Versorgungswerke
24. Februar 2017

Ernten, was man sät

Die Kirchlichen Versorgungskassen in Dortmund wachsen jedes Jahr um rund eine­ Milliarde­ Euro. Wenn sie etwas­ aushalten können, dann ist es Illiquitität. Nur logisch, dass stärker in Immobilien und Private­ Equity investiert werden soll. Eine kosteneffiziente Umsetzung ist dabei für Axel Rahn, Abteilungsleiter­ Asset Management, entscheidend.

Herr Rahn, in den vergangenen Jahren war die Duration für die zu erzielende Rendite entscheidend. Es kam weniger auf die Höhe der Aktien- und Rentenquote an. Inzwischen ist die Durationsparty vorbei. Wie geht Ihr Haus damit um?
Wir haben uns nach reiflichen Überlegungen entschlossen, die Duration um rund zwei Jahre zurückzunehmen und den Renten­direktbestand weiter zu reduzieren. Dies entspricht dem Niveau der Duration unserer ALM-Benchmark, die bei rund 6,8 Jahren liegt. Denn einige globale Trends sprechen dafür, dass das Zinsniveau langfristig niedrig bleibt. Zugleich gibt es jedoch auch Trends, die dafür sprechen, dass es zu eruptiven Zins­ausbrüchen kommen kann, wie wir es Ende 2016 beispielsweise in den USA gesehen haben,­ als wir einen Zinsanstieg von rund 100 Basispunkten hatten.

Sind solche Zinsanstiege nicht auch eine gute Chance, die man nutzen kann?
Timing ist immer schwer. Wenn ich über unsere­ Kapital-Allokation spreche, vergleiche ich das manchmal mit einem Tanker. Wenn man anfängt, das Ruder einzuschlagen, beginnt­ das Schiff erst fünf Meilen später, sich leicht in die gewünschte Richtung zu bewegen.­
Das heißt: Die Kapitalanlage ist ein langfristiges Geschäft. Man sät seine Saat aus und hofft, dass man zwei, drei oder vier Jahre später­ die Früchte einholt. Ein Beispiel: Wir haben 2009/2010 entschieden,­ die Duration auszuweiten. Das Treffen der Entscheidung hat ein Dreivierteljahr gedauert. Bis sie umgesetzt­ war, verging noch ein Jahr. Man muss also eine tiefe Überzeugung bezüglich der Investmentthemen haben, bevor man sie umsetzt.

Unter dieser Prämisse haben Sie sich für das Zurückfahren der Duration entschieden.
Das ist perspektivisch die Entscheidung, die wir für dieses Jahr getroffen haben. Es kann aber sein, dass wir wieder investieren, wenn der Zinsanstieg in der Eurozone deutlich höher­ ausfällt, als wir erwarten. Da sind wir ziemlich pragmatisch unterwegs.

Pro Jahr wachsen Ihre Versorgungskassen ungefähr um eine Milliarde Euro. Ist das im Moment eher Fluch oder Segen?
Unsere Assets werden sich in den nächsten 15 Jahren verdoppeln. Als Asset Manager hat man natürlich gern viele Assets under Management­. Tatsächlich ist die Neuanlage aber momentan mehr Fluch. Interessante Investments­ zu finden, wird immer schwieriger. Man muss immer mehr Steine umdrehen.­ Wir analysieren fundamental und qualitativ. Wir nutzen auch Momentum-Modelle, um interessante Investmentmöglichkeiten am Kapitalmarkt zu finden. Gerade bei Alternatives­ und Immobilien sind die Due-Diligence-Prozesse jedoch unglaublich aufwendig. Das heißt: Um 30 Millionen Euro in einer liquiden Anleihe anzulegen, braucht es maximal zwei Tage. Um 30 Millionen Euro verantwortlich in einen Immobilienfonds zu investieren, dauert es bei uns ein bis drei Monate.

