Alternative Anlagen
14. Juli 2015

Kredit von der Pensionskasse

Darlehensfonds sind endlich auch in Deutschland zulässig, auch wenn noch manche Fragen offen sind. Investoren fällt es nun leichter, über Finanzierungen ihr Anlagespektrum zu bereichern. Nischenstrategien bieten dabei viel Potenzial und helfen, das Ressourcen­problem zu reduzieren.

Viel diskutiert, wenig passiert: Die oft prophezeite Great Rotation lässt seit Jahren auf sich warten; zu großen Umschichtungen von ­Anleihen in Aktien ist es in den Portfolien institutioneller Investoren bislang­ nicht gekommen. Rotiert wurde aber doch, und zwar in alternative Anlageklassen. Besonderes Interesse zeigen ­Anleger an wachstumsorientiertem Fixed Income, wie Emerging Market Debt, Multi-­Asset-Credit und Private Debt. Das zeigt der European Asset Allocation­ Survey 2015 von Mercer, der mehr als 1.100 betriebliche Altersvorsorge­einrichtungen aus Europa mit einem Vermögen von über 950 Milliarden Euro berücksichtigt, darunter 40 deutsche Einrichtungen.

Trotz der zunehmenden Beliebtheit von Debt-Strategien kam im hiesigen Fondsstandort davon bislang nichts an. Darlehensfonds wurden in der Regel nicht in Deutschland aufgelegt – aus gutem Grund. Zwar durften Investmentfonds schon lange unverbriefte Darlehensforderungen erwerben, konnten diese aber nicht effektiv verwalten. Vieles, was über den Erwerb von Darlehensforderungen hinausging, insbesondere die Restrukturierung und Prolongation von Darlehen, fiel unter das Kreditwesengesetz­ (KWG). Eine Banklizenz wäre dafür erforderlich gewesen, die Anbieter­ entsprechender Fonds jedoch nicht haben. „Das machte keinen Sinn. Man muss sich im Sinne seiner ­Investoren um die Darlehen kümmern können“, erklärt Achim Pütz, Rechtsanwalt und Managing Partner bei Dechert. Das hat inzwischen wohl auch die Bafin eingesehen und am 12. Mai dieses Jahres ihre neue Verwaltungspraxis in Sachen Darlehensfonds vorgestellt. Demnach erkennt sie neben dem Erwerb nun auch die Darlehensrestrukturierung und -prolongation durch alter­native Investmentfonds (AIF) als Teil der kollektiven Vermögensverwaltung an, ohne dass diese in den Anwendungsbereich des KWG fallen. Damit sind in Deutschland nun reine Darlehensfonds zulässig. Markus Hammer, Head of Asset Management bei PwC, begrüßt diese Entwicklung, merkt allerdings an: „Das war zur Angleichung der Rechtsverhältnisse auf EU-Ebene auch geboten. Die Bafin zieht gegenüber ausländischen Finanzbehörden nach. In Irland und Luxemburg gibt es reine Darlehensfonds schon längst.“ Auch Frank Dorns­eifer, Geschäftsführer des Bundesverbands Alternativer Investments (BAI), zeigt sich erfreut über das Einlenken der Bafin und verweist auf einen zweiten Meilenstein, den die deutsche Finanzaufsicht mit ihrer neuen Verwaltungspraxis setzt: „Die originäre Kreditvergabe ist nun erlaubt.“ Der BAI-Geschäftsführer ist sich allerdings bewusst, dass die Schattenbankendiskussion an der ein oder anderen Stelle nochmals aufflammen könnte. Aber zumindest vonseiten der Bafin herrsche nun Klarheit: „Wenn ein Fonds aus bei institutionellen Investoren eingesammeltem Eigenkapital Kredite vergibt, ist das etwas anderes­ als ein Bankkredit, hinter dem die kurzfristigen Einlagen unzähliger Privatanleger stehen.“         

