Asset Manager
14. November 2013

Die Qual der Wahl

Ein Patentrezept für die Auswahl aktiver Manager gibt es nicht. Dennoch: Wer die Chance auf Erfolg nutzen will, sollte ein paar wesentliche Fehler vermeiden. Lassen Sie sich nicht von einer tollen Performance und einem schönen Track Record verführen. Eine systematische Due Diligence ist Trumpf.

Ob aktive Manager Investoren überhaupt einen geldwerten Vorteil bringen, ist heute umstritten. Fest steht, dass es ein großer Teil der Manager langfristig nicht schafft, nach Kosten besser abzuschneiden als gängige Marktindizes. Und fest steht auch, dass es nicht einfach ist, aus der Masse der Fondsmanager gerade die herauszufinden, die dieses Kunststück über längere Zeiträume hinweg fertigbringen. Wer bei der Managerauswahl Fehler begeht, erhält schnell mittel­mäßige oder gar richtig schlechte Renditen statt des erhofften Alphas.

Bei einer so komplexen Aufgabe wie der Managerauswahl können Investoren eine Reihe unterschiedlicher Fehler machen. Ein Aspekt gilt unter Branchenexperten mit deutlichem Abstand als der wichtigste:­ Anleger überschätzen die Bedeutung der vergangenen Performance. Fast jeder der insgesamt 16 von portfolio befragten Experten, darunter Consultants und Investoren, hat dies unter die drei wichtigsten Fehler eingeordnet. „Hier liegt insoweit ein Fallstrick, als die historische Performance nicht nur durch das Können einer Investmentinstitution geprägt ist, sondern insbesondere auch durch zufällige Ereignisse“, erläutert beispielsweise Jochen Kleeberg, geschäftsführender Gesellschafter der Alpha Portfolio Advisors. Wenn ein Manager in den vergangenen sechs oder zwölf Monaten hervorragend abgeschnitten habe,­ könne das überwiegend oder sogar ausschließlich daran liegen, dass er schlicht und einfach Glück gehabt hat. „Dass die vergangene Performance keine Schlüsse auf die künftige­ Performance erlaubt, ist durch zahlreiche Studien belegt“, betont auch Frank Umlauf, einer der Geschäftsführer von Tajdo Consulting.
Dass Investoren dennoch so stark auf die Performance achten und beispielsweise einen dreijährigen Track Record fordern, sei vor allem ein mentales Phänomen. „Wenn es in diesen drei Jahren gut gelaufen ist, gibt einem das irgendwie ein besseres Gefühl. Selbst wir, die wir täglich damit agieren, müssen uns immer wieder davon freimachen“, so Umlauf. Tatsächlich biete der Track Record keinen statistischen Erklärungsgehalt, sondern nur die Hoffnung, dass es auch weiterhin funktioniert. Man schreibe die Performance einfach fort, obwohl sie keine Schlüsse auf die Zukunft zulasse. Die meisten Experten gestehen trotzdem ein, dass die vergangene Performance bei der Auswahl eines­ Managers eine­ Rolle spielen kann oder sogar muss. Allerdings kommt es darauf an, sie richtig zu interpretieren – und dabei ist eben nicht die Höhe der Performance der entscheidende Faktor, sondern die Frage,­ wie sie erzielt wurde. Diese Frage lässt sich nach einhelliger­ Meinung  nicht durch einen bloßen Blick auf den Track Record eines Managers beantworten, sondern erfordert sorg­fältige und systematische quantitative und qualitative Analysen. Womit wir beim zweiten wichtigen Fehler wären, der sehr häufig und in leicht unterschiedlichen Varianten angeführt worden ist: einem mangelhaften Auswahlprozess.

