Corporates
18. Januar 2013

INTERVIEW: Liquiditätssteuerung im Kraichgau

Im Deutschen Aktienindex ist SAP 2012 zum wertvollsten Unternehmen avanciert. Dr. Matthias Heiden, seines Zeichens Chef im Global Treasury, erläutert im Interview, wie es im Tagesgeschäft zugeht und wo er die milliardenschwere Liquidität parkt.

_Herr Dr. Heiden, als Leiter Global Treasury bei der SAP AG haben Sie einen großen Verantwortungsbereich. Wie groß ist eigentlich Ihr Team?
Das Global Treasury besteht aus rund 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an vier Standorten in Europa und Nordamerika. ­Zusätzlich haben wir in einigen größeren Landesgesellschaften, wie etwa Brasilien, ­dedizierte Treasury-Experten, welche wir zum erweiterten Team zählen.

_Das wichtigste Ziel des Finanzmanagements von SAP besteht laut Geschäftsbericht darin, eine Konzernmindestliquidität sicherzustellen, um jederzeit Zahlungsfähigkeit zu gewähr­leisten. Wie ist das Cash-Management aufgebaut, an dem die meisten Konzerngesellschaften teilnehmen?
Das zentrale Finanzmanagement im ­Global Treasury übernimmt die globale Liquiditätssteuerung sowie das Zins- und Währungsmanagement. Wir zentralisieren unsere liquiden Mittel, überwachen und ­investieren sie nach einheitlichen Grund­sätzen. Die Grundlage eines solchen zentralen­ Finanzmanagements ist unter Governance-­Gesichtspunkten unsere Global ­Treasury Guide­line, in der wir alle Regeln und Prozesse­ für das Treasury und darüber ­hinaus zusammengefasst haben. Tochtergesell­schaften sind nach Möglichkeit Teilnehmer am Cashpool und legen ihre Überschuss­liquidität bei der Konzernmutter an.
Zudem unterstützen wir mehr als 55 ­Tochterunternehmen aus über 40 Ländern durch unsere Global Payment Factory.  ­Ebenso verrechnen wir Zahlungen zwischen Tochtergesellschaften, die zuvor extern über Banken ausgeführt wurden, konzernintern. Hierdurch vermeiden wir Währungs-Spreads  und erhöhen den Zinsertrag sowie die Prozess­automatisierung.

_Wo liegen die Schnittstellen des Treasury zu anderen Teilen des Finanzbereiches?
Innerhalb des Finanzbereichs gibt es ­natürlich zahlreiche Schnittstellen, wie etwa zum Accounting oder zur Steuerabteilung. Hier profitieren wir von unserer integrierten SAP-Systemlandschaft, welche uns ein Straight-Through-Processing (STP) und ­somit einen hohen Grad an Standardisierung und Automatisierung ermöglicht. Durch ­diese Integration werden Transaktionen, die im Treasury ausgeführt werden, im System erfasst und abgewickelt. So stehen sie etwa zu den Berichtsstichtagen für eine automatische Bewertung und Folgeverbuchung zur ­Verfügung.

_Welche SAP-Software nutzen Sie für Ihre ­Arbeit?
Natürlich ist das Global Treasury auf ­unsere SAP-eigene Systemlandschaft ­gestützt. Ausgangspunkt ist ein zentrales Enterprise-Resource-Planning-System (ERP), das auf einer umfassenden welt­weiten Instanz ­basiert und in der alle Gesellschaften arbeiten. Dies ermöglicht einen ­Datenbestand in real Time, was uns unter ­anderem erhebliche Vorteile im zentralen ­Liquiditätsmanagement ­eröffnet und hohe Transparenz ermöglicht. Alle Teilbereiche des ­Global ­Treasury nutzen für ihre Arbeit die einzelnen Elemente des SAP ­Treasury ­Managements und SAP FI.

_Würden Sie das bitte näher erläutern?