Ob Deutschland seine neue Wettbewerbsfähigkeit gegenüber ­anderen Standorten nutzen kann, darüber ist Dechert-Rechtsexperte Pütz einigermaßen skeptisch. Und das hat einen­ Grund. „Luxemburger Vehikel sind steuerbefreit, das ist rechtssicher. In Deutschland herrscht in Bezug auf die steuerliche Behandlung noch eine gewisse Unsicherheit“, so Pütz. Am Beispiel eines AIF – ausgestaltet als Personengesellschaft – führt er dieses aus: „In diesem Fall ist der Fonds von der Körperschaftssteuer befreit. Die Frage ist: Gilt das auch für die Gewerbesteuer? Es spricht viel dafür, dass ein solcher Darlehensfonds als vermögensverwaltend qualifiziert und damit auch gewerbesteuerfrei ist. Aber ohne verbindliche Auskunft der zuständigen Finanzverwaltung dürfte das steuer­liche Risiko jedenfalls zu groß sein.“ Investoren rät Pütz, genau hinzuschauen, ob der deutsche Fonds Vorteile bringt. Dem Rechtsanwalt brennt an dieser Stelle noch eine andere Frage unter den Nägeln: „Es ist noch nicht von der Bafin klargestellt, ob die neue Verwaltungspraxis nur für deutsche Fonds gilt. Zumindest die Anwendbarkeit für andere europäische Fonds sollte gegeben sein. Wenn ein Luxemburger Fonds früher in Deutschland ein ­Darlehen vergeben wollte, stellte dies regelmäßig eine grenzüberschreitende Kreditvergabe dar.“ Pütz hofft auf eine baldige Klärung.  

Für VAG-Investoren steht noch eine andere offene Frage im Raum: Welchen Anteil an einem Sondervermögen dürfen unverbriefte Dar­lehensforderungen ausmachen? Nach dem KAGB ist die Antwort ­eindeutig: Offene und geschlossene Spezial-AIF dürfen unverbriefte Darlehensforderungen ohne Begrenzung erwerben, wenn der Verkehrswert der Loans voll ermittelt werden kann. „Stimmt der Anleger zu, müsste dies auch für die bei VAG-Investoren bestens ­eingeführten offenen Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen gelten, also 100 Prozent“, erklärt Hammer. Ein anderer Wortlaut findet sich jedoch in der neuen Verwaltungspraxis der Bafin. Für jegliche Spielart der offenen Spezial-AIF „sollte“ laut dem Schreiben vom 12. Mai „ein Erwerb unverbriefter Darlehensforderungen nicht überwiegend sein“. ­Erlaubt wären folglich bis zu 50 Prozent. Damit ist das Maß an Unklarheit aber nicht voll, es steht noch eine dritte Zahl im Raum: 30 Prozent. Diese Begrenzung sieht die historische Rechtsanwendung vor, die die Bafin in ihrem Rundschreiben zur Anlageverordnung 2011 gesetzt hat. Nach Ansicht von Hammer ist das „alte“ Kapitalanlagerundschreiben auf neue Investments zwar nicht mehr anwendbar, explizit aufgegeben wurde die 30-Prozent-Grenze jedoch nicht. „Für VAG-­Anleger sind reine Darlehensfonds nach der revidierten Anlageverordnung für sich gelesen zulässig. Aber es wird diskutiert, ob die ­Beschränkung auf 30 Prozent auch weiterhin greift“, merkt der PwC-Mann an. Er fordert: „Es muss insbesondere für institutionelle Investoren, wie Versicherungen, Klarheit herrschen, über welche AIF-Strukturen sie in Darlehensfonds welchen Reinheitsgrades investieren können. Klare Zielrichtung sollten hier 100 Prozent sein.“ ­Allzu große Hoffnung auf ein baldiges Bafin-Rundschreiben, das zur
Klärung dieser offenen Frage beiträgt, sollten sich die Anleger jedoch nicht machen. Die meisten Rechtsexperten rechnen in diesem Jahr nicht mehr mit einem Schreiben. „Wegen der Einführung von ­Solvency II zum 1. Januar 2016 für Versicherungen bin ich sehr skeptisch, was die Veröffentlichung eines überarbeiteten Rundschreibens anbelangt. Da die Bafin die Versicherungen als Hauptadressat der ­Anlageverordnung sieht, überholt sich damit die Notwendigkeit eines Rundschreibens von selbst“, merkt Achim Pütz an. Der ­Rechtsexperte von Dechert spricht sich ebenfalls dafür aus, dass offene Spezial-AIF keiner Begrenzung unterliegen sollten. Eine solche würde nach ­seiner Überzeugung nicht funktionieren: „Ein Darlehensfonds lässt sich nicht mit anderen Strategien kombinieren. Man kann auch an den ­Sekundärmarkt gehen, um eine gewisse Liquidität darzustellen – wenn auch nicht täglich.“ Seiner Ansicht nach geht der Trend ohnehin weniger zu offenen, sondern vielmehr zu geschlossenen Fonds. Der Vorteil: Hier besteht das Problem einer möglichen Anlagegrenzverletzung nicht. Geschlossene Fonds dürfen zu 100 Prozent in ­Darlehensforderungen investieren, sie müssen keine Liquidität vorhalten. „Zudem sind Investoren an langfristigen Anlagen mit laufenden Ausschüttungen interessiert. Sie haben kein Problem mit ­geschlossenen Fonds“, ist Pütz überzeugt.
 
