Pensionskassen
13. Juni 2016

Neue Leben Pensionskasse: Zinsentwicklung nicht ignorieren

Die Neue Leben Pensionskasse senkt ab 2017 für einen Teil der Arbeitnehmer den Rechnungszins und damit die künftige Leistung. Über die Hintergründe und Fakten sprach portfolio mit Dennis Weiß, Leiter Marketing und Vertriebskonzepte der Neue Leben Versicherungen.

Herr Weiß, stimmt das überhaupt, dass aus laufenden Verträgen (Bestand) der Garantiezins auf 1,25 Prozent ab 2017 gesenkt wird?
Die Bedingungen sehen für die betroffenen Verträge keine Zinsgarantie vor. Richtig ist, dass der Rechnungszins für die Zukunft gesenkt wird. Zum 1. Januar 2017 werden bei einem Teilbestand – dem regulierten Bestand – die Rechnungsgrundlagen für zukünftige Beiträge angepasst. Kunden erhalten somit ausschließlich für Beiträge, die ab dem 1. Januar 2017 gezahlt werden, neue Rechnungsgrundlagen, die einen niedrigeren Rechnungszins (1,25 Prozent) beinhalten als die alten Rechnungsgrundlagen (3,25 Prozent beziehungsweise 2,75 Prozent). Bestehende Guthaben und laufende Renten sind nicht betroffen.
Was ist mit reguliertem Bestand gemeint?
Wir sind 2002 als regulierte Pensionskasse gestartet. Damals ließ sich die neu eingeführte und staatlich geförderte Entgeltumwandlung nur über Pensionskassen oder Pensionsfonds bewerkstelligen. Die Sozialabgabenfreiheit für den Beitrag galt damals nicht für die Direktversicherung. Daher gründeten viele Lebensversicherer eigene Pensionskassen. Dieser Nachteil wurde später beseitigt, so dass für Neuabschlüsse ab 2005 auch die Direktversicherung in den Genuss der vollen Förderung kam (nach Paragraf 3 Nr. 63 EStG).
Welche Konsequenzen hatte das für die NLP?
Wir verfügen heute über einen regulierten Bestand (Verträge von 2002 bis 2005) und einen deregulierten Bestand (Verträge ab 2006). Ab 2006 wurden alle neuen Lebensversicherer-Pensionskassen dereguliert (nach Paragraf 118b VAG), auch die Neue Leben Pensionskasse. Durch die Deregulierung wurde sie einem „normalen" Lebensversicherer gleichgestellt und muss die strengen Solvabilitäts-Anforderungen und weitgehende Informationspflichten gegenüber der Bafin erfüllen, sich aber keine Tarife und Versicherungsbedingungen mehr genehmigen lassen. Wir sind als Pensionskasse auch freiwillig dem gesetzlichen Sicherungsfonds beigetreten. 
Das klingt alles kompliziert. Was genau ist jetzt mit dem regulierten Bestand passiert?
Die Anpassung der Rechnungsgrundlagen für zukünftige Beiträge ab 2017 mit Genehmigung der Bafin betrifft nur die Verträge im regulierten Bestand. Für sie gilt: Tarife, Rechnungsgrundlagen, Bedingungen sowie eventuelle Änderungen müssen grundsätzlich durch die Bafin genehmigt werden. Die Möglichkeit, die Rechnungsgrundlagen zu ändern, sehen die Versicherungsbedingungen dieser Verträge explizit vor, und die entsprechende Zustimmung hat die BaFin erteilt.  
Das stimmt: In der „Marktübersicht Pensionskassen in Deutschland”, die im Versicherungsjournal-Verlag Ende 2004 erschienen war, hatte die NLP offen und ehrlich geantwortet: „Tarifanpassungen sind mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde möglich für Leistungen aus künftigen Beitragszahlungen.“ Wo genau ist das geregelt?
Die Anpassung ist in den Besonderen Bedingungen für die Rentenversicherung geregelt (Paragraf 1 Absatz 1): „Bei der Ermittlung der versicherten Rente werden die zum jeweiligen Beitragszahlungszeitpunkt gültigen und von der Aufsichtsbehörde genehmigten rechnungsgrundlagen zugrunde gelegt.“ Das wurde auch im jeweiligen Versicherungsschein zur Erklärung der versicherten monatlichen Altersrente vermerkt.
Wie ernst ist die Lage und warum erfolgt dieser Schritt gerade jetzt?
Betroffen sind rund die Hälfte unserer Verträge, die allesamt bis 2005 abgeschlossen worden waren und nun neu justiert werden. Um vorausschauend das gesamte Versicherungskollektiv in einer wahrscheinlich länger andauernden Niedrigzinsphase nachhaltig zu schützen, hat der Vorstand diese Entscheidung getroffen. Wir sind zwar stabil und sicher aufgestellt, können aber die Zinsentwicklung nicht ignorieren. Auf die schwere Belastung des klassischen Geschäftes durch die Niedrigzinsphase haben wir frühzeitig reagiert und interne Maßnahmen umgesetzt, darunter die ohnehin niedrigen Kosten unserer Pensionskasse um weitere rund 30 Prozent gesenkt und die Eigenmittel gestärkt. Unter anderem werden Jahresüberschüsse seit 2012 nicht an die Aktionäre ausgeschüttet, sondern zur Stärkung der Eigenmittel verwendet. Die Überschussbeteiligung wurde sukzessive angepasst, wie bei anderen Pensionskassen auch. Die Anpassung der Rechnungsgrundlagen trägt als nächster Schritt dazu bei, das Versichertenkollektiv langfristig bestmöglich zu sichern. Dies ist im Interesse jedes Einzelnen.
Warum schrumpfte bei der NLP gerade 2006 der Umsatz?
Aufgrund neuer Gesetze fielen regulatorische Vorteile der Pensionskasse im Vergleich zur Direktversicherung für Versicherungsnehmer weg, insbesondere die Beitragsfreiheit in der Sozialversicherung für die Entgeltumwandlungsbeträge. Dadurch ging das Neugeschäft der Pensionskassen insgesamt im Markt zurück. Im Zusammenhang mit den hohen Anlaufkosten für die Gründung von Pensionskassen und den politisch motivierten Niedrigzinsen litt das Preis-Leistungsverhältnis nachhaltig, wobei immer noch ein ordentliches Ergebnis erreicht wird.
Die Garantierente sinkt demnach im Schnitt um 16 Prozent!
Bei den betroffenen Verträgen gibt es keine garantierte Rente. Die Zusagen haben stets auf eine versicherte Rente abgestellt, damit dem Äquivalenzprinzip zwischen Beitrag und Leistung der Pensionskasse Rechnung getragen werden kann. Richtig ist, dass die versicherte Rente bei dem durchschnittlich betroffenen Bestandskunden um 16 Prozent (entspricht 36 Euro) niedriger ist als unter den bisherigen Rechnungsgrundlagen.
Bedeutet das eine Nachschusspflicht in adäquater Höhe für die betroffenen Arbeitgeber?
Die Zusage an den Arbeitnehmer sah in den konkreten Fällen von Beginn an eine Berechnung der versicherten Rente mit den jeweils bei Beitragszahlung aktuellen, von der Bafin genehmigten Rechnungsgrundlagen vor. Arbeitgeber haften nur dann, wenn zwischen der arbeitsrechtlich zugesagte Leistung und der tatsächlichen Leistung des externen Versorgungsträger eine Differenz entstehen würde. Die von der NLP vorgeschlagenen Dokumente, insbesondere die Entgeltumwandlungs-Vereinbarungen, verweisen auf die Versicherungsbedingungen. Daher hat der Arbeitgeber nichts anderes zugesagt, als in unseren Versicherungsbedingungen steht, und durch die Anwendung der aktuellen Rechnungsgrundlagen entsteht keine Differenz. Insgesamt sind rund 10.000 Arbeitgeber betroffen.
Was raten Sie betroffenen Arbeitnehmern?
Eine pauschale Empfehlung ist schwierig, da dies von individuellen Faktoren wie Laufzeit des Vertrags oder Höhe des Beitrags abhängt. Arbeitnehmer können frei entscheiden, ob sie ihren Vertrag wie bisher oder mit herabgesetzten Beiträgen oder beitragsfrei fortführen wollen oder einen anderen Durchführungsweg möchten. Aufgrund unserer herausragend niedrigen Kostenquote sind wir auch mit 1,25 Prozent Rechnungszins sehr wettbewerbsfähig, zumal der gesetzlich festgelegte Rechnungszins für Neuverträge ab 2017 wahrscheinlich auf 0,9 Prozent sinkt. 
Das Interview führte Detlef Pohl.
Mehr zu diesem Thema und der Frage, wie gefährdet Deutschlands Pensionskassen angesichts des anhaltenden Niedrigzins sind, können Sie in der Juni-Ausgabe von portfolio institutionell lesen, die am 24. Juni erscheint.  
portfolio institutionell newsflash 09.06.2016/Detlef Pohl 
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