Sie wollen laut der jüngsten ALM-Studie Ihre Immobilienquote von sieben auf neun Prozent­ erhöhen, obwohl sie ohnehin jedes Jahr wachsen und allein für das Halten der derzeitigen Quote neu investieren müssen. Steht dieser Plan nach wie vor?
Immobilien sind wie gesagt ein sehr aufwendiges Thema. Prozessual sind wir hier aber ganz pragmatisch. Wir wissen nicht, welche Sektoren auch weiterhin funktionieren werden. Dazu haben wir keine spezielle Marktmeinung. Vielmehr gehen wir Bottom-up vor. Das heißt: Wir versuchen, einen möglichst großen Teil des Marktes abzudecken, und fokussieren uns auf attraktive Investmentstrategien. Dabei sehen wir Immobilien­fonds nicht anders als Unternehmen. Beide müssen einen überzeugenden Investment-Case haben. Wenn wir nach unserer Due Diligence­ von einem Investment-Case überzeugt sind und der Anbieter an dieser Stelle eine besondere Expertise hat, die es immer wieder unter Beweis zu stellen gilt, investieren wir. Ich kann Ihnen aber sagen, dass ich viele Produkte sehe, die – mit Verlaub – totaler Schrott sind. Ich frage mich immer: Wer kauft das?

Das ist vielleicht getrieben durch Verzweiflung, Not oder gar fehlende Manpower.
Wahrscheinlich. Das ist eine Beobachtung, die wir tatsächlich oft gemacht haben. Man kauft, wo man ein Angebot bekommt. Wir gehen umgekehrt vor. Wir rufen die verschiedenen Immobilienmanager an und fragen, ob sie irgendetwas Interessantes haben. Dahinter steckt eine ganz simple Beobachtung: Wenn ein Anbieter ein gutes Produkt hat, braucht er dafür nicht großartig Kunden anzurufen. Wenn man jedoch kein so gutes Produkt hat, muss man sehr viele Türklinken putzen. Deshalb gehen wir aktiv auf die einzelnen Manager zu.

Wie kommen Sie zu den verschiedenen Immobilien­managern?
Ganz einfach: Am Anfang steht immer Google.­ Man sucht sich Verzeichnisse von Immobilienmanagern und beginnt, die Manager­ durchzutelefonieren. Auf diese Weise­ sieht man mehr als die üblichen Verdächtigen, die ohnehin immer anrufen. So haben wir bereits den einen oder anderen inter­essanten Anbieter gefunden.

Das heißt, Sie schauen sich nach Boutiquen und Spezialisten um, statt auf Alleskönner mit einem Bauchladen zu setzen?
Wir sind vollkommen unvoreingenommen. Das können Nischenanbieter sein. Wir haben beispielsweise einen Anbieter auf unserer erweiterten Short-List, der in Healthcare in den Nordics investiert und sich dort einen guten Track Record aufgebaut hat. Das Thema könnte eventuell etwas für uns sein, das muss es aber nicht. Wir kennen aber auch gute Anbieter, die einen Bauchladen haben. Tendenziell haben wir aber einen Hang zu Nischenanbietern.

Legen Sie Wert auf Individualmandate oder Club Deals mit gleichgerichteten Investoren?
Auch hier sind wir völlig unvoreingenommen. Der Investment muss gut sein. Wir schauen uns auch die Co-Investoren an, aber sind völlig pragmatisch. Das ist noch eine empirische Beobachtung: Ein Club Deal besteht aus vermeintlich interessensgleichen Investoren. Doch dies ist in der Regel nur solange der Fall, wie die handelnden Personen dieselben sind. Bei einem Immobilienfonds hält man das Investment meist über zehn, fünfzehn Jahre. In dieser Zeit tauschen sich handelnde Personen aus und Unternehmensstrategien ändern sich. Dann ist es mit der Interessenkongruenz vorbei. Insofern ist dies für mich kein Kriterium. Wir sehen uns als Fund-of-Funds-Manager. Wir investieren in zehn bis fünfzehn Fondsprodukte und bauen uns über einen Zyklus ein Portfolio auf. Und dann lebt dieses Portfolio.