„Häufig fehlt es an einem solchen systematischen, konsistenten Prozess und an klaren Kriterien, nach denen man die Auswahl vornimmt“, erläutert Christian Michel, Direktor bei Feri Euro Rating Services. Gerade im Hinblick auf das Risiko­management werde oft zu wenig hinterfragt und analysiert. Ein Grund hierfür liege in fehlenden oder ungenügenden Ressourcen. „Das Angebot an Anlageprodukten und -strategien wird immer größer und komplexer. Es wird immer aufwändiger, das in der Tiefe zu analysieren“, erklärt Michel. Selbstverständlich verfügt nicht jeder Investor über die notwendigen Ressourcen für eine solche Due Diligence. Jedoch scheint bisweilen auch das Bewusstsein für die Bedeutung eines sorgfältig aufgesetzten Prozesses zu fehlen. „Gründliche Managerselektion­ und die damit verbundenen Recherchen sind sehr aufwändig und erfordern viel Know-how und Zeit. Einige Investoren sind nicht gewillt, dieses Research zu bezahlen und erzielen dadurch oft keine optimalen Ergebnisse“, sagt Uwe Rieken, Geschäftsführer von Faros Consulting. Das sei Sparen am falschen Ende, weil die Wahrscheinlichkeit schlechter Ergebnisse bereits bei kleinen Fehlern im Auswahlprozess sehr hoch sei.

Das Versorgungswerk der Wirtschaftsprüfer und der vereidigten Buchprüfer in Nordrhein-Westfalen (WPV) betreibt den Aufwand einer­ sorgfältigen und systematischen Manager-­ und Produktauswahl. „Eine zentrale Frage bei der Due Diligence ist, ob eine gute Rendite in der Vergangenheit vor allem­ durch Glück zustande gekommen ist, durch ein positives Markt­umfeld oder überwiegend auf dem Können des Managers beruht“, erklärt Dajana Brodmann, Leiterin alternative Anlagen und Aktien beim WPV. Im Falle liquider Strategien könnten bei der Beantwortung dieser­ Frage quantitative Methoden wie Regressionsanalysen hilfreich sein. Insbesondere bei illiquiden und weniger liquiden Strategien seien­ auch umfangreiche qualitative Prüfungen notwendig, die sehr zeit- und ressourcenintensiv seien. Doch Brodmann zufolge lohnt sich der Aufwand: „Zwar ist selbst eine sehr sorgfältige Managerauswahl keine Garantie für ein erfolgreiches Investment im Sinne einer positiven Rendite. Aber man kann durch eine tief gehende Due Diligence bereits im Vorfeld viele Risiken erkennen und abwägen, die man ansonsten wahrscheinlich übersehen oder erst nach einer Investition erkennen würde.“

Die Vorstellungen davon, wie ein sinnvoller systematischer Auswahlprozess aussehen sollte, ähneln sich. Beispielsweise herrscht Einig­keit darüber, dass er nicht nur aus quantitativen Prozessen bestehen, sondern zu einem großen Teil auf umfangreichen qualitativen Analysen beruhen sollte, die in mehreren Stufen mit zunehmender Tiefe durchgeführt werden. Bei Managern, die in die engere Auswahl kommen, sei der persönliche Kontakt zu allen für den Investment­prozess relevanten Personen ebenso wichtig wie Besuche und Analysen­ direkt vor Ort. Ziel sollte es sein, ein umfassendes und authentisches­ Bild der Asset Manager zu erhalten. Investoren sollten ein Gefühl dafür bekommen, wer und was für den Investmentprozess von Bedeutung ist und wie die relevanten Personen „ticken“.

Ein gesundes Misstrauen hilft

Dabei ist es grundsätzlich sinnvoll, den Managern mit einem gewissen Misstrauen zu begegnen. Anleger sollten bedenken, dass sie bei Kontakten mit Asset Managern in der Regel erfahrenen Vertriebsprofis gegenüberstehen, die wissen, wie man auch ein mäßiges Angebot in schönem Licht erscheinen lässt. „Eines der Hauptprobleme der Investoren ist es, sich von Prognosen der Anbieter blenden zu lassen. Jeder Asset Manager zeigt ihnen schöne Imagebroschüren und überzeugende Track Records. Im Grunde genommen ähneln die sich alle“, warnt Arnim Kogge, geschäftsführender­ Gesellschafter Vertiva­ Family Office. Investoren sollten bedenken: Selbst ein noch so sympathischer und kompetenter­ Vertriebsmitarbeiter liefert keine Investment-­Performance. Und sie sollten stärker auf die Kosten der Produkte und Dienstleistungen achten. „Ein wichtiger Aspekt­ sind sicher­lich die Konditionen. Viele Investoren übersehen versteckte Kosten“, sagt Kogge.
Manche Asset Manager nutzten in ihren­ Portfolios eigene Fonds, ohne ihre Kunden darauf hinzuweisen, dass sie dafür Bestandsprovisionen erhalten. „Das heißt, der Manager kassiert zweimal. Das ist in einigen Fällen gravierend“, so Kogge. Kleeberg zufolge verzichten viele Anleger auf systematische Kosten­analysen und zahlen oft zu hohe Verwaltungsvergütungen. „Man sollte bedenken, dass die künftige Performance eines Managers auch bei sorgfältiger systematischer Auswahl stochastischen Einflüssen unterliegt und nicht mit Sicherheit vorhergesagt werden kann“, sagt Kleeberg. Die ausgehandelten Gebühren seien dagegen eine feste Größe. Wenn es einem Investor gelinge, diese von 20 auf 15 Basispunkte zu reduzieren, könne er diese fünf Basispunkte quasi „in sein Alpha buchen“.

Das Monitoring der Manager ist wichtig

Die befragten Experten haben noch eine Reihe weiterer Defizite bei der Managerauswahl genannt. So fehle vielen Investoren der Blick auf die Grundgesamtheit der verfügbaren Manager oder Fonds. Diese unvollständige Vorauswahl führe in der Regel dazu, dass der ganze Auswahlprozess von Anfang an wenig systematisch verlaufe. Häufig hätten Investoren auch zu hohe Erwartungen an aktive­ Manager. Außerdem komme es vor, dass sie ihre eigenen Kenntnisse und Fähigkeiten im Hinblick auf die Auswahl überschätzen. Statt auf diese Aspekte­ soll kurz auf einen anderen Punkt eingegangen werden, den einige der Experten für äußerst wichtig halten: das Monitoring.

„Mindestens genauso wichtig oder gar wichtiger als die sorgfältige Auswahl eines Managers ist es, dessen Performance permanent zu beobachten“, betont Michel. Die entscheidende Frage sei, ob sich die gewählte Strategie so entwickelt, wie man es erwartet habe. Nur wer das ständig überwache, könne in problematischen­ Fällen konsequent handeln und sich ge­gebenenfalls von einem Manager trennen. Zudem­ sollten Investoren regelmäßig überprüfen, ob sich wichtige ­qualitative Faktoren, beispielsweise im personellen Bereich der Manager, verändert haben. „Schließlich kann einem jeder Manager im Nachhinein eine schöne Geschichte darüber erzählen, warum er in einem bestimmten Markt­umfeld besser oder schlechter abgeschnitten hat als die Konkurrenten“, so Michel.
Auch Kleeberg spricht sich klar für regel­mäßige systematische Analysen der Manager aus: „Asset Management ist keine statische Veranstaltung, sondern ein sehr dynamischer Prozess.“ So sei es immer wieder zu beobachten, dass das verwaltete Ver­mögen erfolgreicher Fondsmanager so stark ansteigt, dass es die Handlungsspielräume der Manager einengt und damit ihr Performance-Potenzial sinkt. Es komme auch vor, dass Schlüsselpersonen einen Asset Manager­ verlassen, Umstrukturierungen vorgenommen werden oder sich die Eigentümerstruktur verändert. Solche Faktoren können das Potenzial eines Managers erheblich reduzieren. „Deshalb ist es ein ganz wesentlicher Erfolgsfaktor, die Manager Performance-­orientiert zu begleiten“, so Kleeberg.

portfolio institutionell, Ausgabe 9/2013

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