Direktes und indirektes Direct Lending
Empfehlenswert ist natürlich auch, sich bei Debt-Strategien nicht nur mit regulatorischen Vehikelfragen, sondern auch mit dem Asset selbst zu beschäftigen. Derek Williams, Managing Director Private Markets beim Consultant Bfinance, unterteilt die auf Basis privater Transaktionen gehandelten Assets in die Gruppen „Immobilien-“, ­„Infrastruktur-“ und „Unternehmensfinanzierung“, wobei Letztere nicht Asset Backed ist. Die Umsetzung könne direkt – wofür in Deutschland mangels ­Ressourcen und Netzwerken zur Dealflow-­Generierung nur die ­wenigsten Investoren infrage kommen – oder über Fonds als indirekte Finanzierungsform erfolgen. Die Attraktivität­ von Private Debt liegt für Williams insbesondere in zwei Punkten: einmal, dass sich Banken aus der Kreditvergabe zurückziehen, und zum anderen, dass Debt-Strategien an das gewünschte Risiko-Rendite-­Profil des ­Investors angepasst werden können. „Viele opportunistisch geprägte Investoren mögen die Mezzanine-Tranche, in der selbst bei Real ­Estate eine IRR von elf Prozent möglich ist. Ver­sicherungen bevorzugen dagegen bei Immobilienfinanzierungen meist die Senior-Tranchen, die eine IRR von drei bis fünf Prozent liefern, und bilden diese Investments häufig über Separate Accounts ab“, so Williams. „Diese Margen haben sich im Vergleich zur Vergangenheit spürbar reduziert.“ Babson Capital nennt als Jahresrenditen für Corporate Direct­ Lending sechs bis zehn Prozent für Senior-Secured-Transaktionen und zwölf bis 17 Prozent für Mezzanine-Transaktionen.

Die rückläufigen Margen führen zu einer hohen ­Kostensensitivität. Nur auf die Kosten zu schauen, ist jedoch wenig zielführend. „Wichtiger als die Gebühren ist die Interessenkongruenz zwischen Investor und Asset Manager“, erklärt Williams. Wie das ­Alignement gestaltet werden soll, sei immer vom Einzelfall abhängig. Eine hohe Performance Fee à la Private Equity ist allerdings wegen der beschränkten Upside von Debt eher kontraproduktiv. Die Überprüfung in der Due Diligence von Schlüsselpersonen und der Projekt-Pipeline des Anbieters sind weitere Punkte, auf die Derek Williams Wert legt und an denen man merkt, dass bei Private Debt der Wind von der Beteiligungsbranche her weht. „Die Asset-Klassen innerhalb von Private Debt sind teilweise noch sehr neu“, so Williams. „Manche Asset Manager sind aber bereits acht Jahre im Markt. Die gewachsene Angebotsqualität zeigt sich aber auch bei jüngeren Häusern.“ Im Bereich der Unternehmensfinanzierung bietet sich die liquidere Alternative mit Bank Loan-Fonds an, auf die auch VAG-Investoren aufmerksam wurden.

Bfinance hat in den vergangenen Jahren fünf Milliarden Euro an Geldern für Private Debt ausgeschrieben und beraten. In Deutschland gab es eine Ausschreibung für Bank Loans, eine weitere steht nun für Direct Lending an. Dank der gewachsenen regulatorischen Klarheit und dem Zuwachs an VAG-konformen Produkten, welche meist mit der Unterstützung von spezialisierten Fachanwälten oder Wirtschaftsprüfern aufgelegt werden, rechnet Michael Wolfram von Bfinance mit weiteren Ausschreibungen: ­„Nach wie vor ein großes Thema ist im deutschen Markt die Quotenzurechnung. Hier bestehen unterschiedliche Präferenzen.“ Manchmal ist die Nummer 13, die Beteiligungsquote, schon mit Private oder Infrastruktur-Equity belegt. Knackpunkt bei der Nummer 16 (transparenter Spezial-AIF) ist, dass die Produkte den Look-through auf einzelne Darlehen ermöglichen müssen. An Verpackungen nach Nummer 10 schätzen Investoren das Vorhandensein eines Ratings und dass ein Extra-Reporting obsolet ist, wobei die neue AIF-Quote unter Nummer 17 ebenfalls genutzt werden kann. Mitentscheidend ist die Zuordnung des bestehenden Portfolios.

In Deutschland finden sich auch Beispiele für direktes Direct Lending, zum Beispiel in Münster und Stuttgart. Die Ärzteversorgung Westfalen-Lippe (ÄVWL) finanziert bereits seit 2007 direkt „dinglich ­besicherte Mobilien“. Primär handelt es hierbei um Ausleihungen an Schuldner erstklassiger Bonität, die durch Schiffs- beziehungsweise Flugzeug­hypotheken erstrangig dinglich besichert sind. Darüber hinaus, so die ÄVWL im Geschäftsbericht 2014, liegen teilweise staatliche Export­garantien vor. Überwiegend kommen amortisierende Finanzierungsstrukturen zum Einsatz, bei denen laufende Tilgungsleistungen ­erbracht werden. Solche Investments kann man unter dem Stichwort „breitere Diversifikation“ einordnen, aber auch unter „Konzentration“ innerhalb der sehr heterogenen Asset-­Klasse „Infrastruktur“. Eine Konzentration auf Nischen ist auch die Antwort darauf, wie sich ein im Vergleich zu internationalen Pensionskassen kleiner Anleger an Direktinvestments wagen kann.

Eine andere Antwort kann sein, dass man sich bei Immobilien­finanzierungen auf die Erfahrungen aus der eigenen Direktanlage und aus der vormaligen Kreditvergabe an private Häuslebauer stützt. Diese Expertise kam den VPV Versicherungen in Stuttgart ­Ende 2013 bei der Refinanzierung eines von der ECE betriebenen Shopping-Centers in Berlin zugute. Die Finanzierung des ­Linden-Centers mit ­einem Darlehen in Höhe von 80 Millionen Euro erfolgt gemeinsam mit ­einer weiteren Versicherungsgesellschaft. Zu einem weiteren Ausbau der gewerblichen Immobilienfinanzierung kam es bislang nicht. Wie die VPV mitteilt, bekomme man über das ausgebaute Netzwerk zwar viele Angebote, allerdings sind diese insbesondere bezüglich des Rendite-Risiko-Profils für eine Lebensver­sicherung nicht adäquat. Zudem sei man bei einigen Angeboten nicht zum Zug gekommen. Darum weitet die VPV die Strategie nun aus: Auf der Target-Liste stehen nun auch Segmente wie Logistik oder Betreiberimmobilien sowie ­Standorte abseits der deutschen Metropolen. Um auch großvolumige Finanzierungen bedienen zu können, ist die VPV offen für die Zusammenarbeit mit Partnern, wie andere Versicherungen oder Banken.

Für eigenständiges Direct Lending wird der Mut zur Lücke beziehungsweise zur Nischenstrategie auch künftig erfolgversprechend sein. Hierfür bieten sich verschiedene Finanzierungsthemen an. Trade Finance findet sich beispielsweise im Fixed-Income-Angebot von Federated.­ Der Ansatz konzentriert sich auf ­Handelsfinanzierungen insbesondere zwischen Schwellenländern und hilft Produzenten, nach dem Verkauf schneller an ihr Entgelt zu kommen und das Transaktionsrisiko zu reduzieren.

Wie Trade Finance sind auch die Dienstleistungen von CRX Markets­ artverwandt zu Factoring. Genauer gesagt handelt es sich beim Angebot von CRX um ein Reverse Factoring beziehungsweise Approved Payables ­Finance. Das heißt, dass man nicht wie beim klassischen Factoring ­einem Lieferanten dessen unbestätigte Forderungen an verschiedene Schuldner mit einem Abschlag abkauft, sondern dass man die gegenüber einem Unternehmen seitens seiner Gläubiger bestehenden ­Forderungen auf einer Plattform in Wert­papiere bündelt und dieses Unternehmen eine unwiderrufliche und einredefreie Zahlungsverpflichtung abgibt. „Dies kann für große Unter­nehmen attraktiv sein, die ihre Lieferantenbasis stabilisieren möchten“, erklärt Alexei Zabudkin von CRX. „Noch wichtiger ist aber, dass sich die Verhandlungs­position dieses Unternehmens aufgrund des optimierten Working Capitals seiner Lieferanten verbessert. Dies könnte wiederum dafür genutzt werden, um längere Zahlungsziele zu vereinbaren.“ CRX verbrieft diese Forderungen und verkauft die Wertpapiere­ über Auktionen. Da keine Risikovermischung und keine Tranchierung stattfindet, handelt es sich hierbei nicht um ABS. Ein VAG-Anleger verbessert mit dem Kauf zwar nicht sein Asset-Liability-Management, da die ­Papiere nur 60 bis 90 Tage­ laufen. Er hat mit diesen Papieren aber Alternativen­ für sein Cashmanagement. „Bei einer­ Laufzeit von 60 Tagen streben wir ein Pricing von 30 bis 50 Basis­punkten über Euribor an, wobei­ Euribor­ vereinbarungsgemäß mindestens null ist“, so Zabudkin. Schwierig dürfte für manche VAG-Anleger allerdings sein, dass CRX – noch – aus Kostengründen auf Ratings ­verzichtet. Andererseits kennt der Investor den Schuldner und sollte nach Solvency II seine Risiken bewerten können.

Mut zur Lücke: Factoring, Krankenhäuser und Balsamico
Zu einem interessanten Lending-Spielfeld für deutsche Investoren könnte sich das Thema Krankenhausfinanzierung entwickeln. Drei gewichtige Gründe dafür sind, dass der Markt durch das Krankenhaus-Finanzierungsgesetz eine gewisse Regulierung aufweist, für VAG-Anleger attraktive lange Laufzeiten möglich sind und gerade die hierzulande prominent vertretenen Ärzteversorgungswerke und Krankenversicherer die Besonderheiten dieses Segments verstehen. Für die Regulierung sorgt das Krankenhaus-Finanzierungsgesetz, ­das Krankenhäuser wirtschaftlich sichern soll, um für eine ­bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung zu gewährleisten. In der Rolle der Wegbereiter dafür, dass der Kapitalmarkt in Deutschland nach den Renew­ables auch den Gesundheitsbereich entdeckt, sieht Gerald Dorsch von Feri Euro Rating Services die privaten Krankenhausbetreiber.­ Zwar stehen auch kommunale und kirchliche Träger unter Kostendruck,­ diese verfügen aber auch noch über andere Finanzierungsquellen, um sich insbesondere wegen Mindestmengenhürden für die ­Abrechnung von Fallpauschalen eine spezialisiertere ­Angebotsstruktur zu geben. Für private Betreiber spricht zudem, dass deren Geschäftsberichte Transparenz schaffen.

Als Beispiel nennt Dorsch Projektfinanzierungen für einzelne Akutkrankenhäuser, bei denen einzelne Finanzierungsbausteine von Pensionskassen mit Gesundheitsbranchen-Hintergrund und Ärzteversorgungswerken gezeichnet wurden. „Prinzipiell sind Akutkrankenhäuser wegen ihres laufenden Cashflows auch ein gutes Asset für Verbriefungen ihrer Forderungsbestände. Neben der Berücksichtigung der datenschutzrechtlichen Einschränkungen muss allerdings ein gewisser­ Abschlag für die Anfechtungsquote des medizinischen Dienstes der Krankenkassen eingeplant werden“, erläutert Dorsch. Bei einem Einzelstandort kann aber nicht nur der Cashflow, sondern auch die Immobilie­ als Besicherung in Form eines Grundpfandrechts dienen, da diese im Krankenhaus­bedarfsplan enthalten ist.

Obacht aber bei Spezialimmobilien, die so konzipiert sind, dass ein teures geleastes Spezialgerät einen möglichst hohen Auslastungsgrad erfährt, indem Patientenvorbereitungsräume sternförmig um dieses Gerät angelegt sind. „Ein solcher Bau ist nicht immer drittverwendungsfähig“, so Dorsch. Anleihen als Finanzierungs­instrument sind jüngeren Datums. Ein Beispiel ist eine unbesicherte CHF-Obligation der Schön-Klinik mit einem Zinssatz von 3,25 bis 3,75 Prozent für fünf Jahre und einem BBB-Emittenten-Rating von Euler Hermes. Für die nächsten zwölf bis 24 Monate erwartet Dorsch zwei bis drei weitere Emissionen. „Es gibt viele Möglichkeiten, sich an Krankenhaus­finanzierungen zu beteiligen. Dieser Markt ist für Investoren auch groß genug, um hierfür spezialisierte interne­ Ressourcen ­aufzubauen.“ Für ein Krankenhausprojekt mit neuem Standort sei ein Finanzierungsvolumen von 80 bis 100 Millionen Euro­ zu veranschlagen. 

Für Gaumen und Rendite
In einer ganz besonderen Nische ist die Baerg Marti AG tätig, nämlich in Bergnischen des Jungfraujochs, wo in sauerstoffarmer Luft Balsamico-Essig in Eichenfässern reift und sich wertvolle Balsamico-Kristalle bilden. An dieser Wertentwicklung können ­qualifizierte Anleger aus dem Versicherungsbereich über eine Schuldverschreibung im Sinne von Paragraf 2 Absatz 1 Nummer 8 Anlageverordnung mit einem Emissionsvolumen von zehn Millionen Schweizer Franken partizipieren. Auf die Schuldverschreibung erfolgt eine jährliche fixe Verzinsung von 1,15 Prozent zuzüglich einer variablen Verzinsung, die sich aus dem jährlichen Verkauf von Fässern unterschiedlicher Jahrgänge ergibt. Prognostiziert wird auf Basis aktueller Erfahrungswerte eine IRR von stolzen 13 Prozent. Die Laufzeit beträgt fünf Jahre, eine Denominierung eines Vergleichsproduktes in Euro ist ­angedacht.

Von Kerstin Bendix und Patrick Eisele

portfolio institutionell, Ausgabe 06/2015

Autoren:

In Verbindung stehende Artikel:

Schreiben Sie einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert