Versicherungen
3. Februar 2014

Kein Lebensversicherer wird Konkurs gehen

Lebensversicherungen können die nächsten gut 20 Jahre auch bei weiterhin niedrigsten Zinsen ihre Garantien bedienen, wie Fitch in einer Szenario-Analyse zeigt. 2014 werden weitere Zuführungen zur Zinszusatzreserve anstehen.

Totgesagte leben länger. Dieser Spruch passt offenbar auch auf deutsche Lebensversicherungen. „Die Lebensversicherer werden starke Stressszenarien und eine anhaltenden Niedrigzinsphase durchstehen“, erklärte Dr. Stephan Kalb, Senior Direcctor bei Fitch Ratings, Ende Januar auf der „Insurance Roadshow“, die die Rating-Agentur alljährlich veranstaltet. Der Rating-Ausblick für die Mehrheit der 25 Lebensversicherer, die von Fitch geratet werden, steht auf stabil. Lediglich zwei Adressen, nämlich Axa und Generali, stehen auf negativ. Das liege jedoch am Rating der gesamten Versicherungsgruppe und habe nichts mit den deutschen Töchtern zu tun.
In seinem Vortrag verhehlt Kalb nicht, dass das Niedrigzinsumfeld eine Herausforderung für Lebensversicherer darstellt. Das bedeute aber keineswegs, dass sie ihre Garantien nicht mehr bedienen können. Denn die durchschnittlichen Anleihekupons liegen nur knapp unter vier Prozent und damit über dem durchschnittlichen Rechnungszins im Bestand von 3,2 Prozent. Als weiteren Grund führte Kalb an: „Die Kapitalanlagen übersteigen die Deckungsrückstellungen. Sie brauchen also weniger als 3,2 Prozent in den Kapitalanlagen, um den Rechnungszins zu bedienen.“ So würden bereits 2,9 Prozent reichen, um die 3,2 Prozent Rechnungszins darzustellen.
Selbst wenn die Niedrigzinsphase noch bis 2032 andauert, sieht Kalb keinen Grund zur Sorge: „Wir rechnen mit keinen Konkurs unserer Lebensversicherer, die wir raten.“ Zu diesem Schluss kommt der Fitch-Mann mit Hilfe eines simulierten Run-off-Szenarios. In diesem wird angenommen, dass das Portfolio ausschließlich aus festverzinslichen Anlagen besteht, kein Neugeschäft generiert wird und die frei werdenden Gelder zu 1,5 Prozent – was sogar noch unter den derzeitigen Renditen für zehnjährige Bundesanleihen liegt – wiederangelegt werden. In diesem Fall könnten die Garantien ab 2017 nicht mehr bedient werden. Allerdings weist Kalb daraufhin, dass in diesem vereinfachten Szenario andere Ertragsquellen der Versicherer nicht berücksichtigt wurden. Das Ergebnis ist somit verzerrt. Zum Beispiel gehen Versicherer von zu hohen Lebenserwartungen aus. Seit 2005 betrug das Risikoergebnis jedes Jahr rund sechs Milliarden Euro, wobei dies natürlich kein Überschuss grundsätzlicher Art ist. „Wenn man das auf die Kapitalanlage umrechnet, kommt ein Prozentpunkt hinzu“, so Kalb. Berücksichtigt man in dem Run-off-Szenario also auch die anderen Ertragsquellen der Versicherer, wird die Gesamtverzinsung über die gesamte Simulationsperiode, bis 2032, erreicht.
Zinszusatzreserve ist auch 2014 zu befüllen
Ungeachtet dieses Niedrigzinsszenarios rechnet Fitch grundsätzlich eher mit leicht steigenden Zinsen. Dafür spricht auch die jüngste Entscheidung der Fed. Erst vergangene Woche hatte diese ihre lockere Geldpolitik weiter gedrosselt. Die monatlichen Ankäufe von langfristigen Staatsanleihen und Immobilienpapieren werden um zehn Milliarden Dollar reduziert. Sollte der Zins tatsächlich steigen, wird sich das nach Ansicht von Fitch jedoch noch nicht auf die Zinszusatzreserve der Lebensversicherer auswirken. Auch 2014 rechnet die Rating-Agentur mit Zuführungen. So könnten 2014 erstmals auch die Verträge mit einem Rechnungszins von 3,25 Prozent in die Zinszusatzreserve einbezogen werden. „Selbst wenn der Zins auf 2,5 Prozent steigt, wären die 3,25-Prozenter betroffen“, so Kalb.
Im vergangenen Jahr wurden der Zinszusatzreserve branchenweit rund 6,5 Milliarden Euro zugeführt – nach etwa 5,7 Milliarden Euro im Jahr 2012 und 1,5 Milliarden Euro 2011. Insgesamt sind nunmehr etwa 13,7 Milliarden Euro für diesen Zweck gebunden, was rund 1,85 Prozent der Deckungsrückstellung entspricht. „Das ist eine passable Zahl, aber nicht extrem hoch“, kommentierte Kalb. Die Einschätzung über Zuführungen zur Zinszusatzreserve teilt auch Dr. Reiner Will, Geschäftsführer von Assekurata. „Wenn sich die Lage nicht bald ändert, werden noch 2014 auch Verträge von der Nachreservierung erfasst, die mit einem Rechnungszins von 3,25 Prozent abgeschlossen worden waren. Dann müssten die Unternehmen 2014 der Zinszusatzreserve weitere acht bis zehn Milliarden Euro zuführen“, prognostizierte Will bei der Vorstellung der Studie „Überschussbeteiligung 2014“. Das gesamte bilanzielle Eigenkapital der Branche belaufe sich auf rund 13 Milliarden Euro. Die Nachreservierung sei also zu einer Aktion mit großem finanziellem Aufwand ausgeartet.
Die Kapitalanlagen der Lebensversicherer sind laut Fitch-Direktor Kalb weiterhin konservativ strukturiert. Die Risikokapitalquote betrug im vergangenen Jahr etwa 11,5 Prozent und lag damit weit unter der maximal zulässigen Quote. Die Aktienquote wurde weiter abgebaut und vornehmlich zugunsten von Corporate Bonds umgeschichtet. „Im Nachhinein war das keine gute Idee. Mit Aktien wäre man gut gefahren“, bemerkte Kalb. Zugleich habe sich die Kreditqualität in den Anleiheportfolios verschlechtert. Die Gründe hierfür seien zum einen Umschichtungen im Portfolio und zum anderen Downgrades von Emittenten. „Versicherer gehen höhere Risiken ein, aber der Preis für die Risiken ist nicht attraktiv“, erklärte Kalb. Die Duration haben die von Fitch gerateten Lebensversicherer im vergangenen Jahr ebenfalls ausgebaut. Das spricht dafür, dass die deutschen Versicherer – anders als Fitch – an weiterhin niedrige oder sogar fallende Zinsen glauben.    
portfolio institutionell newsflash 03.02.2014/ Kerstin Bendix  

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