Haben Sie direkte Immobilieninvestments?
Ja, das ist im Wesentlichen ein Wohnimmobilienportfolio in unserem Landeskirchen­bereich. Auch da merken wir, dass es extrem schwierig geworden ist, interessante Objekte zu finden. Der Markt ist heiß umkämpft. Trotzdem glauben wir an das Vorhandensein von Illiquiditätsprämien. Je mehr Steine man umdreht und je mehr Manager man spricht, desto größer ist die Chance, tatsächlich noch attraktive Investments zu finden.

Der Preisdruck im deutschen Immobilienmarkt ist hoch, getrieben auch durch die starke­ Nachfrage internationaler Investoren. Wie erleben Sie das?
Was man derzeit teilweise zu sehen bekommt, sind Wohnimmobilienfonds mit einer­ erwarteten Rendite von ungefähr drei Prozent nach Leverage.

Das kann man mit gutem Gewissen eigentlich nicht machen.
Man kann schon. Ich meine, es gibt unterschiedliche Überzeugungen. Die eine Überzeugung besagt: Wohnimmobilien in Deutschland sind sicher, denn gewohnt wird immer. Vom Investment-Case stimme ich dem zu. Ich sehe jedoch analoge Gefahren zur Bundesanleihe. Es braucht innerhalb dieses Portfolios nur eine Kleinigkeit schief­gehen oder die Zinsen steigen und schon fällt der Investment-Case komplett in sich zusammen. Insofern fokussieren wir uns zunehmend­ auf die Segmente Core Plus und Value Add. Dabei geht es weniger um die ­Immobilie als um das aktive Element des ­Managements. Der Manager muss eine intelligente Strategie haben, wie er eine Immobilie­ auf Vordermann bringt, und er muss bereits unter Beweis gestellt haben, dass er Immo­bilien repositionieren kann. Wenn er dies ­gezeigt hat, sprechen wir mit ihm. Das hat für ihn aber zur Konsequenz, dass er unsere Due-Diligence-Ordner bearbeiten muss, die meist gut 100 MB groß sind.

Das klingt aufwendig. Dazu braucht es auch inhouse die entsprechende Manpower.
Richtig, dafür braucht es Leute. Entsprechend haben wir vor einigen Jahren begonnen, Mitarbeiter aufzubauen. Unser jüngstes Mitglied im Team ist im Dezember zu uns gekommen und verstärkt das Segment Alternatives. Wir suchen systematisch weitere Mitarbeiter. Wenn alles so bleibt, wie es ist, und wir bei Immobilien und Alternatives die Prämien abgreifen wollen, müssen wir im Asset Management bei den Versorgungskassen mehr Personal einstellen. Die Alternative wäre,­ sich Dienstleistungen sehr teuer am Kapitalmarkt von Externen einzukaufen.

Was ist die Motivation dahinter?

Hauptmotivation ist schlicht und ergreifend: Partizipation und Kostendegression. Wir als Versorgungskassen befinden uns in einem Sweet Spot. Wir sind groß genug, um Personal und Teile der Wertschöpfungskette zu uns hineinzuholen. Die Kosten sind bezogen auf das Kapitalanlagevolumen marginal. Wir würden ja nicht alles intern machen. Vielmehr geht es darum, intelligent zu überlegen,­ wo es sinnvoll ist, Kapazitäten hineinzuholen. Es geht um Kosteneffizienz der Kapitalanlage. Das steht absolut im Vordergrund.

Kosteneinsparung ist der sicherste Ertrag.
Das ist so. Wir haben festgestellt, dass es inner­halb der Wertschöpfungskette bei illiquiden Asset-Klassen im externen Management unglaubliche Einsparpotenziale gibt. Diese zu heben, hat Priorität, sonst würden wir nicht unternehmerisch denken.

