21. Oktober 2014

In Sachen Transition Management

Jeder Basispunkt zählt. In Zeiten niedrigster Zinsen ist die Kostenseite zum wichtigen Renditetreiber­ avanciert.­ Immer noch stiefmütterlich behandeln deutsche Institutionelle diesen­ Aspekt­, wenn sie Portfolien umschichten oder Manager austauschen. Mit der richtigen Strategie lässt sich hier jedoch einiges an Basis­punkten einsparen.

Die Roundtable-Diskussion mit Axel Rahn (KZVK und VKPB in Dortmund), Dr. Carl-­Heinrich Kehr (Mercer Deutschland), Peter Loehnert und Markus Taubert (Blackrock) führte Kerstin Bendix. 

Herr Dr. Kehr, wie viele Ausschreibungen in Sachen Transition Management sind bei Mercer­ in letzter Zeit eingegangen? Ist das ein Thema im deutschen institutionellen Markt?
Dr. Carl-Heinrich Kehr:
Wir beobachten, dass institutionelle Investoren hierzulande von Zeit zu Zeit gezielt Transition Manager einsetzen. Konkrete Aktivitäten kann ich aber an wenigen Fingern abzählen. Das könnte bedeuten, dass die Investoren entweder die Auswahl selbst vornehmen oder auf den Einsatz von Transition Managern verzichten. Das wäre­ die Evidenz, die wir dazu haben.

Welche Erfahrung haben Sie als Anbieter von Transition Management gemacht?
Peter Loehnert:
Wir haben in den letzten drei Jahren stetiges Wachstum gesehen – sowohl­ bei der Anzahl der Nachfragen als auch bei den implementierten Projekten. Im Schnitt implementieren wir in Deutschland zwischen zehn und 20 Transitions im Jahr. Der Kundenfokus liegt dabei häufig eher auf größeren Projekten. Im Vergleich zu anderen Ländern, wie den Niederlanden oder Großbritannien, sind dies noch recht kleine Zahlen. Dennoch ist es ein großes Wachstum, schaut man sich an, wo wir vor drei oder fünf Jahren standen. Das Thema hat sich in den vergangenen Jahren stark entwickelt. Allerdings­ gibt es natürlich noch viel Potenzial.­

Herr Rahn, die KZVK in Dortmund hat bereits Erfahrung mit Transition Management gesammelt. Können Sie kurz erklären, bei welcher Transition dies war und wie es zu dieser­ Entscheidung kam?
Axel Rahn:
Bei unserer Transition vor drei Jahren ging es um ein Absolute-Return-Rentenmandat, das in ein US-Corporate-Bonds-Mandat überführt werden sollte. Die abgebende Seite hatte nicht sehr viele Erfahrungen mit US-Corporates, und die US-Corporates-Seite hatte umgekehrt wenig Ahnung von europäischen Unternehmensanleihen. Die Quintessenz war, dass wir mit Blackrock in einen Diskussionsprozess gegangen sind. Auch intern mussten wir das Thema intensiv diskutieren. Wie viel kostet eine Transition? Wie viele Kosten verursacht der Manager? Was haben wir für einen Add-on? Ein wichtiger und entscheidender Punkt war, dass man ein externes Controlling hat. Seitdem begleiten wir fast alle Mandatswechsel im Rahmen von Transition Management.

Sie hatten sich für Blackrock entschieden. Wie lief der Auswahlprozess?
Rahn:
Da bin ich ganz offen und ehrlich: Eine vertiefte Due Diligence gab es damals nicht. Das lag unter anderem daran, dass das Thema für uns schlicht und ergreifend recht neu war. Bis auf Blackrock war uns noch ein anderes Haus bekannt, das als Transition ­Manager agiert. Wichtig bei der Auswahl war für uns die Erfahrung und Größe des Teams und dass der Transition Manager über Kompetenz im Handel verfügt. Außerdem spielte eine Rolle, inwiefern es Interessenkonflikte innerhalb des Hauses gibt.

Was wären aus Sicht eines Consultants die wichtigsten­ Punkte bei einer Due Diligence?
Kehr:
Es wurde eben schon angesprochen. Eine Rolle spielt, wie der Handel organisiert ist, in welchen Märkten der Transition Manager auftritt und welche Möglichkeiten er hat, nicht alles Open Market, sondern per Crossing intern oder mit externen Partnern abzuwickeln. Zudem sollte man prüfen, ob der Transition Manager mit Interessen­konflikten behaftet ist. Jeder, der sich als Transition Manager eignet, ist oft auch im Asset Management tätig. In diesem Zusammenhang kann die Information über eine große Transition einen Zusatznutzen stiften. Das heißt, man muss gezielt darauf achten, dass diese Interessenkonflikte in irgendeiner Form gehandhabt werden. Kosten spielen natürlich auch eine Rolle. Die Frage ist, wie weit man diese im Vorfeld sinnvoll evaluieren kann. Gerade bei komplexen Transitions kann es sich lohnen, vorab verschiedene Vergleichs­angebote einzuholen. Wir haben schon in verschiedenen Fällen Pre-Trade-Analysen gemacht und damit relevante – nicht nur quantitative,­ sondern auch qualitative – Vor- und Nachteile einzelner Anbieter auf den Tisch gebracht.

Rahn: Ich bin vollkommen bei Ihnen. Wenn wir Transition-Mandate vergeben, lassen wir Pre-Trade-Analysen erstellen. Es geht dabei nicht nur um die Kosten und den Implementation Shortfall der jeweiligen Anbieter. Die Analyse zeigt teilweise die unterschied­liche Qualität zum Beispiel in Bezug auf Berechnungsgrundlagen und verwendete Standards. Darüber bekommt man bereits eine Idee, ob der Transition Manager gut arbeitet.
Markus Taubert: Der Investor muss am Ende des Tages einen realen Mehrwert haben, und das nicht nur in einer Pre-Trade-Analyse. Wer der beste Anbieter ist, kann man nicht eindeutig beantworten. Der eine ist eher Spezialist, der andere Generalist. Es kommt sehr auf die Assets an. Wenn Sie sich im vermeintlich normalen Fixed-Income-Bereich mit weniger exotischen Betas bewegen, können das viele. Je komplexer, illiquider und exotischer die zugrundeliegende Struktur wird und je mehr externe Partner involviert sind, desto höher ist der Aufwand.
Letztlich würde ich sagen, dass Größe ein Vorteil ist, zum Beispiel mit Blick auf das ­gerade angesprochene interne­ Crossing. Im Grunde ist Transition Management eine Art Win-win-Situation für Anbieter und Investoren. Außerdem ist auf Investorenseite heute die Notwendigkeit, sich über den letzten ­Basispunkt Gedanken zu machen, eine ganze andere als vor drei oder fünf Jahren.
Rahn:  Die Notwendigkeit war schon vor drei Jahren hoch.
Taubert: Sie war immer hoch. Heute ist sie aber noch höher als vor drei Jahren, würde ich sagen. Wenn ich mir anschaue, wie Investoren mit uns über Management Fees diskutieren, um sich verschiedene Quellen für die Gesamtrendite zu eröffnen, ist das genauso ein Thema. Es ist ein natürlicher Druck, der in gewisser Weise dazu führt, dass sich ein Instrument wie Transition Management zunehmend etablieren wird.

In welchen Asset-Klassen lohnt sich Tran­sition­ Management am ehesten?
Rahn:
Wir sehen tatsächlich den meisten Mehrwert im Rentenbereich. Jeder, der einmal eine Anleihe gehandelt hat, weiß, dass es den Bid-Ask-Spread gibt. Doch das, was man auf dem Bloomberg-Bildschirm sieht, ist nie der Preis, den man bekommt. Dessen muss man sich einfach bewusst sein. Hier lässt sich unglaublich viel Geld einsparen. Und darum geht es uns natürlich am Ende des Tages.
Taubert: Man kann sagen: Je exotischer das Beta, desto eher lohnt es sich.
Rahn: High Yield, Emerging Market Debt oder Emerging Market Equities. Das sind beispielsweise Themen, bei denen man mit einer hinlänglichen Sicherheit davon ausgehen kann, dass man da wahrscheinlich einen Transition Manager brauchen wird.

Und ab welchem Volumen macht es Sinn?
Taubert:
Das hängt immer davon ab, wie viele Manager und Märkte involviert sind, wie liquide oder illiquide die Transition ist und wie der Zeitrahmen aussieht. Ich kann mich erinnern, dass in den vergangenen 24 Monaten zwei Themen an uns herangetragen wurden, bei denen wir die Empfehlung gegeben haben, keinen Transition Manager einzuschalten. Das Volumen war zu klein, das hätte­ auch über die typischen Orderwege gut abgewickelt werden können. Uns ging es nicht darum, uns Arbeit zu ersparen. Aber es hätte in diesen Fällen den Aufwand und die Inkludierung aller unserer Ressourcen intern nicht gelohnt.

Sie sagen also auch mal Nein?
Loehnert:
Es gibt auch Fälle, in denen Transition Management nicht viel Sinn ­ergibt. Wenn wir keinen Mehrwert liefern können, ist es nicht sinnvoll, Ressourcen dafür zu nutzen. Und für den Kunden lohnt es sich auch nicht. Dann raten wir unseren Kunden auch schon mal davon ab. Wir sind an einer langfristen Partnerschaft mit unseren Kunden ­interessiert, da stehen Offenheit und Vertrauen an erster Stelle.

Wenn von Transition Management die Rede ist, kommt das Bild vom Eisberg auf: Der Großteil der Kosten, die impliziten Kosten, liegt unter der Oberfläche. Von welchen verborgenen Kostenpotenzialen sprechen wir?
Loehnert:
Der explizite Kostenanteil, wie Handelskommission und Gebühren, macht oft nur zwischen zehn und 20 Prozent der Gesamtkosten aus. Zusätzlich hat man die unsichtbaren Kosten, wie die Geld-Brief-Spanne und den Impact, den man mit einer Transaktion erzeugt. Wenn Sie beispielsweise wenige Aktien eines Dax-Titels handeln, ­bewegen Sie den Preis – wenn überhaupt – minimal. Wenn Sie eine Million Aktien handeln, können Sie den Preis eventuell sehr stark bewegen. Hinzu kommen die Opportunitätskosten, sprich, Performance-Einbußen aufgrund von Marktschwankungen, die man mit gutem Exposure-Management während der Transition vermeiden kann. Genau an dem Punkt setzt Transition Management an. Man versucht, Kosten und Risiken optimal zu reduzieren, um den Vermögenswert und die Performance effektiv zu schützen.
Kehr: Ich würde noch einen anderen ­Aspekt anführen: die Governance. Auf Investorenseite muss ich mich fragen, wie viel meiner knappen Managementkapazität ich auf die Transition verwende. Eine Reihe von Investoren­ muss ohnehin mit knappen Ressourcen auskommen. Selbst wenn sie erkennen, dass der Business Case beim Transition Management stimmt, stellt sich die Frage: Lohnt es sich auch angesichts der Alternative, wofür ich meine Leuten einsetzen könnte, wenn ich sie nicht für die Arbeit mit einem Transition Manager binde?
Rahn: In der Tat ist das ein Punkt, der uns damals und auch heute noch beschäftigt. Das Ressourcenthema darf man nicht unterschätzen. Am Anfang steht immer die Überlegung, eine Allokationsentscheidung zu verändern oder einen Manager zu wechseln. Allein dieser Prozess bindet einige Ressourcen, die ander­weitig nicht mehr zur Verfügung stehen. Dann kommt die Frage auf: Soll ich tatsächlich für den Weg von A nach B jemanden einschalten und dafür einen extra Search starten? Das bindet schließlich noch einmal Ressourcen. Das sind Diskussionen, die Sie intern führen müssen. Vielen sind die Opportunitätskosten nicht bewusst, sie setzen die Performance-Messung für zwei oder vier Wochen aus und starten dann neu. Dass auf dem Weg dorthin ein oder zwei Prozent verloren gegangen sind, gerät schnell in Vergessenheit. Tatsächlich würde ich jedem Investor empfehlen, diese zusätzliche Schleife zu drehen und einen Transition Manager einzuschalten.

Kann man konkret an Zahlen festmachen, was eine gut gemachte Transition einspart? 
Loehnert:
Das ist schwer zu verallgemeinern. Es kommt immer auf das jeweilige Szenario­ an. Man bedenke aber Folgendes: Früher wurden Mandate, die in ihrer Alt- und Neuform relativ ähnlich waren, oftmals zuerst komplett verkauft und das Cash an den neuen Manager übergeben, der dann sein Portfolio aufbaut. Dabei hätte ein Großteil der Positionen aus dem Altmandat behalten werden können, weil diese auch in dem neuen Portfolio vorkommen. Allein bei den Opportunitätskosten, die man vermeidet, indem man das Portfolio komplett im Markt hält und nicht mehrere Stunden oder Tage ohne Markt-Exposure ist, kann man – je nachdem, wie liquide und schwierig das Mandat ist – mehrere Prozentpunkte Performance-Ein­bußen vermeiden. Und selbst wenn man diesen Teil des Prozesses effizient gestaltet, gibt es noch andere Stellschrauben. Gerade im Rentenbereich lässt sich mit Bestpreis­findung und sehr guter Orderausführung enorm viel sparen. Im High-Yield-Bereich sparen wir teilweise 20, 30 Basispunkte zwischen dem Ausführungskurs und dem durchschnittlichem Kurs, der uns gezeigt wird. Das ist im Staatsanleihenbereich natürlich weniger, aber auch dort kann man große Unterschiede bei der Orderausführung sehen.

Es geht aber nicht nur um Kosten. Transition Management ist Risikomanagement. Kann man das so sagen?
Loehnert:
Man kann das absolut sagen, und zwar auf verschiedenen Ebenen. Eine Transition kommt oft nach einer ALM-Studie zustande. Es werden neue Manager ausgewählt. Diese zu implementieren, ist ein sehr großes Projekt. Hier gibt es verschiedene Risiko­kategorien, die eine Rolle spielen. Man hat das Prozessrisiko eines möglichst effi­zienten Übergangs von den alten auf die neuen Manager. Man hat das Risiko, Performance unnötig zu verlieren – das sind die eben ­besprochenen Opportunitätskosten. Beides kann von Transition Managern minimiert werden. Darüber hinaus darf man die Transparenzrisiken nicht außer Acht lassen. Diese entstehen, wenn man keinen Transition Manager­ einschaltet und dem neuen Manager Performance Holiday gewährt. Am Ende hat man ein Szenario, wie es Herr Rahn beschrieben­ hat: Man hat zwei Prozent verloren und stellt sich die Frage, wo sie hingegangen sind und wie es dazu kommen konnte. Der Transition Manager übernimmt also die Rolle,­ Professionalität und Transparenz für einen Zeitraum zu schaffen, der in der Vergangenheit in der Regel recht stiefmütterlich behandelt wurde.

Eine Transition ist nicht von jetzt auf gleich erledigt. Es ist ein längeres Projekt. Wie intensiv möchten Sie als Investor einbezogen sein und informiert werden?
Rahn:
Der Transition-Prozess ist in der Tat ein größeres Projekt. Als Investor – da bin ich ganz ehrlich – möchte ich mich idealerweise nicht so viel damit auseinandersetzen. Entsprechend war unser Betreuungsaufwand während der Transition damals auch relativ minimal. Allerdings hätten wir täglichen Zugang zu den Transaktionen gehabt. Man hatte die Möglichkeit, den Prozess sehr eng zu begleiten,­ zum Beispiel mit einem täglichen kurzen Konferenz-Call oder kurzen E-Mails. Wir haben uns entschieden, das Zielbild vorzugeben, und dann die Durchführung dem Transition Manager zu übergeben. Hin und wieder haben wir geschaut, ob alles seinen regulären­ Gang geht. Wenn nichts Un­gewöhnliches passiert, lässt man es aber laufen.­ Inwieweit man als Investor involviert sein möchte, muss letztlich jeder für sich entscheiden.­
Loehnert: Ein wichtiger Partner bei der Implementierung von Transitions ist die Master-­KVG. Letzten Endes sind wir als Transition Manager nur für eine Interimsperiode in einem Outsourcing-Verhältnis. Rein rechtlich gesehen ist die Master-KVG unser Kunde.­ Und rein prozesstechnisch ist sie auch die Partei, mit der wir am engsten zusammen­arbeiten. Es ist also unheimlich wichtig, dass sich die Master-KVG und der Transition Manger­ gut aufeinander abstimmen. Im Prinzip sitzt man auf diesem Projekt wie auf einem­ Tandem: Man geht im Gleichschritt, beide­ Parteien müssen sich verstehen und ihre­ Prozesse kennen. Nur wenn das gegeben ist, wird die Transition zum Erfolg. Der Investor­ sieht letztlich das Ergebnis dieser Partnerschaft.
Rahn: Als Investor bekommt man Arbeit abgenommen. Am Ende des Tages ist es doch so: Wenn es keinen Transition Manager gibt, der die verschiedenen Parteien koordiniert, muss ich als Investor dies tun. Auf der einen Seite spart man durch den Verzicht auf einen Transition Manager Zeit und Aufwand für die Suche nach diesem. Auf der anderen Seite hat man aber den Mehraufwand, weil man die Transition selbst begleiten muss.

Wie ist Ihre Erfahrung bezüglich der Zusammenarbeit mit den Managern?
Rahn:
Aus Sicht des Managers ist es immer schöner, wenn er frisches Geld bekommt und nicht in einen Transition-Prozess eingebunden ist, in dem er schon mit einem gewissen­ Vorlauf sein Portfolio kennen und nennen muss, das er dann zu einem bestimmten Zeitpunkt bereitgestellt bekommt. Ich habe hier heterogene Erfahrungen gesammelt. Bei Managern, die Erfahrungen mit Transition Management haben, ist die Zusammenarbeit völlig unproblematisch. Von Managern, denen diese Erfahrung fehlt, kommt ab und zu doch die ein oder andere Beschwerde.
Loehnert: Wenn ein Manager beispielsweise Duration aufbauen will, in einem anderen Mandat aber gleichzeitig Duration abgebaut wird, ändert sich auf Fondsebene durationsmäßig im Zweifel gar nichts. Als Transition­ Manager steuert man das Exposure­ und das Risiko holistisch, kann also gewährleisten, dass die Duration in den einzelnen Segmenten so koordiniert verändert wird, dass sie auf Gesamtfondsebene trotzdem über den gesamten Zeitraum hinweg neutral bleibt. Dafür hat ein Manager, der nur seine Zielstellung kennt, eventuell weniger Verständnis.­ Wir sehen aber immer mehr Verständnis und auch Akzeptanz. Oftmals sind die Manager viel offener, als Investoren denken.

Wie misst man die Leistungen des Transition Managers? Das scheint durchaus schwierig, da es keine echte Vergleichsmöglichkeit gibt.
Rahn:
Das ist tatsächlich ein Problem, und zwar dahingehend, dass es keine Gewalten­teilung gibt. Derjenige, der das Management­ macht, liefert quasi seine eigene­ Beurteilung. Wir haben das als Problem ­erfasst. Wenn wir eine Transition vergeben, haben wir uns in der Regel angewöhnt, diese Transition extern checken zu lassen. Wenn die Zweitmeinung ebenfalls sagt, das war gut, dann war es gut.

Ist das ein Punkt, wo Sie sich als Consultant in der Verantwortung sehen?
Kehr:
Das ist sicherlich eine Dienstleistung, die wir erbringen können und in vielen Fällen auch erbringen. Das Monitoring ist genau das Problem. Derjenige, der die Arbeit macht, sollte nicht die Benchmark vorgeben, gegen die er sich misst. Es ist klar, dass er sich möglichst gut darstellen möchte und mögliche Komplikationen auf externe Faktoren schiebt. Natürlich gibt es eine Menge externer Einflussfaktoren. Selbst wenn man zeitnah vor einem Projekt eine Pre-Trade-Analyse macht, können sich während der Transition wichtige Einflussfaktoren verschieben. Die Frage ist, ob man das noch anpassen kann oder nicht. Aber die Messbarkeit wird dadurch nicht erleichtert. Deswegen kommt es darauf an, dass das Projekt entweder von einem unabhängigen Dritten begleitet wird oder im Nachgang das Ergebnis nochmals unabhängig verifiziert wird. Ich denke, eine Art Health Check für die gesamte Arbeit ist wichtig, auch um intern besser dokumentieren­ zu können, dass der Einsatz eines Transition Managers Sinn gemacht hat.

Was sind entscheidende Kennzahlen, an denen­ man sich orientiert? 
Kehr:
Es gibt nicht die eine Kennzahl, auf die man es eindampfen sollte. Man würde der Komplexität nicht hinreichend Rechnung ­tragen. Um im Nachhinein gut und nachvollziehbar zu monitoren, ist eine Reihe von Dingen nötig. Es gibt die expliziten Kosten, die sich sehr gut messen lassen. Aber auch die impliziten Kosten kann man quantifizieren. Dies erfolgt typischerweise in einer Pre-Trade-Analyse. Diese ist ein nützliches Hilfsmittel, weil sie eine ungefähre Erwartung vorgibt, die sich hinterher mit der tatsächlichen ­Umsetzung vergleichen lässt. Sind ­bestimmte Dinge womöglich anders gelaufen als geplant und lässt sich dies durch externe Faktoren erklären? Außerdem sieht man, welche unterschiedlichen Schätzungen die verschiedenen Anbieter für die einzelnen Komponenten, wie Market-Impact-Kosten und Broker Fees, abgeben. Das kann man gegenüberstellen und vergleichen.

Wie hilfreich wäre eine Kennzahl wie der Track Record?
Loehnert:
Eine so komplexe Dienstleistung wie Transition Management lässt sich schwer in einer einzigen Zahl darstellen. Damit­ diese statistische Aussagekraft bekommt, bräuchte es viel mehr vergleichbare Events, als wir zur Verfügung haben. Nichtsdestotrotz erfassen wir natürlich unseren Track Record, werten ihn regelmäßig aus und stellen ihn Kunden zur Verfügung. Ähnlich wie bei der Auswahl eines Portfoliomanagers sollte man sich aber nicht ausschließlich darauf fixieren.

