Versicherungen
16. Dezember 2016

Gestresste Versicherer

Europas Versicherer tragen ein Risiko von 160 Milliarden Euro. Dies zeigt der jüngste Stresstest von Eiopa.

Die Versicherungsbranche steht vor großen Herausforderungen: hohe Kosten für Regulierung und Digitalisierung einerseits und magere Einnahmen aufgrund der Zinspolitik der Europäischen Zentralbank andererseits. Ob die Assekuranz langfristig auch unter extremen Bedingungen in der Lage sein wird, ihren Verpflichtungen nachzukommen, hat die europäische Aufsichtsbehörde Eiopa getestet. Die Ergebnisse des jüngsten Stresstests wurden gestern Abend veröffentlicht – und die sind durchaus ernüchternd.
Im derzeitigen Umfeld geht es den 236 getesteten Versicherungen aus 30 Ländern, darunter 20 aus Deutschland, noch gut. Das Solvency Capital Requirement (SCR) liegt im Schnitt bei 196 Prozent. Mehr als 70 Prozent schafften mehr als 160 Prozent. Nur zwei Versicherungen liegen unter 100 Prozent. Um wen es sich dabei handelt, verriet Eiopa nicht. Ein Blick nach Deutschland zeigt, dass die teilnehmenden Versicherer die Solvabilitätskapitalanforderungen mehr als erfüllen. Sie kommen im Schnitt auf eine Quote von 272 Prozent. Wenn jedoch die gesamte Longterm Guarantee (LTG) und die Übergangsregeln nicht einbezogen sind, sieht das Bild schon deutlich schlechter aus. Die SCR-Quote fällt im Schnitt auf 136 Prozent. Mit 145 Prozent stehen die deutschen Versicherer ein wenig besser da.
Doch was passiert, wenn Stress aufkommt? Eiopa hat in ihrem Test dafür zwei Szenarien eingebracht: zum einen das sogenannte „low for long“, das von einer lang anhaltenden Niedrigzinsphase ausgeht, und zum anderen der sogenannte „double hit“, bei dem ein Doppelschlag aus Niedrigzins und Preisverfall bei Aktien, Immobilien und Währungen erfolgt. Beim ersten Szenario fällt der Wert der Anlagen im Vergleich zu den Verpflichtungen um rund 100 Milliarden Euro. Immerhin 16 Prozent der untersuchten Versicherer würden mehr als ein Drittel ihrer Assets gegenüber den Liabilities verlieren. Ohne die Übergangsregeln und LTG wären es sogar 25 Prozent.
Noch schlechter sieht es im zweiten Szenario aus. Bei einem Doppelschlag wären die negativen Auswirkungen auf die Bilanz mit 160 Milliarden Euro noch größer. Hier würden bereits 40 Prozent der Versicherer mehr als ein Drittel ihrer Assets gegenüber den Verpflichtungen verlieren. Gäbe es keine Übergangsregeln und LTG, wären fast 70 Prozent von einem derartigen Verlust betroffen.
„Die Ergebnisse des diesjährigen Stresstests bestätigen die signifikanten Herausforderungen, denen der europäische Versicherungssektor im gegenwärtigen makroökonomischen Umfeld gegenübersteht“, kommentierte Eiopa-Chef Gabriel Bernardino die Ergebnisse.
portfolio institutionell newsflash 16.12.2016/Kerstin Bendix

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