Gehen Sie mit Ihren Immobilieninvestments über die deutschen Landesgrenzen hinaus – in Richtung Europa oder gar in die USA?
Ja, klar. Bei den USA agieren wir aber mit Vorsicht. Das Problem ist, dass in den USA das Währungsrisiko schlagend ist. Das FX-Risiko hat gegenüber dem Immobilienrisiko ungefähr den Faktor Vier. Wir mögen es nicht, unterschiedliche Risikokategorien zu vermischen. Wir mischen lieber Risiken gleichartiger Struktur. Aktien sind bei uns ungesichert. Bei Immobilienfonds würden wir das nicht machen. Wenn es einen währungsgesicherten US-Immobilienfonds gibt, würden wir uns ihn anschauen.

Die Prämie soll also nur aus der Illiquidität oder Komplexität kommen.
Grundsätzlich gilt bei uns erst einmal ein ­offener Geist. Unser neuer Kollege findet beispiels­weise das Thema Private Real Estate Debt spannend. Wenn er einen interessanten Private-Real-Estate-Debt-Fonds findet, der in den USA investiert, bin ich mir im Klaren darüber, dass das Risiko dieses Fonds deutlich höher ist als das Risiko eines traditionellen Core-Deutschland-Spezialfonds. Wenn ich darüber hinaus noch ein Währungsrisiko ­habe, sage ich: Okay, die Risiken sind ohnehin drin. Es sind gleichartige Risiken, die nicht gleichgerichtet sein müssen. Ich weiß, dass ich ein Hochrisikoinvestment habe. Dann ist das ein anderes Thema. Wenn es ein interessanter Investment-Case ist, wir von der Investmentidee­ überzeugt sind und unsere internen Gremien und das Risiko­management zustimmen, machen wir dieses Investment. Dann spricht nichts dagegen.

Welche Renditeerwartungen haben Sie an Ihre­ Immobilieninvestments?
Wenn ich alle Investment, die wir bislang ­getätigt haben, aggregiere, liegt die Rendite­erwartung für unsere Immobilienfonds derzeit bei ungefähr 4,5 Prozent. Das ist konservativ kalkuliert. In unseren eigenen internen Kalkulationen unterstellen wir eine Inflations­rate von Null. Wir unterstellen in der Regel auch keine größeren Wertsteigerungen.

Das passt zum Rechnungszins. Dieser liegt je nach Abrechnungsverband zwischen 3,75 und 4,25 Prozent. Gibt es im Rentenbereich noch Yield-Hotspots, mit denen sich dies abbilden­ lässt?
Wenn wir uns momentan die Rentenmärkte anschauen, sind unsere Ertragserwartungen bei plus/minus einem Prozent. Das gilt aktuell, das darf man nicht vergessen. Ich würde nicht wagen zu sagen, dass die Renditeerwartung für die nächsten zehn Jahre für den Rentenmarkt null ist. Aber ich weiß es schlicht und ergreifend nicht. Wir kommen aus einem langen Zinsrückgang und in uns allen hat sich der Gedanke manifestiert, dass dies immer so bleibt. Doch das ist eigentlich der beste Indikator dafür, dass sich etwas ­ändern wird.

Kommen wir zu den Alternatives. Das ist bei Ihnen nur Private Equity. Wieso?
Das ist eigentlich ganz banal. Wir haben den Anspruch, verstehen zu wollen, was wir machen. Wir möchten über die Risiken genau Bescheid wissen. Als wir uns intern die Frage gestellt haben, was wir als Alternatives sehen,­ haben wir uns für Private Equity entschieden.­ Wir haben im Vorfeld sehr viele Analysen­ durchgeführt und empirische Forschungs­literatur durchforstet. Letztlich ist Private Equity nichts anderes als eine Unternehmensbeteiligung. Das ist die älteste Form des Investierens überhaupt. Die Frage ist: Gibt es gegenüber Listed Equity eine Prämie? Wirklich valide und transparente Daten sind nicht vorhanden. Unseres Erachtens – basierend auf Studien, die wir gefunden haben – sollte eine Prämie vorhanden sein. Je aktiver ein Private-Equity-Manager an seinen Unternehmen Wertschöpfung betreibt, desto größer ist die Chance, eine Outperformance gegen­über den liquiden Märkten zu generieren.

