Alternative Anlagen
6. Februar 2017

Summit III: Komplex, aber ertragreich: Private Assets

Infrastruktur und Private Debt haben viele attraktive Facetten: stetige Cashflows, wenig Volatilität, Proxy-Bond-Charakter und ­dringend ­benötigte Renditeprämien. Andererseits erfordern diese Asset-­Klassen eine ­hohe Expertise. Interessante Investitions- und Strukturierungsmöglichkeiten gab es auf dem portfolio ­institutionell Summit Ende 2016.

Die Illiquiditätsprämie beträgt 55 bis 230 Basispunkte. Diese Spanne ermittelten die Spezialisten von NN Investment Partners ­anhand von 15 Corporate-Credit-Transaktionen. Im Durchschnitt lässt sich mit Krediten an diese Unternehmen, die verschiedenen Sektoren entstammen und deren Rating bei BBB/BBB- liegt, eine Prämie von 94 Basispunkten zu gelisteten Corporate Bonds verdienen – ein guter Grund für das gute Dutzend institutioneller Investoren, auf dem ­Summit die Komplexität dieser Prämien zu analysieren und mit ­liquiden Prämien zu vergleichen. Bei den beiden weiteren guten Gründen handelt es sich um den Klassiker Diversifikation – gerade in Deutschland kann sich außerhalb der Börse ein interessantes, neues Emittentenuniversum öffnen – und um eine neue Perspektive auf ­Private Debt: Inwiefern kann diese Asset-Klasse auch in ein Asset-­Liability-Matching integriert werden? Aus Sicht von Frank Hermens, Head of Corporate Credit bei NN Investment Partners, ermöglicht illiquides Corporate Debt einen guten „Match“ zu den Liabilities eines Investors, zudem bestehe die Möglichkeit, ein an die individuellen ­Bedürfnisse eines Investors, beispielsweise bezüglich Duration, Bonität, Besicherungen oder Sektoren, angepasstes Portfolio aufzubauen.
Als relevante Aspekte der Private-Debt-Thematik diskutierte ­Hermens unter anderem, welches Risikoprofil dieser Rendite-Pick-up birgt. Anschließend stand die Gretchenfrage an, ob institutionelle ­Investoren tatsächlich die Lücken ausfüllen können, die durch den Rückzug der Banken aus dem Kreditgeschäft entstanden sind. ­Hermens sieht hierbei für Investoren durchaus Opportunitäten, um in die Bresche zu springen, auch weil gerade kleineren und mittel­großen Unternehmen seitens Banken der Kredithahn zugedreht wird. Ein kritischer Punkt ist auch die Datenverfügbarkeit, sprich, ob sich an der Börse auch immer vergleichbare Bonds finden lassen, um die ­Höhe der Prämie zu bestimmen. Aus der Investorenperspektive ist zudem relevant, wie viel Liquidität benötigt wird und wie sich die steigenden ­Regulierungsanforderungen und ESG-Berücksichtigungen auf die Portfoliokonstruktion auswirken.

 

Höhere Renditeziele in der Unternehmensfinanzierung verfolgt ­Rothschild mit acht bis zehn Prozent per annum für Senior Debt und zehn bis 15 Prozent für Junior Debt. Das Private-Geschäft, das bei Rothschild im Merchant Banking aufgehangen ist und unter Five ­Arrows firmiert, hält Assets von über sechs Milliarden Euro, wovon ­eine von der Familie stammt. Bezüglich Private Debt sind diese in ­einem Renditespektrum investiert, das von Senior Secured LBO Debt bis Payment in kind Debt reicht. Distressed bleibt außen vor. Dies spiegelt sich auch darin, dass für Raoul Mahler Private Debt zwei Haupt­charakteristika aufweist: „Vorhersagbare Ausschüttungen, ­starke Absicherung nach unten.” Letzteres sei in der rechtlichen ­Dokumentation durch verschiedene Sicherheiten wie Kreditverein­barungsklauseln und den Equity-Puffer von 30 bis 50 Prozent, der ­zuerst im Feuer steht, gewährleistet. Als weitere Komponenten, die sich auf das ­Sicherheitsgefühl von Investoren positiv auswirken dürften, nennt Mahler die zügig und quartalsweise zurückfließenden Zahlungs­ströme, die Bewertungsvorteile eines geschlossenen Fonds und den Schutz vor steigenden Zinsen durch Floater. 

