Stiftungen
12. Juli 2017

Pauschale Unvereinbarkeit von Immobilienfonds für Stiftungen negiert

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) sieht in einem neuen Urteil keine generelle Unvereinbarkeit der Empfehlung geschlossener Immobilienfonds als Teil von Stiftungsvermögen mehr und revidiert eine Entscheidung eines anderen Senats dieses OLGs von 2015. Es käme immer im Einzelfall auf die Struktur des Depots an.

Dies geht aus einem Urteil des OLG hervor, welches eine Klage der Taunussparkasse in diesem Punkt gegen ein erstinstanzliches Urteil des Landgerichts zurückweist. Dieses hat die Sparkasse verurteilt, wegen Falschberatung der Horst Görtz Stiftung an diese 1,5 Millionen Euro zuzüglich Zinsen zu zahlen. Beraten von der Sparkasse, hatte die Stiftung insgesamt drei Millionen Euro in vier geschlossene ­Immobilienfonds investiert. Die Stiftung ist mit dem Urteil „nicht ganz zufrieden. Das OLG hat der Stiftung viel geringere Zinsen zugesprochen als das LG, wobei die Begründung unseren Anwalt nicht überzeugt. Da aber Berufung ausgeschlossen wurde, müssen wir ­damit zufrieden sein“, kommentiert Stiftungsvorstand Horst Görtz.
Laut OLG bedeute die allgemein geltende Verpflichtung zur Erhaltung des Stiftungskapitals nicht, dass nur Investitionen in Produkte mit garantiertem Kapitalerhalt zulässig gewesen wären. Auch wenn geschlossene Immobilienfonds grundsätzlich mit einem Totalverlustrisiko behaftet sind, so das OLG, erscheint es gleichwohl mit dem generellen Gebot des Stiftungskapitalerhalts vereinbar, in Form einer sogenannten Diversifikation auch geschlossene Immobilienfonds mit längerfristigen Anlagehorizont in das Portfolio mit aufzunehmen.
Jörg Seifart von der Gesellschaft für das Stiftungswesen hält diese Einschätzung für „bemerkenswert“ und für den Stiftungssektor ­hilfreich. „Es ist sehr zu begrüßen, dass das OLG an dieser Stelle Rechtsklarheit geschaffen hat. Insbesondere die Vorinstanz, die die Unvereinbarkeit von Immobilienfonds mit den Stiftungsvorgaben unter anderem darauf abgestellt hat, dass diese mehr als zehn Prozent des Stiftungsvermögens betragen haben, ohne dies weiter zu erläutern, hat zu großen Unsicherheiten in der Beraterszene geführt.“
Gemäß OLG ging das LG zutreffend vom Abschluss eines konkludent geschlossenen Beratungsvertrags aus. Durch den Vertrag war die Sparkasse zu einer anleger- und objektgerechten Beratung verpflichtet. Der Stiftungsvorstand habe die Sparkasse auf die sich aus dem Hessischen Stiftungsgesetz ergebende Notwendigkeit hingewiesen, dass das Kapital im Zusammenhang mit der Beteiligung ungeschmälert in seinem Wert erhalten bleiben müsse.
Bei allen Fonds habe die Sparkasse aber nicht auf die Risiken im Zusammenhang mit der hohen Fremdfinanzierungsquote und die von Anfang an geplanten Auszahlungen der Ausschüttungen aus der Liquidität hingewiesen. Somit konnte von Anfang an nicht nur kein Kapitalerhalt, sondern auch kein Ertrag zur Erfüllung des Stiftungszwecks erwirtschaftet werden. Eine anlegergerechte Beratung sei also, trotz Kenntnis der Stiftungssatzung, nicht erfolgt. Nicht gefruchtet hat die Argumentation der Bank, dass der Vorstand angab, Kenntnisse und Erfahrungen für fundierte Anlageentscheidungen zu besitzen. 
Aufklärungspflichtverletzung bei Provisionen 
Bemerkenswert an dem Rechtsstreit ist aber auch die Höhe der Vertriebsprovisionen, die an die die Stiftung „beratende“ Taunussparkasse flossen, und von der Stiftung als „Aufklärungspflichtverletzungen“ nach Einschätzung des Gerichts zu Recht moniert wurden. Zwar hat die Sparkasse über das fünfprozentige Agio aufgeklärt und dieses hälftig vereinbarungsgemäß an die Stiftung zurücküberwiesen. Offenbar bestanden aber über das Agio hinausgehende aufklärungspflichtige Vergütungen von sieben bis acht Prozent.
Die Sparkasse räumte „ohne Umschweife“ ein, nicht mit den Anlageinteressenten über die zugunsten der beratenden Bank über das Agio hinaus geflossene Rückvergütungen gesprochen zu haben. Der Kläger erklärte, dass er sich „beim besten Willen“ nicht habe vorstellen können, dass die Bank mehr als fünf Prozent hätte verdienen können. Sonst hätte er die Zeichnung der jeweiligen Anlage unterlassen. 
portfolio institutionell newsflash 12.07.2017/Patrick Eisele
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