Ein Beispiel ist unsere globale Payment Factory. Hier werden die Zahlungen im SAP ERP unterzeichnet und die Zahlungsaufträge mit Hilfe des Swiftnet-Score-Modells aus dem ERP-System direkt an die Banken übertragen. Dadurch werden nicht so viele einzelne ­Electronic-Banking-Lösungen benötigt. Den gleichen Swift-Kanal nutzen wir auch zur Sammlung der Kontoauszüge der SAP-­Gruppe. Mehr als 98 Prozent aller Kontoauszugstransaktionen werden zentral ­verbucht und abgestimmt. Global Treasury agiert in diesem Zusammenhang als Servicedienst­leister für die Konzerngesellschaften. Zur ­Abwicklung setzen wir unser Produkt SAP Bank Communication Management ein. Dieses­ Tool stellt gleichzeitig die Basis dar, auf der wir die Sepa-Anforderungen ­erfüllen. Weiterhin ­geben wir ­unsere Erfahrungen auch an ­unsere Anwendungsentwicklung weiter und können auf diese Weise die ­Zukunft der SAP-­Treasury-Produkte mit ­beeinflussen.

_Welchen Sinn macht langfristiges Asset ­Management im Vergleich zum Schulden­abbau oder  zu Dividendenausschüttungen?
Diese Frage sollte jedes Unternehmen ­individuell für sich beantworten, da hier Unternehmensstrategie und Geschäfts­modell eine entscheidende Rolle spielen. Die Softwarebranche ist sehr dynamisch. Deshalb spielt bei uns eine hohe strategische Liquiditäts­reserve eine große Rolle. Wir ­verbessern damit unsere Flexibilität, ­Sicherheit und Unabhängigkeit. Vergleich­bares können Sie auch bei unseren Peers beobachten.
Wir nutzen unsere Mittel primär für ­unsere Geschäftsaktivitäten und unseren ­Investitionsbedarf, für den Erwerb von Unternehmen, die Zahlung von Dividenden und den Rückkauf von SAP-Aktien über die ­Börse. Unsere Darlehen führen wir regelmäßig ­zügig zurück beziehungsweise refinanzieren diese frühzeitig, um neuen finanziellen ­Spielraum zu haben. Durch unsere Systemlandschaft haben wir die nötige Transparenz und können zeitnah Entscheidungen zur ­Mittelverwendung treffen.

_Wie hat sich das Management von Finanz­risiken verändert?
Das Financial Risk Management ist ein „Dauerbrenner“. Dieses Thema war immer wichtig und ist es auch heute. Gerade in ­einem volatilen Marktumfeld ist Transparenz die Basis für ein erfolgreiches Finanzrisikomanagement. Auch hier nutzen wir unsere eigenen SAP-Lösungen, um ­Trans­parenz zu schaffen. Für uns ist es beispielsweise ­wichtig, in real Time  zu wissen, wie viel Geld in ­welchen Ländern bei welcher Bank liegt. Nur so ­können wir Adressausfallrisiken wirksam steuern und die Liquiditäts­entwicklung ­planen. Natürlich ist in diesem Zusammenhang auch das globale Währungsrisiko­management zu erwähnen. Wir können das zum einen in einer Forecast-Betrachtung als Value at Risk per Knopfdruck in absoluten Werten sehen und können so bei Bedarf sehr schnell Handlungsempfehlungen geben. Mit Blick auf die Absicherung von gebuchten ­Positionen, dem Balance Sheet Exposure Hedging, können wir unser Währungs­-Exposure über ­alle Gruppengesellschaften und Währungen hinweg in real Time ­visualisieren und zeitnah handeln.

_Haben sich auch Ihre Beziehungen zu ­Banken verändert?
Wir haben  eine Kernbankengruppe aus rund 25 Banken, die sich über unsere syndizierte Back-up-Kreditlinie definiert. Dies geht auf eine strategische Entscheidung ­zurück: Wir fokussieren uns nicht auf reines Transaktions-Banking. Wir messen die ­Geschäftsverteilung intern und besprechen dies auch mit unseren Banken. Von ­besonderer Bedeutung ist das gegenseitige Vertrauen und die Tatsache, dass wir unser Geschäft nicht allein nach dem Preis, ­sondern vor ­allem nach der Leistungsfähigkeit ­vergeben. Betrachtet man nun beide ­Bereiche, ­Financial Risk Management und Bank­beziehungen, ­gemeinsam, so kann man ­konstatieren, dass das Thema „Management von Kontrahentenrisiken“ an Bedeutung zugenommen hat. Neben intensivem Moni­toring über ­Rating-, CDS- und sonstige Marktinformationen haben sich hier unsere ­langjährigen ­Investitionen in die Beziehungspflege zu ­unserer starken Bankengruppe ­ausgezahlt und die Kernbankenstrategie ­bestätigt.

