Schwarzer Schwan
9. Juni 2017

Farm der Tiere in Wolfsburg

Martin Winterkorn hat gezeigt, wie man in der Top-Etage bei Volkswagen kräftig absahnt. Bernd Osterloh zieht nach und setzt die Benchmark für Betriebsräte.

Wenn der Waffenhändler und Playboy sowie nun frisch verblichene Adnan Khashoggi jetzt an die Himmelspforte klopft, kann er Petrus ein beachtliches Zahlenwerk vorlegen: eine Yacht, die er einst an einen gewissen Donald Trump verkaufte, mit (laut Wikipedia) Garage für einen Rolls-Royce Phantom V, mit einem bordeigenen Hubschrauber und 40 Mann Besatzung sowie zwei Ehefrauen und elf Haremsdamen. Aber auch unter qualitativen Gesichtspunkten ist das Lebenswerk des Milliardärs nicht hoch genug zu würdigen: Khashoggi war einer der bedeutendsten Impulsgeber, Innovatoren und Schrittmacher für den internationalen Jetset und dessen Amüsement. Hut ab!
In Deutschland funkeln die Statussymbole der oberen 10.000 dagegen nicht ganz so schrill. Was ist schon ein beheizter und 60.000 Euro schwerer Koi-Karpfenteich, den der Volkswagen-Konzern für das Amüsement seines ehemaligen Vorstandsvorsitzenden, Dr. Martin Winterkorn, installierte, im Vergleich mit elf Haremsdamen? Überhaupt geht man mit seinen Vermögensverhältnissen als VW-Angestellter nicht ganz so offen um, selbst wenn man Teil des absoluten VW-Jetsets ist: dem VW-Betriebsrat. „Gebauer, wo bleiben die Weiber?“, so die anscheinend übliche launige Begrüßung des ehemaligen Personalmanagers Klaus-Joachim Gebauer durch Arbeitnehmervertreter, wenn für diese wieder einmal wichtige Dienstreisen fernab von Wolfsburg anstanden. Volkswagen hat eben zwei Probleme: Auspuff und Puff.
Apropos Auspuff: Ebenso verdruckst, wie der Konzern auf die „Diesel-Thematik“ reagiert, vollführt der Betriebsratsvorsitzende Bernd Osterloh nun einen Eiertanz um sein Einkommen. Früher verkündete Osterloh mit staatstragender Miene, dass er den Kolleginnen und Kollegen die Höhe seines Gehalts immer erklären können müsse, er mit sich im Reinen und es wichtig sei, „mit meinem Gehalt keinen Neid auszulösen“, wie „Die Zeit“ notierte.
Seine Entlohnung, so Osterloh 2005, liege mit 6.500 Euro brutto im Monat auf der niedrigsten Stufe des Abteilungsleitergehalts. Unter dem Druck staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen, ob nicht wieder –  wie früher –  das Management zu hohe Aufwandsentschädigungen für Mitglieder des VW-Betriebsrats genehmigt habe beziehungsweise ob Arbeitnehmervertreter von der Arbeitgeberseite „gekauft“ wurden, stufte Osterloh seine Vergütung zunächst auf dem Niveau eines Leiters im Personalwesen, dann wie ein Bereichsleiter ein. Tatsächlich blieben bei ihm in Spitzenjahren inklusive Boni Gagen von bis zu 750.000 Euro hängen. 
Bei den Arbeitern am Band dürften ob dieser Aufwandsentschädigung natürlich einige Fragen aufkommen. Warum erhält ihr oberster Vertreter eigentlich einen Bonus vom Management? Ist Wolfsburg vielleicht der reale Schauplatz der Farm der Tiere von George Orwell? Vielleicht hoffen die Arbeiter aber auch, dass Osterloh diese Affäre beruflich überlebt. Schließlich hat er es offenbar nicht mehr nötig, sich die Taschen zu füllen, sein Nachfolger allerdings schon.
Auch die Gewerkschaftsvertreter in anderen Unternehmen werden Osterloh die Daumen drücken. Gilt doch Volkswagen als Musterbeispiel dafür, wie Mitbestimmung im Betrieb zum Vorteil aller Beteiligten funktioniert. Da sollte die Gage von Osterloh doch auch die Benchmark für Betriebsräte in anderen Unternehmen sein. 
In diesem Sinne wünscht Ihnen die Redaktion von portfolio institutionell ein richtig schönes Wochenende. 
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