Strategien
11. November 2016

Performance-Check für klimafreundliche Investitionsstrategien

Investoren können im Rahmen passiver und aktiver Anlagestrategien Klimaaspekte einbeziehen, ohne Renditeverluste in Kauf nehmen zu müssen. Das und noch einiges mehr zeigt eine neue Studie von South Pole und CSSP.

Größer könnte der Kontrast kaum sein: Mitten im französischen Winter einigte sich die Welt 2015 auf den historischen Klimavertrag. In Marrakesch auf dem afrikanischen Kontinent, der besonders unter der Erderwärmung leidet, macht sie sich nun an die Umsetzung. Die deutsche Bundesumweltministerin konnte dorthin zwar mit einem verabschiedeten Klimaschutzplan reisen. Doch war dieser gegenüber seiner ursprünglichen Version deutlich abgespeckt. SPD-Chef und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel waren die Vorgaben für Industrie und Kohlewirtschaft zu scharf, so dass diese aus dem Plan verschwanden.  
Während die deutsche Bundespolitik zaudert, gehen einige Bundesländer mit gutem Beispiel voran und planen den Ausstieg aus klimaschädlichen Geldanlagen: Nordrhein-Westfalen hatte im Januar 2016 mit einem Beschluss im Landtag den Anfang gemacht. Es folgten Baden-Württemberg im Mai, Berlin im Juli und Rheinland-Pfalz im September. Auch einige Städte und institutionelle Investoren hierzulande, darunter die Allianz, die Bewegungsstiftung, die Deutsche Bundesstiftung Umwelt, die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau, das Presseversorgungswerk, die Städte Münster und Stuttgart, haben sich zur Dekarbonisierung ihrer Portfolios entschlossen. Ob mit einer klimafreundlichen Investitionsstrategie auch marktkonforme Renditen zu erzielen sind, dieser Frage ging eine neue Studie von South Pole und CSSP (Center for Social and Sustainable Products) nach. 
Als Basis dienten elf Indizes von Stoxx und MSCI, die explizit klimaverträglich ausgerichtet sind: drei Indizes mit Ausschlussansatz, zwei thematische Indizes und sechs Indizes mit Best-in-Class/kohlenstoffgewichtetem Ansatz. Weil es eine größere Anzahl klimaorientierter Indizes erst seit 2013 (MSCI) beziehungsweise 2016 (Stoxx) gibt, mussten die Studienautoren Backtesting-Daten verwenden. Für den anbieterübergreifenden Index-Vergleich sei ein Analysezeitraum von vier Jahren möglich (31. Dezember 2011 bis zum 31. Dezember 2015). Für sämtliche Indizes wurde die Brutto-Variante gewählt. 
Das Ergebnis der Studie: Zehn der elf untersuchten, klimafreundlichen Indizes wiesen eine höhere Rendite als der konventionelle Vergleichsindex auf. Lediglich einer der thematischen Indizes (MSCI Global Clean Technology) kam im Untersuchungszeitraum auf eine annualisierte Rendite von 7,57 Prozent und lag damit deutlich hinter seinem Vergleichsindex MSCI ACWI (10,37 Prozent).  
Ein etwas höheres Risiko – gemessen als Standardabweichung – wurde in sieben Fällen festgestellt. Besser als ihr jeweiliger Vergleichsindex schlossen der MSCI ACWI ex Fossil Fuels und die drei Indizes mit Best-in-Class/kohlenstoffgewichteten Ansatz – MSCI ACWI Low Carbon Target, MSCI ACWI Low Carbon Leader und Stoxx Industry Leaders Low Carbon Europe 100 – ab. 
Wird zusätzlich die Rendite ins Verhältnis zum eingegangenen Risiko gesetzt, verzeichnet der Investor der Studie zufolge in acht von elf Fällen bei klimafreundlichen Indizes ein besseres Rendite-Risiko-Verhältnis gegenüber dem jeweiligen Vergleichsindex. Dies ist der Fall bei den drei untersuchten Indizes mit Ausschlussansatz, bei vier der sechs Indizes mit kohlenstoffgewichteten Ansatz und bei einem der beiden thematischen Indizes. Die höchste Sharpe Ratio aller Indizes (inklusive der konventionellen Vergleichsindizes) hat der Stoxx Global Low Carbon Footprint mit 1,31.
„Der Investor wurde also in den meisten Fällen für das zusätzlich eingegangene Risiko durch eine entsprechende Mehrrendite entschädigt“, schreiben die Studienautoren von CSSP und South Pole in ihrer Zusammenfassung. Je nach gewählter Indexstrategie lasse sich mittels passiver Investitionsstrategien bei einem vergleichbaren Rendite-Risikoprofil die Emissionsintensität um zehn bis 90 Prozent verringern. Zugleich wiesen die Studienmacher darauf hin: „Eine Analyse der Emissionsintensität erlaubt allerdings nur eine erste Indikation der Klimarisiken und keine umfassende Risikobetrachtung.“
Schmutzige Schweizer Unternehmensanleihenportfolios 
Neben der Performance-Analyse befasst sich die Studie auch mit CO2-Intensitität verschiedener Anlageklassen – mit Fokus auf Unternehmensanleihen. Basis für diesen Studienteil waren Daten zu Schweizer Pensionskassen. Exemplarisch wurden Investmentportfolios von sechs Pensionskassen herangezogen und CO2-Intensitätsberechnungen für Investitionen in ausländische Unternehmensanleihen in einem Umfang von insgesamt 14,4 Milliarden Franken erstellt. Zusätzlich wurden ein breit angelegter Unternehmensanleihenindex (Barclays Global Aggregate Corporate Bond Index) und ein Low Carbon Unternehmensanleihenindex (Solactive Low Carbon Bond Index) hinsichtlich ihrer CO2-Intensität bewertet. 
Das Ergebnis: Die untersuchten Pensionskassen kommen mit ihrem Portfolio „Unternehmensanleihen Ausland“ auf durchschnittlich rund 406,5 tCO2eq (Tonnen Co2) pro investierte Million Franken. Nicht nur gegenüber dem kohlenstoffarmen Index von Solactive (140,2 tCO2eq pro eine Million Franken) schneiden sie damit in puncto CO2-Intensität deutlich schlechter ab. Sie liegen auch deutlich über den Werten des Global Corporate Bond Index von Barclays, der auf rund 362,4 tCO2eq pro eine Millionen Franken kommt. 
Um die CO2-Intensität massiv zu reduzieren, gibt es nach Ansicht von South Pole und CSSP verschiedene Anlagestrategien. So konnten in den untersuchten Investmentportfolien zwei Drittel der finanzierten CO2-Emissionen auf jeweils zwei Branchen – die Öl- und Gas- sowie die Energieversorgungsindustrie – zurückgeführt werden. „Wenn alleine die Anteile dieser Sektoren im Portfolio verringert würden, könnte dies zu erheblichen CO2-Reduktionen führen“, merken die Studienmacher an. 
Das Fazit der Studienmacher: Es besteht klarer Handlungsbedarf. Die Untersuchung deute darauf hin, dass der Schweizer Finanzmarkt bei den Unternehmensobligationen weitgehend passiv, also gemäß herkömmlichen Indizes, in die Weltwirtschaft investiert. Dies trage eher zu einem vier bis sechs Grad-Celsius-Entwicklungspfad als zum von der internationalen Staatengemeinschaft beschlossenen maximalen Zwei-Grad-Celsius-Zielpfad bei.
portfolio institutionell newslfash 11.11.2016/Kerstin Bendix
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