Welche Outperformance lässt sich erwarten?
Gemäß unserer Analysen kommt man im Schnitt auf eine Prämie gegenüber Liquid Equities von ungefähr drei Prozent. Unsere Performance-Erwartung ist allerdings ein bisschen demütiger. Wir haben eine Outperformance-Erwartung von zwei Prozent gegenüber Aktien.

Wie setzen Sie Private Equity um?
Wenn man sich strategisch für Private Equity entscheidet, ist das keine One-Time-Show. Man muss bewusst darauf schauen: Wie ­mache ich es? Welche Segmente spiele ich? Wie setze ich es kosteneffizient um? Wie kann ich Einfluss nehmen?
Wir haben uns entschieden, nicht über ein Dachfondsprogramm zu gehen, sondern ein eigenes Vehikel in Luxemburg­ zu gründen. Und ich möchte ausdrücklich sagen: nicht aus steuerlichen Erwägungen.

Wie viel Zeit ging für die Auflegung dieses Vehikels ins Land?
Wir haben vor vier Jahren mit ersten Über­legungen zu Private Equity angefangen. Nachdem wir entschieden hatten, in Private Equity zu allokieren, haben wir überlegt, wie man dies am besten umsetzt. Nach einem Kostenvergleich haben wir mit der Auflegung der Sicav-Struktur begonnen. Dafür mussten wir uns die entsprechenden Partner in Luxem­burg suchen. Außerdem wollten wir die öffentliche Aufsicht einbinden. Bis man alles implementiert und die Manager ausgewählt hat, die für uns investieren sollen, vergehen drei Jahre.

Können Sie diese Luxemburger Struktur etwas­ näher erläutern?
Das ist ein Stück weit analog zum deutschen Master-Spezialfonds. Wir haben eine Umbrella-Struktur, unter der mehrere Teilfonds hängen. Diese Spezialfonds kaufen wiederum Private-Equity-Fonds. Wir tätigen dort auch Direct- und Secondary-­Investments.

Es entsteht also ein bunt gemischtes Private-Equity-Portfolio. 
Ja. Für die Teilfonds haben wir einen Managerauswahlprozess durchgeführt. Wir sind dabei nicht mit einer Vorgabe zur Ausgestaltung des Portfolios in den Auswahlprozess gegangenen, sondern haben die Manager gefragt, was sie risikoadjustiert für ein vernünftiges Portfolio halten. Die Manager kamen dann mit ihren Zielvorstellungen auf uns zu und wir haben daraus ausgewählt. Das Interessante ist: Die beiden mandatierten Manager­ haben trotz unterschiedlicher Philo­sophien relativ ähnliche Portfoliostrukturen aufgebaut – auch von der geografischen Allokation.­ Private Equity ist im Wesentlichen in den USA, dementsprechend ist ein Großteil des Portfolios in den USA allokiert. Zwischen 30 und 40 Prozent macht Europa aus. Beide ­Manager haben einen Bias zu Mid Caps. Während der eine Manager eher Venture-­lastig ist, ist der andere mehr im Mainstream unterwegs. Das Spannende ist, dass wir die beiden Manager nun beobachten und vergleichen können. Wir schauen uns jeden Investmentvorschlag an und haben den ein oder anderen auch schon abgelehnt. Wir sehen das als Lernerfahrung und als unsere Kon­trollfunktion.

