Schwarzer Schwan
7. Juni 2012

Ein Cavaliere unter Hausarrest

Lesen Sie in dieser Ausgabe des Schwarzen Schwan der Woche, welche Machenschaften in höchsten Bankenkreisen Italiens vor nicht allzu langer Zeit an der Tagesordnung gewesen sein sollen.

Kennen Sie Massimo Ponzellini? Nein? Das in diesen Tagen eine gravierende Bildungslücke! Massimo Ponzellini (Jahrgang  1950) soll in der italienischen Hochfinanz als ehemaliger Präsident der börsennotierten Banca Popolare di Milano (BPM), der Volksbank von Mailand, ein ganz großes Rad gedreht haben, das nun die italienische Bankenlandschaft überrollt.
Die Mailänder Staatsanwältin Cristina Di Censo wirft dem einstigen Banker und einigen seiner Mitarbeiter eine happige Liste von Vergehen vor, die ein überaus schlechtes Licht auf Ponzellini, aber auch auf das südeuropäische Land an sich werfen. Angefangen bei Korruption über Betrug und Veruntreuung öffentlicher Gelder bis hin zu Geldwäsche und Ausstellung falscher Rechnungen reicht die Latte. Grund genug, Ponzellini unter Hausarrest zu stellen.
Während seiner Zeit als Präsident bei BPM soll Ponzellini zwischen 2009 und 2011 rund 5,7 Millionen Euro veruntreut haben, indem er „Finanzierungen“ seiner Freunde erleichtert haben soll. Presseberichten zufolge soll der Protagonist mit einer Handvoll Vertrauter eine eigene „Kreditabteilung“ bei der Bank aufgebaut haben, um Vertretern von Politik und Wirtschaft Darlehen zukommen zu lassen. 
Korruption? Kann doch gar nicht sein! Der Mann ist schließlich „Cavaliere“ – also eine mit dem Verdienstkreuz der Republik Italien ausgezeichnete Persönlichkeit. Moment mal. Cavaliere, da war doch was? Richtig: Ponzellini soll mit Paolo Berlusconi befreundet sein, dem Bruder von Bunga-Bunga-Ikone Silvio, der bekanntermaßen der Korruption gänzlich unverdächtig ist.
Gerade im Hinblick auf den Präsidenten sollte sich Deutschland aber jede pikierte Mahnung verkneifen. Ex-Bundespräsident Wulff („Meine Sponsoren gehören auch zu Deutschland“) hat schließlich auch mit privaten Umtrieben für Schlagzeilen gesorgt. Und warum sollte sich eine italienische Volksbank nicht auch am Umgang mit öffentlichen Geldern und hilfsbereiten Finanzierungen an manchen deutschen Landesbanken orientieren? Eine einheitliche Fiskalpolitik in Europa? Deutschland und Italien machen es vor.
Heute ist Ponzellini, der im Alter von 54 Jahren zum Chef der Europäischen Investitionsbank avancierte und nur drei Jahre (2009) später im Präsidium von BPM anheuerte, ein Schatten seiner selbst. Die markante schwarze Brille sitzt zwar adrett wie eh und je, allerdings ist er aufgrund der gegen ihn im Mai eingeleiteten Ermittlungen geschwächt und trat jüngst von seinem Posten als Präsident der Baugesellschaft Impregilo zurück. Dem Unternehmen zufolge stehen die Gründe für den Rückzug in engem Zusammenhang mit den gegen Ponzellini erhobenen Vorwürfen. Er möchte das Unternehmen aus der Schusslinie nehmen und ihm die Möglichkeit geben, „weiterhin mit großer Transparenz in allen Märkten zu arbeiten“, heißt es in einer Mitteilung. Wie nett von ihm, aber auch sehr pragmatisch. Denn wer unter Hausarrest steht ist bei der Wahrnehmung leitender Funktionen auch etwas eingeschränkt.
Massimo Ponzellini und portfolio wünschen Ihnen ein entspanntes Wochenende. Hoffentlich nicht nur in den eigenen vier Wänden.
Autoren:

In Verbindung stehende Artikel:

Schreiben Sie einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert