Corporates
21. September 2015

Mittelstand denkt um

Der Anlagebedarf mittelständischer Unternehmen ist so hoch wie nie zuvor. Um keine Gelder zu verschenken, passen sie ihr Anlageverhalten an.

Das Niedrigzinsniveau übt zunehmend Druck auf deutsche mittelständische Unternehmen und ihr Anlageverhalten aus. Mit der Marktzinsentwicklung hat auch die Zinserwartung der Mittelständler leicht abgenommen, wie eine neue Studie der Fachhochschule des Mittelstands in Bielefeld (FHM) und der Commerzbank zeigt. Sie liegt im Durchschnitt mit rund 2,4 Prozent aber weiterhin über dem Marktniveau.
Dass die Zinserwartung immer noch relativ hoch ist, dürfte auf die geänderte Risikobereitschaft der Mittelständler zurückzuführen sein. Laut der Studie ist Sicherheit zwar nach wie vor das wichtigste Kriterium bei einer Anlage. Immerhin rund ein Drittel der Befragten nimmt dafür sogar Negativzinsen in Kauf. Dennoch erkennt Professor Dr. Volker Wittberg, wissenschaftlicher Leiter der Studie, eine Einstellungsänderung. So sind 29 Prozent der Befragten bereit, für eine Verzinsung von null bis 0,5 Prozent liquide Mittel bis zu drei Jahren anzulegen. 28 Prozent der Mittelständler seien bereit, für eine Verzinsung von eins bis zwei Prozent Kursschwankungen zu akzeptieren. Jeder zehnte Befragte neigt noch mehr zum Risiko und würde sogar starke Kursschwankungen in Kauf nehmen, wenn die Anlage eine Rendite von drei Prozent erzielt.
Diese Einstellungsänderung führt auch zu einer Anpassung des Anlageverhaltens, wie aus der Studie weiter hervorgeht. Trotz ihrer hohen Sicherheitsaffinität seien Mittelständler für eine höhere Rendite und zur Vermeidung von Negativzinsen bereit, ihr Geld länger anzulegen. So werden bei der Anlage von Liquidität mittlerweile Laufzeiten von sechs Monaten bis zu einem Jahr bevorzugt. Daneben sei die Nachfrage nach längerfristig orientierten Fondslösungen gestiegen. Die neuen Studienergebnisse der FHM in Kooperation mit der Commerzbank decken sich mit den Erfahrungen von Martin Keller, Geschäftsbereichsleiter Product Management bei der Commerzbank: „In der Mittelstandsbank beobachten wir, dass für das höhere Anlagevolumen verstärkt mittel- bis längerfristige Anlageformen gesucht werden. Dabei entscheiden sich Mittelständler vermehrt für solche Investmentfonds, die einen breiten Markt abdecken und dadurch Einzelrisiken vermeiden.“
Entscheidend für die Einstellungsänderung sei auch die Erkenntnis, dass die Zeit der niedrigen Zinsen noch andauern wird. So gehen 57 Prozent der Mittelständler davon aus, dass die Niedrigzinsphase noch drei Jahre andauert, 29 Prozent gehen von fünf Jahren, und 7,3 Prozent gehen sogar von mehr als zehn Jahren aus. „Auch wenn niemand die Zinsentwicklung vorhersagen kann, hat der Mittelstand sich eine eindeutige Meinung gebildet – die Zeit des billigen Geldes wird mittelfristig andauern“, so Wittberg.
Das Thema ist für die Mittelständler umso bedeutender, da sich ihre Anlagevolumen in den vergangenen Monaten nochmals stark erhöht haben. Mit durchschnittlich 5,9 Millionen Euro wurde der bislang höchste Wert ermittelt, im Vorjahr lag er bei 2,7 Millionen Euro, wie die Studie zeigt.
portfolio institutionell newsflash 21.09.2015/Kerstin Bendix

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