Haben Sie die gewünschte Transparenz auf alles, was unter Ihrer Sicav hängt?
Ja. Das Thema Transparenz ist für uns sehr wichtig. Asset Management ist manchmal sehr simpel. Es ist kein Rocket Science. Ein vernünftiger Kaufmann weiß, was er besitzt. Bei Fonds, die wir direkt zeichnen, kennen wir alle Investments bis auf Unternehmens­ebene. Wir haben mit den entsprechenden Portfoliomanagern der Zielfonds in Side Letters­ vereinbart, dass sie uns die Unternehmensinformationen offenlegen. Bei Secondaries haben wir eine eingeschränkte Transparenz, weil man keine Side Letters verein­baren kann. Bei Co-Investments und Directs wissen wir definitiv alles bis auf Unternehmensebene. Insgesamt kann man sagen, dass wir eine sehr hohe Visibilität bis auf die Unternehmensebene haben.
Wir wollen wissen, welche Fonds gezeichnet werden und wie die Manager dieser Fonds ticken.­ Was wir nicht möchten, ist, dass ein Manager fünf, sechs Unternehmen kauft und nur eines liefert den Gesamtertrag für das Portfolio. Zielfonds-Manager sollen Wertschöpfung möglichst bei allen Unternehmen schaffen, die sie kaufen.

Wie fällt bisher Ihr Urteil aus? 
Wir sind noch ziemlich am Anfang der J-Curve.­ Meines Erachtens haben wir bei beiden Dachfondsmanagern ein sehr diversifiziertes Portfolio zusammengestellt. Es gibt aber tatsächlich eine erste Lernerfahrung, die wir gemacht haben und bei der nächsten Tranche, die wir demnächst vergeben, beachten werden. Das Portfolio soll nicht mehr ganz so stark diversifiziert sein.
Am Ende des Tages ist es doch so: Wenn man 30 Fonds mit fünf bis zehn Unternehmen hält, hat man nur noch mikroskopische Allokationen. Man muss sich fragen: Ist das nicht überdiversifizert? Wir haben die Intention, immer wieder neu in Private Equity zu investieren, und können über die Zeit ein diversifiziertes Gesamtportfolio aufbauen. Das heißt: Das einzelne Portfolio muss nicht so diversifiziert sein. Das ist eine erste Erfahrung. Um zu beurteilen, ob es erfolgreich läuft, ist es noch viel zu früh.

Bei Private Equity sind die Fees ein heiß diskutiertes Thema. War das auch bei Ihnen der Fall? Können sie darauf Einfluss nehmen?
Gebühren sind immer ein heikles Thema. Ich sage ganz ehrlich: Auf Zielfondsebene haben wir keinen Einfluss. Das obliegt den von uns mandatierten Managern, die Gebühren zu verhandeln. Und das tun sie auch. Wo wir sehr genau auf die Gebühren schauen, ist bei unseren beiden Dachfondsmanagern. Das war einer der Gründe, warum wir die Sicav-­Struktur gegründet haben.
Die Gebühren unserer Manager sind knallhart verhandelt. Hier kann man eine deut­liche Kostendegression gegenüber üblichen Fund-of-Funds-Angeboten erreichen. Wir ­sehen die Leistung unserer Dachfondsmanager, die vor allem am Anfang der Investitions­periode erbracht wird. Gegen Ende der Investitionsperiode, wenn es darum geht, ob der Fonds gut oder schlecht läuft, damit haben sie relativ wenig zu tun. Insofern zahlen wir keine Performance-Fee, sondern eine fixe Gebühr. Die ist im Vorfeld vereinbart worden und für jeden kalkulierbar. Sie verdienen ­immer noch gutes­ Geld. Man kann sich also noch in die Augen schauen, aber es ist eine deutliche Gebührenreduktion gegenüber Fund of Funds. Wir schätzen die Kosten­degression für die Gesamtstruktur­ ungefähr auf 50 bis 75 Basispunkte.

Im Endeffekt lohnt sich das Aufsetzen einer solchen Struktur erst ab einer bestimmten Größe. Sie wollen die Quote von einem auf circa drei Prozent ausbauen. Reicht das? Wo sehen Sie den Break-Even-Punkt?
Man kann das nur abschätzen. Gemäß unserer Kalkulation liegt der Punkt ungefähr bei 150 Millionen Euro. Wenn diese Summe ­investiert ist, sind wir tatsächlich am Break Even angekommen. Das Commitment, das wir bisher abgegeben haben, beträgt 400 ­Millionen Euro. Damit sind wir definitiv in der Kostendegression.
Die nächste Tranche wird demnächst ausgeschrieben. Das werden noch einmal 400 Millionen­ Euro sein. Hier sind wir im Ausschreibungs­prozess schon ziemlich weit. Dann werden wir vom Volumen her einen Bereich­ erreicht haben, in dem es anfängt, Spaß zu machen.­

Das Schöne an Private Equity ist, dass es noch nicht so überlaufen ist, oder?
Wir sehen auch hier, dass die Preise steigen. Die Bewertungen sind gemäß unseren Analysen zwar relativ zu Aktien immer noch attraktiv,­ aber die Attraktivität hat schon ein Stück weit abgenommen. Der Preisauftrieb hat aber noch nicht so deutlich stattgefunden. Deswegen investieren wir ja auch in Private­ Equity.

Machen Sie sich wegen der Illiquidität dieser Asset-Klasse Sorgen?
Wir sehen uns – wie gesagt – als Langfrist­anleger. Wenn wir etwas aushalten können, dann ist es Illiquidität. Weil wir die nächsten Jahre wachsen, bekommen wir sehr viel Liquidität­ hinein, die wir nicht sofort wieder auszahlen müssen. Das heißt: Was wir dem Kapitalmarkt am besten zur Verfügung stellen können, ist Liquidität.

Haben Sie schon mal überlegt, noch deutlich mehr Private Equity zu machen und Aktien dafür zu reduzieren?
Tatsächlich diskutieren wir auch solche Themen. Aber lassen Sie uns wieder einen Schritt zurückgehen. Unsere primäre Intention ist es, die Beta-Quellen des Kapitalmarktes systematisch­ abzugreifen. Aktien sind ein riesengroßes Kapitalmarktsegment. Es gibt eine Aktienrisikoprämie, deren Vereinnahmung sehr charmant ist.
Können wir uns vorstellen, mehr in Private Equity und Immobilien zu machen? Ja, das können wir uns vorstellen. Wir wollen sogar deutlich mehr machen, wenn das Zinsniveau so bleibt, wie es ist. Aber wir sind auch pragmatisch.­ Selbst, wenn ich beschließe, 25 Prozent in Private Equity zu investieren, vergehen­ 15 Jahre, bis das umgesetzt ist. Eine solche Steigerung bedeutet Investments von zweieinhalb Milliarden Euro. Und vergessen Sie nicht, dass wir wachsen. Bis 2030 wären es vier Milliarden Euro, die wir netto in Private­ Equity investieren müssten.

Ihr Haus gilt seit jeher als aktienfreundlich. Daran­ wird sich also nichts ändern?
Ja! Das ist aber auch ein Diskussionsprozess. Auf der einen Seite haben wir aktuell eine recht hohe Aktienquote von rund 25 Prozent. Auf der anderen Seite wissen wir, dass der Wirtschaftszyklus schon sehr weit voran­geschritten ist.
In der Kapitalallokation ist es derzeit ein Relative-­Value-Spiel. Aktien sind relativ zu Renten attraktiv. Aktien absolut gesehen­ sind im historischen Kontext un­attraktiv. Wir sind also nicht wirklich euphorisch, was Aktien betrifft. In der zurück­liegenden Periode waren­ wir bei Aktien leicht untergewichtet. Das haben wir Richtung Neutralität zurückgeführt und fangen an, leicht überzu­gewichten.

