommenden Jahren aber seine Wirkung auch nach außen nicht verfehlen. Es ermöglicht ein besseres Investment in alternative Anlageklassen, was dazu führen kann, dass Privatanleger, aber vor allem auch viele institutionelle Investoren, breitere Investitionsmöglichkeiten in einem regulierten Marktumfeld erhalten werden. Dies kommt Anlegern vor allem im derzeitigen Niedrigzinsumfeld sehr gelegen.
An welchen Stellen gibt es noch Klarstellungsbedarf, den Sie sich durch ein Verwahrstellenrundschreiben der Bafin erhoffen?
Das neue Verwahrstellenrundschreiben steht noch aus. Sicherlich erhofft sich die gesamte Branche noch Konkretisierungen hinsichtlich einiger Sachverhalte, wie etwa, ob eine Zweigniederlassung im Europäischen Wirtschaftsraum auch als Verwahrstelle für inländische Fonds auftreten kann oder die Kontrolle der Geldkonten – täglicher Cash-Abgleich – und die in diesem Zusammenhang entstandene Erfordernis von Sperrvermerken bei externen Konten. Auch inwieweit Verwahrstellen zukünftig noch im sogenannten „Modell 1“ arbeiten dürfen, ist noch unklar. In diesem konkreten Beispiel kommt es uns zugute, dass Hauck & Aufhäuser bereits im „Modell 2“ arbeitet.
Anm.: Im Modell eins kann die Depotbank auf das Fondsbuchhaltungs- und das Anlagegrenzprüfungssystem der KAG zugreifen. Im aufwendigeren Modell zwei sind eigene Systeme vorzuhalten. 
* Anmerkung vom 13.10.2014: Die KAS wurde aus der Aufzählung nachträglich entfernt.
portfolio institutionell newsflash 06.10.2014/Kerstin Bendix 
Autoren:

In Verbindung stehende Artikel:

Schreiben Sie einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert