Schwarzer Schwan
11. Mai 2018

Grün vor Gram

Pater Anselm Grün hat über Jahre hinweg Geld an der Börse angelegt. Und dabei auch den einen oder anderen Hebel genutzt.

Die vergangenen Tage wird Anselm Grün so schnell wohl nicht vergessen. Jener Anselm Grün, der im Zuge seiner Laufbahn die betriebswirtschaftliche Seelsorge als Steckenpferd für sich entdeckt und unzählige spirituelle Bücher verfasst hat. Mehr als 35 Jahre lang war Grün für die wirtschaftlichen Belange der Abtei Münsterschwarzach zuständig und hat neben seinem Hang zum Schreiben auch mal mehr und mal weniger erfolgreich Millionen angelegt. Nachdem der Benediktinerpater den Kapitalmarktexperten der Illustrierten „Bunte“ nun aber anvertraut haben soll, dass er als Finanzchef der Abtei in der Finanzkrise rund zehn Millionen Euro an der Börse verloren habe, ist die Welt des Rauschebarts, der sogar als Manager Coach gefragt ist, aus den Fugen geraten. 
Auf die Frage, ob die Mitbrüder wegen der Verluste ein wenig unentspannt gewesen seien, sagte der katholische Ordenspriester: „Na ja, ein wenig.“ Laut „Bunte“ weiß nun auch alle Welt nicht nur, dass der 1945 als Wilhelm Grün geborene Träger des Bundesverdienstkreuzess sich Geld bei einer Bank geliehen und an der Börse angelegt habe, sondern auch, dass er „an typischen Ökologie-Unternehmen wie etwa Solarworld“ Geld verloren hat.
Offenbar haben aber die Edelfedern der Bunten aus dem Gespräch weniger über Portfoliomanagement gelernt als der Pater über Pressearbeit. Im Nachgang des Interviews fühlt Grün sich nämlich falsch behandelt: „Ich bin sehr ärgerlich, dass die ‚Bunte‘ das Interview mit Nina Ruge, das um den Weg zur inneren Zufriedenheit kreiste, dazu benutzt hat, auf einmal die Aussagen über Geld, die nach dem Interview stattfanden, so reißerisch aufzumachen“, wehrt sich Grün. Er habe jedenfalls keine Millionen „verzockt“, schrieb der Benediktinerpater am Dienstag dieser Woche auf Facebook, wie das in der Presse widergespiegelt wurde. 
Er habe gegenüber der Illustrierten lediglich gesagt, dass aufgrund der weltweiten Finanzkrise im Jahr 2008 auch das Depot der Abtei „für einige Zeit im Minus“ gewesen sei. „Das ist jedem Vermögensverwalter so passiert. Aber nach zwei Jahren war alles wieder ausgeglichen“, so der Benediktinerpater mit einem Hang zum Hebel. Er habe in seiner Zeit als Finanzchef von Münsterschwarzach „sehr erfolgreich das Geld für die Abtei angelegt und dadurch die Möglichkeit geschaffen, unser Ökoprojekt zu finanzieren und die Schule zu finanzieren“, betonte Grün weiter. Entscheidend sei das langfristige Ergebnis der Geldanlagen; dass einzelne Posten zwischendurch ein Minus einbrächten, sei normal. „Aber wenn die Anlagen gut gestreut sind, besteht da keine Gefahr“, erklärte der Benediktinerpater, der nun offenbar einen Crashkurs in Krisen-PR genommen hat.
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