Was halten Sie von Smart Beta oder Faktor-­Investing?
Wir sind da skeptisch. Natürlich glauben wir, dass es innerhalb des Aktienmarktes bestimmte Risikoprämien gibt. Value und Growth sind am besten erforscht. Meinet­wegen nehmen Sie auch noch Momentum hinzu. Aber darüber hinaus sind wir sehr skeptisch. Man muss immer zwischen dem unterscheiden, was tatsächlich eine Prämie ist, und dem, was nachher ein Produkt ist. Wir wollen uns Risiken am Kapitalmarkt einkaufen, keine Produkte.
Was unsere Strategieauswahl betrifft, sind wir absolut pragmatisch. Wir haben beispielsweise eine Dividendenstrategie. Diese überzeugt, auch wenn sie nicht in jedem Umfeld trägt. Wir haben auch eine Volatilitäts­strategie, die ebenfalls nicht in jedem Umfeld trägt, aber funktioniert, wie sie sein soll. Was wir uns außerdem vorstellen können, ist, klare Strategie-Tilts in unseren Managerauswahlprozessen im Aktienbereich stärker zu forcieren. Das heißt beispielsweise, Value mit Growth zu kombinieren, um so unkorreliertes Alpha der Manager zu erhalten.

Wie sind Sie bei Aktien regional aufgestellt?
Wir sind in Europa, den USA und auch in den Emerging Markets investiert und haben jeweils mehrere Manager auf den Kontinenten beschäftigt, auch für Emerging Markets. Wie gesagt: Wir verstehen uns als Fund-of-Funds-Manager und nicht nur als Selektor von Managern.

Wie gut sind die Reportings Ihrer Manager in der Vergleichbarkeit der Kennzahlen?
Die Reportings werden in unsere Middle-­Office-Schnittstelle geliefert, wir haben somit Zugriff auf sämtliche Kapitalanlagenbestände.­ Das haben wir analog auch bei Private Equity eingeführt.
Das heißt, wir können das Port­folio so auswerten, wie wir es wollen. Wir schauen uns auch die Performance-Daten an und messen diese nach. Wir machen eigene Attributionsanalysen und sind somit recht unabhängig von den Analysen der Manager. Das führt zu spannenden Diskussionen. Teilweise­ trennt sich hier die Spreu vom Weizen.­

Im Zweifelsfall wird also ein Manager ausgetauscht.
Ja, wir führen quasi ein Logbuch über jeden Manager. Daran sehen wir, ob das, was die Manager machen, konsistent ist. Zum Beispiel­ haben wir Value-Manager, die in der Vergangenheit einiges an Under­performance geliefert haben. Aber sie waren konsistent im Investmentstil. Es wäre falsch, sie deswegen zu entlassen.

Ich habe von ein paar Investoren gehört, dass sie den ganzen Tag telefonieren könnten, weil immer irgendein­ Sales anruft, der ein ­Produkt verkaufen möchte. Kennen Sie das?
Mich wundert, dass ein solcher Druck auf der Sales-Seite herrscht. Denn die Assets under Management sind massiv gewachsen. Dies hat die Gebührenreduktion, die überall zu spüren ist, deutlich überkompensiert. Wir wissen, wann wir etwas am Markt suchen. Wenn bei uns ein Sales anruft, sagen wir ihm, was wir in der Pipeline haben und zu welchem Zeitpunkt er uns zu bestimmten Themen ansprechen kann. Beispielsweise schauen wir uns aktuell US-Aktien an. Das könnte ein Thema für 2017 werden. Dann ­sagen wir den Managern, dass Sie sich im ersten­ Quartal nochmal melden können. Im Bereich Immobilien­fonds haben wir einen rollierenden Prozess. Derzeit sind wir in der Due Diligence für ein, zwei Produkte. Das heißt, momentan nehmen­ wir zwar Produkte in unsere Datenbank auf, mehr aber nicht. Diese Vorgehensweise hilft. Deswegen habe ich nicht mehr so viele Anrufe.

Von Kerstin Bendix

portfolio institutionell, Ausgabe 02/2017

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