Alternative Anlagen
22. Juni 2016

Millimeterarbeit im Portfolio

An Alternative Debt führt für viele deutsche Institutionelle trotz mangelnder Transparenz und Illiquidität im derzeitigen Umfeld kein Weg vorbei. Der Weg ist jedoch steinig.

In der Not frisst der Teufel fliegen, besagt ein Sprichwort. Auf die institutionelle Kapitalanlage übertragen sind die Fliegen, die Investoren in der Zinsnot fressen, Illiquidität und Komplexität. Beide Eigenschaften sind mit der Asset-Klasse „Alternative Debt“ verbunden, deren Prämien sich institutionelle Anleger in Deutschland zunehmend öffnen. Dies zeigt sich in einer Studie von Axa Investment Managers, für die im April dieses Jahres 141 Kapitalanleger aus Deutschland (Versicherungen, Altersvorsorgeeinrichtungen, Corporates und Stiftungen) mit einem Gesamtvolumen von 662 Milliarden Euro interviewt wurden. 
Laut der Studie soll die Alternative-Debt-Quote innerhalb der nächsten 24 Monate von derzeit durchschnittlich 1,9 auf 2,5 Prozent ausgebaut werden. Insbesondere bei Versicherern ist eine recht starke Erhöhung um 69 Prozent geplant – allerdings von einem recht geringen Ausgangsniveau kommend. Die 62 befragten Versicherer wollen ihre Quote von derzeit 1,3 auf 2,2 Prozent erhöhen. Zum Vergleich: Die 32 befragten Altersvorsorgeeinrichtungen stehen derzeit bereits bei durchschnittlich 2,8 Prozent, ein Ausbau auf 3,4 Prozent ist angedacht. Die geringste Erhöhung ist bei den 31 befragten Pensionseinrichtungen großer Konzerne (Corporates) geplant, die ihre Quote von derzeit 1,7 auf 1,9 Prozent erhöhen wollen. 
„Alternative Debt ist im aktuellen Umfeld eine gute Möglichkeit, Millimeterarbeit im Portfolio zu leisten“, erklärt Jörg Schomburg, Leiter Institutional Sales Deutschland bei Axa Investment Managers. „Die letzten Jahre waren noch relativ gut. Doch seit einem halben Jahr wird versucht, den steinigen Weg zu gehen. Die Bereitschaft, sich mit Alternative Debt zu befassen, hat deutlich zugenommen“,  fügt er hinzu. „Die Zuflüsse würden wohl noch höher ausfallen, wenn die Anleger könnten, wie sie wollten. Denn das regulatorische Umfeld enthält teilweise hohe Hürden für solche Anlagen“, meint Schomburg. Das sieht er in der Studie bestätigt, in der nur 20 Prozent dieser Thematik tendenziell negativ gegenüberstehen. Die große Mehrheit sieht Alternative Debt positiv (34 Prozent) oder neutral (46 Prozent).  
Als wesentlicher Vorteil dieser Asset-Klasse, zu der Axa unter anderem Infrastruktur-Debt, Commercial Real Estate (CRE)-Loans und Collateralized Loan Obligantions (CLO) zählt, werden die besseren Renditechancen gesehen. Auf einer Skala von eins (wichtig) bis fünf (unwichtig) vergeben die Umfrageteilnehmer für die Renditechance die Note 1,8. So sagte der Leiter Alternative Investments einer Altersvorsorgeeinrichtung: „Alternative Debt ist gerade ein großes Thema, vor allem wegen der attraktiven Renditen.“ Er weiß, dass er damit nicht allein ist und hofft, „dass die steigende Nachfrage künftig nicht allzu sehr auf die Renditen drückt.“ Im Moment sieht er das aber noch nicht. 
Neben den Renditechancen sehen die befragten Investoren jeweils mit einer Note von 2,0 die Portfoliodiversifikation, das geringe Ausfallrisiko und die Illiquiditätsprämie als wichtige Vorteile von Alternative Debt an. Darüber hinaus wurde die geringe Volatilität (2,5) als positiver Aspekt genannt. Die Beweggründe für Alternative Debt können aber auch ganz anderer Natur sein. Schomburg berichtet von einer Versicherung, die in Infrastruktur-Debt wegen der Duration und nicht der Rendite investiert. Hintergrund sei, dass Solvency II eine zu geringe Duration bestraft. Für diesen Anleger wären CRE-Loans wohl eher nicht attraktiv, da diese Floater nicht unbedingt Duration ins Portfolio bringen. Als Alternative zu Unternehmensanleihen sind CRE-Loans mit Euribor plus 200 Basispunkte nach Ansicht von Schomburg dennoch sehr attraktiv. Hinzu komme für Versicherungen eine attraktive Eigenkapitalunterlegung unter Solvency II. „Unter Solvency II werden illiquide Anlageklassen wie Commercial Real Estate Loans oder Senior Secured Loans genauso behandelt wie börsennotierte Anleihen – weil die Solvenzkapitalanforderungen sich allein an der Kreditqualität orientieren. Diesen Vorteil sollten Versicherer konsequent für sich nutzen“, erklärt Schomburg.
Die Qualen von Alternative Debt
Als abschreckend für Investments in Alternative Debt nannten die Umfrageteilnehmer allen voran die mangelnde Transparenz und die damit verbundene Komplexität. So erklärte der Portfolio Manager einer Versicherung: „Ich muss zugeben, dass ich mich erst seit einem Jahr mit diesem komplexen Thema beschäftige und mich da wirklich quäle.“ Zur Veranschaulichung nannte er zwei Beispiele: „Bei Infrastrukturkrediten haben wir es mit äußerst komplizierten Verträgen zu tun. Dazu kommen noch die regulatorischen Anforderungen.“ Diese zunehmende Komplexität erschwere Investments. Als Nachteil wird außerdem die fehlende Liquidität gesehen. Ein Stiftungsmanager sagte: „Wenn wir über Alternative Debt sprechen, sprechen wir typischerweise über illiquide Assets. Und vor dem Hintergrund unserer Investmentstrategie muss ich diesen Verzicht auf Liquidität erst einmal negativ bewerten.“  Sogleich fügt er hinzu: „Aber natürlich sind wir uns bewusst, dass wir Kompromisse machen müssen, um höhere Renditen zu erzielen.“  
Eine der größten Barrieren für Investments stellen die regulatorischen Anforderungen dar. Gerade Versicherungen hatten Ende 2015 und im ersten Halbjahr dieses Jahres mit dem neuen Aufsichtsregime Solvency II  viel um die Ohren und haben in dieser Zeit von Investments in neue Asset-Klassen insgesamt Abstand genommen, wie Jörg Schomburg berichtet. Nun kommen sie allmählich zurück. Wider Erwarten sollen sogar CLO trotz ihrer hohen Eigenkapitalanforderungen, die über denen für Aktien liegen, im Blick von Versicherungen stehen. „Versicherungen mit internem Modell investieren, aber auch Versicherungen mit Standardmodell. Das hat mich überrascht“, erklärt Schomburg. Er hatte diese Asset-Klasse eher für Pensionseinrichtungen als passend angesehen. Der Grund, dass sich Versicherungen den CLO trotz der Abstrafung unter Solvency II annehmen, soll der Übergangsregulierung zu verdanken sein. Aber nicht nur für Versicherungen sind die regulatorischen Barrieren ein wichtiges Thema, das gilt auch für die Altersvorsorgeeinrichtungen. Einer der befragten Senior Investment Manager einer Pensionseinrichtung sagte, dass er grundsätzlich um die Vorteile dieser Asset-Klasse wisse und sich gern stärker engagieren würde: „Doch ich muss auch die regulatorischen Anforderungen erfüllen und aufsichtsrechtliche Vorgaben im Blick haben. Und die sind nun mal hinderlich für stärkere Engagements in Alternatives.“ Von großer Bedeutung ist zudem das interne Risikomanagement. Auf der Skala von eins bis fünf liegt deren Wichtigkeit bei 1,8.   
Als weitere Hürde für Investments in Alternative Debt nannten die Studienteilnehmer den administrativen Aufwand, der insbesondere für Stiftungen die größte Barriere darstellt. „Jeder Investor hat ein Investment, das nur zwei bis drei Prozent der Kapitalanlage ausmacht, aber 80 Prozent der Arbeit umfasst. Dieser administrative Aufwand schreckt ab“, weiß Schomburg. Er ist sich aber sicher, dass die Bedeutung von Alternative Debt weiter steigen wird. Sollte er damit Recht behalten, dürfen sich vor allem kleinere, spezialisierte Asset Manager Hoffnung auf Mittelzuflüsse machen. Denn wie die Studie zeigt, ist den Investoren die Größe des  Asset Managers nicht wichtig. Ihnen geht es um Expertise. Bei den Kriterien für die Wahl eines Managers stehen dessen Track Record (Länge/Erfahrung) und Kompetenz in der Kreditanalyse und -management ganz oben.  Ebenfalls wichtig ist, dass der Asset Manager die regulatorischen Anforderungen kennt und über Kompetenz im Reporting verfügt.  
portfolio institutionell newsflash 22.06.2016/Kerstin Bendix
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