_Inwieweit wirkt sich die Verschuldungs­krise auf das Volumen und die Erträge Ihrer ­Anlagen aus?
Die Auswirkungen der europäischen Schuldenkrise auf das allgemeine Zins­niveau, insbesondere in der Eurozone, sind am Markt abzulesen. Dies betrifft auch uns. Wir investieren grundsätzlich nur in ­Finanzanlagen von Emittenten oder Fonds mit einem Mindest-Rating von „A–“ und ­verfolgen eine vorsichtige Anlagepolitik, die durch eine breite Streuung der Anlagen auf unterschiedliche Kontrahenten, Anlagen mit überwiegend kurzfristiger Laufzeit und ­Standardanlageinstrumente gekennzeichnet ist.
Aufgabe des Global Treasury ist es im ­aktuellen Marktumfeld mehr denn je, die seit jeher geltende Grundlagenrelation zwischen Rendite/Risiko und  Liquidität/Flexibilität abzuwägen und entsprechende Konzepte zu entwickeln. Wir tun dies im Rahmen unserer Konzernanlagerichtlinien und entwickeln ­unsere Strategie weiter. So waren wir unter den ersten Unternehmen in Deutschland, die sogenannte Tri-Party-Repo-Strukturen als ­Element ihrer Anlagestrategie ein­gesetzt ­haben.

_Woran orientiert sich der Liquiditätsbedarf und wie wird die Konzernmindestliquidität ­berechnet?
Der Liquiditätsbedarf der SAP orientiert sich an ihren operativen Notwendigkeiten. Dort, wo wir investieren und wachsen wollen, muss auch Liquidität bereitgestellt werden. So erwarten wir in den kommenden ­Jahren eine überdurchschnittliche Entwicklung in Wachstumsmärkten. Dies zieht ­weitere ­Investitionen nach sich. In China ­etwa wollen wir bis 2015 in vier Schlüssel­bereiche investieren: die Entwicklung von ­Lösungen, die Vermarktung dieser Lösungen durch den Ausbau unserer geografischen ­Präsenz, den Aufbau unseres Support-Netzwerks und die Erweiterung unseres IT-­Partnernetzwerks in China.
Ziel der Konzernmindestliquidität als Steuerungsgröße ist es, wie eingangs erörtert, jederzeit die Zahlungsfähigkeit der SAP zu gewährleisten. Hierzu betrachten wir das ­Volumen ­operativer Aufwendungen der ­normalen Geschäftstätigkeit, die es zu finanzieren gilt. Gleichzeitig sehen wir uns die ­Dauer unserer Außen­stände bei operativen Forderungen an, den Zeitraum ­also, den wir durchschnittlich ­benötigen, um operative Aufwendungen auf dem Wege der Innen­finanzierung zu finanzieren.

_Wie wirkt sich das operative Geschäft auf die Finanzanlagen aus? Wie wirkt es sich zum ­Beispiel aus, dass der Lizenzverkauf vor allem in vierten Quartal stattfindet?
Unsere primäre Liquiditätsquelle zum Aufbau von Zahlungsmitteln, Zahlungs­mitteläquivalenten, kurzfristigen Wert­papieren und sonstigen Geldanlagen ist ­unsere laufende Geschäftstätigkeit. ­Betrachtet man das Geschäftsmodell der SAP und ­unsere Finanzberichterstattung, so stellt man schnell fest, dass wir ein Gros unseres ­Cashflows im ersten Quartal erzielen. Dies liegt ­sicher auch an der von Ihnen angesprochenen Linearität der Lizenzerlöse, welche in der Regel im ­vierten Quartal des Jahres ­besonders ­ausgeprägt ist. Hinzu kommt aber, dass im ersten Quartal jeweils hohe Liquiditäts­zuflüsse aus der Wartung, unseren regel­mäßig wiederkehrenden Erlösen, hinzu­kommen.

