Schwarzer Schwan
11. Juli 2014

Ein verführerisches Angebot

Comeback für Beate Uhse. Der Erotikkonzern verschafft sich mit der Emission einer Mittelstandsanleihe neuen Spielraum.

Für die Finanzpresse sind Unternehmen wie Beate Uhse ein gefundenes Fressen. Man stelle sich nur vor, das Geschäft mit den „erotischen Lifestyle-Produkten für Frauen und Paare“, flutscht in die Miesen. Dann drängen sich Überschriften wie „Beate Uhse sieht rot“, „Nachspiel für Sexkonzern“, „Finanzielle Dysfunktion“ oder „Böses Erwachen nach frivolem Zahlensalat“ förmlich auf und Journalisten können Wortspiele ejakulieren, dass es nur so knallt. Aber wir wollen nicht den Teufel an die Wand malen.
Denn zuletzt hat das über viele Jahre krisengeschüttelte und förmlich wundgescheuerte Erotikunternehmen mit einer Reihe von Nachrichten positiv performt: Einerseits gelang es dem Flensburger Traditionshaus im vergangenen Jahr erstmals nach einer seit 2008 währenden – wenn man so will – Flaute im Bett wieder ein positives Jahresergebnis in Höhe von 3,7 Millionen Euro zustande zu bringen, obwohl der Umsatz auch im abgelaufenen Zwölf-Monats-Turnus auf zuletzt 142 Millionen weiter geschrumpft ist. Für das laufende Geschäftsjahr zeigt sich das Management optimistisch und will beim operativen Ergebnis die Latte höher legen. Auf der anderen Seite ist Beate Uhse kürzlich mit einer verführerischen Mittelstandsanleihe auf große Nachfrage bei Investoren gestoßen. 
Institutionelle Investoren und Privatanleger halten Beate Uhse die Stange
Wie die Börsen-Zeitung Anfang Juli meldete, wurde das Orderbuch wegen mehrfacher Überzeichnung für den Bond mit einem Zinskupon von 7,75 Prozent und mit einer Laufzeit von fünf Jahren kurz nach Beginn der Zeichnungsfrist vorzeitig geschlossen. Wenn sonst etwas im Erotikbereich vorzeitig zu Ende geht, ist das den Beteiligten meistens peinlich. Diesmal nicht. Insgesamt haben die Flensburger 30 Millionen Euro bei institutionellen Investoren und Privatanlegern eingesammelt. Dass Beate Uhse als Anbieter pornografischer Inhalte bei Nachhaltigkeitsinvestoren ebenso durch das Raster fällt, wie Tabak, Alkohol, Glücksspiel und Waffen – geschenkt. Ohnehin haben Studien gezeigt, dass „Sin Stocks“, also die Wertpapiere sündenbefleckter Branchen, langfristig besser abschneiden als der Marktdurchschnitt. 
Wenn Firmen die Herzen der Börsianer erwärmen wollen, macht der Vorstand für gewöhnlich eine Roadshow. Bei Beate Uhse ist das Nebensache, das Unternehmen scheint Investoren bereits gut bekannt zu sein. Beate Uhse veranstaltet vielmehr Ladies Nights, bei der „Frauen im Kreise ihrer Freundinnen Liebesspielzeuge für sich entdecken. Geschulte Beraterinnen zeigen und erklären die Produktpalette. Intime Fragen werden mit dem notwendigen Fingerspitzengefühl beantwortet.“ Die Bonitätsprüfer der Rating-Agentur Euler Hermes, die die Emission mit BB- bewertet, haben diesen Service für die Due Diligence bestimmt auch genutzt. Dröge Finanzkennzahlen wie der Zinsdeckungsgrad treten dagegen bei so einer heißen Emission schnell in den Hintergrund.
Nur Spielverderber rufen die Umstände beim Börsengang des Unternehmens im Mai 1999 in Erinnerung. Damals war das Orderbuch für die Aktie trotz vorzeitiger Schließung mal eben um das 40-fache überzeichnet. Zu dumm, dass die Aktie heute nur noch einen Bruchteil ihres Ausgabekurses wert ist und als Pennystock wenig Anziehungskraft versprüht. Es wäre jedenfalls keine Überraschung, wenn das auch für die Anleihe von Beate Uhse gilt, schließlich haftet dem Rentensegment nach einer Reihe von Zahlungsausfällen ein fader Beigeschmack an. Aber vielleicht wird ja doch alles gut. Beate Uhse macht prächtige Geschäfte und ist sicher potent genug, die am 9. Juli 2019 fälligen 30 Millionen Euro samt Zinsen aus der Portokasse zu zahlen. Wenn nicht? Dann gibt es ja noch die Sachwerte als Besicherung, an denen der ein oder andere Gläubiger sicher seinen Spaß hätte.
In diesem Sinne wünscht Ihnen die Redaktion von portfolio ein trotz WM-Finale entspanntes Wochenende.
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