Liquide und illiquide Infrastruktur

Risikomanagement muss in allen Kreditsegmenten aufgrund der Asymmetrie der Auszahlungsprofile eine hohe Bedeutung haben. Das Asymmetrie-Argument gilt aber auch für Infrastruktur, wie ­Matthias Meyer, Head of Liquid Real Assets EMEA & APAC der ­Deutsche Asset Management, in seiner Präsentation betonte: „Bei ­Infrastruktur sind viele Risiken asymmetrisch.“ Meyer referierte auf dem Summit über Investments in liquide Wirtschaftsinfrastruktur, seine Kollegin Maria Haindl, Head of Solutions EMEA, über die ­Potenziale illiquider Wirtschaftsinfrastruktur. Als gutes Argument für in Aktien verpackte Real Assets präsentierte Meyer die Statistik, dass deren jährlicher Ebitda-Zuwachs seit 2001 immer positiv war. „Dieser Zuwachs liegt fast ­immer zwischen sieben bis neun Prozent und ­damit in der Spanne, der von Core-Infrastruktur erwartet wird“, präzisiert Matthias Meyer. Bei globalen Aktien fiel die Entwicklung dieser Kennzahl dagegen deutlich volatiler aus. Die Gesamtrendite liegt über verschiedene Zeit­räume mit etwa neun Prozent doppelt so hoch wie für den gesamten Aktienmarkt. Dies schlägt sich auch in der Sharpe Ratio nieder, die über zehn Jahre bei Infrastrukturaktien etwa dreimal höher als für globale Aktien ist.

Neben diesem interessanten Chance-Risiko-Verhältnis betonte der Investmentspezialist­ außerdem insbesondere die „stabilen und planbaren Cashflows mit möglichem Inflationsschutz“. In Infrastrukturaktien hat die Deutsche Asset Management 15 Milliarden Euro an Kundengeldern investiert. Das Universum hierfür ist ausreichend, ­allein die „Pure Plays“, also die Sachwertbesitzer unter den Wirtschaftsinfrastrukturunternehmen, kommen auf eine Marktkapitalisierung von 1,5 Billionen Dollar. Gespeist wird dieses Volumen laut Meyer auch von großen Sovereign Wealth Funds, die Infrastruktur­aktien zur Diversifikation ihrer Direktinvestments nutzen.

Wer jedoch einen direkten Zugang zu den entsprechenden ­Vermögenswerten bevorzugt, ist mit illiquiden Infrastrukturbeteiligungen besser bedient. Als Beispielinvestment führte Maria Haindl Tank & Rast an: „Hier wurde ein neues Geschäftsmodell implementiert. Teil des Modells ist beispielsweise, dass die sanitären Anlagen von einer Kosten- zu einer Gewinnstelle gemacht wurden. Außerdem wird in neue Geschäftsfelder expandiert, um Skaleneffekte auszunutzen.“ Der Zugang zu Infrastrukturbeteiligungen wird durch das ­eigene Investmentvolumen determiniert. Haindl erklärte: „Mit steigender Komplexität der Investmentvehikel kann sowohl der Grad an Diversifikation als auch die Kostenbelastung des Investors steigen.“ Über ­einen Dachfonds können beispielsweise bis zu 500 Infrastruktur­beteiligungen eingegangen werden. Die höhere Diversifikation hat sich in den vergangenen acht Jahren bezahlt gemacht. Bis März 2016 lag die annualisierte Rendite von illiquiden Infrastrukturbeteiligungen­ bei über zwölf Prozent und die Sharpe Ratio bei 2,92. 

Dieser stolze Wert kann aber auch auf eine gewisse „Glättung“ der Performance-Daten zurückzuführen sein. „Die historische Volatilität von illiquiden Infrastrukturanlagen wird oft unterschätzt und die ­Diversifikationsfähigkeit der Anlageklasse kann überbewertet ­werden“, warnt Maria Haindl. Gründe hierfür können sein, dass ­Bewertungen oft auf Gutachten basieren, Transaktionen nicht regelmäßig stattfinden und auch die Prognose von Zahlungsströmen eine Herausforderung darstellt. In der Konsequenz müssen sich Investoren bewusst sein, dass gerade illiquide Anlagen eine genaue Due ­Diligence erfordern, da einem die jeweiligen Risiko- und Rendite­treiber bewusst sein müssen.

Doch die schönsten Renditen und Sharpe Ratios müssen auch mundgerecht serviert werden. Darum nahm die Bayern-Invest zu den invest­mentrechtlichen Rahmenbedingungen und Gestaltungsmöglichkeiten aus Sicht einer deutschen Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) bei Investments in Private Debt beziehungsweise in unverbriefte Darlehensforderungen im ­Sinne des Paragrafen 221 Absatz 1 Nummer 4 KAGB Stellung. Die Bayern-LB-Tochter war eines der ersten Häuser, denen die Umsetzung von Krediten als Anlageinstrument im Spezialfonds gelang. Dass die Erwerbbarkeit von Krediten keine triviale Übung ist, ergibt sich schon daraus, dass mittels richtlinienkonformer Publikumsfonds, vulgo Ogaw-Fonds, ein Investment rechtlich nicht möglich ist. Außerdem bestehen Restriktionen für VAG-­Anleger aus der Anlageverordnung und dem Bafin-Rundschreiben 4/2011. Nach Paragraf 2 Absatz 4 Nummer 1 der Anlageverordnung sind nämlich direkte und indirekte Anlagen in Konsumenten- und Betriebsmittelkredite nicht zulässig. Weiter beinhaltet die Anlageverordnung Quotenbeschränkungen für reine Debt-Fonds.

Die Wahl zwischen inländischem AIF und Luxemburg

Wenn es für Ogaw-Fonds kein Placet der Aufsicht gibt, bedarf es eines AIF. Für einen inländischen Publikums-AIF sind Kredite ein zulässiger Vermögensgegenstand nach Paragraf 221 Absatz 1 Nummer vier KAGB. Allerdings besteht für dieses Vehikel grundsätzlich eine Anlage­beschränkung von 30 Prozent des Net Asset Value des Fonds. Zweite Möglichkeit: der inländische Spezial-AIF mit festen Anlagebeding­ungen. In diesem sind Abweichungen von der 30-Prozent-Beschränkung möglich, der Grundsatz der Risikomischung muss jedoch ­eingehalten werden. „Der inländische Spezial-AIF bietet mehr ­Handlungsspielraum und eine effektivere Verwaltung. Außerdem ist die Einbindung einer Fronting Bank bei der Prolongation und ­Restrukturierung von erworbenen Darlehen nicht mehr notwendig“, erläuterte Matthias Meinert von der Bayern-Invest. Der Rechtsanwalt gibt jedoch einem Nachbarland den Vorzug: „Luxemburg ist ­diesbezüglich ­liberaler.“ Publikums- und Spezialfonds des ­Groß­herzogtums können ebenfalls Kredite erwerben – aber ohne ­Beschränkungen. ­Beachtet werden muss lediglich, dass das Risiko­streuungsprinzip ­eingehalten wird und diese Vermögensgegenstände im Einklang mit der Anlagepolitik stehen.

Bewertung, Reporting, Risikomanagement, Schnittstellen

In der Folge ergeben sich hieraus verschiedene Strukturierungs­möglichkeiten, in denen zwischen Banken und Special-Purpose-­Vehikeln sowie AIF und Sicav – an die der Asset Manager, die verwaltende KVG und die Verwahrstelle angedockt werden können – abgewogen werden muss. Wichtig bei der Auswahl der KVG ist natürlich, dass diese die nötigen Prozesse für Bewertung, Reporting, Risiko­management und Schnittstellen beherrscht. Wichtige Aufgaben für die Verwaltung sieht Matthias Meinert im Datenabgleich mit der ­Verwahrstelle und dem Loan Servicer, im Reporting und in der laufenden Bewertung.

Wie die Veranstaltung gezeigt hat, weisen Infrastruktur und ­Private Assets verschiedenste, zu berücksichtigende Aspekte auf. ­Diese ­Vielfalt wurde auch im „On-Stage-Interview“ mit Frank Heiss, einem Infrastrukturexperten der Swiss Life Group, deutlich, der diese Asset-Klasse aus dem Blick­winkel einer großen Versicherung beschrieb und dabei auch auf die verschiedenen Märkte und Segmente einging. ­Finanzierungen und Eigenkapital­ werden seitens Unternehmen und Staat auch künftig ­gefragt sein. Bei Komplexitätsprämien, Senior ­Secured LBO Debt, Sharpe Ratios, Fronting Banks oder diversen Paragrafen den Überblick zu behalten, fällt nicht leicht. Informationen und Hilfestellungen gebende­ Veranstaltungen wie der portfolio institutionell Summit sind darum auch bis zum krönenden Abschluss-Dinner gut besucht. Das in der Kölner Veranstaltung erworbene ­Wissen kann dazu beitragen, Anlegern aus der einen oder anderen ­Investitionsverlegenheit zu helfen.

Von Patrick Eisele

portfolio institutionell, Ausgabe 01/2017

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