_Welche Themen stehen derzeit auf Ihrer Agenda?

Besonders wichtig sind die finanzielle Unterstützung  unserer Wachstumsstrategie, die europäische Schuldenkrise mit ihren ­Auswirkungen auf alle Teilbereiche des ­Treasury sowie die stetige Verbesserung ­unserer eigenen Effizienz.  Hinzu kommen Themen, die wir bereits besprochen haben, etwa die zunehmend strategische Rolle des Treasury und das Customer Engagement.

_Die Gesamtkonzernliquidität von SAP ist, aufgrund der positiven Mittelzuflüsse aus dem operativen Geschäft zum 31.12.2011 ­gegenüber 2010 um zwei Milliarden auf 5,6 Milliarden Euro angestiegen. Wie sind die liquiden Mittel derzeit allokiert? In welchem Maß sind Sie kurz-, in welchem Maß lang­fristig orientiert?
Im Verlauf des Geschäftsjahres 2012 hat sich der Bestand an liquiden Mitteln durch Akquisitionen, unsere Jubiläumsdividende und umfangreiche Schuldentilgungen deutlich reduziert. Grundsätzlich lässt sich aber Folgendes festhalten: Wir diversifizieren ­unsere Investments und legen unsere ­Liquidität kurzfristig an. Zu unseren ­Standardanlageinstrumenten zählen Termineinlagen bei unseren Kern­banken, ­Euro-AAA-Geldmarktfonds, soweit im ­aktuellen Umfeld möglich, mit erst­klassigen Staatsschuldnern und stabilem Net Asset ­Value ­sowie Geldmarktpapiere des ­Bundes, ­sogenannte Bu-Bills. Darüber hinaus nutzen wir auch Tri-Party-Repo-Strukturen mit ­einigen Kernbanken.
Wir bedienen uns ­weder Spezialfonds, noch haben wir derzeit Asset Manager gesondert mandatiert. Unsere  ­Anlagen in Geldmarktfonds ­helfen uns, ­unsere Liquiditäts- und Sicherheitsziele zu erfüllen. Unter  Risikogesichtspunkten haben wir uns strenge Regeln ­verordnet. Der Anteil der SAP am Gesamt­volumen eines Fonds, dessen Assets under Management ­mindestens eine Milliarde Euro betragen müssen, darf fünf Prozent nicht übersteigen. Zudem ­haben wir ein jeweiliges absolutes Limit im unteren dreistelligen ­Millionenbereich, das ein ­Einzelinvestment nicht über­steigen darf.

_Sie investieren grundsätzlich nur in Finanzanlagen von ­Emittenten oder Fonds mit einem Mindest-Rating von „A–“. Müsste man mit Blick auf das Niedrigzinsumfeld nun nicht ­Abstriche bei der Bonität machen?
Aus unserer Sicht ist dies nicht zwingend erforderlich, und wir haben hier keine ­größeren Anpassungen vornehmen müssen, da ­eine höhere Rendite mit einem höheren ­Risiko einhergehen würde. Wir haben jedoch unsere Strategie nur mit Blick auf unsere Kernbanken angepasst, um die vorhandene Liquidität auch weiterhin diversifiziert an­legen zu können. Hier ­akzeptieren wir unter Staffelung der ­Anlagebeträge nach Rating-Stufen ­inzwischen ein Mindest-Rating von BBB. ­Dadurch erhalten wir ­unsere Flexibilität vor dem ­Hintergrund der europäischen Schulden­krise, im Zuge derer zahlreiche ­Banken gleich mehrfache Rating-Herab­setzungen gesehen haben.

_Bitte skizzieren Sie die Asset Allocation ­insgesamt. Inwieweit machen illiquide ­Anlagen wie Immobilien, Hedgefonds oder Private Equity für einen Treasurer Sinn? ­Und volatile Anlagen wie Aktien?
Illiquide Anlageformen spielen in ­unserer Treasury-Konzeption keine Rolle. Die kurzfristige Verfügbarkeit bei entsprechender ­Sicherheit ist für uns wichtiger.

