Schwarzer Schwan
29. September 2017

Die ultimative Kontrolle

Im Silicon Valley hat man viele Ideen. Manche sind gut, andere eher haarsträubend.

Denken Sie bloß mal an die Zukunft, bei der wir von selbstfahrenden Autos durch die Lande oder gar Lüfte kutschiert werden und nebenbei entspannt lesen, schlafen oder auf Facebook virtuelle Kontakte mit echten Freunden (oder sind es echte Kontakte mit virtuellen Freunden?) pflegen können. Im Silicon Valley weiß man aber auch mit Geld und nervigen Aktionären umzugehen, die frech ihr Mitspracherecht einfordern. 
So versuchen die börsennotierten Platzhirsche mit der Emission von zwei und mehr Aktiengattungen den Einfluss ihrer Führungsriege in Stein zu meißeln, auch wenn diese nur noch einen Minderheitsanteil am Unternehmen hält. Noch perfider wird es, wenn bereits emittierte und mit Stimmrechten versehene Aktien so umgestrickt werden, das die Stimmrechte externer Anleger verwässert werden. 
Der Gründer der Social-Media-Plattform Facebook, Mark Zuckerberg, geht hier mit negativem Beispiel voran. Bereits im April 2016 verlautbarte Facebook, neben seinen bestehenden Klasse-A- und Klasse-B-Aktien eine dritte Aktiengattung kreieren zu wollen, die keine Stimmrechte besitzt. Börsennotiert sind nur die A-Aktien, die B-Anteile sind Führungskräften zuzurechnen und nicht gelistet, was die Sache unter Transparenzgesichtspunkten ein wenig knifflig macht. 
Das Kalkül hinter der Umrubelei: Firmengründer Zuckerberg will fast alle Aktien seines milliardenschweren Facebook-Bestands verkaufen und den Erlös für philanthropische Zwecke ausgeben – die Stimmrechte aber, die will er nicht rausrücken, sondern die ultimative Kontrolle behalten. Der Multimilliardär im T-Shirt will also das Beste aus zwei Welten: Hier will er der generöse Spender sein, der fast sein gesamtes Hab und Gut von sich gibt, dort markiert er den Firmenchef, der seine externen Investoren, zu denen Adressen wie die Vanguard Group, Blackrock, State Street und Morgan Stanley zählen, an der kurze Leine hält. 
Doch der seit gut 18 Monaten vor sich hin brodelnde Plan kochte inzwischen über; oder besser: Zuckerberg wurde das Vorhaben zu heiß. Wie die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtete, hat Facebook die Pläne für die neue Aktienklasse soeben fallen gelassen. Für Bloomberg ist das ein „seltener Sieg“ für außen stehende Investoren im Kampf um die Kontrolle über die weltweit größte Social Media Company. 
Doch wie kam Zuckerberg zu der Entscheidung? Hat nun etwa doch der Sinn für gute Corporate Governance über den Drang zum Göttlichen gesiegt? Waren es die aufgeweckten Anleger und Börsenbetreiber, die Unternehmen mit multiplen Aktiengattungen den Zugang zu ihren Top-Indizes verwehren wollen? Mitnichten. Die Facebook-Aktien sind einfach inzwischen so wertvoll, dass Zuckerberg so reich ist, dass er seiner philanthropischen Leidenschaft frönen kann, ohne Gefahr zu laufen, nicht mehr Herr im Haus zu sein. „Ich habe unseren Verwaltungsrat gebeten, den Vorschlag über die Reklassifizierung unserer Aktien zurückzuziehen – und der Verwaltungsrat hat zugestimmt“, erklärt ein strahlender Mark Zuckerberg, der übrigens mit dem Gedanken spielt, Teil der US-Regierung zu werden. Aber das ist eine andere Geschichte. 
In diesem Sinne wünscht Ihnen die Redaktion von portfolio institutionell ein schönes Wochenende. 

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