Wie stellt man sicher, dass der Transition Manager im Interesse des Investors handelt und nicht im Eigenhandel Frontrunning gegen den Kunden betreibt?
Loehnert:
Das ist seit einigen Jahren in der Tat ein Thema. Ich glaube, das wichtigste Mittel, um dem zu begegnen, ist ein transparentes Geschäftsmodell. Asset Manager wie Blackrock, die stets im Auftrag des Kunden handeln und keine Eigenhandelsbücher betreiben, haben solche Interessenkonflikte nicht. Es gibt natürlich immer Konflikte, die gemanagt werden müssen. Daher ist es wichtig, dass die Institution eine starke Compliance-Funktion hat und ihre Aufgaben auch entsprechend wahrnimmt.
Rahn: Dem kann ich nicht völlig zustimmen. Es gibt immer an irgendeiner Stelle Interessen­konflikte, die man teilweise von außen nicht sieht. Machen wir uns nichts vor: Blackrock ist ein großer Konzern. Inwiefern dort sämtliche Compliance-Richtlinien ein­gehalten werden, kann ich von außen nicht 100-prozentig beurteilen. Ich glaube es – in dubio pro reo –, aber ich weiß es nicht. Am Ende des Tages kann sich der Investor nur sicher­ sein, dass der Transition Manager einen­ guten Job gemacht hat, wenn er dies extern­ verifiziert. Das kostet Geld. Aber in dem Kontext darf man nicht vergessen, dass wir eine treuhänderische Verantwortung haben.­ Wenn sich ein Externer noch einmal alles­ anschaut, ist auch das Vier-Augen-Prinzip gewahrt.
Taubert: Ich teile grundsätzlich Ihre Bedenken. Wenn jemand über viel Erfahrung im Transition Management verfügt und vernünftig mit allen Regeln arbeitet, die es einzuhalten gilt, muss er sich auch dieser Überprüfung stellen, und das tun wir. Ich denke, es ist nur fair, dass man auch über Dinge spricht, die vielleicht nicht so gelaufen sind wie erwartet.
Rahn: Das grundsätzliche Problem ist der Eisberg, den Sie vorhin ansprachen. Man sieht die Vergütung des Transition Managers und will dessen Leistung noch einmal extern begutachten lassen, was zusätzlich mit Kosten verbunden ist. Dann macht man womöglich vorab einen Search, um den Transition Manager auszuwählen, wofür ebenfalls eine Vergütung fällig ist. Auf diese Weise kommen viele Tausend Euro zusammen. Wenn man diesen Prozess nicht durchläuft, entstehen diese Kosten nicht. Allerdings weiß man in diesem Fall auch nicht, was man dadurch eventuell verloren hat. Und hier bin ich beim Eisberg. Es braucht auf Investorenseite das Bewusstsein, dass, wenn man die Transition nicht kontrolliert durchführt, sehr viel an Opport­unitätskosten, Market Impact und teilweise auch Broker Fees liegenbleiben, die die Transition Manager und den Aufwand rechtfertigen. Dessen müssen sich viele Investoren erst noch bewusst werden. Der Opportunitätskostengedanke war noch nie trivial.

Wie wichtig ist ein Mindeststandard, wie die T-Charter?
Loehnert:
Die T-Charter ist ein Minimumstandard, der vor vielen Jahren von den damals aktiven Transition Managern vereinbart wurde, unter anderem von uns. Dieser Standard muss jedoch weiterentwickelt werden, was auch geschieht.

Inwiefern ist die Consultant- und Investorenseite in diese Entwicklung eingebunden?
Kehr:
Mein Eindruck ist, dass alle relevanten Parteien eingebunden sind. Auch Aufsichtsbehörden wirken mit. Das ist aus Großbritannien heraus geboren, weil der Markt dort schon eine andere Entwicklungsstufe erreicht hat und die Notwendigkeit nach Standards stärker und früher aufgekommen ist. Davon kann der Markt hierzulande profitieren. Dennoch gibt es Besonderheiten, die in die Art und Weise, wie Transition Management hierzulande gemacht wird, Eingang finden sollten – nicht nur aufgrund der administrativen Strukturen, sondern auch aufgrund der Governance-Strukturen.
Rahn: Dem stimme ich absolut zu. Wenn man bestimmte Standards einhält, wird auch das Reporting verständlicher und vergleichbarer. Am Ende des Tages ist das Reporting aber nur eine Seite der Medaille. Zu Erinnerung: Die Reports werden von den Anbietern selbst geschrieben. Ich traue keiner Statistik, die ich nicht selbst gefälscht habe. Ich bin deshalb Verfechter des Vier-Augen-Prinzips. Das macht gerade bei komplexen Prozessen, zum Beispiel wenn es um Handelsaktivitäten im Fixed-Income-Bereich oder Währungs­geschäfte geht, Sinn. Wer kann am Ende des Tages tatsächlich nachvollziehen, ob die aufgezeigten Kosten realistisch sind oder nicht? Das kann nur jemand begutachten, der extern mit einer genauso guten Knowledge auf den Markt blickt. Erst das gibt mir wirkliche Sicher­heit. In den letzten Jahren gab es den ein oder anderen Vorfall, der mir zu Ohren gekommen ist und mich darin bestätigt, dass es auch an dieser Stelle das Vier-Augen-Prinzip braucht.

Die Zahl der Anbieter wird immer kleiner. Das ist aus Investorensicht nicht schön, oder?
Rahn:
Aus Investorensicht wäre es zu begrüßen, wenn ein großer Wettbewerb herrscht. Aber im Transition Management ist es nun einmal so, dass man in der Regel eine Vielzahl von Asset-Klassen abdecken muss. Im Grunde ist es ein globaler Markt, für den man einen globalen Asset Manager braucht. Davon gibt es nicht viele. Folglich kondensiert sich das auf einige wenige Häuser, mit denen man ins Gespräch kommt.
Loehnert: Transition Management ist ein Skalengeschäft. Wenn ich einen Blick in die Zukunft werfe, würde ich sagen, dass es sich ähnlich wie das Indexgeschäft entwickeln wird. Am Ende wird es auf einige wenige Häuser hinauslaufen. Das muss aber nicht dazu führen, dass die Qualität sinkt. Solange der Wettbewerb, der weiterhin vorhanden ist, zu Innovationen führt, ist allen gedient.

Das erinnert an das Depotbankgeschäft,­ das auch ein margenschwaches Geschäft ist. Einige große Adressen dominieren den Markt und drücken die Preise­ gegenseitig nach unten. Wird sich das Transition Management in dieselbe Spirale begeben? 
Loehnert:
Das ist sicherlich ein Thema und auch einer der Gründe, warum sich bestimmte Anbieter aus diesem Geschäftsfeld zurückgezogen haben. Die Marge ist gering. Ich glaube dennoch, dass die Leistungsangebote unterschiedlich sind und durch so viele Faktoren beeinflusst werden können, dass Gebührendifferenzen gerechtfertigt werden können. Auch ein Anbieter, der nicht der günstigste ist, kann der erfolgreichste sein.

Apropos Gebühren, wie sieht es damit aus? Ist der Billigste auch der Beste?
Rahn:
Es ist wie immer: Manche Produkte­ kauft man bei Aldi, manche holt man bei Rewe­ oder Edeka. Die Gebühren sind Teil des Due-Diligence-Prozesses. Es ist kein Geheimnis: Je komplexer die Transition, desto höher die Kosten. Aber es gehört zum guten Ton, mehrere Angebote einzuholen und mehrere Anbieter zu sprechen. Die Gebührenabfrage gehört zu einer vernünftigen Due Diligence.

Reden wir über eine feste Gebühr?
Rahn:
Ja.
Loehnert: In der Regel wird die Gebührenkalkulation im Vorfeld vereinbart. Wir sind keine Freunde Performance-abhängiger Gebühren, weil diese zu Interessenkonflikten führen können. Unser Anreiz ist, beim nächsten Projekt wieder genutzt zu werden. Das passiert nur, wenn wir unsere Sache gut ­gemacht haben. Es geht letztendlich um die Koordinierung­ eines komplexen Projektes, bei dem das Risiko und die Kosten reduziert werden sollen. Eine fixe Gebührenregelung passt daher viel besser.

portfolio institutionell, Ausgabe 9/2014

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