_Werden in der Kapitalanlage auch die ­Risiken von SAP Ventures berücksichtigt?
Gegenwärtig arbeiten viele der ­Techno­logieunternehmen, an denen SAP Ventures beteiligt ist, noch mit Verlusten und ­benötigen Kapitalzuführungen durch ihre Inves­toren. Änderungen des geplanten Geschäfts­verlaufs dieser Beteiligungsunternehmen ­haben sich in der Vergangenheit zum Teil ­negativ auf ­ihre Ergebnise­ntwicklung und damit auf den Wert unserer Investitionen ausgewirkt. Dies können wir für die Zukunft nicht ausschließen.
Wir schätzen dieses Risiko aufgrund des beschränkten Umfangs unserer Venture-Capital-Aktivitäten als gering ein. ­Signifikante negative Auswirkungen auf unsere ­Geschäftstätigkeit, unsere Finanz- und ­Ertragslage und unseren Cashflow sind damit unwahrscheinlich. Wir wirken dem Risiko durch eine Diversifikation unseres Portfolios und einem aktiven Investitions­management entgegen.

_Welche Asset-Klassen werden zur ­Finanzierung der Pensionen genutzt?
Sowohl unsere unternehmensfinanzierte ­Altersversorgung (UAV) als auch die mit­arbeiter­finanzierte Altersversorgung (MAV) sind von der ­Konstruktion her Defined-Contribution-Pläne. Sie orientieren sich am Beitrags­aufwand. Während die UAV aber über eine Unterstützungs­kasse ­abgewickelt wird, führen wir die MAV ­dagegen über eine Direkt­zusage aus. Unternehmensfinanzierte und mitarbeiter­finanzierte Altersversorgung sind kongruent rück­gedeckt. Wir haben also keine Asset-Klassen, die wir als SAP selbst nutzen. Vielmehr legt unser Versicherungskonsortium die Assets ­gemäß den für sie geltenden­ ­Vorgaben in den Rückdeckungs­versicherungen an.

_Wie steuern Sie Ihre Zins-  und Wechsel­kurs­risiken? Und welche Tools kommen dabei zum Einsatz?
Mit Hilfe unserer SAP-Software ­über­wachen wir kontinuierlich potenzielle Währungsrisiken für monetäre Bilanz­positionen und auch für erwartete ­Trans­aktionen. Wir verfolgen dabei eine ­konzernweite Währungs­risikomanagement-Strategie und setzen dazu derivative Finanzinstrumente ein, hauptsächlich Devisen­termingeschäfte. Wir tun dies mit dem ­vorrangigen Ziel, die Volatilität ­unseres Ergebnisses zu ­reduzieren. Ein Beispiel ist die Absicherung der ­erwarteten Fremd­währungszahlungen ­unserer ausländischen Tochter­unternehmen ­gegen Wechselkursrisiken mit Hilfe von ­Devisentermingeschäften. Die rollierenden Absicherungen der Cashflows aus Lizenzzahlungen ­unserer Kunden ­ decken einen festgelegten Anteil des erwarteten Risikos ab und haben einen ­zeitlichen Horizont von bis zu 15 ­Monaten. Sie werden gegebenenfalls ­erneuert, um eine ­permanente Deckung der zu ­erwartenden ­Lizenzzahlungen bis zum ­Zahlungseingang zu gewährleisten.
Abgesichert werden auf diese Weise die erwarteten Cashflows aus den Tochter­gesellschaften, in denen wir umfangreiche ­operative Geschäfte tätigen. Hierzu gehören die ­USA, ­Groß­britannien, ­Japan, die Schweiz, Kanada und Australien. Im Bereich des Zinsmanagements evaluieren wir derzeit unsere Finanzierungsstruktur. Mit Blick auf die Zinsvolatilität sind ­daher unsere Risiken allerdings nicht sehr groß. Der Grund dafür ­besteht darin, dass wir ­unsere ­Finanzverbindlichkeiten zu einem festen Zinssatz aufgenommen haben. Nur ein ­kleinerer Anteil war historisch variabel ­verzinst. Zur Absicherung des Cash­flow-­Risikos, das aus Schwankungen künftiger Zinszahlungen im Zusammenhang mit den variabel verzinslichen Tranchen eines Schuldscheindarlehens, kurz SSD, in Nennwert­höhe ­erwuchs, hatten wir Payer-Zinsswaps ­abgeschlossen.

_SAP verfügt derzeit über kein ­Kredit-Rating einer Rating-Agentur. Wann würde Ihr ­Unternehmen ein solches Rating einmal ­anstreben?
Wir haben unsere Eurobonds und ­US-­Privatplatzierungen in den vergangenen Jahren bei hoher Nachfrage jeweils sehr ­erfolgreich zu attraktiven  Konditionen ­platzieren können. So haben wir gerade eine bestehende Akquisitionsfinanzierung in ­Höhe von 2,4 Milliarden Euro im Euro­bond- und im US-Private-Placement-Markt re­finanziert.
Das US-Private-Placement war mit 1,4 ­Milliarden Euro das größte Cross-Border-­­US-Private-Placement aller Zeiten. Bei solchen Ergebnissen haben wir keinen unmittelbaren Druck, uns einem Rating-Prozess zu ­unterziehen. ­Allerdings schließen wir es auch nicht aus. Mit ­einem Rating könnten wir ­unsere ­Investorenbasis verbreitern, ­gegebenenfalls höhere ­Volumina generieren und hätten auch ­Zugang zum US-­Public-Bond-Markt, ­wodurch wir noch flexibler in unserer Finanzierung wären. Ob seiner ­Aufwendigkeit sollte ein ­Rating-Prozess ­jedoch nicht übereilt ­statt­finden, ­sondern sorgfältig geplant ­werden. Auch hier ist das Treasury gefragt als Berater des Top-Managements.

_Wie ich dem jüngsten Geschäftsbericht aus dem Jahr 2011 ­entnommen ­habe, strebt SAP eine ­Kapitalstruktur an, die es ermöglicht, ­ihren Finanzierungsbedarf zu angemessenen ­Bedingungen über die ­Kapitalmärkte zu ­decken. Die aktuelle, solide ­Bilanzstruktur ­erweckt allerdings den ­Eindruck, als hätten Sie ­dieses Ziel bereits ­erreicht. Oder wie sehen Sie das?
Unsere aktuelle Kapitalstruktur wird ­unseren Bedürfnissen gerecht. Hiermit endet jedoch die Auseinandersetzung mit der ­Kapitalstruktur nicht. Dies ist eine ­Dauer­aufgabe für eine Treasury-­­Abteilung, um in Abhängigkeit von Unternehmens­entwicklung und Unternehmensbedürfnissen Handlungsempfehlungen aussprechen zu können. ­Treasurer müssen über ein tiefes Verständnis der Unter­nehmensstrategie verfügen, um mögliche Implikationen für die Kapital­struktur  zu ­antizipieren. Gemeinsam mit unseren Kernbanken evaluieren wir ­deshalb fortlaufend unsere Möglichkeiten, um auf diese Weise die ­Treasury-Toolbox ­aus­zuweiten und im entscheidenden ­Moment zum Einsatz zu bringen.
Dies verdeutlicht auch unsere ­Historie: Bis 2008 waren wir überwiegend ­eigen­finanziert. Im gleichen Jahr haben wir dann mit der Akquisition von Business ­Objects syndizierte Kreditschulden aufgenommen, die wir in der Folge auf ­andere ­Finanz­instrumente verteilt haben. Wir haben seither weitere Großakquisitionen vorgenommen und finanziert.

_Gibt es eigentlich einen engen Austausch mit anderen Dax-Treasurern?
Diesen Austausch gibt es in der Tat, und zwar auf ­verschiedenen Ebenen, und wir nehmen ihn gerne in Anspruch, wie wir auch für Fragen von Kollegen aus ­anderen Unternehmen zur Verfügung stehen. Immer wieder erreichen uns sowohl betriebs­wirtschaftliche Fragen als auch Fragen zum SAP-internen Einsatz ­unserer Software­produkte. Wir engagieren uns aber auch ­gerne gemeinsam mit anderen im Dienste der gemein­samen Sache, sei es im Verband Deutscher Treasurer, im ­gemeinsamen ­Arbeitskreis des Deutschen Aktieninstituts oder mit dem BDI.

portfolio institutionell, Ausgabe 12/2012

Autoren:

In Verbindung stehende Artikel:

Schreiben Sie einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert