Alternative Anlagen
1. Juli 2015

Institutionelle Investoren schlüpfen immer häufiger in die Rolle von Banken

Die großen Immobilienunternehmen in Europa wenden sich immer häufiger an institutionelle Investoren, wenn es darum geht, alternative externe Finanzierungsquellen anzuzapfen. Nach Einschätzung der Rating-Agentur Scope profitieren sowohl Kreditgeber als auch Kreditnehmer von dieser Entwicklung.

Alternative Finanzierungsquellen werden für die europäische Immobilienunternehmen immer wichtiger. Der Grund: Banken kommen ihrer Rolle als klassischer Gewerbeimmobilien-Finanzierer immer seltener nach. Deshalb wenden sich die Firmen vermehrt an Versicherungen, Pensionsfonds und andere institutionelle Investoren, die ihrerseits im Niedrigzinsumfeld nach Anlagealternativen suchen. Bei Scope ist man davon überzeugt, dass die Kreditnehmer von der sich heute bietenden größeren Auswahl unter den Geldgebern profitieren. Aber auch für Investoren ist die Rolle des Kreditgebers charmant. 
Die nach Marktkapitalisierung zehn größten Immobilienkonzerne in Europa verlassen sich immer seltener auf Banken. Zwischen 2009 und 2014 sank der Anteil ihrer Bankdarlehen im Finanzierungsmix von 54 auf 37 Prozent. Spiegelbildlich nahm der Anteil der alternativen Finanzierungsquellen von 46 auf nunmehr 63 Prozent zu. Relativ betrachtet übertrumpften alternative Finanzierungsquellen schon 2012 erstmals die klassischen Bankdarlehen.
Die Entwicklung hat eine signifikante Veränderung in der Verbindlichkeitsstruktur der zehn Unternehmen zur Folge. So sank das Volumen der bestehenden Bankdarlehen bei den führenden Immobilienfirmen um 27 Prozent auf 19,4 Milliarden Euro im Jahr 2014. Im Gegenzug legten die aus alternativen Finanzierungsquellen stammenden Gelder um knapp zwei Drittel auf 32,8 Milliarden Euro zu. 
Mit Blick in die Zukunft dürften Banken voraussichtlich aber nicht mehr weiter an Boden verlieren. Scope geht davon aus, dass das Wachstum alternativer Finanzierungsquellen nachlässt, wobei die Aktivität traditioneller Banken wieder aufflammt. Grund dafür sind sinkende Finanzierungkosten und sinkende Zielrenditen. Das verleihe den Banken einen Schub in der Wettbewerbsfähigkeit. Dessen ungeachtet profitiert der europäische Immobilienmarkt von einem größeren und diversifizierten Pool von Kreditgebern.
Mehr Quellen lassen sich anzapfen
Neben den alternativen Geldgebern, wie Versicherungsgesellschaften oder Darlehensfonds, stellen insbesondere die Kapitalmärkte die wichtigste Finanzierungsquelle der betreffenden Immobilienkonzerne dar. Konkret greifen die Unternehmen auf der Suche nach Fremdkapital auf Wertpapiere wie Medium-Term Notes, Wandelanleihen oder Commercial Paper zurück, um ihre externe Finanzierung sicherzustellen. Die zehn Top-Firmen haben allein im vergangenen Jahr Anleihen im Rekordvolumen von 8,5 Milliarden Euro emittiert. Damit hat sich das jährliche Emissionsvolumen seit 2009 von ursprünglich 1,3 Milliarden Euro mehr als versechsfacht. Laut Scope sind etwa 80 Prozent der Zinstitel in Euro denominiert. Bei der Emission haben die Anleihen im Schnitt eine Zinsbindungsdauer (Duration) von etwa 8,5 Jahren. Und auch 2015 dürften die Marktakteure an diese Entwicklung anknüpfen. Im laufenden Geschäftsjahr wurden bereits Zinspapiere im Umfang von 4,9 Milliarden Euro in Umlauf gebracht. 
Der Markt für Immobilienfinanzierungen in Europa umfasst nach jüngsten Zahlen ein Volumen von 2,5 Billionen Euro. Institutionelle Investoren, die unter das neue Aufsichtsregime Solvency II fallen, dürften in Zukunft ein noch größeres Augenmerk auf dieses Anlagesegment legen. Denn das Verhältnis zwischen erwarteter Rendite und Kapitalkosten gilt als vorteilhafter als in jeder anderen Asset-Klasse. 
portfolio institutionell newsflash 01.07.2015/Tobias Bürger
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