Traditionelle Anlagen
5. November 2012

Gothaer: Taktische Steuerung geht vor reine Strategie

Nach Ansicht der Versicherung sollten in den Geldanlagen verstärkt kurzfristige Trends ausgenutzt werden. Langfristig werde Europa die Krise überwinden. Auch Dr. Wolfram Gerdes von der KZVK in Dortmund glaubt an Europa und spricht sich gegen ein Denkverbot gegenüber italienischen und spanischen Staatsanleihen aus.

Versicherungen müssen ihre Vermögen aufgrund des anhaltenden Krisenmodus verstärkt taktisch steuern. Rein strategische Vorgaben sind in Zeiten volatiler und instabiler Märkte nicht mehr zielführend. Diese Auffassung vertritt der Gothaer Versicherungskonzern, der rund 22,9 Milliarden Euro an Kapitalanlagen verwaltet. In erste Linie gehe es darum, kurzfristige Trends auszunutzen. Zugleich warnt der Konzern jedoch davor, bei der Geldanlage nur auf kurzfristige Anlagen zu setzen. „Für einen Zeitraum von weniger als fünf Jahren können Anleger ihr Geld derzeit lediglich parken, nicht anlegen“, erklärte Christof Kessler, Vorstandssprecher der Gothaer Asset Management, die als Tochtergesellschaft alle zum Versicherungskonzern gehörenden Assets managt.
Bei der Gothaer ist man davon überzeugt, dass die endgültige Überwindung der realökonomischen Krise in der Eurozone noch zehn bis 20 Jahre dauern kann. Für Kessler ist die Krise ein gordischer Knoten, der sich nicht mit einem Schlag lösen lässt. Voraussetzung für das Ende der Krise sei, dass die einzelnen Staaten ihre Haushalte in Ordnung bringen. Auf einem guten Weg bei der Sanierung ihrer Haushalte sieht die Gothaer Irland und Italien. So benötige Italien beispielsweise ein Nominalwachstum von 1,7 Prozent, um seinen Haushalt auszugleichen, was nach Ansicht der Versicherung ein durchaus realistischer Wert ist. Weniger optimistisch sieht Kessler unterdessen die Zukunftsaussichten von Spanien: „Wir befürchten, dass das Land aufgrund seiner strukturellen Probleme mittelfristig auf den Status Non-Investment-Grade heruntergestuft wird.“ 
Italien und Spanien ins Portfolio
Auch Dr. Wolfram Gerdes, Vorstand von den kirchlichen Versorgungskassen KZVK und VKPB in Dortmund, verteufelt die südeuropäischen Länder, allen voran Italien, nicht. Während der Podiumsdiskussion auf den portfolio masters Mitte Oktober sagte er: „Europa kommt über den Berg, wenn wir alle damit anfangen, unsere eigene Zukunft zu kaufen.“ Natürlich müsse man auf das Risiko achten, weshalb er nur sehr moderat in diesen Regionen investiert, aber irgendeiner müsse den Anfang machen. Gerdes wies daraufhin: „Die EZB sagt seit zwei Jahren, dass sie dagegenhält und Europa zum Überleben bestimmt ist. Wie lange muss ich mich einladen lassen?“ In Portfolien, in denen große Positionen in Russland, Brasilien und China drin sind, dürfe es nach Ansicht von Gerdes kein Denkverbot für Spanien und Italien geben.
Seine Fürsprache gilt in erster Linie den kurzen Laufzeiten, die im Vergleich mit Deutschland in der Verzinsung deutlich attraktiver sind. „Eine italienische Staatsanleihe mit zwei bis drei Jahren Laufzeit bringt Ihnen so viel wie deutsche Staatsanleihen in zehn Jahren“, merkte Gerdes an. Zwar sei das Risiko, dass Italien in den nächsten zwei bis drei Jahren Pleite geht, zweifellos da. Allerdings hält er es für viel wahrscheinlicher, dass es Italien und den Euro auch noch in drei Jahren gibt. Für längere Laufzeiten lässt sich Gerdes aber derzeit nicht begeistern: „20 Jahre Italien – da wäre ich noch nicht mutig genug.“             
portfolio institutionell newsflash 05.11.2012/kbe

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