Banken
21. September 2015

Genug Speck angesetzt

Deutsche Kreditinstitute sind widerstandsfähig gegenüber Belastungen aus dem Niedrigzinsumfeld, zeigt eine Studie der Bundesbank und Bafin. Trotzdem sind die Aufsichtsbehörden besorgt. Eine Ausweitung der durchschnittlichen Restlaufzeit im Eigengeschäft führt zu höheren Kreditausfall- und Marktrisiken. Nicht alle sind ausreichend gerüstet.

Die Bundesbank ist besorgt. Ihre Sorge gilt den rund 1.500 kleineren und mittelgroßen Kreditinstituten hierzulande, deren Ertragslage und Widerstandsfähigkeit die Bundesbank jüngst gemeinsam mit der Bafin untersucht hat. Bei dieser Umfrage habe sich gezeigt, dass die anhaltend niedrigen Zinsen die deutschen Kreditinstitute in allen abgefragten Szenarien über einen Zeitraum von fünf Jahren deutlich belasten. „Wir beurteilen die Ergebnisse in allen abgefragten Zinsszenarien als durchaus besorgniserregend“, erklärte der für die Bankenaufsicht zuständige Vorstand der Deutschen Bundesbank, Andreas Dombret. Das gelte besonders bei konstanten oder sinkenden Zinsen und sogar beim Szenario eines Zinsanstiegs. „Angesichts dieser Ergebnisse wäre ein Aussitzen der derzeitigen Lage für die befragten Kreditinstitute verantwortungslos, für manche davon ja sogar gefährlich“, sagte Dombret weiter. Daher gelte es, auf Seiten der Banken frühzeitig Gegensteuerungsmaßnahmen zu ergreifen.
Die Studie hat allerdings auch gute Nachrichten parat. „Die meisten Banken haben mittlerweile genügend Speck angelegt, um die Niedrigzinsphase überstehen zu können“, erklärte Raimund Röseler, Bafin-Exekutivdirektor Bankenaufsicht. Die meisten Institute seien angesichts des vorhandenen Überschusskapitals und verfügbarer stiller Reserven widerstandsfähig gegenüber den Belastungen aus dem Niedrigzinsumfeld. „Wir werden dafür sorgen, dass die Reserven für den Krisenfall auch zur Verfügung stehen. Wenn es im Einzelfall notwendig ist, werden wir dazu geeignete Maßnahmen ergreifen“, führte Röseler weiter aus
Die Erhebung, an der die 21 großen deutschen Institute, die unter der direkten Aufsicht der Europäischen Zentralbank stehen, nicht teilnahmen, basiert auf fünf Zinsszenarien: Zum einen wurden institutseigene Plan- und Prognosedaten erhoben. Zum anderen mussten die Kreditinstitute für vier vorgegebene Zinsszenarien Ergebnis-Simulationen durchführen. Dabei zeigt sich, dass die Kreditinstitute mit Blick auf die zunehmenden Belastungen durch das Niedrigzinsumfeld bis 2019 im Aggregat damit rechnen, dass die Ergebnisse vor Steuern um rund 25 Prozent sinken werden – und das trotz derzeit günstiger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen sowie geplanter Kostensenkungen. Bei zwei von vier der vorgegebenen Zinsszenarien gehen die Ergebnisse im Aggregat um mehr als 50 Prozent zurück, bei einem davon sogar um 75 Prozent (siehe Grafik). Das Ergebnis zeige außerdem, dass mit einem deutlichen Rückgang der Ergebnisse zu rechnen ist, wenn das Niedrigzinsumfeld weiter anhält. Dies ist im Wesentlichen auf den Rückgang der Margen auf der Passivseite zurückzuführen, zum Beispiel bei den Spar- und Sichteinlagen.
Um die Auswirkung einer Verschlechterung der Kreditqualität auf die Kapitalausstattung der Kreditinstitute abzuschätzen, wurde die Umfrage um Kredit- und Marktrisiko-Stresstests ergänzt. Dabei wurde deutlich, dass die Institute seit 2011 in geringem Umfang risikoreichere Anlagen im Bestand haben und ihre durchschnittliche Restlaufzeit im Eigengeschäft ausweiten. Dadurch kommt es zu höheren Kreditausfall- und Marktrisiken. Bei den meisten Kreditinstituten seien jedoch ausreichend stille Reserven vorhanden, um die Stresseffekte sowohl beim Kreditausfall- als auch beim Marktrisiko abfedern zu können.
Die deutsche Aufsicht kündigte an, besonders anfällige Kreditinstitute einem intensiven Monitoring zu unterziehen und – wenn notwendig – Maßnahmen zu ergreifen, um deren Widerstandsfähigkeit zu stärken. Für die Institute gilt: Sie müssen mittel- bis langfristig ihre Strategien auf den Prüfstand stellen, vor allem Häuser mit zinslastigen Geschäftsmodellen.
portfolio institutionell newsflash 18.09.2015/Kerstin Bendix

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