Immobilien
7. März 2016

Immobilienfinanzierung erfordert Bescheidenheit

Die Renditeanforderungen an alternative Finanzierungsinstrumente sind 2015 nochmals zurückgegangen, wie eine neue Studie zeigt, in der unter anderem Versicherungen, Pensionskassen und Family Offices befragt wurden. Eine moderate Zinswende wird erwartet.

Der Markt für gewerbliche Immobilienfinanzierung in Deutschland wird sehr aggressiv finanziert. Das ruft Erinnerungen an 2007 wach, ist mit damals aber nicht zu vergleichen. „Der Markt untergliedert sich in den Banken- und Nicht-Bankenmarkt. Gerade diese Player preisen sehr risikoadäquat“, erklärte Professor Dr. Nico Rottke, Partner bei EY Real Estate, mit Blick auf die Ergebnisse der neuen Studie „Capital Radar“, in der die vier Segmente Private Equity und Private Debt (Darlehen im klassischen Sinn sowie Mezzanine-Kapital) sowie Public Equity und Public Debt (nur Anleihen) untersucht wurden. Um mehr Transparenz in den Finanzierungsmarkt deutscher Gewerbeimmobilien zu bringen, wurden Anfang dieses Jahres außerdem 151 Entscheidungsträger von Immobilienfinanzierern befragt, die etwa ein Drittel des Gesamtmarktes von 500 Milliarden Euro repräsentieren. Mit 46 Prozent machten Banken den Großteil der befragten Kapitalgeber aus. Der übrige Teil der Umfrageteilnehmer kam aus Versicherungen, Pensionseinrichtungen, Family Offices und Fonds. 
Wie die erstmalig durchgeführte Studie zeigt, stellt sich der Markt durch den verstärkten Einsatz alternativer Finanzierungsinstrumente auf höhere Beleihungsausläufe ein. Infolgedessen könnte sich das alternative Immobilienkapital verteuern. Laut Rottke gilt dies vor allem für Mezzanine-Finanzierungen, deren Neuemissionstätigkeit 2015 von E&Y auf rund vier Milliarden Euro geschätzt wird. Rund 30 Prozent der Umfrageteilnehmer erwartet hier steigende Renditeanforderungen der Kapitalgeber. Gegenwärtig liegen diese im Schnitt bei 9,5 Prozent, wobei die Spannbreite von 6,7 bis 12,3 Prozent reicht. Eine große Streuung in den Renditeanforderungen zeigt sich auch bei Private Equity und Anleihen. Diese reicht bei Private Equity von neun bis 20 Prozent (Mittelwert: 15,5 Prozent). Bei Anleihen sind es vier bis 15 Prozent (Mittelwert: acht Prozent). 
Diese Werte könnten aber schon bald steigen. Immerhin 39 Prozent der Studienteilnehmer rechnen mit wachsenden Renditeanforderungen im Bereich der immobilienbezogenen Anleihen, was auf eine baldige Professionalisierung des Marktes hindeute. Bereits 2015 sei das Emissionsvolumen deutlich gewachsen, E&Y taxiert das Marktvolumen an Neuemissionen im vergangenen Jahr auf rund 8,3 Milliarden Euro. Die Mehrheit der Befragten ist in diesem Bereich jedoch bisher nicht aktiv.  Dennoch ist Rottke überzeigt: „Der Anleihenmarkt wird professioneller.“ Das werde dieses Segment beflügeln, allerdings nur im Investment-Grade- und Non-Rated-Bereich. Über ein Rating verfügen 60 Prozent der derzeit emittierten und gelisteten Anleihen.     
Mit geschätzten Neuemissionen von rund 80 Milliarden Euro erwiesen sich Senior und Junior Loans als das Finanzierungsinstrument, das von den Studienteilnehmern am aktivsten genutzt wird. In diesem Segment sind fast alle der Befragten aktiv. Die Renditeanforderungen fallen hier recht bescheiden aus. Diese liegen zwischen 0,6 und 4,5 Prozent. Rottke erwartet, dass dieses Segment auch weiterhin den Markt dominieren wird. 
Anders sieht es mit dem  Aktivitätsniveau in puncto Aktienemissionen aus. Hier sind 63 Prozent der Befragten nicht aktiv und weniger als 20 Prozent aktiv. Insgesamt kam der Aktienbereich 2015 auf ein Neuemissionsvolumen von rund drei Milliarden. E&Y erinnert in diesem Zusammenhang daran, dass das vergangene Jahr aufgrund der turbulenten Marktsituation schwierig war. So gab es nur eine erfolgreiche Neuemission und zwei Kapitalerhöhungen sowie drei abgesagte Börsengänge. Die Spannbreite der Renditeanforderungen ist hier recht eng und beläuft sich auf vier bis fünf Prozent. 
Auf ein breites Interesse unter den Studienteilnehmern stoßen Private-Equity-Finanzierungen. Immerhin die Hälfte bezeichnete sich als sehr aktiv oder aktiv in diesem Bereich. 2015 kam dieses Segment auf Neuemissionen in Höhe von rund fünf Milliarden Euro. Einen genaueren Blick auf die verschiedenen Investorengruppen und ihre bevorzugten Finanzierungsinstrumente hat E&Y in der Studie nicht vorgenommen, das sei aber für Nachfolgestudien geplant. Aus seiner Praxis berichtet Rottke, dass Versicherungen tendenziell eher im risikoaverseren Bereich, wie Senior Loans, unterwegs sind, während Family Offices durchaus risikoaffiner seien und im Private-Equity-Segment anzutreffen sind.    
„Der Markt erwartet generell einen Anstieg der Zinsen in diesem Jahr“, nennt Rottke als weiteres Ergebnis der Studie. Bis zu 50 Basispunkte in den verbleibenden zehn Monaten des Jahres 2016 seien denkbar. „Das wäre so etwas wie eine moderate Zinswende. Viele alternative Kapitalgeber spielen in einem solchen Fall das Szenario möglicher Preissteigerungen ebenfalls durch“, fügt er hinzu. Dabei gelte, dass nicht nur Mezzanine- und Private-Equity-Finanzierungen an Verfügbarkeit zunehmen, sondern auch Senior und Junior Loans, zumindest in den am meisten etablierten Nutzungsklassen. Die Verfügbarkeit von Senior und Junior Loans schätzen 65 Prozent der befragten Studienteilnehmer bereits heute als sehr hoch ein, weitere 23 Prozent als hoch. Dennoch erwartet mehr als die Hälfte, dass die Verfügbarkeit künftig noch steigt. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei Mezzanine Loans und Private Equity, deren Verfügbarkeit heute schon mehrheitlich als hoch oder sehr hoch eingeschätzt wird, aber noch weiter steigen wird, wie 55 beziehungsweise 56 Prozent glauben. Bei Aktien- und Anleiheemissionen wird hingegen keine deutliche Veränderung bei der Verfügbarkeit erwartet. Im Fokus stehen Büro, Einzelhandel und Wohnen, dies gaben jeweils über 80 Prozent der Befragten an. Schlusslichter in der Finanzierungsbereitschaft der Kapitalgeber sind Energie- und Freizeitimmobilien. Es dominieren A- und B-Standorte.  
portfolio institutionell newsflash 07.03.2016/Kerstin Bendix
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