Strategien
2. April 2014

Diversifikation ist nicht gleich Diversifikation

Das Edhec-Risk Institute wirft in einer aktuellen Untersuchung ein Schlaglicht auf die Diversifikationsanstrengungen institutioneller Investoren. Wie sich zeigt, geht eine Streuung über zusätzliche Anlageklassen nicht automatisch mit einem Zugewinn an Diversifikation einher.

Tiffanie Carli, Romain Deguest und Lionel Martellini, allesamt Forscher beim Edhec-Risk Institute und der Edhec Business School, haben sich für die Untersuchung „Improved Risk Reporting with Factor-Based Diversification Measures“ mit den 1.000 größten US-Pensionsfonds beschäftigt und deren Asset Allocation per 30. September 2002, 2007 und 2012 analysiert. Wie die Studienautoren hervorheben, waren die Pensionsfonds vor dem Ausbruch der jüngsten Finanzkrise unzureichend diversifiziert; die Streuung der Kapitalanlagen spielte sich nur in wenigen Anlagekategorien ab. Im Zuge der anschließenden Marktverwerfungen gingen die Kapitalsammelstellen dazu über, ihre Investments stärker zu streuen, um die Portfolien besser zu diversifizieren. Nach Ansicht der Edhec-Forscher ist mit einer solchen Erweiterung des Anlageuniversums aber nicht per se eine effizientere Diversifikation verbunden. 
Wunsch und Wirklichkeit 
In ihrem Forschungspapier hinterfragen die Studienmacher um Tiffanie Carli, inwieweit das Auftreten von Diversifikation über die Anzahl der Anlageklassen oder -komponenten (the effective number of constituents, ENC) mit der tatsächlichen Diversifikation (the effective number of bets, ENB) korrespondiert. Sie präsentieren in diesem Zusammenhang innovative Messinstrumente, die die Diversifikation anhand des Risiko-Allokations-Konzepts messen statt an der allgegenwärtigen Asset Allocation. Erst auf der Grundlage einer solchen Analyse lässt sich eine Aussage dahingehend treffen, ob die Investoren tatsächlich voneinander unabhängige Wetten eingegangen sind – oder eben nicht. 
Ein Ansatz zur Messung der Diversifikation besteht allgemein darin, die Komponenten im Portfolio aufzulisten. Dieser Ansatz geht aus der reinen Risikobetrachtung heraus gesehen aber mit dem Problem einher, dass nicht die nominale Anzahl der Komponenten relevant ist, sondern vielmehr die effektive Anzahl der Positionen. Um die Nuancen der Begriffe zu erläutern, greift Edhec folgendes Beispiel auf: Ein fiktives Portfolio besteht aus einer S&P-500-Aktie, die 99 Prozent des Portfolios ausmacht. Das verbleibende Prozent wiederum wurde in die anderen 499 Titel des S&P investiert. Die nominale Anzahl der Aktien beträgt demnach 500; gleichwohl ist die effektive Anzahl der Aktien kaum größer als eins. Ein so strukturiertes Portfolio wird sich unter Risikogesichtspunkten kaum wie ein diversifiziertes Portfolio verhalten, sondern wie ein hochkonzentriertes Ein-Aktien-Portfolio. 
Vor dem Hintergrund dieses schematischen Beispiels analysieren die Forscher die Diversifikation einerseits anhand der Anzahl der Portfoliokomponenten und andererseits im Hinblick auf die effektive Anzahl der Wetten. Darüber hinaus hinterfragen sie, welcher Zusammenhang zwischen der Diversifikation und der Performance des jeweiligen Portfolios besteht. Dabei gehen die Forscher einem empirischen Ansatz nach, der sowohl die Diversifikation innerhalb der Anlageklassen beleuchtet, als auch die Asset-Klassen-übergreifende Diversifikation. 
Das Fazit: „Eine zunehmende Anzahl an Asset-Klassen schlägt sich weder in einem echten Zugewinn bei der Diversifikation noch bei der Performance nieder, wenn man die Wechselwirkungen der Assets außer Acht lässt.“ Grundsätzlich lässt sich die risikoadjustierte Performance mit Hilfe der tatsächlichen Diversifikation (the effective number of bets) besser messen, so die Forscher. Mit ihren Studienergebnissen sollen institutionelle Investoren ermutigt werden, die Sinnhaftigkeit ihrer Portfoliodiversifikation zu hinterfragen. 
portfolio institutionell newsflash 02.04.2014/Tobias Bürger
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